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Sam Altman

Publiziert am 29. Juli 2025 von Matthias Zehnder

Noch vor drei Jahren war er weitgehend unbekannt – heute gehört er zu den wichtigsten Figuren in der US-Technologiebranche: Samuel Harris Altman, 1985 in Chicago geborener Unternehmer, Investor und Softwareentwickler. Seit 2019 ist er Chef der Firma Open AI, jener Firma, die im November 2022 schlagartig weltbekannt wurde, weil sie mit ChatGPT die erste breit nutzbare generative KI auf den Markt brachte. Sam Altman hat das Programm nicht selbst geschrieben. Er ist eher «ein Visionär, Prediger und Dealmaker», schreibt Keach Hagey in ihrem Buch. Altman hat in Stanford zwei Jahre Informatik studiert und sich dann mit seinem ersten Unternehmen selbstständig gemacht. 2011 wurde Altman Partner bei Y Combinator (YC), einem der wichtigsten Start-up-Investoren im Silicon Valley. 2015 gründete er zusammen mit Greg Brockman, Ilya Sutskever und Elon Musk die Firma OpenAI. Im November 2023 wurde er zwar überraschend entlassen, aber wenige Tage später im Amt bestätigt und sitzt jetzt sicherer im Sattel als zuvor. Keach Hagey schreibt, Sam Altman sei heute «mehr als nur das Gesicht der KI-Revolution – er ist ihr unumstrittener Anführer und Vordenker.» Dabei hat er sich auch mächtige Feinde gemacht, allen voran Elon Musk. Für ihr Buch hat Keach Hagey über zweihundertfünfzig Interviews mit Sam Altmans Familienangehörigen, Freunden, Lehrern und Kollegen gemacht und auch viele Stunden mit Altman selbst gesprochen. «Die Person, die dabei zum Vorschein kam, ist ein brillanter Dealmaker, der Tempo und Risiko liebt und mit fast religiöser Inbrunst an den technologischen Fortschritt glaubt», schreibt Hagey. Altman sei für die Menschen in seinem Umfeld manchmal aber «einfach zu schnell».

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Um Altman als Person zu verstehen, versucht Hagey in ihrem Buch zunächst die Familie zu verstehen, aus der er kommt. Deshalb beginnt das Buch mit der Geschichte seines Vaters, Jerry Altman, der weit mehr war als ein Immobilienmakler. Hagey schreibt: «Jerry Altmans politisches Engagement und sein kreatives Dealmaking – zwei Dinge, die er an seinen Sohn weitergegeben hat – haben den politischen Kampf für bezahlbaren Wohnraum in den USA nachhaltig geprägt.» Sams Mutter, Connie Gibstine, habe ihrem Sohn nicht nur den Forschergeist ihrer Familie vererbt, sondern auch «ihren beispiellosen Arbeitseifer. Jerry und Connie sagten Sam und seinen Geschwistern jeden Tag, dass sie alles erreichen könnten, wenn sie es nur wollten.»

Karriere machte Altman nicht als Gründer oder Programmierer, sondern als Investor von Start-up-Firmen. Hagey schreibt: ««In der von Risikokapital bestimmten Welt der privaten Start-ups, in der Altman Karriere machte, musste man schon fast ein Schamane sein, um eine Versammlung von Risikokapitalgebenden davon zu überzeugen, dass die Gewinnkurve eines Start-ups steil nach oben ging. Und niemand konnte das besser als Sam Altman.»

Spannend am Buch über Altman sind natürlich die detaillierten Beschreibungen, wie OpenAI entstanden ist und wie ChatGPT kreiert wurde. Darüber hinaus haben mich bei der Lektüre zwei Dinge fasziniert. Das eine ist die Person von Sam Altman. Er hat 2023 auf Hawaii geheiratet: den australischen Softwareingenieur Oliver Mulherin. Das ist bemerkenswert, weil sich siebzig Jahre zuvor Alan Turing, der Vater der KI, dessen Ideen die Technologie hinter ChatGPT erst möglich gemacht hatten, mit Zyankali das Leben genommen hatte, nachdem er von einem britischen Gericht aufgrund seiner damals verbotenen Homosexualität zu einer chemischen Kastration verurteilt worden war. «Als sich die Nachricht von Altmans Heirat verbreitete, zeigten sich viele überrascht, dass er homosexuell war – er war so schnell zur Berühmtheit geworden, dass dieser Aspekt in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend untergegangen war», schreibt Hagey. Altman erklärte: «Ich bin sehr froh, dass wir in der heutigen Zeit leben und heiraten konnten.»

Das andere sind die Visionen von Altman. Er ist überzeugt, dass die Künstliche Intelligenz dereinst wie Elektrizität fliessen werde und es uns ermöglichen wird, den Krebs zu besiegen und die Rätsel der Physik zu lösen. Er träumt davon, dass die Menschen länger leben und dass die Menschheit in ein neues Zeitalter der Gesundheit und des Überflusses eintreten werde. Hagey erzählt, dass Altman in seinem Haus «einen Schrein für seinen Glauben an den menschlichen Fortschritt errichtet» habe: «Die ersten Objekte, auf die man beim Betreten stösst, sind drei Faustkeile, darunter einer der ältesten je gefundenen, das einzige Werkzeug, das Hominiden während des grössten Teils der letzten 1,5 Millionen Jahre ihrer Existenz zur Verfügung stand: ein einziges Werkzeug zum Bearbeiten von Dingen, Töten und Kochen.» Darüber hinaus besitzt Altman Schwerter aus verschiedenen Epochen der Technikgeschichte, eine Elektronenröhre, Souvenirs aus dem Raumfahrtprogramm, eine Schaufel aus dem Triebwerk einer Concorde, ein früher Apple-Computer, ein Exemplar seines ersten eigenen Computers, eines Macintosh LC II, und eine der Roboterhände, die OpenAI gebaut hat.

Sam Altman sagt, Technologie habe die Menschen von der Steinzeit zum Agrarzeitalter und dann zum Industriezeitalter gebracht. «Von hier führt der Weg zum Zeitalter der Intelligenz über Rechenleistung, Energie und menschlichen Willen.» Es sei möglich, «wir in ein paar tausend Tagen (!) eine Superintelligenz haben; vielleicht dauert es auch ein wenig länger, aber ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen werden.»

Keach Hagey: Sam Altman. OpenAI, Künstliche Intelligenz und der Wettlauf um unsere Zukunft. Quadriga, 480 Seiten, 39.90 Franken; ISBN 978-3-86995-163-8

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783869951638

Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps finden Sie hier: https://www.matthiaszehnder.ch/buchtipp/

Basel, 29.07.2025, Matthias Zehnder

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