Wovor James Bond sich fürchtet

Publiziert am 10. März 2017 von Matthias Zehnder

2018 wird wohl der nächste James Bond-Film in die Kinos kommen. Seit der Premiere von «Spectre», dem bisher letzten Bond-Abenteuer, im Oktober 2015 fragen sich Hochglanzmagazine auf der ganzen Welt, wer den neuen Bond spielen wird. Die Produzenten beschäftigt noch eine ganz andere Frage: Vor welcher Gefahr könnte James Bond im Jahr 2018 die Welt retten? Bis jetzt haben die Bond-Filme den Zeitgeist jeweils recht gut getroffen. Wovor also hat James Bond heute Angst?

Die Klatschpresse auf der ganzen Welt beschäftigt die Frage, wer im nächsten Film die Hauptrolle spielen soll. Daniel Craig, der in den letzten vier Filmen den Spion mimte, soll der Rolle müde sein. Die Buchmacher sehen Tom Hiddleston als Favoriten für die Nachfolge von Craig. Andere Namen, die genannt werden, sind Idris Elba (er wäre der erste schwarze Bond, aber Elba gilt als zu alt), Tom Hardy (er soll den Produzenten schon einen Korb gegeben haben) und Henry Cavill (aber kann man Superman und Bond gleichzeitig sein?). Als wahrscheinlichste Variante gilt, dass Daniel Craig noch einmal ins Dinnerjacket schlüpft. Er hat seine Sache einfach zu gut gemacht.

Während das Lineup für die Hauptrolle bereits sehr eindrücklich ist, bereitet eine andere Frage den Produzenten mehr Kopfzerbrechen: der Plot. Seit 1962 ist James Bond im Dienste ihrer Majestät. 24 Mal hat er seither die Welt gerettet. Im ersten Film, «James Bond jagt Dr. No», war Bonds Widersacher ein verrückter Wissenschaftler, der Mitglied einer geheimen Verbrecherorganisation namens «Spectre» war. Später war jahrelang der kalte Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA der Hintergrund der Filme. Die letzten vier Bond-Filme drehten sich wieder um die Verbrecherorganisation «Spectre». Jetzt ist unklar, wie es weitergehen soll. Vor welcher Gefahr soll Bond die Welt im 25. Abenteuer retten?

Wovor fürchtet sich die Welt?

Bond-Produzent Gregg Wilson erklärte kürzlich in London, das Team habe erst begonnen, mit Ideen herumzuspielen. Der Prozess beginne immer damit, dass sich das Team frage: What is the world afraid of now? Wovor fürchtet sich die Welt heute? Die Bond-Truppe sei im Moment damit beschäftigt, herauszufinden, was die Welt in den nächsten Jahren beschäftigen werde.

Als Antwort auf die Frage von Gregg Wilson fallen einem gleich eine ganze Reihe von Namen ein: Donald Trump zum Beispiel, Erdogan, Putin, vielleicht auch Xi Jinping. Bloss: Bond war nie tagespolitisch ausgerichtet. Die Gefahren, vor denen Bond die Welt rettet, müssen auch in ein paar Jahren noch verständlich sein. Und wer weiss, wie lange Donald Trump im Weissen Haus wirklich herumstümpern darf. Nein, Namen reichen nicht.

Alpträume und Hühnerhaut

Fragen wir uns also: Welche Gefahr hat das Potenzial, dass es uns kalt den Rücken herunterläuft? Dass wir Hühnerhaut kriegen und Alpträume und das grosse Muffensausen? Welche Gefahr könnte die ganze Welt betreffen, die USA ebenso wie England, die Schweiz wie China? Wenn ich mir das so überlege, dann gibt es nur ein Thema, das diese Kriterien erfüllt: Cyberkrieg und Cyberterrorismus.

Nein, das sind keine leeren Schlagworte und es geht dabei auch nicht einfach um die Sicherheit Ihres Computers. Das auch, aber nur nebenbei. Es geht um die Sicherheit von allem, was heute mit dem Internet verbunden ist und das ist eine ganze Menge. Vom Smart-TV bis zum Atomkraftwerk, vom Stellwerk der Bahn bis zur Kläranlage, vom Spital bis zum Supermarkt. Noch nie war unsere Gesellschaft so vernetzt – und deshalb war sie noch nie so verletzlich.

Das Cracker-Potenzial der CIA

Diese Woche hat das einmal mehr die Veröffentlichung von geheimen CIA-Dokumenten durch Julian Assanges Plattform Wikileaks gezeigt. Nun muss man mit Vorsicht behandeln was Wikileaks veröffentlicht. Aus der einst gut gemeinten Plattform für Transparenz ist längst eine Dreckschleuder mit starken Verbindungen zu Russland und einer Pro-Putin-Pro-Trump-Tendenz geworden. Vermutlich haben russische Hacker die Plattform während des amerikanischen Wahlkampfs mit Dokumenten und E-Mails aus dem Hillary-Lager versorgt. Auffällig ist auch diesmal, wie perfekt der Zeitpunkt der Veröffentlichung Donald Trump in die Karten spielt. Trotzdem sollten wir uns Sorgen machen.

Die CIA-Dokumente, welche Wikileaks diese Woche veröffentlicht hat, sind nicht ganz einfach einzuschätzen. Sie zeigen aber, dass die CIA mit allen Mitteln versucht, in Geräte und Programme einzubrechen und Verdächtige abzuhören. So soll die CIA in der Lage sein, über Smart-TVs von Samsung eine Wohnung zu observieren – und zwar auch dann, wenn die Fernseher nicht eingeschaltet sind. Eine ganze Reihe von Dokumenten belegen, dass die CIA zumindest versucht hat, in iPhones und in Programme wie WhatsApp einzubrechen.

Diebstahl und Digitale Erpressung

Ich weiss nicht, was verstörender ist: dass die CIA all das versucht oder dass es Hackern gelungen ist, in die Rechner der CIA einzudringen und diese Dokumente zu entwenden. Sicher ist: Digitale Sicherheit gibt es nicht. Im Internet lauern Tausende von höchst talentierten Programmierern, die ihr Geld mit digitalen Einbrüchen verdienen.

Das einfachste Mittel, einen digitalen Einbruch zu Geld zu machen, ist die Erpressung. Das passiert auch in der Schweiz immer wieder. Ein Beispiel veröffentlichte kürzlich der Tages-Anzeiger: Ein Vier-Sterne-Hotel in Zürich konnte plötzlich nicht mehr auf Programme und Computer zugreifen. Ein Hacker meldete sich: Gegen Überweisung einer mittelgrossen Dollarsumme gebe man die Computer des Hotels wieder frei. In der Regel ist es billiger, dem Erpressungsversuch nachzugeben, als die Daten wiederherzustellen – davon leben die Hacker.

Die Mafia im Internet

Laut Sicherheitsexperten wie Marc Goodman haben traditionelle Verbrecherorganisationen wie die italienische Mafia, die japanische Yakuza oder die chinesischen Triaden längst Teile ihrer Aktivitäten ins Internet verlegt. Im Cyberspace hat die Polizei weniger Möglichkeiten und die Profite sind grösser. So sind im Internet Verbrecherbanden verantwortlich für Spam, Phishing, gefälschte Werbung, die Verbreitung von Kinderpornografie, Dienstblockaden und eben Erpressung.

Neben alten Bekannten wie der Mafia operieren im Schutz des Internets auch neue Verbrechergruppen. Sie sitzen in China oder Indonesien, Russland, Rumänien, Bulgarien, Brasilien oder Indien. Sie treten dabei zuweilen auf wie Firmen, die (verbrecherische) Dienste ganz öffentlich anbieten. Marc Goodman nennt in seinem Buch als Beispiel das Russian Business Network (RBN) in St. Petersburg.

Auch Ihr Computer ist interessant

Sagen Sie jetzt bloss nicht, Sie und Ihr Rechner seien für Hacker nicht interessant. Jeder Rechner kann ein Ziel sein und sei es nur, um in einen Angriff für grössere Ziele eingespannt zu werden. Hacker pflanzen Schadprogramme auf private Computer und verwandeln den PC in einen fernsteuerbaren Bot. Tausende solcher Bots werden zu Botnetzen zusammengeschlossen, mit deren Hilfe sich grosse Server lahmlegen lassen. Auf diese Weise wird Ihr Rechner ungewollt zum Werkzeug der Hacker.

Es sind aber nicht nur kriminelle Hacker, die uns Angst bereiten müssen. Zu denken geben mir vor allem die Berichte über die Cyberwar-Aktivitäten von China, Russland und den USA und wohl vieler weiterer Staaten. Edward Snowden hat ans Tageslicht gebracht, wie weit die Überwachungsaktivitäten der NSA gehen. Die Dokumente über die CIA, die diese Woche veröffentlicht wurden, geben einen Eindruck davon, wie weit die USA in Sachen Cyberangriffen auf Einzelpersonen gehen. Und das ist nur die Spitze des berühmten Eisbergs.

(K)ein Fall für James Bond

Seit Jahren gibt es Berichte über Cyberwar-Aktivitäten von China und Russland. China soll eigentliche Cyberwar-Fabriken unterhalten und mit ganzen Hackerarmeen amerikanische Firmen ausspionieren. Auf diese Weise sollen chinesische Hacker reihenweise geschützte Technologien geklaut haben. Russische Hacker scheinen sich mehr auf Desinformation spezialisiert zu haben. Sie sorgen mit der Freigabe ergaunerter Informationen gezielt für eine Destabilisierung des Westens – so, wie sie das mit den CIA-Dokumenten diese Woche gemacht haben.

Ganz klar: Wenn James Bond sich heute vor etwas fürchten müsste, dann vor Hackern. Und zwar weniger vor obskuren Organisationen, wie sie Dr. No aufbaute, als vor Cyberkriegern – leider nicht nur im Dienst fremder Staaten, sondern auch im Dienst des eigenen Landes. Blöd nur, dass man Hacker nicht mit einer Walther PPK und einem Aston Martin von Q bekämpfen kann. So gesehen wäre es vielleicht an der Zeit, wenn eine Frau die Rolle von James Bond übernähme: die Rolle einer intelligenten Jane Bond, die den Cyberkriegern die Meisterin zeigt.

3 Kommentare zu "Wovor James Bond sich fürchtet"

  1. In „Neue-Medien-Themen“, in neuen elektronischen Trends, in mobilen Daten, in Apple-Microsoft-Updates, kurz in der „Multimedia-Electronic-Total-Welt“ gibt es einem bestens informierten und ausgebildeten, electronic-affinen Matthias Zehnder eigentlich nichts vorzumachen und selten bis nie zu widersprechen. (Nützliche Informatik-Coop-Zeitungs-Seiten mit dem Kürzel -mz dienen mir heute noch bei der Computeranwendung)
    Und trotzdem: Gemach, gemach, so vernetzt ist die Welt nun auch wieder nicht. „Das wollte ich nicht, nun ist die ganze Strasse ohne Licht“ – dies sei geschehen, als Udo Jürgens an seinem Handy rumfummelte, so sang er schon vor langer Zeit in seinem Titel „Total vernetzt“. Trotz diesem stimmigen Song ist zu unterscheiden von Showbiz und sorgfältiger Arbeit von unseren Techniker, Planer und Ausführenden.
    Showbiz ist Hollywood-Diven-Gepiepse, Aufmerksamkeitserhaschen und eigene Taschen füllen.
    Durchdachte Arbeit – sei´s in IT oder (durchaus auch) in der Politik – ist zum Wohle des Menschen und der Bevölkerung.
    Zum Glück werden heute in komplexe, technische und sicherheitsrelevante Systeme wieder vermehrt analoge Bauteile eingesetzt. So kann eben nicht geschehen, was z.B. in der (Zwangsgebühren-finanzierter) SRF-Sendung „Blackout“ dem (vorwiegend älteren) SRF-Publikum eingeflösst werden sollte: Das nämlich ein böser„Hacker“ (was ist dies eigentlich – genaue Definition liegt nicht vor sowie ein EFZ-Beruf ist es auch nicht?) vom fernen Fernsehstudio in Zürich in der Liestaler Innerstadt die Lichter löschen kann. Es stellte sich später heraus, dass diese „Auslösch-Show“ „gefaket“ war (fälschlich war), um dem Publikum die allmächtige, unheimliche Internet-Vernetzung vorzuführen. Was lernen wir daraus: 1.) Das der zuständige Vertreter der EBL (Elektra Baselland), welcher Liestal unterstellt ist, danach in seriösen Medien wie z.B. der BaZ sagte, das dies gar nicht möglich sei und 2.) das genau wegen Episoden in Leitmedien wie SRF auch in der Schweiz die Journalisten- und „Berichterstatter“-Arbeit so rapide (hausgemacht) an Glaubwürdigkeit verliert oder zumindest (zu recht) angezweifelt werden darf.
    Auch bei der landesweiten Umstellung auf „IP-Telefonie“ macht die Swisscom gewichtige Ausnahmen: Notrufe, Alarmzentralen wie die NAZ aber auch der Bereich SBB-Telekom werden weiterhin zusätzlich mit analoger Technik bedient. Die „IP-Telefonie“, zu der auch wir Zuhause gezwungen wurden, ist viel zu störungsanfällig; was auch wir schon erleben durften: Wenn am „Router“ die rote Lampe brennt, ist nichts mehr mit Internet. Dies ist verkraftbar (ausser, wenn die neue Zehndersche Wochenschrift aufgeschaltet wird…). Neu ist – da das Telefon nun auch über den Internet-Router läuft, auch nichts mehr mit Telefon. „Diese Nummer ist vorübergehend nicht in Betrieb“ – diesen Satz kannten wir vor „IP“ nicht…. Zudem funktionierte vorher das Telefon autonom vom Netz, ausschliesslich mit dem Schwachstrom im Telefonkabel. Neu braucht jeder Apparat – und sei es bloss ein Lifttelefon – einen stromfressenden Router, der 24/24 „ON“ sein muss. Wenn man weiss, dass der leuchtende Kippschalter einer Stromleiste bei Dauerbetreib im Jahr für 20 Fr. Strom braucht, freut sich die Stromlobby über die neue Welt; nicht nur der Telefonie-Technik….
    Herr Zehnder hat durchaus recht, dass weltweit der Missbrauch durch neue Technik zunimmt. Das weckt Angst; die man aber nehmen kann: Dazu
    1.) In hochentwickelten Ländern (wie der Schweiz) wird die Chance, Missbräuche an relevanter Stelle zu tätigen, durch eine koordinierte, hochentwickelte Forschung – der ganze Hönggerberg (ETH) brütet darüber – und entsprechende Abwehrmassnahmen reduziert. Beruhigend. Schlaffördernd. Schluss.
    Doch leider braucht es auch heuer noch ein 2.) „supplement“…
    Denn
    2.) starb bei mir die Hoffnung beim Lesen der Wochenschrift nach einer „Trump-Bashing“-freien Kolumne schnell. Sogar beim wissenschaftlich-technischen-Thema wie diesem meinte ich, oben Worte wie „Pro-Trump-Dreckschleuder“… vernommen zu haben. Das klingt in mir nach „darauf-antworten“ und „Klarheit-schaffen.
    Wie man weiss, hat alles zwei Seiten. Jede Sache hat eine gute und eine schlechte Seite. Einverstanden? Nur etwas hat, schenkt man unseren Medien Glauben, ausschliesslich eine Seite und nur Schlechtes an und in sich: Der demokratisch gewählte, aktuelle Präsident der USA. Der bei uns zum angstmachenden Totalungetüm heraufstilisierte – aber für Millionen von US-Bürgern (und um die geht es) Nützliche, Dienliche und Angesehene – kann die Atombombe, um das geht es uns doch schlussendlich, nicht einfach so zünden, hätte er auch einen nervösen Finger. Es bräuchte die Einwilligung vieler Organe. Und hochentwickelte Länder, zu denen man die USA zählten kann, sind ebenfalls, gerade im millitärischen Bereich, hochgradig geschützt. Durch sichere analoge Technik, durch digitale Mehrfachschaltungen und durch einen reifen, besonnenen Mr. President, der sein Land kräftigt, seine Bevölkerung stärkt, mehr als liebt und an sie glaubt und der das Leben zu gerne hat!

    Die beste Versicherung für die Welt.

    1. «Nur etwas hat, schenkt man unseren Medien Glauben, ausschliesslich eine Seite und nur Schlechtes an und in sich: Der demokratisch gewählte, aktuelle Präsident der USA.» Solche Aussagen sind einfach nur ermüdend und langweilig. Ich finde mühelos Artikel in vielen verschiedenen Medien, die Gutes über Trump berichten, auch und sogar in der Schweiz.

  2. Cyber als Weltreligion: Verspricht totale Freiheit und schafft grenzenlose Abhängigkeit? Cyber als Waffe: Rüste sich wer kann! Mein persönliches Ziel: Möglichst immun bleiben/werden. Gesellschaftlich und zivilisatorisch gilt auch hier: Soziale Kräfte bestmöglich stärken und den Asozialismus kreativ und nachhaltig wirksam bekämpfen!

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