
Florence Vuichard: «Fake News sind vor allem ärgerlich.»
Das 330. Fragebogeninterview, heute mit Florence Vuichard, Ressortleiterin Wirtschaft bei CH Media. Sie sagt, sie beginne ihren Tag mit den Printversionen von NZZ und «Bund» und der «AZ via App». Sie ist deshalb auch überzeugt, dass es gedruckte Tageszeitungen «länger geben wird, als viele Online-Propheten glauben – vorausgesetzt es gibt noch Druckereien». Auch sie schaut aber «leider viel zu oft» auf ihre Profile bei X, LinkedIn, Instagram und Facebook. Im Vergleich zu früher gebe es heute «deutlich mehr Informationsquellen» – mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt. Vor allem habe es «früher weniger Kommunikationsverantwortliche und mehr Journalisten und Journalistinnen» gegeben und die «Medienvielfalt war sicher grösser. Die Medienqualität hingegen war deswegen nicht unbedingt besser.» Fake News findet sie vor allem ärgerlich. «Ebenso ärgerlich ist aber die Tendenz, alles, was nicht der eigenen Meinung entspricht, als Fake News abzutun.»
Welches Medium darf bei Dir zum Frühstück nie fehlen?
Die NZZ und «Der Bund» in der Printversion, die AZ via App.
Wie hältst Du es mit Facebook und Instagram, X, Bluesky, Threads und Mastodon, LinkedIn, YouTube und TikTok?
Ich habe ein Profil bei X, LinkedIn, Instagram und Facebook – und schaue leider viel zu oft drauf.
Wie hat sich Dein medialer Alltag seit Deinem Berufseinstieg verändert?
Es gibt heute deutlich mehr Informationsquellen. Das hat Vor- und Nachteile.
Wenn Du an die Medien in der Schweiz denkst – war früher alles besser oder schlechter?
Beides. Es gab früher weniger Kommunikationsverantwortliche und mehr Journalisten und Journalistinnen und die Medienvielfalt war sicher grösser. Die Medienqualität hingegen war deswegen nicht unbedingt besser.
Haben geschriebene Worte noch Zukunft?
Mehr denn je.
Was soll man heute unbedingt lesen?
Tageszeitungen und Bücher.

Kannst Du schlechte Bücher weglegen oder musst Du Bücher zu Ende lesen?
Ich lese die Bücher in der Regel fertig.
Wo erfährst Du Dinge, von denen Du nicht gewusst hast, dass sie Dich interessieren?
In Tageszeitungen und Büchern, im Kino und im Austausch mit Freunden.
Wie lange gibt es noch gedruckte Tageszeitungen?
Länger als viele Online-Propheten glauben – vorausgesetzt es gibt noch Druckereien.
Sind Fake News eine Gefahr – oder eine Chance für die Medien?
Fake News sind vor allem ärgerlich. Ebenso ärgerlich ist aber die Tendenz, alles, was nicht der eigenen Meinung entspricht, als Fake News abzutun.
Wie hältst Du es mit linearem (live) Radio und Fernsehen?
Das Radio gehört zum Morgen, wobei ich mich hier trotz bescheidener Musikauswahl an SRF 1 halte. Am Fernsehen schaue ich oft – wenn auch zeitversetzt – die «Tagesschau». Und Fussballspiele.
Hörst Du Podcasts? Hast Du einen Lieblingspodcast?
Immer häufiger. Als Bernerin empfehle ich den Sechsteiler «8424 Züri West».
Was bedeutet es für die Medien (und die Gesellschaft), dass laut fög 56 % der 16- bis 29-Jährigen zu den News-Deprivierten gehören?
Vielleicht sollten wir gegenüber Modebegriffen wie «news-depriviert» und solchen Umfragen etwas kritischer sein und uns an unsere Jugend erinnern, als wir mit 16 Jahren auch keine Zeitung lesen mochten. Die Medien sollen guten, faktenbasierten und etwas weniger meinungsgetriebenen Journalismus machen, dann finden sie auch ihr Publikum.
Tamedia-VR-Präsident Pietro Supino geht davon aus, dass in zehn Jahren zwischen einem Viertel und einem Drittel der Artikel im «Tages-Anzeiger» von Robotern geschrieben werden. Lässt sich Journalismus automatisieren?
Der Text lässt sich vielleicht automatisieren, der Journalismus aber nicht.
Führt die Digitalisierung zum Tod der Medien oder im Gegenteil zur Befreiung des Journalismus?
Die Digitalisierung hat das angestammte Geschäftsmodell der Medienhäuser
stark beschädigt. Doch sie führt sicher nicht zum Tod der Medien.

Brauchen wir in der Schweiz eine Medienförderung?
Ja. Ohne geht es derzeit nicht.
Schreibst Du manchmal noch von Hand?
Jeden Tag.
Ist (oder war) Donald Trump gut oder schlecht für die Medien?
Donald Trump ist schlecht für die Welt.
Wem glaubst Du?
Den Fakten, meiner Erfahrung und meinem Gedächtnis.
Dein letztes Wort?
Dafür ist es noch zu früh.
Florence Vuichard
Florence Vuichard, 52, ist seit Mai 2021 Wirtschaftschefin der Mantelredaktion von CH Media. Zuvor arbeitete sie für die damals noch eigenständige Berner Tageszeitung «Der Bund» und die mittlerweile eingestellte Wochenzeitung «Cash», sie gehörte zum Gründungsteam der «Schweiz am Sonntag» und war für die «Bilanz» tätig. Sie hat Soziologie und Volkswirtschaft studiert und wohnt in Bern.
Basel, 23.04.2025, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
Bild: Sandra Ardizzone, CH Media
Seit Ende 2018 sind über 300 Fragebogeninterviews erschienen – eine alphabetische Liste mit allen Namen und Interviews gibt es hier: https://www.matthiaszehnder.ch/aktuell/menschenmedien-die-uebersicht/
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Ein Kommentar zu "Florence Vuichard: «Fake News sind vor allem ärgerlich.»"
Entweder Frage ändern oder die Medienmenschen schnallen es allesamt nicht. Auf die Frage: „Ist oder war D.T. gut oder schlecht für die Medien“ gehört eine Antwort welche sich auf die Fragestellung bezieht.
Repetiv wird aber, wie heute wieder, so oder ähnlich geantwortet: „Nr. 47 ist schlecht für die Welt“. Sorry – somit ist diese Frage schluddrig-verallgemeinernd und nicht korrekt beantwortet.
Das würde kein Deutschlehrer – jedenfalls zu meiner Schulklasszeit (vor 100 Jahren) – durchgehen lassen. Wer nicht genau hinhören kann (und das können heute die wenigsten) kann auch nicht richtig antworten. Allgemein merkt man dies im Journalismus wo die Kunst des Hörens besonders triftig wäre…. Das Niveau ist im Sinkflug. Und solches Personal arbeitet bei den Medien? Kopfschüttel… das kann jeder „Häfelischüler“ besser….