Wem nützt KI – und wen setzt sie unter Druck?
Letzte Woche war der Tag der Arbeit. Ich habe mich deshalb hier gefragt, welche Auswirkungen die breite Verfügbarkeit von Künstlicher Intelligenz auf dem Arbeitsmarkt haben wird. Meine Schlussfolgerung: Jetzt geht es den White Collar Workern an den Kragen, also den ausführenden Angestellten in den Büros. Diese Woche hat Google an seiner jährlichen «I/O»-Konferenz gezeigt, wie die KI in den Google-Produkten und Apps zur Verfügung gestellt wird. Zusammengefasst: schnell und umfassend. Ich habe mich deshalb gefragt, wem die KI am meisten nützen wird. Wer kann bei seiner Arbeit am meisten profitieren? Wer kann seine Leistung am stärksten steigern? Welche Konsequenzen hat das für die Löhne? Es gibt dazu noch keine Studien. Lassen Sie uns also gemeinsam darüber nachdenken. Es ist Freitag, der 12. Mai – mein Wochenkommentar zur Frage, wie die Verfügbarkeit der KI unsere Leistung beeinflussen wird.
Diese Woche hat Google zur Aufholjagd in Sachen Künstlicher Intelligenz angesetzt: An der Entwicklerkonferenz «Google I/O» hat Google-Chef Sundar Pichai angekündigt, dass die KI des Unternehmens in 25 Google-Produkten und -Funktionen zum Einsatz kommen soll. Technisch handelt es sich dabei um das Sprachmodell «PaLM 2». Wie ChatGPT ist das System in der Lage, Sprache zu generieren. Die Google-KI beherrscht über hundert verschiedene Sprachen, «einschliesslich Redewendungen, Gedichten und Rätseln», wie Google betont. Das Modell versteht die Sprachen nicht nur, es kann sprachlichen Output generieren und übersetzen. Der Datensatz der Google-KI umfasst aber auch logische Argumentationen und mathematische Ausdrücke. Die KI kann deshalb mit Logik und Mathematik umgehen. Und das Sprachmodell beherrscht eine Reihe von Programmiersprachen, darunter Python und JavaScript, aber auch spezielle Sprachen wie Prolog, Fortran und Verilog.
Wie Microsoft will Google die KI rasch in die eigene Produktpalette einbauen. So wird man künftig mit einfachen Anweisungen komplexe Mailanfragen generieren können, Auswertungen von Tabellen vornehmen oder gar Bildbearbeitungen in Auftrag geben können. Dafür ist kein Zusatzprogramm nötig, die entsprechende KI-Fähigkeit steht in den Programmen selbst zur Verfügung. Bei Google sind das die bekannten Apps und Onlinedienstleistungen, bei Microsoft sind es die Programme der Office-Gruppe. Die Leistungen der KI werden uns also künftig an jedem Computer so selbstverständlich zur Verfügung stehen wie heute ein Adressverzeichnis oder die Rechtschreibprüfung.
Welche Konsequenzen wird das haben, wenn auf Knopfdruck so leistungsfähige Werkzeuge zur Verfügung stehen? Wer wird davon profitieren? Wer wird seine Leistung steigern können und welche Auswirkungen hat das auf die Löhne? Es gibt dazu keine Untersuchungen, weil die KI so noch gar nicht verfügbar ist. Denken wir also gemeinsam darüber nach, welche Veränderungen diese Form der generativen KI haben wird.
Die erste Frage, die ich mir gestellt habe: Nützt die KI vor allem intelligenten Menschen oder hilft die KI umgekehrt, weniger intelligenten Menschen mehr zu leisten? An dieser Stelle könnten wir lange darüber streiten, was Intelligenz ist und wie sie sich messen lässt. Beschränken wir uns einmal auf den herkömmlichen Intelligenzquotienten, Sie werden gleich sehen, warum. Wenn wir die Verteilung der Intelligenz in der Gesellschaft anschauen, dann resultiert daraus eine Normalverteilung, also eine Gausssche Kurve. Das ist kein Zufall: So ist der Intelligenzquotient auch definiert.
Je etwa ein Drittel der Menschen haben einen Intelligenzquotienten zwischen 85 und 100 respektive zwischen 100 und 115. Je ein Sechstel hat einen Intelligenzquotienten unter 85 respektive über 115. Nur gerade 2,4 Prozent liegen unter 70 respektive über 130 und nur 0,1 Prozent liegen unter 55 respektive über 145. Wir müssen nicht über die Messung der Intelligenz sprechen, weil diese Verteilung vermutlich auch für einzelne Fertigkeiten gilt, etwa für Sprachkompetenz oder Logik. Es dürfte in vielen Bereichen eine solche Gauss-Kurve herausschauen.
Eine erste Frage wäre: Wie ist entlang der Intelligenz die Leistung verteilt? Oder präziser: Wie steht es um die Leistung der Menschen in jenen Bereichen, in denen auch die KI aktiv ist? Es kann also nicht um Gärtnern, Krankenpflege oder Strassenbauen gehen, das ist auch wichtig, aber hier geht es um Büroarbeiten, Programmieren, Texte schreiben, Rechnen, Zahlen analysieren und ähnliches. Wenn wir solche Arbeiten anschauen, dürfte sich die Leistung der Menschen einigermassen entlang ihres Intelligenzquotienten verteilen. Grafisch aufgearbeitet sieht die Leistungskurve also (vereinfacht) so aus:
Menschen mit einem unterdurchschnittlich tiefen IQ schneiden bei intellektuellen Arbeiten schlecht ab, Menschen mit einem überdurchschnittlichen IQ schneiden entsprechend gut ab. Jetzt wird auf der ganzen Ebene und in allen Arbeiten KI verfügbar. Was ändert die KI an dieser Leistungsverteilung?
Wird die Verfügbarkeit von KI in allen Computerprogrammen dazu führen, dass die Leistungskurve auf der ganzen Breite angehoben wird? Werden also minderbegabte Menschen genauso profitieren wie die Genies? Und bringt die KI dem intellektuellen Mittelstand etwas? Schauen wir uns zuerst die Bevölkerungsgruppen mit tiefem IQ respektive tiefer intellektueller Leistungsfähigkeit an. In diesem Segment dürften auch jene Menschen angesiedelt sein, die nicht oder nur schlecht lesen und schreiben können. Die Lese- und Schreibschwäche trotz Schulbesuch wurde früher als funktionaler Analphabetismus bezeichnet, heute spricht man von Illettrismus. Davon betroffen sind gar nicht so wenig Menschen: Rund 16 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung beherrschen das Lesen und Schreiben nur unzureichend. Unsere Grafik sieht also im unteren Bereich so aus:
Die drei bezüglich intellektueller Leistungsfähigkeit untersten Segmente der Gesellschaft sind nicht in der Lage, sich schriftlich auszudrücken und sie können kaum lesen. Weil Computer und Internet literale Medien sind und die KI vor allem schriftlich bedient wird, werden diese Segmente von der KI kaum profitieren können. Nun können Sie argumentieren, dass diese Segmente die KI auch nicht brauchen, weil sie eher körperlich arbeiten. Das stimmt, aber die KI wird ja nicht nur im Beruf eingesetzt, sondern auch in der Kommunikation, bei Bankgeschäften, beim Ausfüllen der Steuererklärung und anderen privaten Anwendungen. Sicher ist: Wer nicht lesen und schreiben kann, hat auch wenig von der KI.
Wie sieht es am anderen Ende der Intelligenz-Skala aus? Das ist die «Genie-Zone». Sie umfasst Menschen mit ausserordentlich hoher Intelligenz. Nun kann es gut sein, dass auch ein ausserordentlich intelligenter Mensch Büroarbeiten erledigt. Aber wir konzentrieren uns hier mal auf seine besonderen Fähigkeiten, seine genialen, kreativen Tätigkeiten. Wird die KI seine Leistung als genialer, kreativer Mensch steigern? Ich vermute, eher nicht. Die KI wird ihm vielleicht helfen, seinen Alltag besser zu bewältigen, Mails schneller zu beantworten oder Routinearbeiten zu automatisieren. Die eigentliche Leistung, also jene Arbeiten, bei denen dieser Mensch seine Genialität und Kreativität einsetzen kann, dürfte durch die KI nicht gesteigert werden. Unsere Grafik sieht also so aus:
Ich vermute, dass die KI die Leistung im intellektuellen Mittelfeld steigern wird. Das dürfte nicht nur gemessen am IQ gelten, sondern auch für andere Fähigkeiten und Fertigkeiten: Sei es die Schreibkompetenz, der Umgang mit Zahlen und Daten oder das Programmieren – die KI dürfte dem Mittelfeld am meisten bringen. Die Menschen links auf der Grafik sind gar nicht in der Lage, die KI anzuwenden, die Menschen rechts auf der Grafik dürften in Bereichen arbeiten, die so speziell sind, dass die KI ihre Leistung dabei nicht wesentlich steigert. Wenn wir diese kleine Analyse in die Normalverteilung übersetzen, sehen wir, dass zwei Drittel der Menschen von der KI profitieren werden, weil die KI ihnen helfen wird, ihre Leistung zu steigern. Die Leistungskurve mit KI sieht also etwa so aus:
Welche Konsequenzen hat das? Ich sehe drei unmittelbare Folgen.
Die erste Folge: Intellektuell Minderbemittelte werden abgehängt. Oder besser: Sie werden noch mehr abgehängt, als das ohnehin der Fall ist. Wir leben in einer literalen Gesellschaft. Das heisst: in grossen Teilen des täglichen Lebens sind Lesen und Schreiben unerlässlich. Das Internet durchdringt die meisten Lebensbereiche, es ist aber nach wie vor hauptsächlich ein schriftliches Medium. Auf YouTube und TikTok mag das anders aussehen – sobald Sie produktiv sein und Arbeiten erledigen wollen, müssen Sie lesen und schreiben können. Banking, Shopping, die Kommunikation mit Freunden, dem Arbeitgeber und dem Staat, das alles braucht Buchstaben. Wer auf Kriegsfuss steht mit Zahlen und Buchstaben, wird es durch die Einführung der KI eher noch schwerer haben.
Die zweite Folge: Der Leistungsdruck steigt. Weil nicht nur kleine Segmente von der Leistungssteigerung der KI profitieren werden, sondern die grosse Mitte der Gesellschaft, wird das Leistungsniveau, das durch die KI erreicht wird, zum Normalfall. Der Effekt lässt sich bei der Einführung jeder neuen Technik beobachten. Die ersten Taschenrechner führten zu einem Konkurrenzvorteil, es ging aber nicht lange, da war der Taschenrechner der Normalfall und Menschen, die nicht über einen Taschenrechner verfügten, konnten nicht mehr mithalten. Die Kurve der Leistungsanforderung wird also rasch so aussehen:
Weil die Unterstützung durch KI bald selbstverständlich ist, werden die Leistungsanforderungen in der Mitte entsprechend angehoben. Weil im untersten und im obersten Leistungsbereich die KI nicht eingesetzt werden kann respektive nichts bringt, werden diese Bereiche leistungsmässig unter Druck kommen. Das sind also schlechte Nachrichten für schlecht ausgebildete Menschen ganz links in der Grafik. Es werden aber auch Menschen in der gesellschaftlichen Mitte unter Druck geraten, weil das Tempo der Veränderung extrem hoch ist. Ich stelle es mir so vor, dass die KI im grünen Bereich unserer Grafik von rechts nach links aufgenommen wird. Je besser ausgebildet und je intelligenter eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter ist (also: je weiter rechts er oder sie sich im Schema befindet), desto rascher und einfacher ist die Einführung der KI. Ich stelle mir die Einführung von KI in den Arbeitsmarkt als Welle vor, die von rechts nach links integriert wird:
Wir werden also eine Phase erleben, in der auch in der Mitte der Gesellschaft viele Menschen leistungsmässig überfordert sind.
Und was ist mit den «Einsteins» und den «Picassos» der Gesellschaft rechts im Schema? Ich glaube, auch besonders kreative und begabte Menschen werden unter Druck geraten und das ist vielleicht sogar schwerwiegender als der Druck, der ganz links entsteht. Leistungsschwache Menschen werden in unterschiedlichsten Belangen unterstützt. Für sie gibt es Förderunterricht und Fördergelder, der Sozialstaat sorgt für Ausgleich und Umverteilung. Am anderen Ende der intellektuellen Leistungsskala ist das nicht der Fall. Klar: Hier braucht es kein Sozialnetz. Aber vielleicht andere Formen von Schutz, zum Beispiel vor Selbstausbeutung.
Die dritte Folge: Die Einkommen geraten unter Druck. Die Einkommen werden sich entsprechend der Leistung verteilen. Das bedeutet: Wer keine KI anwenden kann, wird künftig weniger Geld verdienen. Weil der Einsatz von KI die Leistung im Mittelfeld generell steigert, werden die Einkommen pro Leistung in diesem Mittelfeld sinken. Für die Unternehmen sind das gute Nachrichten: Sie werden pro Lohnfranken deutlich mehr Leistung erhalten. Die Produktivität steigt. Für die Angestellten bedeutet es: Sie werden sich rasch mit der Leistungssteigerung durch die KI befassen und sie anwenden müssen. Sonst droht ein sozialer Abstieg.
Bleibt noch eine Frage: Wird die KI uns intelligenter und klüger machen? Letztlich ist die KI, wie sie Google und Microsoft bald auf breiter Front zur Verfügung stellen, ein Werkzeug. Verblüffend, ungemein mächtig – aber doch ein Tool. Wie jedes Werkzeug wird auch die KI den Menschen nicht einfach so besser oder klüger machen. Aber wer das Werkzeug klug einsetzt, kann vielleicht mehr aus seiner Intelligenz, seiner Kreativität oder seiner Zeit herausholen. Womit wir wieder bei der Arbeit wären. Leistung ist Arbeit pro Zeit. Bei der Intelligenz und der Kreativität ist das nicht so simpel. Neue Ideen sind immer auch ein Wunder. Und für Wunder, das wissen Sie, sind Computer nicht zuständig.
Basel, 12. Mai 2023, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
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Quellen
Bild: © KEYSTONE/AP Photo/Jeff Chiu
Alphabet-CEO Sundar Pichai spricht an der «I/O»-Konferenz von Google über die Integration der Künstlichen Intelligenz in die Programme und Apps von Google. Mountain View, Kalifornien, Mittwoch, 10. Mai 2023.
Arnold, Franco (2023): Illettrismus: Hunderttausende Haben Mühe Mit Lesen Und Schreiben. In: Neue Zürcher Zeitung. [https://www.nzz.ch/schweiz/oft-hiess-es-dann-ich-sei-halt-der-idiot-jeder-sechste-schweizer-hat-muehe-mit-lesen-oder-schreiben-ld.1670031; 9.5.2023].
Ghahramani, Zoubin (2023): Google I/O ‘23: PaLM 2 – Sprachmodell Für Die Nächste Generation. In: Google. [https://blog.google/intl/de-de/unternehmen/technologie/google-io-23-palm-2-sprachmodell-fur-die-nachste-generation/; 12.5.2023].
Hahn, Silke (2023): Alles Auf KI: PaLM 2 Und Gemini Stehen Im Zentrum Von Googles Produktstrategie. In: Heise. [https://www.heise.de/news/Alles-auf-KI-PaLM-2-und-Gemini-stehen-im-Zentrum-von-Googles-Produktstrategie-9009189.html; 12.5.2023].
Hohensee, Matthias (2023): Google I/O 2023: Ist Das Googles Befreiungsschlag? In: Wirtschaftswoche. [https://www.wiwo.de/unternehmen/it/entwicklerkonferenz-i-o-so-will-sundar-pichai-googles-kronjuwel-retten/29145342.html; 12.5.2023].
Kremp, Matthias (2023): Chatbot Bard: Google Lässt Seinen ChatGPT-Konkurrenten Auf Die Welt Los. In: DER SPIEGEL. [https://www.spiegel.de/netzwelt/web/ki-google-laesst-seinen-chatgpt-konkurrenten-auf-die-welt-los-a-4765c668-52df-4e95-99c7-a7740dd02536; 12.5.2023].
Langer, Marie-Astrid (2023): Aufholjagd Zu Chat-GPT: Google Stellt Seinen Chatbot Bard Vor. In: Neue Zürcher Zeitung. [https://www.nzz.ch/technologie/aufholjagd-zu-chat-gpt-google-oeffnet-seinen-chatbot-bard-fuer-alle-ld.1737104; 12.5.2023].
Sokolov, Daniel AJ (2023): KI Kann Sehr Schiefgehen: Warnende Stimme Im Hause Google. In: Heise Online. [https://www.heise.de/hintergrund/AI-kann-sehr-schiefgehen-Warnende-Stimme-im-Hause-Google-9010214.html; 12.5.2023].
Zeit online (2023): Künstliche Intelligenz: Google-Chatbot Bard Kommt Auch Nach Europa. In: «Die Zeit». [https://www.zeit.de/digital/2023-05/kuenstliche-intelligenz-chatbot-bard-google-europa; 12.5.2023].
Zehnder, Matthias (2019): Die digitale Kränkung. Über die Ersetzbarkeit des Menschen. NZZ Libro Verlag, 128 Seiten, 24 Franken; ISBN 978-3-03810-409-4
3 Kommentare zu "Wem nützt KI – und wen setzt sie unter Druck?"
Danke, Matthias Zehnder. Ihre Überlegungen machen nachdenklich. –
Bei der Einführung des Internets gab es die Hoffnung, die neue Technik werde die Gesellschaft demokratischer & gerechter machen, weil sie allen zur Verfügung steht. Diese Hoffnung erfüllte sich nur bedingt, u.a., weil Menschen, die mit Buchstaben eher kämpfen als spielen, aussen vor bleiben, ausser sie erhalten grosse Aufholhilfe.
Bezüglich Chancengleichheit gibt es bei der KI dieselben Hürden. Interessant: auch für besonders Begabte & Kreative bringt die KI ev. wenig Vorteile.
Wie bei jedem neuen Werkzeug drohen wir Menschen in eine Falle zu tappen, indem wir glauben, das Werkzeug erledige alles für uns, weil es ja so toll ist. Dabei kann es uns nicht die Aufgabe abnehmen zu entscheiden, wofür wir das Werkzeug einsetzen wollen
Falls uns Zweck & Ziel nicht klar sind, verlieren wir uns im Dschungel der Möglichkeiten & bekommen ein unschmeichelhaftes Spiegelbild vorgehalten, zB so: ‚A fool with a tool.. is still a fool.‘
Die KI ist etwas Maschinelles. Sie kann uns Menschen weiter bringen, wenn wir sie menschlich nutzen, basierend auf ethischen Grundsätzen & Zielen.
Im ungünstigeren Fall fliegt sie uns um die Ohren, weil wir uns im Dschungel der Möglichkeiten verlieren wie jemand, der im Supermarkt steht, überwältigt von der Anzahl Produkte & ohne Orientierung (Einkaufsliste).
—>Je ausgefeilter unsere Tools, desto grösser die Anforderung an unseren inneren Kompass: was wollen wir damit anstellen? In welche Richtung soll es gehen?
—>Wenn wir uns dieser Frage als Einzelpersonen & als Gesellschaft nicht stellen, trifft dieser zynische Spruch auf uns zu: ‚Wir wissen zwar nicht, wohin wir wollen.., dafür sind wir, dank neuer Technik, schneller dort!‘
KI sehe ich als ein Instrument. Es spielt die Musik, die Menschen wollen. Und das so gut, wie sie es können. Dass KI ohne Menschen – also in gewissem Sinne unmenschlich – eine neue Welt machen wird, glaube ich nicht. Aber dass es weltweit immer mehr Menschen gibt, die tiefgreifende Veränderungen wollen. Weg von Systemen, die nicht enkeltauglich sind. Damit die grossen ökonomischen und sozialen Herausforderungen gemeistert werden können. Nach wie vor gilt dafür aus meiner Sicht: Um bei einem maroden System, wie es beispielsweise auch in der Welt der Arbeit mit Gewinner(inne)n und Verlierer(inne)n vorherrscht, eine für alle günstig wirksame Veränderung zu erreichen, braucht es gemeinsam den Mut, mit den falschen Dingen radikal aufzuhören … erst dann wird Raum frei für grundlegend und wahrhaftig Neues. Was beispielsweise bedeuten könnte, dass nicht mehr Köpfen und Intelligenz die Vorherrschaft eingeräumt wird. Sondern dass Herzen und Gemeinschaftsfähigkeit den Takt und den Ton angeben werden.
„KI“ = Künstliche Intelligenz
für mich, 2023, 55 J
„KI“ = Kein Interesse
Legitim?