Zum Abschied ein paar Fragen

Publiziert am 19. Dezember 2015 von Matthias Zehnder

Ich war immer der Ansicht, dass eine Zeitung, dass Medien Meinungen nicht machen müssen, sondern die Informationen und Anregungen bieten sollten, die es den Lesern ermöglichen, sich selbst eine Meinung zu bilden. Ich habe mir deshalb erlaubt, den letzten Wochenkommentar, der in der bz erscheint, nicht in Form von Thesen zu formulieren, sondern in Form von Fragen.

  1. Wenn Sie sich aufregen über etwas, das Sie in der Zeitung lesen, regen Sie sich dann darüber auf, weil es passiert ist oder weil Sie es in der Zeitung lesen?
  2. Lesen Sie die Zeitung, weil Sie sie bezahlt haben oder bezahlen Sie die Zeitung, weil Sie sie lesen? Und was bedeutet das für die Gratisangebote im Internet?
  3. Empfinden Sie sich als Basler? Welche Rolle spielt Ihr Wohnort dabei?
  4. Wenn Sie nicht in Basel wohnen — wie weit weg von der Region Basel müssen Sie sein, damit Sie sich als Baslerin oder Basler bezeichnen?
  5. Und wenn Sie in Basel wohnen, wann empfinden Sie sich als Baslerin oder Basler und wann als Kleinbasler, als Gundelianer, als Hirzbrünneler oder als Dalbentaler?
  6. Und wie weit weg von der Schweiz müssen Sie sein, damit Sie Ihr Land in Schutz nehmen? Nehmen Sie die Schweiz nur gegenüber Ausländern in Schutz oder auch gegenüber Schweizern?
  7. Wenn es zutrifft, dass, wie Kästner schreibt, nicht nur die schuld sind an einem Unfug, die ihn begehen, sondern auch jene, die ihn nicht verhindern — was bedeutet das für Basel im Hinblick auf Christoph Blocher und seine BaZ?
  8. Was, glauben Sie, ist wichtiger für Basel: Das Joggeli oder das Rathaus? Das Münster oder Coop? Wie messen Sie die Wichtigkeit?
  9. Wann spüren Sie im Alltag die Kantonsgrenzen? Autonummern, Steuerrechnungen und Dialekt einmal ausgenommen?
  10. Glauben Sie, dass es eine Wahrheit unabhängig von einer Perspektive (also einem bestimmten Standpunkt) gibt? Und was bedeutet das für die beiden Basel?
  11. Können Sie sich eine Schweiz ohne Europa denken? Und ein Europa ohne Schweiz? Ist die Landesgrenze für Sie eher der Anfang oder das Ende der Welt?
  12. Als wie wichtig für den Menschen würden Sie Kultur bezeichnen? Im Vergleich zu a) der Armee, b) der Kehrrichtabfuhr, c) einem Fitnessstudio?
  13. Warum, glauben Sie, kommen Touristen nach Basel? Wie viele der Gründe liegen in der Gegenwart und wie viele in der Vergangenheit? Wie liessen sich in der Gegenwart Gründe schaffen, die Menschen in Zukunft nach Basel kommen liesse?
  14. Ist eine grundlose Entlassung eigentlich ehrenrührig? Falls ja: für wen?
  15. Denken Sie gern?
  16. Wenn nicht: was denken Sie, was das bedeutet?
  17. Wenn Sie sich an der Dummheit von anderen stören – was heisst das für die direkte Demokratie?
  18. Wenn die Güllener im „Besuch der alten Dame“ über Claire Zachanassians Vorschlag, Alfred Ill zu ermorden, abstimmen würden, wäre der Mord für Sie dann akzeptabler?
  19. Sind Sie glücklich? Wenn ja: In wieweit hatten Sie einfach Glück und inwieweit liegt das an Ihnen? Könnten Sie anderswo ebenso glücklich sein?
  20. Fühlen Sie sich für Ihr Glück verantwortlich? Fühlen Sie sich für das Glück von anderen verantwortlich?
  21. Wenn Sie jetzt gleich sterben würden, würden Sie dann eher bereuen, was Sie getan und erlebt haben oder was Sie noch nicht erlebt und getan haben? Und wie würden Sie das ändern, wenn Sie heute nicht sterben?
  22. Haben Sie die Leistung eines Schiedsrichters schon einmal negativ beurteilt, nachdem der FCB gewonnen hat?
  23. Ist Kultur für Sie ein wichtiger Bestandteil des Lebens? Und wenn nein: was dann?
  24. Empfinden Sie eine Ideologie eher als Halt oder als Einengung? Und wie empfinden Sie andere Ideologien? Als durchaus mögliche Alternativen oder als Angriff auf Ihren Halt?
  25. Fühlen Sie sich frei?

6 Kommentare zu "Zum Abschied ein paar Fragen"

  1. Natürlich keine Antworten, aber ein paar Randbemerkungen zu einzelnen Fagen:
    1. … oder über die Art und Weise der Berichterstattung?
    6. Warum sollte ein Leser oder ein Journalist SEIN Land in Schutz nehmen? Wovor?
    11. Geografisch, historisch, kulturell oder politisch?
    12. Welche Kultur? Was ist wichtiger: Äpfel oder Kartoffeln?
    17. Wenn ich mich an etwas störe, heisst das allein für die Demokratie noch gar nichts.
    23. Siehe 12
    Die übrigen Fragen haben aufgrund iherer Eindeutigkeit, Perfektion (15), Beliebigkeit, oder geringen Reichweite zu keiner Bemerkung Anlass geboten. Gute Idee übrigens. Die Kunst des Fragens wir von den Medien zu wenig gepflegt.

  2. Ich brauche die Zeitung um mich zu informieren. Ich schätze die Zeitung wenn Sie mich mit klugen Kommentaren zum weiterdenken anregt. Es gibt kein Mittel, das so schnell und nachdrücklich zum Denken anregt, wie die kluge Frage.
    Herzlichen Dank für für den abschliessenden Wochenkommentar, Herr Zehnder. Sie hinterlassen eine grosse Lesergemeinschaft die noch nicht weiss, wie sie mit diesem Verlust umgehen soll.
    Es gibt keine grundlosen Entlassungen. Es gibt nur Entlassungen, über deren Gründe die Entlasser besser nicht sprechen, weil sie ihnen nicht zum Ruhm gereichen. So einfach ist das!
    Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft und hoffe immer noch, dass sich ein Tor auftut, dass mir weiterhin Ihre klugen Kommentare zum Zeitgeschehen zugänglich macht.

  3. Danke für Ihre Fragen vom 19. Dezember 2015, vorallem aber auch ein grosses

    Dankeschön für Ihr unentwegtes in Frage stellen von scheinbar Selbstverständlichen während den letzten drei Jahren.

    Vermutlich wird die bz sich in einem Jahr fragen, wieso die BaslerInnen die Zeitung wieder abbestellen?

    Fragen Sie weiter! Nur so, kann das Denken, das Sie so geistreich und humorvoll provozieren, weitergehen

    und Ihre LeserInnen, die Ihre Fragen lieben, werden sich fragen , welche Zeitung man dann in Basel noch lesen kann?

    Ihnen ein herzliches Dankeschön!

  4. Manchmal ist es ganz nützlich, wenn in einer Welt, die zuweilen zu rasch zu viele Antworten bereit hat, ein paar Fragven gestellt werden. Einfach so. Sie sind trotz „points d‘ interrogation“ Antwort genug. Keep it simple. Merci. Alles Gute. Bis bald.

  5. Lieber Herr Zehnder,
    vor einiger Zeit schon habe ich es läuten hören, dass sie eventuell doch zu kritisch sind für die bz, aber sie waren ja noch da, und dann kam doch der Paukenschlag. Abschied!!!
    Ich habe ihre kritischen Kommentare immer sehr gerne gelesen. Die bz, die ich seit einiger Zeit abonniert habe, hat sich stehts verbessert und wurde richtig ein gutes Blatt, endlich wieder eine Tageszeitung in Basel die anregt und hinterfragt.
    Ich habe dann mit Unglauben mitbekommen, dass Sie wirklich entlassen wurden. What a shame.
    Ich habe immer noch ein Abo, aber jetzt heisst es wieder kritisch hinterfragen und schauen, ob das noch die Zeitung ist, die ich täglich lesen möchte.

    Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für Ihre so gute jounalistische Arbeit, die sie geleistet haben. Und finde es wunderbar auf diese Weise weiter von Ihnen zu hören, bzw. zu lesen, wünsche Ihnen alles Gute und hoffe dann wieder auf mehr an anderer Stelle, wo Ihr kritischer Geist nicht nur von den Leserinnen und Lesern gewertschätzt wird.
    In diesem Sinne ein gutes Neues Jahr mit gutem Journalismus wo auch immer und mercy vielmals.

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