Der grosse Rechenfehler des Herrn Musk
Twitter war jahrelang die wichtigste Plattform für den Austausch von Journalisten, Politikern, Künstlern und Aktivisten. Ich selbst bin seit März 2011 auf Twitter aktiv– an kaum einem anderen Ort habe ich so viel gelernt. Vor etwas mehr als zwei Jahren hat Elon Musk Twitter gekauft. Er sagte, er wolle «den Vogel befreien» und Redefreiheit einführen auf Twitter. Er entliess mehr als die Hälfte der Belegschaft und benannte die Plattform um in «X». Seither ist der Dienst kaputt: Lärm, Lügen und Beschimpfungen prägen das Netzwerk. Immer mehr Menschen fühlen sich deshalb nicht mehr wohl auf X. Diese Woche haben österreichische Journalisten rund um Armin Wolf deshalb den #eXit angestossen: Viele wichtige und spannende Menschen haben «X» verlassen und sich auf BlueSky neu eingerichtet. Da fühlt sich die Debatte wieder so an, wie vor vielen Jahren auf Twitter: anständig und spannend. Der Kauf von Twitter respektive «X» könnte deshalb zum Lehrbeispiel dafür werden, dass es nicht möglich ist, ein Medium gegen seine Nutzerinnen und Nutzer auszurichten. Ich kann Ihnen auch sagen, warum das so ist. Eins vorweg: Es geht dabei nicht um Politik, sondern schlicht darum, wie Medien funktionieren.
Als «Schattenpräsident» bezeichnete «Der Spiegel» Elon Musk letzte Woche und schrieb: Kaum jemand sei dem designierten US-Präsidenten Donald Trump derzeit näher als der Tech-Milliardär. Musk wolle die Politik der Vereinigten Staaten mitbestimmen und sei definitiv einer der mächtigsten Menschen der Welt. In der Tat: Elon Musk dominiert mit Tesla den Markt für Elektroautos, mit SpaceX die Weltraumfahrt und bestimmt mit StarLink, wer per Satellit aufs Internet zugreifen darf. Und, schreibt der «Spiegel»: «Mit seiner Plattform X kontrolliert er eines der mächtigsten Medien der Welt und bestimmt auch so den öffentlichen Diskurs über den künftigen Präsidenten mit.»
Mindestens dieser letzte Teil der Macht von Musk könnte auf sehr viel wackeligeren Füssen stehen, als viele Leute glauben: Musk hat die Rechnung in seinem «digitalen Restaurant» nämlich ohne die Gäste gemacht. Und die verlassen die Plattform gerade scharenweise. In Österreich haben «Zeit im Bild»-Moderator Armin Wolf und Florian Klenk, Chefredakteur der Wochenzeitung «Falter», den #eXit angestossen. «Trumps Financier Elon Musk hat diese Plattform in eine von rechtsradikalen Trollen vergiftete Jauchegrube verwandelt», schrieb Klenk zum Abschied auf X. Er wolle das Netzwerk deshalb nicht länger mit seinen Inhalten unterstützen.
Es war lange schön, aber …
Armin Wolf schrieb auf seinem Blog: «Es war sehr lange schön mit dir Twitter, aber in den letzten Jahren, seit du dich nur mehr X nennst und täglich immer weiter radikalisierst, war es gar nicht mehr schön, sondern vor allem giftig, voller Lügen, aggressiv und deprimierend.» Wolf lässt 640’000 Follower zurück. In 15 Jahren auf Twitter hat er gut 127’000 Kurznachrichten abgesetzt. Er schreibt, er habe «schätzungsweise 15’000 bis 20’000 Stunden Lebenszeit auf Twitter verbracht, den Grossteil davon in Dialogen, Debatten, manchmal auch völlig unnötigen Streits.» Damit ist es jetzt vorbei: Armin Wolf, Florian Klenk und viele andere haben ihre Twitter-Konten deaktiviert und sind zu BlueSky gewechselt.
Sie sind nicht die einzigen. Auch in den USA und in England wechseln viele Prominente zu BlueSky, darunter etwa Barbra Streisand und Jamie Lee Curtis, John Cusack, Guillermo del Toro, Ben Stiller, Stephen King, Michael Sheen, Bill Lawrence und Bradley Whitford. In der Schweiz hat SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider Twitter verlassen, Kollege Beat Jans denkt zumindest darüber nach. Eine ganze Reihe von Journalistinnen und Journalisten ist ebenfalls auf BlueSky umgezogen, unter ihnen etwa «Blick»-Vize Fabian Eberhard: Er hat auch für die Schweiz zum #eXit aufgerufen.
Im Komfort der eigenen Blase
Nicht alle sehen den Wechsel positiv. Michèle Binswanger mokierte sich im «Tages-Anzeiger» über die «TwitterQuitter»: «Dieses Getue ist so nervig wie peinlich», schrieb sie. «Heult doch leiser», schliesslich könne man seinen Account auch ohne weiteres Aufheben sanft entschlafen lassen. «Doch dann versagt man sich die Gelegenheit, den Leuten ein letztes Mal zu zeigen, wie wichtig und tugendhaft man ist. Auch wenn das den übrigen Twitter-Usern am Allerwertesten vorbeigeht.» Sowieso sei der «grossartige Entschluss» oft nicht von langer Dauer. «Viele grosse Firmen überlegen sich nach Trumps Wahlsieg die Rückkehr zu X.»
Etwas sachlicher kommentiert der «Schweizer Monat», die Abwanderungsbewegung sei «symptomatisch für eine Gesellschaft, in der das Aushalten anderer, zuweilen extremer und verstörender Ansichten zu einer seltenen Tugend» geworden sei. Und weiter: «Auch viele Konservative halten die Meinungsfreiheit nur solange hoch, wie sie nicht mit missliebigen Inhalten konfrontiert werden.» Die öffentliche Debatte werde sich im Netz noch mehr in unterschiedliche Lager teilen, die «beide im Komfort der eigenen Blase bleiben, wo keine Gefahr besteht, auf unerwünschte Meinungen zu stossen». Statt zu diskutieren, mache man sich lieber aus der Distanz übereinander lustig.
Der Algorithmus ist kaputt
Ist es das? Halten wir andere Meinungen nicht mehr aus? Brauchen wir die Blase? Ich habe mich diese Woche umgehört unter Bekannten, die Twitter verlassen haben. Die Auskünfte ähneln sich: Es geht nicht um die Inhalte, es geht um das Klima und um die Funktionsweise der Plattform. BlueSky fühle sich an, wie Twitter vor zehn Jahren. Was ist denn so anders an BlueSky? Gegründet hat den «blauen Himmel» Jack Dorsey, also derselbe Mann, der schon Twitter gegründet hatte. Mit BlueSky versucht er, einen besseren Dienst zu realisieren. BlueSky ist dezentral organisiert und basiert auf einem offenen Protokoll. Nutzer sollen ihre eigenen Regeln und Inhalte steuern können. Sie behalten die Kontrolle über ihre Daten, weil es keine zentrale Autorität gibt. Die einzelnen Communitys können ihre eigenen Moderationsrichtlinien definieren. Das führt zu einer flexibleren und individuelleren Ausgestaltung des Netzwerks.
BlueSky ist also nicht einfach ein Twitter-Klon, sondern in mancherlei Beziehung das genaue Gegenteil von «X». Wir erinnern uns: Wahnwitzige 44 Milliarden Dollar hat Elon Musk vor zwei Jahren für Twitter gezahlt. Sein Ziel: Twitter in eine globale Plattform für Redefreiheit zu verwandeln. Er wolle das Netzwerk zu einem «Marktplatz der Meinungen» machen, auf dem sich jeder frei äussern könne, sagte er nach der Übernahme. Er baute das Personal, das die Nachrichten auf der Plattform moderierte, radikal ab und liess eine Reihe Accounts wieder zu, die wegen extremistischen oder hetzerischen Beiträgen gesperrt worden waren. Darunter auch das Konto von Donald Trump. Vor allem machte Musk rasch klar, dass bei Twitter nur einer das Sagen hat: er selbst. Und zwar nicht nur bei Entscheidungen, sondern auch auf der Plattform selbst.
Ein Megaphon für Musk
Einen ersten Wendepunkt brachte der Super Bowl am 12. Februar 2023. Im State Farm Stadium in Glendale, Arizona, spielten die Philadelphia Eagles gegen die Kansas City Chiefs. Während des Spiels setzten Elon Musk und US-Präsident Joe Biden Kurznachrichten ab. Während der Tweet von Joe Biden 29 Millionen mal angesehen wurde, sahen sich «nur» 9 Millionen Menschen die Nachricht von Elon Musk an. Noch in der Nacht trommelte er notfallmässig 80 Twitter-Ingenieure zusammen und erteilte ihnen den Auftrag, den Algorithmus der Plattform so zu verändern, dass seine Tweets mehr Beachtung finden. Laut Berichten von Betroffenen hätten die Ingenieure daraufhin den Algorithmus dazu gebracht, die Reichweite der Tweets von Elon Musk künstlich um den Faktor 1’000 zu verstärken. Mehr als 90 Prozent der rund 130 Millionen Follower von Elon Musk sollten künftig seine Postings sehen. Wer Musk nicht folgt, kriegt seine Tweets auf der Startseite der App eingeblendet.
Musk verwandelte X also vor allem in ein Megaphon für sich selbst. Die Folge: das Diskussionsklima änderte sich rapide. Die Plattform wird geflutet von rechtsextremen Postings. Hass und Hetze machen sich breit, Falschnachrichten werden nicht mehr eingedämmt. Ganz besonders dann nicht, wenn sie vom Chef persönlich stammen: Bis im August 2024 zählte das Center for Countering Digital Hate 50 irreführende oder falsche Beiträge von Elon Musk allein zur US-Wahl, darunter ein mit KI manipuliertes Video über Kamala Harris. Monkey see, Monkey do: Wie der Chef, pöbeln auch viele seiner Jünger.
Die Filter sind weg
Vor allem aber hat das Schrauben am Algorithmus die Funktionsweise der Plattform verändert. Das sagen nicht nur die üblichen, linksliberalen Intellektuellen, sondern auch konservative Twitterer wie der Basler Jungpolitiker Benjamin von Falkenstein: «Die Filter auf X fehlen komplett», sagt er gegenüber Telebasel. «Ich verstehe, dass viele Benutzer die Plattform verlassen, irgendetwas ist in letzter Zeit seltsam. Die angezeigten Beiträge bewegen sich in den Lagern der Extreme». Noch bleibt von Falkenstein auf Twitter aktiv. Sollten sich aber viele Politiker von X abwenden und die Plattform wechseln, werde er natürlich nachziehen.
Es geht also, anders als der «Schweizer Monat» vermutet, nicht einfach darum, dass viele Twitterer andere Meinungen nicht aushalten, es geht nicht um den «Komfort der eigenen Blase». Es geht um die Funktionsweise der Plattform, um das Klima, um die Nützlichkeit der Diskussionen. Damit stossen wir zum Grundsätzlichen vor. Ein Netzwerk wie Twitter lebt von den Beiträgen seiner Nutzerinnen und Nutzer. Sie investieren Zeit und Energie in ihre Inhalte und machen das Netzwerk damit interessant. Sie investieren diese Zeit und diese Energie aber nur, wenn das Netzwerk für sie nützlich bleibt, weil sie online Kontakte knüpfen, Argumente austauschen, Diskussionen führen oder Reichweite generieren können. Es ist ein Tauschhandel, den man als Benutzer eingeht, so lange er aufgeht.
Auf den Empfänger kommt es an
Wenn ich auf X keine Inspiration mehr erhalte, keine spannenden Diskussionen mehr stattfinden und ich keine Reichweite mehr erzielen kann, dann geht der Tauschhandel nicht mehr auf. Es geht dabei nicht darum, dass ich Ruhe in meiner Blase haben will, es ist eine nüchterne Rechnung: Meine Zeit gegen den Nutzen, den mir die Plattform stiftet. Grundsätzlich ist das bei allen Medien so: Der Nutzer investiert seine Zeit ins Lesen, Schauen oder Hören. Das macht er (oder sie) so lange, wie es sich lohnt, weil die investierte Zeit mit einem Gewinn an Wissen, Information oder Unterhaltung aufgewogen wird. Geht diese Rechnung nicht mehr auf, weil das Medium zu wenig bietet oder weil das Gebotene zu viel Zeit oder auch zu viel Ärger kostet, ist der Nutzer weg. Man kann deshalb Medien nicht gegen ihre Nutzer ausrichten.
Dahinter steckt eine ganz grundsätzliche Eigenschaft der Kommunikation. Wir neigen dazu, Kommunikation als Übertragung zu verstehen und uns dabei auf den Sender zu konzentrieren. Doch es ist der Empfänger, der eine Übertragung erst zu Kommunikation und damit ein Netzwerk zu einem Medium macht. Als erster hat Niklas Luhmann in seiner Medientheorie den Sender entmachtet: Er hat die Dominanz des Senders gebrochen, indem er die Reihenfolge des Handelns und die Rangfolge der Akteure im Kommunikationsablauf entkoppelte. Der Sender handelt zwar als Erster, der Empfänger entscheidet aber über das Gelingen von Kommunikation. Niklas Luhmann sagt deshalb: Auf den Empfänger kommt es an.
Elon Musk konnte zwar die Firma Twitter kaufen und damit das Netzwerk, die Technik und die Angestellten übernehmen, nicht aber die Nutzerinnen und Nutzer. Sie konnte er nicht kaufen. Die Nutzerinnen und Nutzer müssen jeden Tag von neuem überzeugt werden, dass es sich lohnt, Zeit zu investieren. Es sind die Nutzer, die ein Medium ausmachen. Ganz besonders gilt das bei einem Medium wie «X», das von den Inhalten lebt, die seine Nutzer generieren. Doch das gilt für alle Medien: Es ist, zumal in Zeiten des Informationsüberflusses, nicht möglich, ein Medium gegen seine Nutzer auszurichten. Daran scheitern ideologisch motivierte Medienübernahmen immer wieder. Es gibt fast beliebig viele Restaurants – kein Wirt kann die Rechnung ohne Gäste machen. Schon gar nicht «X», das selbst nichts kocht, sondern nur einen Picnic-Platz anbietet für jenes Essen, das die Gäste selber mitbringen.
Das ist der Rechenfehler des Herrn Musk: Mit seinen Milliarden kann er Computer kaufen und Raketen, Roboter und Autos und vermutlich auch die amerikanische Politik. Aber nicht die Zeit der Menschen auf «X». Denn es sind die Nutzerinnen und Nutzer die ein Medium ausmachen. Es täte auch der Politik bei uns gut, sich das ab und zu vor Augen zu führen. So manche Debatte über Medien und ihre Förderung lässt sich entspannter führen, wenn man sich bewusst ist, wer die Medien zu Medien macht. Es sind nicht die Macher und schon gar nicht die Besitzer, sondern die Benutzerinnen und Benutzer.
Basel 22. November 2024, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
https://bsky.app/profile/mattzehn.bsky.social
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Quellen
Bild: KEYSTONE/AP Photo/Matt Rourke
Elon Musk spricht am 17. Oktober 2024 an einer Wahlveranstaltung der Republikaner in Folsom, Pennsylvania.
Binswanger, Michèle (2024): Abtrünnige von X Dieses Getue ist so nervig wie peinlich. In: Der Bund. [https://www.derbund.ch/weg-von-x-apple-ibm-co-verlassen-die-plattform-576901691308; 22.11.2024].
BlueSky (2024): #eXit. In: Bluesky Social. [https://bsky.app/hashtag/eXit; 22.11.2024].
Boeglin, Philippe (2024): Dans la Berne fédérale, les politiciens s’interrogent: faut-il rester sur le réseau social X? In: Le Temps. [https://www.letemps.ch/suisse/dans-la-berne-federale-les-politiciens-s-interrogent-faut-il-rester-sur-le-reseau-social-x; 22.11.2024].
Der Spiegel (2024): Beiträge zur US-Wahl Elon Musk erreicht mit Desinformation über eine Milliarde Aufrufe. In: DER SPIEGEL, Hamburg, Germany. [https://www.spiegel.de/netzwelt/web/us-wahl-elon-musk-erreicht-mit-desinformation-ueber-eine-milliarde-aufrufe-a-18a19b25-bfd2-40b9-ac18-2369d52cf965; 22.11.2024].
Eberhard, Fabian (2024): Aufruf zum eXit. In: Bluesky Social. [https://bsky.app/profile/fabianeberhard.com/post/3lbeflvhwjs2i; 22.11.2024].
Kleinz, Torsten (2024): Bluesky profitiert von der Anti-Musk-Welle. In: DER SPIEGEL. [https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/bluesky-profitiert-von-der-anti-musk-welle-schafft-die-plattform-den-durchbruch-a-0b300aec-d51f-406a-baee-32b25544be2d?utm_source=dlvr.it; 22.11.2024].
Paul, Kari (2023): Elon Musk reportedly forced Twitter algorithm to boost his tweets after Super Bowl flop. In: The Guardian. [https://www.theguardian.com/technology/2023/feb/15/elon-musk-changes-twitter-algorithm-super-bowl-slump-report; 22.11.2024].
Rahman, Abid (2024): #Xodus: Bluesky Hits 20M Users As People Continue To Flee X. In: The Hollywood Reporter. [https://www.hollywoodreporter.com/business/digital/bluesky-20-million-users-twitter-exodus-elon-musk-1236065566/; 22.11.2024].
Schüssler, Matthias (2024): Grosser Zulauf bei Bluesky und Threads. In: Basler Zeitung. [https://www.bazonline.ch/elon-musk-viele-wechseln-von-x-zu-bluesky-und-threads-661962913861; 22.11.2024].
Schweizer Monat (2024); Flucht in die Komfortzone. In: Schweizer Monat. [https://schweizermonat.ch/flucht-in-die-komfortzone; 22.11.2024].
Soos, Oliver (2024): Prominente verlassen X in Österreich “Giftig, voller Lügen, aggressiv und deprimierend”. In: Tagesschau.de. [https://www.tagesschau.de/ausland/europa/oesterreich-x-100.html; 22.11.2024].
Staub, Shahed (2024): Von X zu Bluesky: Auch in Basel ist der Wechsel im Trend. In: Baseljetzt. [https://www.baseljetzt.ch/von-x-zu-bluesky-auch-in-basel-ist-der-wechsel-im-trend/298415; 22.11.2024].
Wolf, Armin (2024): #eXit: Twitter ist leider kaputt. In: ArminWolf.at. [https://www.arminwolf.at/2024/11/17/twitter-ist-leider-kaputt/; 22.11.2024].
3 Kommentare zu "Der grosse Rechenfehler des Herrn Musk"
Eine wahrhaft gute Expertise und Auslegeordnung von einem ausgewiesenen und profunden Experten auf diesen Gebeiten, von Matthias Zehnder.
Da kann man nur noch lernen.
Und diese Aussage beruhigt mich: Bei dem Thema «X» geht es, wie Herr Zehnder vorweg sagt, nicht um Poltik, sondern schlicht darum, wie Medien funktionieren.
Ein Sachartikel ohne Polemik a la «der Spiegel» welcher so was ohne herunterstufen eines E. Musk («Duo Infernale -Musk+Trump- und ihre finsteren Absichten» steht mit primitivster Illustration auf dem dieswöchigen «Der Spiegel»-Cover) nicht hinbekäme.
Ein Lob auf solche ausgewogenen und fundierten Texte.
Doch eine kleine Anmerkung zu folgendem Nebensatz «Das ist der Rechenfehler des Herrn Musk: Mit seinen Milliarden kann er Computer kaufen und Raketen, Roboter und Autos und vermutlich auch die amerikanische Politik.» möchte ich hier noch anbringen.
Denn die amerikanische Politik, sprich der Wahlerfolg seines Regierungskollegen D. Trump ist nicht mit Milliarden gekauft. Ganz im Gegenteil. Fact ist dass Kamala HARRIS über eine Milliarde Dollar für ihren Wahlkampf ausgab.
Daraus erkärt sich: Ist Geld ist alles in der Politik? Offensichtlich nicht. Denn Trump (und somit auch E. Musk) setzte einen nur einen BRUCHTEIL davon ein.
Im Oktober war bekannt geworden, dass Harris in bloss drei Monaten über eine Milliarde Dollar an Wahlkampfspenden eingesammelt hatte. Vor ihr war das noch nie jemandem gelungen.
107 Tage und eine Niederlage später ist davon nicht viel übriggeblieben. Tatsächlich weist ihre Kasse nun sogar noch ein Loch von 20 Millionen Dollar auf (man kann in den USA also Harris auch NACH der Wahl immer noch fleissig Spenden, bis dieses Loch gestopft ist).
Währenddessen brachte es Trump/Musk fertig, mit viel weniger Geld die Wahl für sich zu entscheiden.
Gemäss offiziellen Angaben hatte sein Wahlkampfteam bis Mitte Oktober insgesamt etwa 354 Millionen Dolla reingesetzt, während Harris schon damals bekannt gab, dass man seit Mitte Juli rund 880 Millionen Dollar investiert habe.
• Sprich Harris hatte zu diesem Zeitpunkt, etwa zwei Wochen vor der Wahl, 526 Millionen mehr ausgegeben als ihr Rivale.
Selten hat ein Politiker so viel Geld aufgeworfen und so wenig damit erreicht. Harris verlor die Wahl deutlich (auch in allen 7 Swing States).
Wir können irgendwie doch froh sein. Keine SVP in der Schweiz kann Siege erkaufen. Und Geld regiert eben nicht (immer und überall) die Welt. Bravo.
Denn allein 12,9 Millionen Dollar gab Harris für Berater, Medientrainer, Digitalspezialisten und Marketing-Fuzzis aus.
Viel Geld = trotzdem kein Wahlsieg. Klar, man muss das Geld natürlich auch richtig einsetzen. Auch da Fehler an Fehler… Geld floss an…
• ….eine Firma, die Tausenden von Influencern Geld überwies, dass sie auf ihren angeblich unabhängigen, höchst «persönlichen» Kanälen Harris zum politischen Genie ausriefen.
Wahnsinn auch, das man mit gekauften Event Production „siegen“ wollte. Das heisst:
• Man kaufte Höhepunkte
• Man kaufte Prominenz
Doch es geht noch weiter….
• Harris zahlte 1 Million Dollar an die Produktionsfirma von Oprah Winfrey für nicht näher spezifizierte Leistungen. Tatsächlich trat Oprah mit ihr mehrfach auf. Die Milliardärin aus dem Show Business besteht allerdings darauf: Sie sei nie dafür bezahlt worden…
• Bevor Harris so ganz spontan bei «Call Her Daddy» zum Interview antrat, einem Podcast von Alex Cooper, einer Göttin dieser Szene, spendierte Harris’ Kampagne den Produzenten ein nigelnagelneues Set. Kostenpunkt: ein sechsstelliger Betrag. Das Interview strotzte vor NICHTkritischen Fragen
• Harris’ Eventmanager organisierten auch zahlreiche Benefizkonzerte für die Kandidatin, wo weltberühmte Musikerinnen wie Lady Gaga, Katy Perry usw. sich für sie einsetzten. Aus Sorge ums Land, weil Donald Hitler…. vor der Machtergreifung stand…..Umsonst? Wohl kaum! Wie die ganze Hollywood-Pominenz, welche so weit weg ist vom einfachen Wählenden und das Gegenteil als das „Überzeugen“ errichte.
Alles in allem gab Harris 15 Millionen Dollar für diese Anlässe aus.
Am übelsten aber war vielleicht das Geschäft, das Harris mit Al Sharpton eingegangen ist. Der progressive, schwarze Prediger und Politiker hat eine eigene Sendung auf MSNBC, dem linksten der grossen Fernsehstationen in den USA, und so lud er Harris zu einem Gespräch ein:
• Auch hier gab es keine kritischen Fragen
• Stattdessen lobte er ihre «aussergewöhnliche, historische Kampagne», wunderte sich über Trump, den er (natürlich) als «feindselig und erratisch» bezeichnete…
Doch
• Jetzt kommt heraus, dass Harris vor der Sendung 500’000 Dollar an Sharptons Non-Profit-Organisation «National Action Network» überwiesen hatte. Das belegen offizielle Daten der Wahlbehörden….
Aber
• Selbstverständlich hielt es Sharpton nicht für nötig, das offenzulegen, als er Harris befragte. Vielmehr tat er so, als wäre er einfach ein neugieriger, professioneller Zeitgenosse
das heisst….
• 500’000 Dollar für ein freundliches Gespräch.
Besonders schlimm und betroffen macht mich, dass so eine Frau sich für kompetent genug hielt, das mächtigste Amt des Planeten auszuüben…..
Zuvor hatte Harris übrigens ein Video veröffentlicht, wo sie Sharpton zum 70. Geburtstag gratulierte: «Alles Gute zum Geburtstag, Rev.», sagte Harris, wobei sie ihn mit seinem Spitznamen ansprach: «Du warst in all Deinen Jahren ein so aussergewöhnlicher Führer. Du warst eine Stimme der Wahrheit, eine Stimme des Gewissens.»
und so weiter und so fort….
Widerliche Fakten… Und der BEWEIS: Musk (und Trump) gaben (im Vergleich) wenig für den Wahlkampf aus. UND: MUSK KANN SICH ALLES KAUFEN – doch dieser Wahlsieg wurde nicht gekauft!
Soweit meine kleine Amerkung zu diesem Nebensatz.
X entspricht einer Welt, die von Gier, Herrsch- und Vergnügungssucht sowie von Zerstörungswut geprägt ist. Das Problem sind aber nicht solche Medien, sondern wie und wozu sie genutzt werden. – Mögen wir von ganzem Herzen und aus Liebe im Frieden mit uns in dieser Welt leben und uns am Gold in unseren Seelen freuen.
Herr Zweidler, in diesem Beitrag von Herrn Zehnder geht es , wie sie selber bemerkt haben, eben nicht um Politik. Darum tun Ihre Aussagen über den amerikanischen Wahlkampf und über das Geld , das dort auf beiden Seiten geflossen ist, nichts zur Sache.