Ein Ausweg für narzisstische Politiker
Donald Trump gilt als Narzisst. Aber was heisst das genau? Was würde es bedeuten, wenn es tatsächlich so wäre? Diese Woche zeige ich Ihnen, wie verheerend sich Narzissmus auf Politiker auswirkt. Viele Menschen glauben, Narzissten fühlten sich klein und müssten sich deshalb gross machen. Das ist falsch. Narzissten sind überzeugt, dass sie grossartig sind. Das macht sie so gefährlich. Es gibt nur eine Lösung.
Sie kennen die Geschichte von der Königin, die einen Zauberspiegel hatte. Wenn sie vor diesen Spiegel trat und sich darin beschaute, sprach sie: «Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?» Und der Spiegel antwortete: «Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land». Da war die Königin zufrieden, denn sie wusste, dass der Spiegel die Wahrheit sagte.
So steht es tatsächlich in «Schneewittchen» von den Gebrüdern Grimm: Die Königin wusste, dass der Spiegel die Wahrheit sagte, wenn ihr das, was er sagte, gefiel. Genau das ist vielerorts heute der Massstab, der an die Medien gelegt wird: Die Wahrheit ist das, was gefällt. Alles andere ist Fake News.
Keine Ferndiagnose
Nach diesem Prinzip fuhrwerken die Herren Putin und Erdogan. Donald Trump eifert ihnen nach Kräften nach, verheddert sich aber im freiheitlichen Amerika immer mal wieder in Widersprüchen und muss zu seinem Ärger zusehen, wie die Medien ihm aus seinen Unwahrheiten einen Strick drehen. Er macht es auch zu plump.
Der amerikanische Psychotherapeut John Gartner erklärte, Donald Trump sei ernsthaft krank und deshalb unfähig, das Amt auszuüben: Trump sei ein bösartiger Narzisst. Gartner verstiess mit der Ferndiagnose gegen eine Standesregel amerikanischer Psychiater, die Ferndiagnosen verbietet. Die Medien haben die Diagnose gleichwohl dankbar aufgenommen. Einmal abgesehen von der Frage, ob die Diagnose zulässig und ob sie zutreffend ist – was würde es denn bedeuten? Was ist ein Narzisst und welche Konsequenzen hätte es (vorsichtshalber im Konjunktiv), wenn die Herren Trump, Putin und Erdogan Narzissten wären?
Narzissmus ist nicht angeboren
Aufschluss gibt das Buch «Männlicher Narzissmus» des Neurowissenschafters und Psychiaters Raphael M. Bonelli. Wohlverstanden: Bonelli schreibt kein Wort über Trump, Putin oder Erdogan. Sein Buch erklärt den männlichen Narzissmus und erläutert Symptome und Konsequenzen. Schauen wir uns die Aspekte des Narzissmus einmal etwas genauer an.
Zunächst: Anders als das Temperament ist Narzissmus nicht angeboren. Ganz egal, ob ein Mensch eher Sanguiniker, Choleriker, Melancholiker oder Phlegmatiker ist – Menschen jeden Temperaments können eine narzisstische Persönlichkeitsstörung entwickeln. Bonelli schreibt deshalb: Das Temperament sucht man sich nicht aus, man bekommt es in die Wiege gelegt. Narzissmus ist ein Phänomen, dem nicht diese basalgenetische Ebene zugrunde liegt.
So wird Narzissmus diagnostiziert
Man könnte also sagen: Man wird nicht als Narzisst geboren, sondern dazu gemacht. Die amerikanische psychiatrische Klassifikation (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Fifth Edition, DSM-5) aus dem Jahr 2013 nennt neun Symptome, die auf Narzissmus zutreffen können:
- Ein Narzisst hat ein grandioses Verständnis der eigenen Wichtigkeit.
- Narzissten sind starke eingenommen von der Vorstellung, sie seien grenzenlos mächtig, einflussreich, brillant oder schön.
- Ein Narzisst glaubt, er sei ganz besonders und einzigartig und werde nur von ganz wenigen Menschen wirklich verstanden.
- Ein Narzisst benötigt exzessive Bewunderung wie die Luft zum Atmen.
- Ein Narzisst hat ganz selbstverständlich aussergewöhnliche Ansprüche und glaubt, dass ihm automatisch eine besondere Behandlung zukommen müsse.
- Narzissten sind berechnend und nutzen andere Menschen aus, um ihre Ziele zu erreichen.
- Narzissten haben kaum Empathie und nehmen Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen nicht wahr.
- Narzissten sind oft neidisch, weil sie die Erfolge anderer für unberechtigt halten.
- Narzissten zeigen oft arrogante, hochmütige Verhaltensweisen und Ansichten.
Für die Diagnose «narzisstische Persönlichkeitsstörung» müssen fünf dieser neun Punkte zutreffen. Sie können selbst beurteilen, ob das bei Donald Trump zutrifft oder nicht, wie es um die Herren Erdogan und Putin steht und ob es auch Schweizer Politiker gibt, die fünf der neun Punkte «erfüllen».
Das wären die Konsequenzen
Bonelli schreibt, dass Narzissten dreifach gefesselt sind: Sie sind gefangen in einer Selbstidealisierung, also einer krankhaften Überhöhung von sich selbst, in einer Fremdabwertung, also einer krankhaften Abwertung anderer Menschen, und in einer Selbstimmanenz, also einer krankhaften Ablehnung von Höherem. Narzissten sind deshalb kritikunfähig, beziehungsunfähig und religionsunfähig.
Mit anderen Worten: Gnade uns Gott, wenn Donald Trump tatsächlich ein Narzisst ist. Es würde bedeuten, dass er unfähig wäre, auf Berater zu hören und sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Der Narzisst kreist eben, anders als ein Perfektionist, nicht angstvoll um sich selbst, er kreist verliebt um sich selbst. Kritik hat da keinen Platz. Wäre Trump ein Narzisst, würde er es nicht ertragen, wenn andere Politiker mehr Stimmen erhalten oder an einer wichtigen Veranstaltung mehr Zuschauer haben. Sein Denken und Handeln würde nicht um Amerika kreisen, sondern nur um sich selbst.
Die Falle der Selbstgefälligkeit.
Bloss: Was bedeutet das für uns? Schliesslich können wir einen allfälligen Narzissmus von Donald Trump nicht beeinflussen. Wir liberalen Intellektuellen ärgern uns über die Lügen und Unwahrheiten aus dem Weissen Haus und sind entsetzt über die Politik von Trump in den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Soziales, Bildung etc. Die Frage wäre also: Inwiefern geht es dabei wirklich um die Sache und inwiefern haftet dieser kollektiven Empörung etwas Narzisstisches an?
Ärgern wir uns wirklich aus Not? Hat der Ärger nicht auch etwas Wohliges? Donald Trump macht es uns so schön einfach: Der mächtigste Mann der Welt liest kaum ein Buch, hat den Wortschatz eines Viertklässlers und keine Ahnung, was in Schweden wirklich passiert, weil er seine Informationen bei «Fox News» bezieht. Wir ziehen indigniert die Augenbrauen hoch – und geniessen das Augenbrauenhochziehen natürlich auch. Bei Lichte besehen tappen wir in dieselbe Falle, wie The Donald: die Falle der Selbstgefälligkeit.
Es gibt einen Ausweg
Sie erinnern sich natürlich, was die Königin im Märchen machte, als ihr nicht mehr gefiel, was das Spieglein sagte: Sie schickte einen Jäger, Schneewittchen zu töten. Der liess Schneewittchen aber frei und so musste die Königin selbst Hand anlegen. Es ist die Handlungsweise des Narzissten: Was nicht sein darf, kann nicht sein. Aber handeln wir nicht genauso, wenn wir nur Berichte lesen, die unserem Vorurteil entsprechen? Wenn liberale Intellektuelle allen Ernstes ein Attentat auf Donald Trump als Handlungsoption bezeichnen?
Psychiater Bonelli sagt: Narzissten lassen sich nicht kritisieren. Sie sind geradezu resistent gegenüber Kritik. Was dann? Gibt es einen Ausweg? Bonelli nennt einen einzigen: die Liebe. Der Narzisst, der wahrhaft liebt, löst sich von seinem Narzissmus ab. Bonelli meint damit nicht den Eros, das körperliche Begehren, sondern Agape, das selbstlose Lieben, bei dem das Ich hinter das Du zurücktritt. Also kein Raum für Locker Room Talk, Mr. Trump! Aber Raum für die Liebe. Die echte.
6 Kommentare zu "Ein Ausweg für narzisstische Politiker"
Es scheint mir immer wieder eine Frage wie diejenige nach dem Ei und dem Huhn: Wer ist das grössere Problem, die Narzissten oder diejenigen, die sie bewundern?
Kurz und unaufgeregt, stimmig auf den Punkt gebracht! Besten Dank Herr Keller
Nur eines Vorneweg: Hätte ich doch in meinem Umfeld auf JA gewettet, ob sich die nächste Wochenschrift wohl mit der SVP, dem Populismus, der „abgeschotteten, bösen“ Schweiz gegenüber dem „guten Fremden“ und der EU oder Donald Trump befasst. Ich hätte zum Sieger gezählt. Mit unaufhörlich, ungezählter, pausenloser Regelmässigkeit wird akribisch jeder Schritt dieser Themen seziert, sich sehr kritisch darüber ausgelassen und tadlerisch zerpflückt.
Hingegen wird über all die grossen Probleme, Fehlschritte oder negativen Entwicklungen der anderen Seite des politischen Spektrums hinweggeschaut, geschweige denn Kritik geübt. Kein Wort, wenn Flüchtende in Asylheimen randalieren, wenn sie wie im Raum Calais (F) Autobahnblockaden errichten und die Fernfahrer mit Gewalt zwingen, anzuhalten und sie mitzunehmen; wenn Linksradikale die Stadt Bern zermöbeln, in Feuer und Chaos stürzen („Bern brennt“) und Sachschäden sowie Trümmerfelder in Millionenhöhen zurücklassen; wenn SP-Politiker in Basel Steuergeld am Volk als Geschenk ins Elsass vorbeischleusen, damit sie dem Bürgermeister von St. Louis „in die Augen schauen können“, dieses also höher gewichten als den eigenen Wähler…; dass die Schweizer Linksgenossen vor noch nicht allzulanger Zeit dem deutschen, dispotischen Überwachungs- und Todesstaat „DDR“ huldigend und ihn begeistert besuchten; undemokratisch gewählten Präsidenten wie E. Honnecker oder aber auch UdssR-Diktatoren wie Chruschtschow, Breschnew und Tschernenko im übertragenden und wörtlichen Sinn die Füsse küssten.
Mir scheint, es geht hier natürlich links und rechts. Es geht um Politik und die eigene Agenda. Das ist z.B. das Gute an der aktuellen Jagd auf Trump: Grosse Mainstream-Medien, staatliche Sendeanstalten und reihenweise Blogs, die ihre angebliche Unvoreingenommenheit wie einen Heiligenschein herumtragen, entzaubern sich vor aller Augen zu dem, was sie schon immer waren: weltanschauliche Anstalten oder Podien mit politischer Färbung, erstaunlich einseitig, erschreckend unprofessionell, im Zweifelsfall links, aber in ihrer Unfähigkeit oder Unwilligkeit, sich den eigenen Standpunkt einzugestehen, klingen sie bei mir zwangsläufig unehrlich und verlogen. Ich denke, diese Verlogenheit kommt jetzt, dank Trump, ans Licht.
In mir tönt dies nach Chance, nach guter Hoffnung: Indem Trump ihre Lebenslügen aufdeckt, macht er aus seinen Feinden wahrscheinlich bessere Berichterstratter, Journalisten und Blogger!!!
Diese (zu lange) Einführung hat, wenn man es differenziert betrachtet, auch viel mit Narzismuss zu tun. Sind nicht ALLE (heutigen) politischen Akteure gewissermassen Narzissten? Braucht es dies nicht im Zeitalter von klassischen und „sozialen“ Medien? Auch bei uns hört man immer mehr, wie sich Politikerinnen stundenlang körperlich, modisch, frisurtechnisch auf Parlamentsauftritte vorbereiten (Ringier-Presse, „Schweizer Illustrierte), wieviel Zeit sie dem Inhalt widmen ist hingegen unbekannt. Auch Politiker sind furchtbar eitel, teil eingebildet und überheblich geworden.
Bei einer Initiative entscheidet weniger der Inhalt, als niederträchtige Beweggründe wie die Frage „was dem Volk gut verkauft werden kann“ (O-Ton Ruth Humbel von der CVP) und ob sie die eigene Partei möglichst gut ins allgemeine Medien-Rampenlicht-Gespräch bringt, wie bei der „Heiratsstrafe“-Initiative der CVP. (man achte auch auf möglichst coole Wortwahl bei der Benamsung…).
Grossmannsucht, In-Vordergrund-Stellen, Wichtigtuer wohin man schaut. Jedoch auch bei Journalisten. Markus Somm hinterfragt brilliant und zu recht die Medien-Zunft: „Sind die Journalisten nicht alle die grössten Narzissten“?
Was sind die wahren Beweggründe einer SRF-Tagesschausprecherin Katja Stauber, jeden Abend (ausgestattet mit frischem Schmuck, wechselnder, neuster Kleidung und aufwändiger Frisur) sich vor die „Kamera der Nation“ zu stellen. Ein (geschätzter) Stephan Klapproth, der sich (frühere Eigenaussage) am wohlsten vor der Linse fühlt. Jedoch unfähig, sich einzuordnen, unterzuordnen und eine demokratische Partnerschaftsbeziehung einzugehen.
Setzt Narzissten in ein Grossraumbüro. Die welche dort eingehen wie Blumen, sind wahre Narzissten. In der Medienzunft hätte es viel verwelktes Grünzeug….
Wenn ein amerikanischer Psychotherapeut John Gartner erklärt, „Donald Trump sei ernsthaft krank und deshalb unfähig, das Amt auszuüben: Trump sei ein bösartiger Narzisst.“ (… welch unglaubliche Unterstellung, in der Schweiz ein Fall für den Kadi…), steht dieser ehrenwerte, selbstlose „Mister Gartner“ plötzlich im Scheinwerferlicht. Und er geniesst. Der braungebrannte US-Sonnyboy hat urschnell (zweifelhafte) Ehre, Rum und Publicity. Seine Praxis ist für die nächsten Jahre gefüllt mit Anti-Trump-Klientel und von der holden Damenschaft bekommt er haufenweise Anträge, die solch einen solventen „Doctor“ angeln wollen.
Ganz denkwürdig wird es aber, wenn der beliebteste und auch umstrittenste Journalist Roger Schawinski“ ein Buch über Narzissmus mit dem Titel „Ich bin der allergrösste“ schrieb. (sehr, sehr lesenswert!) Ich mag ihn (verpasse keine Sendung „Roger gegen Markus“ auf Radio 1). Er, welcher durch Kassenstrutz, als Radiopirat mit Radio 24 usw. bekannt wurde, wurde aber auch berüchtigt mit Nazissmus-Pur-Sätzen wie „Ich mini Idee gii“, „Ich ha es erfunde“, „der 1. Talk in der Woche“, „das 1. Radio im Raum Zürich“, „mini grössti Mediepräsenz bei SRF“, „grossartig, han ich jetzt no dr Eherdoktor bichoo“ ….
Man kann seinen seinen Hang zum Narzissmus richtig heraustriefen spüren….
Ein genialere Redewendung (die vom Volk kommt – nicht die eines Narzissten) als: „Ein Esel schimpft dem anderen Langohr“ gibt es dazu nicht! (=Sagt man, wenn jemand einem anderen „das Eigene“ vorführt).
Doch unser eidg.dipl.ZH-Narzisst „Jolly Roger“ kann darüber lachen. DAS unterscheidet ihn von vielen unerträglichen Zeitgenossen, die das nicht können und sich darüber mal Gedanken machen sollten als über ihre nächste, möglichst effektvolle und dekadenten Eigenzurschaustellung
Erhellend in diesem Zusammenhang ist das Ergebnis der Übertragung narzisstischer Merkmale von der individuellen auf die gesellschaftliche, bzw. kulturelle Ebene etwa durch Erich Fromm oder im folgenden Zitat durch Alexander Lowen:
„Auf der kulturellen Ebene kann man den Narzißmus an einem Verlust menschlicher Werte erkennen – an einem Fehlen des Interesses für die Umwelt, an der Lebensqualität, an den Mitmenschen. Eine Gesellschaft, die die natürliche Umwelt dem Profit und der Macht opfert, verrät, dass sie für menschliche Bedürfnisse unempfindlich ist. Wenn Reichtum einen höheren Rang einnimmt als Weisheit, wenn Bekanntheit mehr bewundert wird als Würde, wenn Erfolg wichtiger ist als Selbstachtung, überbewertet die Kultur selbst das ‚Image‘, und man muss sie als narzißtisch ansehen.“
Ich habe die ergüsse von herrn zweidler langsam satt. Er verwechselt äpfel mit birnen. Was hat das aussehen von katja stauber mit dem brandgefährlichen verhalten des us präsidenten zu tun? Er ist nicht nur ein narzisst, sondern obendrein ein hochgradiger psychopath.
„Hochgradiger Psychopath“ kann für einen Narzisst ein Kompliment sein.