Buchtipp

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Letzter Tipp: Entpolarisiert euch!
Der Urknall unserer Sprache
Wie sind die Sprachen der Welt entstanden? Lange war der Fall klar: Nachdem Noahs Arche am Berg Ararat auf Grund gelaufen war, bauten dessen Nachfahren laut biblischer Überlieferung einen Turm bis in den Himmel. Darüber erzürnt habe Gott die Sprachen der Menschen verwirrt. Sprachen wurden als Produkte dieser babylonischen Sprachverwirrung betrachtet. Mit einer Ausnahme: dem Hebräischen, das als die von Noah mitgebrachte, erste Sprache galt. Heute wissen wir, dass sich die Sprachen der Welt (wie ihre Sprecherinnen und Sprecher auch) langsam über Jahrtausende entwickelt haben.
Wie sich das abgespielt hat, das zeigt Laura Spinney spannend und lehrreich in ihrem Buch. Sie schildert dabei die Arbeit von Linguisten, Archäologen und Genetikern und setzt aus den Erkenntnissen der Wissenschaftler die grosse Geschichte der Menschheit und ihrer Sprachen zusammen. Sie beginnt im Gebiet um das Schwarze Meer zum Zeitpunkt des Abschmelzens des grossen Eises halt. Hier wurde die Vorfahrin aller indoeuropäischen Sprachen erstmals artikuliert. «Wir wissen nicht viel über diese Urahnin, aber einiges über die Welt, in der sie entstand. Wir wissen auch, dass sie innerhalb einer reichen Sprachlandschaft zu den unbedeutenden gehörte» schreibt Spinney. Das sollte sich aber ändern. Diese Sprache wurde zu etwas Aussergewöhnlichem. In einer späteren Entwicklungsstufe wurde sie von den Nomaden des Bronzezeitalters gesprochen. Aus dieser Sprachstufe, dem Proto-Indoeuropäischen, sollten sich später alle heute gesprochenen indoeuropäischen Sprachen entwickeln. Die vielleicht älteste Tochter dieses Proto-Indoeuropäischen ist das Anatolische. Spinney entführt uns also nach Anatolien. Danach folgt sie dem Weg der indoeuropäischen Sprachen durch die Alte Welt von der Vorgeschichte bis in die Gegenwart und zeichnet dabei deren Hauptverzweigungen nach. Sie erzählt die Geschichte des Tocharischen und die der westlichen und mitteleuropäischen (romanischen, keltischen und germanischen) Sprachen und untersucht die Expansion in Richtung Osten, aus der der indoiranische Zweig hervorging. Sie erklärt, wie die baltischen und slawischen Sprachen entstanden sind und widmet sich den idiosynkratischen, aber miteinander verbundenen Geschichten des Armenischen, Albanischen und Griechischen.
Es ist eine ungemein faszinierende Entdeckungsreise, die uns Laura Spinney in ihrem Buch über die Entstehung der Sprachen erzählt – und eine, die noch nicht an ihr Ende gelangt ist. Denn die Sprache (und die Menschen) entwickeln sich weiter.
Laura Spinney: Der Urknall unserer Sprache. Hanser, 336 Seiten, 36.90 Franken; ISBN 978-3-446-28245-2
Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783446282452
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