Dina Sambar: «Am liebsten lese ich Studien zu Themen, die mich gerade beschäftigen.»

Publiziert am 13. August 2025 von Matthias Zehnder

Das 346. Fragebogeninterview, heute mit Dina Sambar, stellvertretende Leiterin des Ressorts Gesellschaft und Kultur bei der «Basler Zeitung». Sie sagt, als sie vor 27 Jahren in den Journalismus einstieg, «nutzte der Grossteil der Bevölkerung das (unglaublich langsame) Internet noch nicht. Um an Informationen zu gelangen, war man auf Archive, Bibliotheken und das Wissen erfahrener Kollegen angewiesen.» Heute komme man viel schneller an Informationen – «seriöse und unseriöse». Um das geschrieben Wort macht sie sich trotz aller Multimedialisierung keine Sorgen: «Bücher existieren ja auch noch, obwohl in fast allen Haushalten seit Jahrzehnten ein Fernseher steht.» Sie findet, dass Journalistinnen und Journalisten heute «viel lesenswerter» schreiben: «Es geht nicht mehr darum, intelligent zu klingen, sondern Informationen leserfreundlich zu vermitteln.» Sie selbst liest am liebsten Studien zu spannenden Themen. Sie würde das aber «niemandem zumuten, der nicht ähnliche Interessen hegt». Podcasts machen sie dagegen ungeduldig: «Man kann sie nicht querlesen.»

Welches Medium darf bei Dir zum Frühstück nie fehlen?

Ich frühstücke unter der Woche nie – aber vor der Arbeit überfliege ich das «Basel Briefing», BaZ online und das Onlineangebot der «bzBasel». Artikel, die mich persönlich interessieren, sind selten tagesaktuell. Deshalb lese ich sie erst am Abend.

Wie hältst Du es mit Facebook und Instagram, X, Bluesky, Threads und Mastodon, LinkedIn, YouTube und TikTok?

Ich habe Accounts bei Facebook, Instagram und X. Ehrlich gesagt nutze ich diese jedoch fast nur aus beruflichen Gründen.

Wie hat sich Dein medialer Alltag seit Deinem Berufseinstieg verändert?

Als ich vor 27 Jahren meine Laufbahn begann, nutzte der Grossteil der Bevölkerung das (unglaublich langsame) Internet noch nicht. Um an Informationen zu gelangen, war man auf Archive, Bibliotheken und das Wissen erfahrener Kollegen angewiesen. Heute kommt man viel schneller an Informationen – seriöse und unseriöse.

Wenn Du an die Medien in der Schweiz denkst – war früher alles besser oder schlechter?

Einiges hat sich verschlechtert, anderes verbessert. Ich finde beispielsweise die Art und Weise, wie Journalistinnen und Journalisten heute schreiben, viel lesenswerter. Es geht nicht mehr darum, intelligent zu klingen, sondern Informationen leserfreundlich zu vermitteln.

Haben geschriebene Worte noch Zukunft?

Ja. Bücher existieren ja auch noch, obwohl in fast allen Haushalten seit Jahrzehnten ein Fernseher steht.

Was soll man heute unbedingt lesen?

Am liebsten lese ich Studien zu Themen, die mich gerade beschäftigen – dies würde ich niemandem zumuten, der nicht ähnliche Interessen hegt. Bücher, die ich jedoch nie vergessen werde, sind die «Herr der Ringe»-Bände von J. R. R. Tolkien. Als die Trilogie endete, empfand ich ein echtes Verlustgefühl.

Kannst Du schlechte Bücher weglegen oder musst Du Bücher zu Ende lesen?

Ich kann sie leider schlecht weglegen.

Wo erfährst Du Dinge, von denen Du nicht gewusst hast, dass sie Dich interessieren?

Überall: von Freundinnen, meinen Kindern, Arbeitskollegen, dem Internet, den Medien, bei zufälligen Gesprächen mit Fremden.

Wie lange gibt es noch gedruckte Tageszeitungen?

Sobald jene Generationen, die mit Printprodukten aufgewachsen sind, nicht mehr lesen können, wird es sehr viel weniger gedruckte Tageszeitungen geben.Ganz aussterben werden sie in absehbarer Zeit jedoch nicht.

Sind Fake News eine Gefahr – oder eine Chance für die Medien?

Eine Herausforderung, die gefährlich werden kann, wenn wir sie nicht meistern.

Wie hältst Du es mit linearem (live) Radio und Fernsehen?

Live schaue ich praktisch nur Sport – dafür viel davon.

Hörst Du Podcasts? Hast Du einen Lieblingspodcast?

Nein. Beim Hören von Podcasts werde ich ungeduldig. Man kann sie nicht querlesen.

Was bedeutet es für die Medien (und die Gesellschaft), dass laut fög 56 % der 16- bis 29-Jährigen zu den News-Deprivierten gehören?

Sind sie das wirklich? Oder beziehen sie die für ihre Lebensphase relevanten News einfach aus anderen Quellen?

Tamedia-VR-Präsident Pietro Supino geht davon aus, dass in zehn Jahren zwischen einem Viertel und einem Drittel der Artikel im «Tages-Anzeiger» von Robotern geschrieben werden. Lässt sich Journalismus automatisieren?

Ja, Journalismus lässt sich bis zu einem gewissen Grad automatisieren. KI kann Fleissarbeit übernehmen – beispielsweise die Abstimmungsergebnisse jeder Schweizer Gemeinde in separate kleine Artikel füllen. Das ist jedoch nicht das, was guten Journalismus ausmacht; dafür muss man Menschen treffen, Orte besuchen und bei Ereignissen präsent sein.

Führt die Digitalisierung zum Tod der Medien oder im Gegenteil zur Befreiung des Journalismus?

Weder noch. Es ist einfach eine technische Weiterentwicklung.

Brauchen wir in der Schweiz eine Medienförderung?

Ohne Förderung riskieren wir, dass irgendwann hauptsächlich wirtschaftliche Überlegungen bestimmen, worüber in den Medien berichtet wird. Eine Förderung könnte die Medienvielfalt und somit die Demokratie unterstützen. Allerdings birgt sie das Risiko einer staatlichen Einmischung. Dieses Risiko erachte ich jedoch als geringer. Also ja.

Schreibst Du manchmal noch von Hand?

Ja, Notizen und Geburtstagskarten.

Ist (oder war) Donald Trump gut oder schlecht für die Medien?

Natürlich werden Artikel über Trump gut gelesen. Doch mit seinem «Fake News»-Narrativ hat er es geschafft, ein Klima des Misstrauens gegenüber kritischen Medien zu erzeugen, was nicht nur für die etablierten Medien, sondern auch für die Gesellschaft schlecht ist.

Wem glaubst Du?

Menschen und Medien, die mir nie einen Grund dazu gegeben haben, ihnen zu misstrauen.

Dein letztes Wort?

Schwarzmalen bringt nichts.


Dina Sambar
Dina Sambar ist Redaktorin und stellvertretende Leiterin des regionalen Ressorts Gesellschaft und Kultur bei der «Basler Zeitung». Zudem ist sie Mitglied des Tamedia-weiten Netzwerks Lokaljournalismus. Dina Sambar hat Kommunikationswissenschaften und Journalistik in Fribourg studiert. Ihre Laufbahn begann 1999 als TV-Journalistin – zuerst bei Telebasel, später bei Produktionsfirmen, die für das Schweizer Fernsehen Sendungen produzierten. Seit 2007 arbeitet sie als Zeitungsredaktorin. Sie schreibt gerne über gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen.
bazonline.ch/


Basel, 13.08.2025, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

Bild: BaZ

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Ein Kommentar zu "Dina Sambar: «Am liebsten lese ich Studien zu Themen, die mich gerade beschäftigen.»"

  1. Dina Sambar arbeitet schon länger bei der BaZ. Sie hat die Entwicklung von Verleger und Chefredaktor Markus Somm (mit breitestem Meinungsspekturm) zur Tamedia-Übernahme miterlebt…
    Früher (bei M. Somm) brauchte ich mindestens eine gute Stunde um die BaZ zu lesen… Heute reichen oft 10 Minuten – und wären die Todesanzeigen nicht noch drin (was ja eine Zeit lang auch noch wegfiel) würden mir wohl auch 5 Minuten genügen… Schon beim Titel weiss man oft, was für ein Text daruntersteht. Alles auf Linie, alles geschmeidig, alles mehrheitsfähig…
    Und als eifriger Kommentarschreiber kommt anstelle einer Veröffentlichung in über 80% der Zuschriften (welche ein bisschen angriffig, zäh und „Fleisch am Knochen“ haben) diese (wohlbekannte) automatisierte Antwortmail:…….
    „Vielen Dank für Ihren Kommentar. Leider müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass Ihr Kommentar nicht veröffentlicht werden kann aus einer der beiden folgenden Gründen:
    In Ihrem Kommentar geht es nicht mehr ums ursprüngliche Thema oder Ihre Argumente eröffnen ein neues Diskussionsfeld, um vom eigentlichen Thema abzulenken. Ihr Kommentar enthält Eigenwerbung, Reklame für kommerzielle Produkte, politische Werbung oder einen Link. Oder Sie machen Aufrufe zu Protesten, Vereinigungen oder politischen Aktionen.
    Wir moderieren alle Beiträge von Leserinnen und Lesern manuell, bevor diese auf der Seite sichtbar werden. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren oder bereits publizierte Kommentare wieder zu entfernen. Dazu wird keine Korrespondenz geführt.“
    …..mit dem ich natürlich nicht glücklich bin: Ist jemand von einer Partei und deren Position überzeugt ist dies wohl schon politische Werbung. Will man den Text mit einem passenden Link, der z.B. schöne Bergbilder zeigt ergänzen (Mehrwert für alle) ist dies auch verboten… Will man Zusammenhänge zum Thema aufzeigen, ist dies wohl ein Eröffnen eines neuen Diskusionsfeld usw… (Sorry, was in der BaZ alles nicht geht, geht dafür in der BZ umso besser = breiter, offener, kulanter, interessanter). Denn wer in der BaZ (überspitzt) nicht zum „Badiwetter“, zu „Fasnacht“ oder den „FCB“ kommentiert, kommt nicht zum Zug…
    So geht Lageweile, Mainstream und Austauschbarkeit.
    Ich wünsche D. Sambar weiterhin viel Erfolg und noch eine interessante Berufs- und Lebenslaufbahn…
    (Schön, das wenigstens DIESER Kommentar HIER nicht gesperrt wird und erscheinen darf, was ich mir vorbildlich lobe)….

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