
«Der KI-Hype ist vorbei. Gut so»
Der KI-Hype sei vorbei, sagt Claudia Nemat, Vorstandsmitglied der Deutschen Telekom AG, im Interview mit der «Süddeutschen Zeitung». Jetzt gehe es «um konkrete Anwendungen mit Geschäftsnutzen». Der Hype habe aber zumindest dazu geführt, dass sich «mehr Menschen und Unternehmen mit dem Thema befassen». Nemat verantwortet seit 2017 bei der Deutschen Telekom den Bereich Technologie und Innovation. Sie sagt, der primäre Nutzen von KI in Unternehmen sei, dass der KI-Einsatz den Beschäftigten Zeit spare. «Eine ganz andere Frage ist, wie Unternehmen diesen Gewinn an Arbeitszeit nutzen. Verbessern sie damit den Kundenservice? Lassen sie Beschäftigten mehr Raum, über neue Produkte nachzudenken?» Für die Deutsche Telekom könne sie sagen, dass «KI wirklich hilft, produktiver zu arbeiten, die Kosten zu senken und neue Umsätze zu generieren. Das schlägt sich auch finanziell nieder.»
Nemat warnt davor, die KI zu überschätzen – im positiven, wie im negativen Sinn: «KI wird von den einen wie ein goldenes Kalb angebetet. Das ist natürlich Quatsch; künstliche Intelligenz ist keine Wunderpille gegen jedes Problem. Andere verteufeln KI und warnen vor einer Superintelligenz, die uns Menschen zu Ameisen degradiert. Das ist genauso unplausibel.» Als grösste Gefahr sieht sie die Desinformation mit Hilfe von KI, etwa durch gefälschte Videos, aber auch «Algorithmen, die das Verhalten der Menschen zu deren Schaden manipulieren». Zudem findet sie es problematisch, dass «wichtige KI-Modelle in den Händen einiger weniger Konzerne liegen». Sie folgert: «Deshalb müssen wir dafür Sorge tragen, dass KI-Modelle unseren humanistischen und ethischen Werten folgen: Auch die digitale Würde des Menschen ist unantastbar. Dafür braucht es Regeln. Gleichzeitig müssen wir in Deutschland und Europa eigene KI-Anwendungen und -Modelle bauen. Wir dürfen nicht den Kopf in den Sand stecken, nur weil wir uns so viele Sorgen machen. Denn wenn wir später den Kopf herausziehen, sehen wir: Oh, alle anderen haben KI-Modelle, bloss wir nicht.»
Quelle:
Björn Finke: «Der KI-Hype ist vorbei». München: «Die Süddeutsche», 30. September 2024
Bild: Deutsche Telekom
Ein Kommentar zu "«Der KI-Hype ist vorbei. Gut so»"
Es gibt Hand- und Kopf-Werkzeug: jedes ist so gut oder so schlecht wie der Mensch, der es nutzt.