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Mordsache Caesar

Publiziert am 16. Januar 2025 von Matthias Zehnder

Es ist einer der berühmtesten Kriminalfälle der Geschichte: Am 15. März 44 v. Chr. vormittags gegen 11.30 Uhr wird Gaius Julius Caesar während der Senatssitzung in der Curia Pompeia auf dem Marsfeld ermordet. Als «Whodunnit» lässt sich diese Geschichte nicht erzählen: Wir wissen alle aus dem Geschichtsunterricht, dass Brutus, Cassius und eine ganze Handvoll weiterer Senatoren die Hand am Dolch hatten. Ist der Mord an Caesar also der falsche Stoff für einen historischen Krimi? «Keineswegs», schreibt Michael Sommer. Ein Kriminalfall bestehe aus viel mehr als der Ermittlung der Täters. Er nennt etwa den Hergang der Tat, die Umstände, das Milieu, die Hintergründe, die Vorgeschichte, das Motiv. Vor allem das Motiv ist interessant: Warum genau musste Caesar sterben? Hat er den Bogen überspannt und die Senatoren dazu getrieben, die Republik zu verteidigen – oder stand er dem grenzenlosen Ehrgeiz der Mörder im Weg? War das Mordmotiv Rache, Gemeinsinn, Machtgier oder war es die spontane Tat eines Mobs von sechzig Senatoren? Verfolgten die sechzig Männer alle dasselbe Ziel? Oder hatten sie je eine eigene Agenda, eigene Ziele und unterschiedliche Verhältnisse zu Caesar? Sicher ist: Unter den Sechzig waren eingefleischte Gegner des Diktators, aber auch manche seiner engsten Freunde.

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Caesar war zweifellos kein gewöhnliches Mordopfer. «Als er starb, war er Diktator auf Lebenszeit, de facto Alleinherrscher über eine Republik, die schon keine mehr war, in der aber auch keine alleinigen Machthaber vorgesehen waren», schreibt Sommer. Für viele sei Caesar ein «Hoffnungsträger, eine Lichtgestalt» gewesen. Für andere eher ein Tyrann. «Die Mordsache Caesar», schreibt Sommer, sei «ein politischer Kriminalfall. Ohne gründliche Kenntnis des politischen Koordinatensystems, in dem die Beteiligten agierten, bleibt sie unverständlich.» Das bedeutet: Wer wissen will, warum Caesar ermordet wurde, muss zuerst begreifen, wie dieserömische Republik funktionierte – und warum sie auseinanderfiel. In seinem packenden Buch rollt Sommer deshalb diese Geschichte auf. Der Mord an Caesar wird zum Anstoss, sich die römische Geschichte vorzuknöpfen.

Er macht das unprätentiös und erzählt die Geschichte der Republik, wie ein Krimi die Vorgeschichte eines Mordes erzählen würde. Dabei bezieht er sich auf Quellen und kommentiert, wie glaubwürdig sie sind. Römische Geschichte will interpretiert sein, denn die Geschichten, die die Römer sich erzählten, hatten immer eine Bedeutung. Sommer bedient sich dabei einer gut verständlichen, heutigen Sprache. Es ist, wie wenn er neben einem auf einer Parkbank sitzen und den jüngsten Klatsch aus Rom kommentieren würde.

Und warum wurde Caesar ermordet? Wie konnte es einer Handvoll Senatoren gelingen, den grössten Strategen aller Zeiten zu überrumpeln? Der alte Caesar hatte, schreibt Sommer, «an alles gedacht, nur nicht an die Ehre der Senatoren. Er hatte vergessen, wie gefährlich beleidigte Männer sind.» Sein Nachfolger, der nachmalige Kaiser Augustus, war ein gelehriger Schüler: «So jung er war, er hatte begriffen, wie sehr die Senatoren auf ihre Ehre hielten. Er durfte sie ihnen nicht nehmen. Nie wieder sollte es geschehen, dass Römer vor einem Römer auf den Knien rutschen mussten.» Anders gesagt: Caesar war ein erfolgreicher Militär, Augustus war darüber hinaus ein gewiefter Politiker. Er gab sich als Senator unter Senatoren, nur eben der, der die Macht innehatte. Spannend.

Michael Sommer: Mordsache Caesar. Die letzten Tage des Diktators. C.H. Beck, 316 Seiten, 36.90 Franken; ISBN 978-3-406-82133-2

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783406821332

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