KI-Denkfehler #12: Viele Führungskräfte glauben, KI ersetze Kommunikation

Publiziert am 7. Oktober 2025 von Matthias Zehnder

Falsch: Viele Führungskräfte verwechseln Output mit Wirkung. Doch Kommunikation besteht nicht nur aus dem Versenden von Texten und Bildern. Echte Kommunikation entsteht erst, wenn Menschen eine Botschaft verstehen, sie fühlen und darauf reagieren. KI kann vielleicht Inhalte generieren, aber nicht wirklich kommunizieren.

Künstliche Intelligenz beeindruckt: Sie generiert Textmaterial, verarbeitet Bilder, erstellt Posts und kann sogar einen bestimmten Tonfall imitieren. Viele Kommunikationsabteilungen experimentieren deshalb mit KI-Tools, um Zeit zu sparen und die Herstellung von Inhalten zu skalieren. Doch wer glaubt, KI könne quasi auf Knopfdruck die Kommunikation eines Unternehmens oder einer Institution übernehmen, verwechselt Botschaften mit Beziehungen. Kommunikation ist kein Einbahnprozess, sondern ein Miteinander, das im Resonanzraum zwischen Menschen entsteht.

KI mag dabei eine Hilfe sein, aber die generativen Tools können Sprache nur simulieren. Sie verstehen nicht, was sie sagen und spüren nicht, was sie bewirken. Die Programme können vor allem die emotionale Wirkung einer Botschaft nicht abschätzen: Sie haben keine Empathie dafür, ob das, was sie generieren, tröstet oder verletzt, inspiriert oder langweilt. Genau das aber ist der entscheidende Unterschied zwischen blosser Textproduktion und echter Kommunikation: Ein Mensch verfolgt nicht nur Ziele, sondern spürt auch, was seine Äusserungen auslösen. Er hat und empfindet die Verantwortung für das, was er sagt. Die Maschine operiert nur mit Wahrscheinlichkeiten.

Denkfehler 1: «KI kann für uns sprechen.»

Nein. KI kann Textmaterial generieren, aber sie weiss nicht, zu wem sie spricht.
Es kommt auf die Beziehung an.

Viele Unternehmen setzen KI-Tools ein, um Social-Media-Beiträge oder Kundenmails zu erstellen. Das ist effizient. Aber ist es auch effektiv? Denn die Maschine kann nicht in einen echten Kontakt mit Kunden und Anspruchsgruppen treten. Ein Chatbot kann tausende Kundenanfragen gleichzeitig beantworten, aber er kann die Kundinnen und Kunden emotional nicht erfassen und deshalb nicht unterscheiden, ob jemand verärgert ist, wann ein Problem eskaliert oder wann ein Mensch einfach gehört werden will.

Kommunikation ist mehr als das Übermitteln von Information. Kommunikation ist Beziehungsarbeit. Für Paul Watzlawick ist Kommunikation ein Prozess, der durch jegliches Verhalten geschieht. Er sagte deshalb: «Man kann nicht nicht kommunizieren.» Das ist denn auch das Risiko, das Unternehmen mit kommunizierenden Chatbots eingehen: Auch wenn die Maschinen nicht in der Lage sind, Beziehungen einzugehen und empathisch zu handeln, transportiert ihre Kommunikation Beziehungssignale, etwa durch Tonfall, Haltung und Respekt. Menschen interpretieren diese Zwischentöne. Die KI beherrscht sie nicht, weil sie keine Beziehungen eingehen kann.

Wer KI die Stimme überlässt, riskiert, dass zwar die Botschaft stimmt, aber die Beziehung erodiert.

Denkfehler 2: «KI versteht unsere Zielgruppe.»

Nein. KI versteht keine Emotionen, keine Stimmungen, keine Zwischentöne.
Es kommt auf das Einfühlungsvermögen an.

Natürlich kann KI Daten analysieren, Sentiment-Analysen durchführen oder Zielgruppen clustern. Aber das ersetzt kein echtes Verständnis. Ein Mensch liest zwischen den Zeilen, erkennt Ironie, Unsicherheit, Empörung. KI erkennt nur Häufigkeiten von Wörtern.

Ein Beispiel: In der Krisenkommunikation zählt nicht nur, was gesagt wird, sondern wann, wie und mit welcher Haltung eine Aussage getroffen wird. Ein empathischer Satz kann deeskalieren, ein unbedachter Halbsatz alles zerstören. Genau hier versagt KI-generierte Kommunikation oft: Die Maschine trifft den Ton nicht, weil sie die Situation emotional nicht versteht und nicht in der Lage ist, das Gegenüber empathisch zu erfassen.

Ich sage deshalb gerne: Kommunikation entsteht nicht beim Sender, sondern beim Empfänger. Nur wer sich in sein Gegenüber versetzen kann, ist in der Lage, wirklich zu kommunizieren. KI kann vielleicht simulieren, was Menschen fühlen, aber die Bots fühlen nichts.

Denkfehler 3: «KI ersetzt Dialog.»

Nein. Kommunikation ist kein Versand von Botschaften, sondern ein Prozess aus Zuhören, Deuten und Reagieren.
Es kommt auf das Gespräch an.

Viele Führungskräfte sehen Kommunikation als «Top-down»-Prozess: Wir formulieren, die anderen hören zu. KI scheint perfekt dafür: Sie liefert schnell Slogans, Reden, Intranetbeiträge und Posts. Doch echte Kommunikation funktioniert anders: Sie ist dynamisch, reaktiv und lebendig. Und vor allem, gerade innerhalb eines Unternehmens, persönlich.

Ein Beispiel aus der Praxis: Wenn ein CEO eine Rede hält, kommt es nicht nur darauf an, was er oder sie es sagt, sondern vor allem auch, wie er (oder sie) es sagt. Entscheidend für die Wirkung ist also nicht der Text der Ansprache, sondern die Reaktion im Publikum. Lachen die Leute? Sind sie mitgerissen oder gar hingerissen? Sind sie geknickt, reagieren sie betreten, sind sie desinteressiert? Das ist die Resonanz der Kommunikation. Diese Resonanz verändert die Botschaft. KI kann diese Resonanz weder erspüren noch erfassen. Sie kann vielleicht senden, aber nicht empfangen.

Das gilt nicht nur für die grosse Rede der Chefin, sondern auch in der Organisationskommunikation: Eine interne Mitteilung kann auf dem Papier perfekt aussehen. Wenn der Zeitpunkt des Versands, das Wording oder das Umfeld in den Teams Misstrauen oder Ablehnung auslöst, verpufft die Wirkung. Kommunikation heisst, Bedeutung auszuhandeln. Dafür braucht es mehr als einen Sender: Zuhören, Kontext und Dialogfähigkeit.

Kommunikation ist Beziehungsarbeit, nicht Contentproduktion

KI kann Texte generieren, aber keine Beziehungen pflegen. Sie kann Sätze kombinieren, aber kein Vertrauen aufbauen. Führungskräfte, die KI in der Kommunikation einsetzen, müssen genau unterscheiden: Unterstützt das Tool die Kommunikation, oder ersetzt es das Gespräch?

Verlässliche Kommunikation entsteht durch Authentizität, Empathie und Präsenz. Das sind keine algorithmischen Grössen, sondern menschliche Fähigkeiten. Gerade in einem Umfeld, das immer stärker durch Automatisierung und Algorithmisierung geprägt ist, wird das Persönliche wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor.

Fazit: Kommunikation ist mehr als blosse Content-Produktion. Sie lebt von Beziehung, Resonanz und Vertrauen. Das bleibt menschlich – und ist im Zeitalter der KI wertvoller denn je.

Basel, 07.10.2025, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch


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Bild: adobe.com/afrah (Generiert mit KI, Bearbeitung mz)

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