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Suppe – eine Liebeserklärung

Publiziert am 23. Januar 2025 von Matthias Zehnder

Wenn der Autor eines Buchs über Suppen «Maggi» heisst, kann das zu völlig verkehrten Schlussfolgerungen führen. Deshalb sei gleich zu Beginn versichert: Mit Fertigsuppen hat dieses Buch absolut gar nichts zu tun. Im Gegenteil: Es ist eine Liebeserklärung an die mit Geduld selbst gekochte Suppe. Maurice Maggi war ursprünglich Gärtner. In der Stadt Zürich hat er über Jahrzehnte heimlich Blumensamen verstreut. Er selbst bezeichnete seine Malven als «Blumen-Graffiti». Die Pflanzen, die man in der Stadt findet, waren auch Ausgangspunkt für sein erstes Kochbuch «Essbare Stadt». Lange vor dem Trend zum Urban Gardening weckte er das Bewusstsein für die Pflanzen vor unserer Haustür. Im Oktober 2024 ist Maurice Maggi gestorben. Sein Kochbuch «Einfache Vielfalt» steht bei uns zu Hause bei den ganz wichtigen Kochbüchern in der Küche. Er zeigt darin auf unspektakuläre Art, wie man aus einfachen Lebensmitteln vielfältige und geschmackvolle Gerichte zaubert. Das ist auch im Suppen-Buch ein wichtiger Aspekt: Gute Küche muss nicht teuer sein. Im Gegenteil waren Suppen immer auch eine Gelegenheit, Reste zu verwerten. In Suppen konnte und kann man alles verarbeiten. Reste anderer Mahlzeiten, «Abfälle» vom Gemüseputzen, Kräuter, Getreide, aber auch Schwarten und Knochen, die durch das lange Köcheln ausgelaugt werden und ihre kräftigenden Stoffe abgeben. Mit etwas Salz gewürzt, stand so immer etwas Warmes zum Essen in der Küche bereit. «Eigentlich waren diese Suppen die Vorboten der Fonds und Consommes, die auch heute noch die Basis jeder guten Küche sind», schreibt Maggi. «Sie waren eine vitaminreiche Mahlzeit, ein vollwertiges Essen»

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Maurice Maggi bietet in seinem Buch nicht nur Rezepte, er erzählt auch von der Geschichte der Suppe und ihrer Bedeutung für die Menschen – und für ihn selbst. Es ist deshalb eine sehr persönliche Auswahl an Suppenrezepten und Suppengeschichten, die Maurice Maggi uns präsentiert.

Er beginnt im Buch mit den Basics, also mit der Kraftbrühe, Consommé und hausgemachter Bouillon. Sie bilden nicht nur die Basis für viele Suppen, sondern sind auch hervorragende Möglichkeiten, Gemüsereste zu verwerten. Auf den folgenden Seiten hat Maggi sein ganzes Suppenwissen kondensiert. Er erklärt, wie man eine Suppe bindet, wie man Suppeneinlagen verwendet und welche Möglichkeiten es gibt, den Geschmack zu verstärken.

Die folgenden Suppenrezepte sind, wie Maggi selber schreibt, ein «Spiel zwischen bodenständigen und ausgefallenen Rezepten». Mit Lust pflegt Maggi Gegensätze. So sind denn auch die Kapitel des Buchs organisiert: günstig und exklusiv, fleischig und vegan, süss und scharf, kalt und wärmend, traditionell und modern. Günstig sind zum Beispiel die Steckrübensuppe, die Basler Mehlsuppe oder die einfache Kartoffelsuppe. Exklusiv sind das Safransüppchen und die Marronisuppe, der Wildkräuterschaum oder die Suppe aus Schweizer Edelkrebsen. Dabei ist, etwa zum Thema Bohnensuppen, immer wieder Grundwissen eingestreut und die Rezepte sind so ausgeführt, dass sie sich einfach abändern und ergänzen lassen. Auf diese Weise wird das Buch zum Reiseführer in die Welt der Suppen.

A apropos Reiseführer: Maggi liegt die traditionelle Küche der einfachen Leute am Herzen, in Italien würde man von der Cucina povera sprechen. Er bricht aber mit Lust auch immer wieder aus der engeren Heimat aus und zeigt italienische (Avgolemono), französische (Pot au Feu), vietnamesische (Pho Bo) oder chinesische (Hühnerkraftbrühe) Rezepte. Die Suppen sind aber immer in Rezepte umgewandelt, die das Nachmachen mit hiesigen Mitteln und Zutaten ermöglichen.

Eckpfeiler des Buchs bilden aber die Klassiker der Suppenküche. Maggi bildet dazu nicht nur die Rezepte ab, sondern erklärt auch, wie die Suppen «funktionieren» und wie man sie je nach Verfügbarkeit von Zutaten, Zeit und Arbeitsmitteln abändern kann. Zu den wunderbar erklärten Klassikern gehören etwa die Linsensuppe und ihre Variationen, verschiedene Kartoffelsuppen, die Suppenmöglichkeiten mit Erbsen, Pilzen, Kohl und Randen, aber auch Klassiker mit Fleisch (oder Knochen) vom Huhn, Rind und eine ganze Palette von Fischsuppen. Eingestreut in Grundwissen und Klassiker hat Maurice Maggi überraschende Kombinationen und Rezepte, von der Holunderbeerensuppe mit Griessklösschen über die Kürbis-Quitten-Suppe bis zur milden Sauerkrautsuppe mit Blutwurstravioli.

Vor allem aber schreibt und erzählt Maurice Maggi vom Glück des Kochens und des Essens. Da ist, anders als in vielen Kochbüchern, keine Spur von Kochgott oder Herablassung. Auf jeder Seite ist Freundlichkeit und Liebe zu nährendem Essen zu spüren. Welche Wohltat.

Maurice Maggi: Suppe – eine Liebeserklärung. Klassische und moderne Rezepte für Leib und Seele. AT Verlag, 168 Seiten, 34.00 Franken; ISBN 978-3-03902-260-1

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783039022601

Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps finden Sie hier: https://www.matthiaszehnder.ch/buchtipp/

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