
Bullshit Vol. 2: Fragen, Reaktionen und die Sache mit der Wahrheit
Letzte Woche habe ich Ihnen an dieser Stelle erklärt, warum der amerikanische Präsident Donald Trump ein «Bullshitter» ist. Das Wort «Bullshit» als Bezeichnung für Aussagen, die sich nicht um Wahrheit, sondern nur um Wirkung kümmern, hat der amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt schon 2006 definiert. Ein Bullshitter ist kein Lügner. Wer lügt, verändert die Wahrheit gezielt – und muss sich deshalb gut mit der Wahrheit auskennen. Ein Bullshitter kümmert sich nicht um die Wahrheit, deshalb nützt es auch nichts, Donald Trump mit Faktenchecks der Lüge zu überführen. Es interessiert ihn schlicht nicht. Das also war mein Thema letzte Woche. Ich habe auf den Kommentar hin viele positive Reaktionen erhalten, herzlichen Dank für den Zuspruch. Das tut gut. Natürlich waren auch kritische Rückmeldungen darunter. Auf fünf Aspekte möchte ich näher eingehen. Der erste Punkt: Warum geht es immer nur gegen rechts? Die «Woken» sind auch Bullshitter. Jemand schrieb, ich sei halt ein linker Ideologe. Interessante Bemerkung, aber falsch. Warum, das sage ich Ihnen gern. Der zweite Punkt dreht sich um die Person von Donald Trump: Warum geht es immer gegen den amerikanischen Präsidenten? Das ist einfach zu beantworten. Und: Nein, Mitleid ist fehl am Platz. Auch der dritte Punkt dreht sich um den Mann im Weissen Haus: Aber Donald Trump hat manchmal auch recht und sagt die Wahrheit. Ist er also doch kein «Bullshitter»? Der vierte Punkt ist spannend. Es geht um die Frage, ob Gefühle auch Fakten sind. Die Rückmeldung lautete: Gefühle können auch wahr sein. Können sie das wirklich? Und was bedeutet das? Und schliesslich der fünfte Punkt: In der Auseinandersetzung mit einem «Bullshitter» haben wir keinen Stich! Was sollen wir also tun?
Es war Zufall, dass es letzte Woche kurz nach der Veröffentlichung meines Kommentars zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj kam. Vor laufenden Fernsehkameras überzog Donald Trump den ukrainischen Präsidenten im Oval Office mit Vorwürfen. Er setze das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel und riskiere einen Dritten Weltkrieg. Vizepräsident J.D. Vance warf Selenskyj zudem mangelnden Respekt vor. Das ist klassisches «Bullshitting». Die Ukraine wurde von Russland überfallen, jetzt wirft Donald Trump dem ukrainischen Präsidenten vor, dass er mit seiner Gegenwehr Menschenleben aufs Spiel setze. Vizepräsident J.D. Vance bezog sich nicht einmal ansatzweise auf Tatsachen und warf dem Gast schlicht mangelnde Unterwürfigkeit vor. Es ist der klassische Loyalitätstest eines Autokraten: Loyal ist, wer auch die absurdesten Behauptungen gutheisst. Alles andere ist «mangelnder Respekt».
Oder, in den Worten des amerikanischen Philosophen Harry G. Frankfurt: Bullshit. Wer Bullshit produziert, nimmt keine Rücksicht auf die Wahrheit. Harry G. Frankfurt schreibt, Bullshit werde «ohne Rücksicht auf die Wahrheit produziert». Das heisst nicht, dass Bullshit immer falsch ist. Genau das macht den Kampf gegen Bullshit so schwer. Einen Lügner kann man entlarven, indem man seine Tatsachenbehauptung widerlegt. Bei einem Bullshitter geht das nicht, weil er gar keine Tatsachenbehauptung aufstellt. Die Wahrheit ist ihm schlicht egal. Bullshittern ist deshalb mit einem Faktencheck nicht beizukommen. Donald Trump kommt es nicht auf die Wahrheit an, sondern auf Macht und Loyalität oder, wie J.D. Vance es formulierte: auf Respekt.

Aus all den Reaktionen, die ich auf meinen Kommentar erhalten habe, habe ich fünf Fragen herausdestilliert, mit denen ich mich hier beschäftigte. Beginnen wir mit der Ideologie. Es ist ein Totschlagargument. Das bedeutet: Wer dieses Argument zu Hilfe nimmt, muss sich nicht mit dem Inhalt einer Kritik auseinandersetzen, weil er den Sprechenden ablehnt. Konkret lautet das Argument:
1) Ideologie: Warum immer nur gegen rechts? Die «Woken» sind auch Bullshitter.
Es ist ein Argument, das ich häufig höre. So schreibt mir Thierry Roethlisberger auf YouTube: «Dieser linke Gutmensch und Ideologe Zehnder ist unerträglich. … und dieser politische Durchfall dieses tendenziösen Klugscheissers ist für die Tonne.» Das ist noch eine der anständigeren Rückmeldungen. Das Problem ist, dass diese Art der Rückmeldung System hat: Wer eine Rechte oder einen Rechten kritisiert, kann ja nur ein Linker sein und umgekehrt offenbart sich als Rechter, wer eine Linke oder einen Linken kritisiert. In der Schweiz und in Deutschland ist das heute ein Problem für viele Journalistinnen und Journalisten: Sie gelten als Linke, wenn sie bürgerliche oder rechte Politik kritisieren.
Diese Art der Rückmeldung verwechselt Politik und Glaube. Wenn Sie aus meiner Kritik an einem Donald Trump oder einem J.D. Vance auf meine politische Position zurückschliessen, gehen Sie davon aus, dass ich die beiden nicht kritisieren würde, wenn ich demselben politischen Lager angehören würde. Nur ein Linker kann auf die Idee kommen, den Republikaner im Weissen Haus, Friedrich Merz in Deutschland oder Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in der Schweiz zu kritisieren. Wessen Herz auch auf der rechten Seite schlägt, der – ja was dann? Der kritisiert nicht, sondern glaubt. Das aber ist nicht Politik, sondern Ideologie. Was ist Ideologie? Von Ideologie spricht man, wenn ein systematisches Set an Überzeugungen, Werten und Ideen die Wahrnehmung und die Interpretation der Welt prägt. Ich sage es gerne etwas kürzer: Ideologie ist, wenn die Antwort feststeht, bevor die Frage gestellt wurde. Abweichung unmöglich. Aus dieser Perspektive ist klar: Wenn ich einen rechten Politiker kritisiere, kann ich nur links stehen. Der Vorwurf, ich sei ein Ideologe, ist also eine Selbstbeschreibung derer, die ihn äussern. Selbstverständlich gibt es auch unter den «Woken» Bullshitter. Aber die sitzen grad nicht im Weissen Haus.
2) Person: Warum Donald Trump und nicht andere Politiker?
Warum nur. Die Medien sind, wie in der ersten Amtsperiode von Donald Trump, total fixiert auf den Mann im Weissen Haus. Er bietet alles, was das Medienherz begehrt: Aufregung, Spektakel, Überraschungen. Und damit Klicks, Aufmerksamkeit und Umsatz. Warum also sollen wir uns mit Donald Trump beschäftigen, wenn es um Bullshit nach Harry G. Frankfurt geht? Gib es in der Politik nicht auch andere Bullshitter? Die gibt es zweifellos und nicht zu knapp.
Ich beziehe mich in meine Kommentar aus drei Gründen auf den Mann im Weissen Haus. Erstens ist Donald Trump der Inbegriff eines Bullshitters. Lesen wir noch einmal nach, was Harry G. Frankfurt 2006, also lange vor Donald Trump, über den Bullshitter geschrieben hat: «Der Bullshitter interessiert sich nicht für Fakten, sondern für das, was für ihn oder seine Agenda nützlich ist.» Und weiter: «Ziel des Bullshits ist es nicht, uns ein X für ein U vorzumachen, also eine falsche Tatsache als wahr hinzustellen. Ein Bullshitter will uns also nicht über eine Tatsache täuschen, sondern über seine Absicht.» Die Wahrheit ist ihm völlig egal, es kommt ihm nur auf die Wirkung an. Das ist genau die Art und Weise, wie Donald Trump vorgeht – und es ist genau das, was uns so fassungslos macht.
Dazu kommt zweitens: Donald Trump ist der mächtigste Mann der Welt. Wenn Sie oder ich Bullshit von uns geben, dann stört das allenfalls Partner, Freunde oder Kolleginnen und Kollegen. Wenn Donald Trump sich nicht um die Wahrheit kümmert, stört das die ganze Welt. Ein Satz von ihm kann die Börse zum Absturz bringen und Putin in Feierlaune versetzen. Oder auch umgekehrt.
Und drittens: Er macht uns mit seinem Bullshit das Leben grad richtig schwer. Ich finde, das ist Grund genug, den Kommentar an Donald Trump aufzuhängen. Wichtig ist mir dabei: Es geht mir um eine Sache, das Konzept des Bullshits. Wer versteht, wie Bullshit funktioniert, kann besser damit umgehen. Egal aus welcher Richtung er kommt.
3) Wahrheit: Aber Donald Trump hat manchmal auch recht und sagt die Wahrheit.
Das ist ein Einwand, den ich häufiger gehört habe. Thomas Zweidler schreibt mir zum Beispiel: «So einfach ist es: Nicht alles was Nr. 47, US-Präsident D. Trump von sich gibt, ist ‹Bullshit›. Auch das darf gesagt sein.» Das stimmt. Auch Donald Trump sagt manchmal die Wahrheit. Das macht den Umgang mit Bullshittern ja so schwierig: Manchmal haben sie auch recht. Der Punkt dabei ist: Ihnen selbst ist es völlig egal, ob es stimmt, was sie sagen. Es geht ihnen nicht um Wahrheit, sondern um Wirkung.
Als Bild können Sie sich vielleicht einen Dart-Sportler vorstellen, einer dieser Männer, die im Pub mit Pfeilen auf eine Zielscheibe werfen. Ein richtiger Dart-Spieler will sein Ziel treffen. Nehmen wir einen Werfer Adam. Er stellt sich auf die Zehenspitzen, nimmt die Scheibe ins Visier und wirft seinen Pfeil. Adam will ins Schwarze treffen, schafft das aber nicht immer, auch wenn er sich bemüht und ein wahrer Könner ist. Jetzt stellen Sie sich einen weiteren Dartspieler vor, nennen wir ihn Bob. Diesem Bob ist es völlig egal, ob er etwas trifft oder nicht. Vielleicht schliesst Bob beim Werfen die Augen oder er nimmt gleich eine ganze Handvoll Pfeile und wirft sie gleichzeitig auf die Scheibe, weil es ihm egal ist, was er trifft. Auch Bob trifft ab und zu ins Schwarze. Was unterscheidet Adam von Bob? Ganz sicher das Können. Vermutlich die Absicht. Und das bringt uns zum Kern der Sache: Adam spielt Dart, Bob tut etwas ganz anderes. Dabei landet ab und zu auch ein Pfeil im Ziel, daraus können wir aber nicht ableiten, dass er Dart spielt.
Übertragen auf Donald Trump heisst das: Auch wenn er die Wahrheit sagt, also ins Schwarze trifft, sagt er selbst nicht die Wahrheit, weil es ihm um etwas völlig anderes geht.
4) Gefühle können auch wahr sein.
Das ist ein interessanter Punkt. Ich habe in meinem Kommentar ein Interview von CNN mit Newt Gingrich zitiert. Gingrich war damals Sprecher des Repräsentantenhauses, im Interview ging es um Kriminalität in den USA. Gingrich sprach davon, dass die USA immer krimineller werden. Die Moderatorin konfrontierte Gingrich mit den Daten und Zahlen des FBI, die das Gegenteil belegen. Gingrich konterte daraufhin: «Die Menschen fühlen sich bedroht. Als Politiker gehe ich mit den Gefühlen der Leute.» Ich habe dazu gesagt: Wenn Wahrheit keine Rolle mehr spielt in der Politik, dann haben wir das Bullshit-Zeitalter erreicht.
Medina Violet hat mir dazu geschrieben: «Wie sich Menschen fühlen, ist auch eine Wahrheit. Ob Fakten also immer wiedergeben können, wie den Menschen ihr Leben vorkommt, ist nicht gesagt. Wenn man also eine Trennlinie zwischen Bullshit und Wahrheit ziehen wollte, dann müsste man die Lebenswirklichkeit außer Acht lassen. Das finde ich nicht richtig. Eine Statistik bspw. sagt, dass es wahr sein muss, aber die Lebenswirklichkeit der meisten Menschen, die es betrifft oder nicht betrifft, sieht anders aus als eine Statistik. Der Eindruck, der durch die Lebenswirklichkeit entsteht, ist deshalb aber nicht falsch und die Statistik deshalb nicht richtig.»
Da hat Medina Violet natürlich recht. Schauen wir uns die Einwände etwas genauer an. Es sind im Wesentlichen drei Argumente.
1) Wie sich Menschen fühlen, ist auch eine Wahrheit. Stimmt das? Meine Gefühle sind für mich so wahr wie Newtons Gesetze. Der entscheidende Zusatz sind die Wörter «für mich». Wenn ich mich gut fühle bei AC/DC und schlecht bei Mozart, dann ist das keine Aussage über AC/DC oder Mozart, sondern über mich. Deshalb kann ich nicht von meinem Gefühl auf die Sache oder auf die ganze Gesellschaft schliessen. Das ändert aber nichts daran, dass mein Gefühl für mich wahr bleibt. Es heisst aber auch, dass Wahrheit die falsche Messgrösse ist. In der Logik gilt eine Aussage als wahr, wenn sie mit der objektiven Realität übereinstimmt. Das Problem ist, dass meine Gefühle keine objektive Realität sind, weil nur ich sie erfassen kann. Gefühle können deshalb nicht wahr sein, sondern nur echt.
2) Fakten können nicht immer wiedergeben, wie den Menschen ihr Leben vorkommt. Auch das stimmt zweifellos. Es ist die Ausdehnung von «mein Gefühl» auf «unser Gefühl» – und bleibt damit eine Aussage über die Menschen und nicht über ihre Welt. Eine Aussage, die nicht wahr sein kann, sondern allenfalls echt.
3) Die Lebenswirklichkeit sieht anders aus als eine Statistik. Das ist nur schon deshalb richtig, weil eine Statistik keine Aussage über eine Wahrheit ist, sondern nur über eine Wahrscheinlichkeit. Es trifft das Problem aber im Kern: Politik, die sich auf Fakten stützt, muss verallgemeinern – und diese Verallgemeinerung stimmt nur noch für jene Menschen, die zufällig dem Durchschnitt entsprechen. Auch wenn das keine kleine Gruppe ist, weichen doch die meisten Menschen vom Durchschnitt ab. Das wird jedem klar, der einmal im Supermarkt eine Hose anprobiert hat, die ihm im Durchschnitt sitzen sollte. Wenn es um Kleider geht, ist die Antwort darauf ein Massanzug. In der Politik, zumal in Demokratien, gibt es keine Massanzüge. Aber es gibt Dinge wie Föderalismus und gezielte Förderung.

5) Strategie: Was können wir tun?
Das ist die schwierigste Frage von allen. Reinhard Frisch schreibt mir: «In der Auseinandersetzung mit einem ‹Bullshitter› machst du keinen Stich! Es ist wie der Kampf mit der Hydra. Schlägst du einen Kopf ab, wachsen zehn neue. Behauptungen ins Blaue hinein erfordern keinerlei Bildung, keine Intelligenz, keine Recherchen. Während du dich daheim um die Wahrheit kümmerst, hat das große Maul des Bullshitters längst weiter erfolgreich an seinem Machtzuwachs gearbeitet. Will ich deshalb auch so werden wie er? Nein! Dafür lebe ich nicht!»
Was also sollen wir tun? Ich sehe drei Abwehrmassnahmen gegen den «Bullshitismus».
Der erste Punkt: Wahrheit und Wissenschaftlichkeit.
Jetzt sagen Sie vielleicht, dass das keinen Sinn habe, weil ein Bullshitter sich nicht um Wahrheit schert. Ja, das stimmt. Interessant ist aber, dass das Weisse Haus im Moment alles unternimmt, um Wissenschaftler und Wissenschaften mundtot zu machen, die ihnen widersprechen. Von Klimawissenschaften bis zur Forschung über Gendermedizin (die sich, das sei am Rande bemerkt, mit medizinischer Forschung am weiblichen Körper beschäftigt) versucht das Weisse Haus im Moment alles zu streichen, was Donald Trump nicht passt. Im Umkehrschluss heisst das: Kritische Wissenschaften und Wissenschaftler stören ihn eben doch. Also sollten wir in möglichst neutrale und sachbezogene Wissenschaft und Forschung investieren.
Der zweite Punkt: Bürokratie.
Jetzt zucken Sie vielleicht zusammen. Von der NZZ bis zu Friedrich Merz schreien doch alle, dass die Bürokratie abgebaut werden sollte. Merz und die CDU meinen aber vor allem die komplizierten Abläufe und die Bürokratie auf Papier. Bei der NZZ bin ich mir nicht ganz sicher, aber das ist ein anderes Thema. Im besten Sinn meint Bürokratie klar definierte Abläufe und Prozesse. In der Schweiz erhalten Sie zum Beispiel eine Baubewilligung, wenn Sie die Vorschriften einhalten. Dabei ist es völlig egal, wer Sie sind und was Sie bauen. Eine Baubewilligung ist das Resultat eines regelbasierten, bürokratischen Prozesses. Deshalb wird auch klar, warum Donald Trump und Elon Musk die Bürokratie abschaffen wollen: Das Regierungsprinzip von Donald Trump basiert nicht auf Regeln, sondern auf Loyalität.
Der dritte Punkt: Bildung und kritisches Denken.
Das ist mein wichtigstes Anliegen. Gerade angesichts einer überbordenden künstlichen Intelligenz sollten wir mehr in die menschliche Intelligenz investieren. Das ist übrigens nicht der fromme Wunsch eines weltfremden Philosophen, es wäre auch ganz im Sinne der Wirtschaft. KI-Programme stehen allen Unternehmen zur Verfügung. Der Konkurrenzvorteil entsteht nicht durch die Intelligenz im Computer, sondern durch die Intelligenz am Computer. Natürlich bietet die KI fantastische Möglichkeiten – aber nur, wenn die Menschen, die an den Geräten sitzen, sie auch zu nutzen wissen. Kritisches, sachliches Denken ist auch das beste Mittel gegen Machtmenschen wie Donald Trump und Elon Musk. Es ist kein Zufall, dass Donald Trump das Education Department schliessen will. Bildung ist ihm nur im Weg. Trump und Musk wollen, dass man ihnen glaubt, dass man an sie glaubt. Wer kritisch denkt, sich die Sache nüchtern von allen Seiten betrachtet, ist am ehesten davor gefeit, auf die Rattenfänger hereinzufallen. Ich hoffe es zumindest.
Was meinen Sie? Ich bin gespannt auf Ihre Rückmeldungen und Kommentare. Nächste Woche geht es dann hier um die Frage, warum die Politik sich ganz prinzipiell schwer tut mit der Wahrheit. Es sei denn, der weisse Mann im Weissen Haus komme uns mit einem neuen Bullshit dazwischen.
Basel 7. März 2025, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
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Quellen
Der amerikanische Präsident Donald Trump am 22. Februar 2025 nach seiner Rede an der Conservative Political Action Conference, CPAC, in Oxon Hill, Md. Bild: KEYSTONE/AP Photo/Jose Luis Magana
Bender, Michael C. (2025): Why Do Republicans Want to Dismantle the Education Department?, in: The New York Times, 2025, https://www.nytimes.com/2025/03/06/us/politics/trump-republicans-education-department.html [07.03.2025].
deutschlandfunk.de (2025): USA und Ukraine: Folgen des Eklats zwischen Trump und Selenskyj, in: Deutschlandfunk, 2025, https://www.deutschlandfunk.de/trump-selenskyj-eklat-europa-ukraine-russland-100.html [07.03.2025].
Frankfurt, Harry G. (2006). Bullshit. Frankfurt am Main: Surkamp Verlag.
Läubli, Martin; Laukenmann, Joachim; Steinegger, Martin (2025): Trump und Musk feuern massenhaft US-Forscher – das hat Folgen für die Schweiz, in: Basler Zeitung, 2025, https://www.tagesanzeiger.ch/trump-musks-entlassungswelle-hat-folgen-fuer-die-schweiz-468384587026 [07.03.2025].
Rauch, Jonathan (2025): One Word Describes Trump, in: The Atlantic, 2025, https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2025/02/corruption-trump-administration/681794/ [07.03.2025].
Ribi, Thomas (2025): Widerstand aus dem Exil: Thomas Manns Radioansprachen «Deutsche Hörer!», in: Neue Zürcher Zeitung, 2025, https://www.nzz.ch/feuilleton/widerstand-aus-dem-exil-thomas-manns-radioansprachen-deutsche-hoerer-ld.1873574 [07.03.2025].
Zehnder, Matthias (2017): Die Aufmerksamkeitsfalle. Wie die Medien zu Populismus führen. Basel: Zytglogge-Verlag
7 Kommentare zu "Bullshit Vol. 2: Fragen, Reaktionen und die Sache mit der Wahrheit"
Ob mit oder ohne Bullshit und ob mit oder ohne Trump: „Unfreundliche Tendenzen gegenüber der Verfassung demokratischer Staaten haben das Vertrauen in die noch immer als modern gedachte Regierungsform Demokratie erschüttert. Durch die gewaltige Macht der Wirtschaft und das Aufkommen von autokratischen Staaten verschwindet das Element der Demokratie heute weltweit immer mehr. Steuern wir auf eine postdemokratische Ära zu? Oder ist es möglich, dass diese Staatsform neu gedacht und mit neuen Impulsen durchdrungen werden kann und sollte? – Ob offen und mit brutaler Gewalt, oder ob versteckt und mit struktureller Gewalt: Die Welt ist voller Chaos, Krisen und Kriege. Insbesondere inszeniert vom alten Herrschaftsdenken sowie bewirtschaftet von gigantisch Mächtigen und von schwer Reichen. Das ist und macht krank. Ohne Rücksicht auf Verluste wird mit Kollapsen oder gar Kriegen versucht, Probleme zu lösen. Sie werden aber in der Regel nur noch grösser. – Viel Lärm von Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gehört zum Sound der Angst in den Köpfen von immer mehr Menschen. Wenn sie deshalb Herrschaft akzeptieren oder ihr gar glauben und vertrauen, werden Menschen ein Teil davon. ..…. Um Ängste zu verdrängen, werden toxische Hoffnungen geschürt. Hoffnungen, die vielen Menschen wie eine Droge dazu dienen sollen, im Schneckenhaus und faul bleiben zu können, sich nicht mit der Realität auseinandersetzen und nichts Mutiges tun zu müssen. Hopium: Hope is Dope!“ (Auszug aus dem Beitrag „Demokratie im Umbruch“, wie er diese Woche vom ZE!TPUNKT publiziert worden ist: https://zeitpunkt.ch/demokratie-im-umbruch).
Herr Ueli Keller, ich sehe: Ihr ‚Kommentar‘ ist ein Selbstzitat Ihres Zeitpunkt-Texts von vorgestern.
Darin zitieren Sie u.a. aus Bernhard Pörksens Buch ‚Zuhören‘. Er plädiert für „die gemeinschaft-liche Erfindung einer Welt, die [..] erst im Mitein-ander-Reden und Einander-Zuhören entsteht.“
Dieses Zuhören vermisse ich in Ihrem Text. 🙁 Freche Frage: wird so Matthias Zehnders Vorlage zum Hintergrund, vor dem Sie ein Selfie posten?
[Und – oops – ich laufe Gefahr, das auch zu tun!]
Ich vermute, M.Zehnder, Sie & ich sind uns einig im Wunsch, diese Welt möge friedlicher werden.
Meine vorläufigen Thesen dazu:
1) damit aussen Frieden entstehen & wachsen kann, hilft es, wenn ich selbst ‚zu-frieden‘ bin
2) zum Frieden gibts keinen Weg – er ist der Weg! (Mahatma Gandhi) –
Zuhören [& Miteinander-Reden] sind essenzielle Weg-Zutaten.
Unsere Medien [8-ung Diagnose!] kranken ev. daran, dass Sie mehr helfen beim ‚Raushauen‘ als beim bedächtig Verdauen.
Sie, Herr Keller, preisen in Ihrem Text ‚das Leben‘. Es schenkt uns 1 Mund & 2 Ohren, als anatomischen Tipp: mehr zuhören als reden 😉
Hallo Herr Ruf, es freut mich, dass Sie sich meinen Beitrag „Demokratie im Umbruch“ angesehen haben. Er wird übrigens noch in drei weiteren Magazinen (DAS BLATT, MANOVA und ÖKOLIGENTA) publiziert werden, die mit viel Leiden- und Wissenschaft, aber wenig Bullshit am Hungertuch nagen. Donald Trump sehe ich global als den General einer Heerschar von Bullshitern: Politikerinnen und Politiker von Links über die Mitte bis nach Rechts, die sich auf diese Art wählen lassen und an der Macht bleiben wollen.
Mein Gott, wo sind wir hier gelandet: Immer lese ich hier vom Worte «Bullshit».
Dies sagt der Raketenkommandant im Krieg, wenn er die Ölraffinerie nicht traf und daneben schoss. Dies sagt der Amokfahrer, wenn er seiner Meinung nach «zu wenig» Menschen überfuhr. Es sagt dies der Bankomatsprenger, wenn das Gebäude nicht nach seinem Gusto barst. Der Geldtransportgangster, wenn er nicht an seine Beute kam….
Doch gemach:
Auch diese Seite hier wird (gottlob noch) von Menschen verfasst, von Emotionen (auch mal fehlgeleiteten), von Glauben, von Werten über (das eigene angedachte) «Gut und Böse»….
Im Moment kochen die Wellen der Entrüstung oder Begeisterung weltweit hoch, hier wie auch bei unseren holden «Politikern». Und es zeigt uns allen, dass Menschen eben Menschen sind.
Cederic Wermuth, SP-Arbeiterpartei-Präsident, der weiss, wie es als Arbeitender (die er vertritt) ist, wenn man jeden Morgen (schon) um 8 Uhr aufstehen muss… schleuderte dem Präsidenten der Vereinigten Staaten ein «Fuck you, Mister Trump» entgegen. Trump will so schnell wie möglich den schrecklichen Ukraine-Krieg beenden (diese Woche wieder sinnlose 2000 tote junge kämpfende Menschen beidseitig) und will nicht weitere Milliarden Dollar in Waffen stecken – während in Amerika viele Drogensüchtige und Bettler auf Strassen und Plätzen herumliegen. Während hart arbeitende Amerikaner nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren, ein Dach über dem Kopf haben, ihre Kinder ausbilden und bei Krankheit versorgt werden sollen… Mit dem Versprechen, sich um Amerika statt um die ganze Welt zu kümmern, hat «Fuck-you» D. Trump 77,3 Millionen Amerikaner überzeugt.
Cederic Wermuths «Fuck you» ist mehr als ein «Fuck you» zu D. Trump. Es ist ein «Fuck you» zur Demokratie, demokratischen Wahlen, zu allen Land- und Industriearbeitern, Serviceangestellten, Supermarktverkäuferinnen, zu den Amerikanern aller Schickten und Ethnien, die D. Trump wählten. Sie kämpfen gegen den Abstieg von der Mittel- in die Unterschicht…. Das alles interessiert Cederic Wermuth nicht. Er lebt in einer Politikerkaste, die alles besser weiss. Er ignoriert demokratische Volksentscheide und verachtet die Demokratie. Für Wermuth darf das Volk gelegentlich noch die Hände im Spiel haben. Er aber will das Spiel in seiner Hand haben…
Doofe Nebenschauplätze aus dem Kindergarten Bundeshaus. Menschliche Irrwege wie so vieles….
DOCH: VOR dem «Bullshit» – «FuckYou» – Präsidenten, also vor dem 2. Nov. 2024 nahm niemand das Wort Frieden in den Mund, weder Biden (der mit Langstreckenlieferung kurz vor seinem Abgang die Eskalationsstufe maximierte), noch Harris, noch Habeck, noch Starck-Zimmermann(dt. Rheinmetall-Vorständin), welche die Aufschrift «dt. Taurus-Raketen bis zum Endsieg/bis Moskau» auf ihrem T-Shirt trug, noch Ostermarsch/Friedensmarsch-Baerbock, welche uferlos Waffen ohne Finanzierung für die Ukraine fordert. Putin lockerte das Atomdekret, liess die Atomsilos hochfahren, dito in der Wüste Arizonas… Todesangst lähmte nicht nur meinen Alltag.
Dann kam Nr. 47 Trump – und plötzlich heisst es reden, sprechen, verhandeln und Wandel. Ich wage die These, wären heute (die göttlich-korrekt-netten) Biden/Harris mit Eskalation bis zum Exzess an der Macht, unsere Welt gäbe es heute am 7. 3. 25 nicht mehr….
SORRY, DA IST MIR DER GESCHOLTENE BLONDE LIEBER… Denn ebenso heute am 7. 3. 25 um 18.20 Uhr ging folgende Meldung raus:
«Laut einem Bericht des amerikanischen Mediums «Bloomberg» ist Russlands Präsident Wladimir Putin (72) bereit, über einen vorübergehenden Waffenstillstand in der Ukraine zu sprechen – vorausgesetzt, es gäbe Fortschritte auf dem Weg zu einer endgültigen Friedensregelung. Dies schreibt die Zeitung unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertrauten Quellen in Moskau.
Um einer Einstellung der Feindseligkeiten zuzustimmen, müsse es somit eine klare Verständigung über die Rahmenprinzipien des endgültigen Friedensabkommens geben. Russland werde insbesondere darauf bestehen, dass die Parameter einer eventuellen Friedensmission festgelegt werden, einschliesslich einer Einigung darüber, welche Länder daran teilnehmen sollen.»
👍Deshalb –
👍F A Z I T :
❤️ ICH LIEBE «BULLSHIT» UND FRIEDEN ANSTELLE DEM TÖDLICHEN GEGENTEIL !!!
Ach Herr Zehnder. Vielen Dank, dass Sie sich immer noch öffentlich mit Themen auseinandersetzen, die eine demokratische Öffentlichkeit eigentlich interessieren müssen. Dass Sie beschimpft und mit zweifelhaften (fast hätte ich geschrieben zweidlerhaften) Argumenten und Ausdrücken konfrontiert werden, finde ich schade. Ich finde auch nicht alles gut, was ich von Ihnen lese. Aber Sie schreiben transparent und fair, geben Denkanstösse und sind offen für Gegenargumente. Ich frage mich, was für ein Demokratieverständnis jemand haben muss, der „Bullshit“ in der Politik liebt? Oder auch, was denn so schlecht ist an einem „Gutmensch“, wie Sie ein Leser bezeichnet. Wären „Schlechtmenschen“ denn besser? Oder was ist falsch an „Wokeness“, wenn das heisst, dass ein „woker“ Mensch wachsam ist für Diskriminierungen und Missstände? Ich wäre wirklich froh, wenn mir das mal jemand erklären könnte.
Ich wünsche Ihnen und allen Leser:innen eine schöne Woche.
Es ist schon rührend, wie tapfer Herr Zweidler den armen Donald Trump verteidigt – nur fällt leider die Hälfte der Fakten unter den Tisch. Dass vor Trumps Wahl „niemand das Wort Frieden in den Mund“ genommen habe, stimmt so natürlich nicht. Trump selbst hatte dann grosse Erwartungen mit der Ankündigung geweckt, er werde den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden: na ja, die 24 Stunden sind langsam vorbei. Wladimir Putin spricht tatsächlich gelegentlich von Frieden, aber Frieden leider nur unter Bedingungen, die eine Kapitulation der Ukraine bedeuten. Ausserdem unbefriedigend: Die Ukraine und Israel sind beide heimtückisch angegriffen worden – Trump misst mit zweierlei Mass und stellt die militärische Hilfe für die Ukraine ein, lässt dagegen Israel freie Hand in Gaza und im Südlibanon. Etwas mehr Realitätsbezug sollten Herrn Zweidlers Meinungen schon haben…
Warum sich die Politik mit der Wahrheit so schwer tut, ist relativ einfach: Die Politik will etwas verändern und macht einen entsprechenden Vorschlag. Und dann scheiden sich die Geister: Die einen sagen eine Katastrophe voraus, die andern das Paradies auf Erden. Weil sich die Auswirkungen aber auf die Zukunft beziehen weiss im Moment der Entscheidung niemand, wer Recht hat. Die Folgen sind ja erst später absehbar. Siehe Krankenversicherung. Wie viele Missbrauchslücken dieses Gesetz hat, wird erst nach fast 30 Jahren wirklich klar. Aber die Fakten sind geschaffen und deshalb sehr schwer anzupassen.