Was ich als Mann zu einer geschlechtergerechten Sprache zu sagen habe

Publiziert am 21. Mai 2021 von Matthias Zehnder

Als alter, weisser Mann bin ich in einer denkbar schlechten Ausgangslage, um über geschlechtergerechte Sprache zu reden. Ich mache es trotzdem, weil ich als Schreibender für mich einen Weg suchen musste, wie ich damit umgehen soll. Gender-Stern? Binnen-Grossschreibung? Weibliche Form immer ausschreiben? Keine Reaktion darauf? Nein, nicht reagieren geht nicht. Man kann bekanntlich nicht nicht kommunizieren. Ich habe für mein Schreiben einen Weg gewählt, den ich Ihnen erläutern möchte. Mir ist dabei wichtig: Ich sage Ihnen nicht, wie es ist. Ich erläutere Ihnen lediglich, welche Lösung ich für mein Schreiben gewählt habe.

Zum ersten Mal bin ich mit Fragen rund um Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache im Studium konfrontiert worden – und das ist schon erschreckend lange her: In Linguistik-Seminaren an der Universität Zürich Ende der 80er, Anfang der 90er-Jahre haben wir uns die Köpfe darüber heissgeredet. Ein Anlass für die Diskussionen waren die Aufsätze (oder vielleicht besser: die Streitschriften) von Luise F. Pusch, der Vorkämpferin für eine feministische Linguistik, die sich schon früh mit Fragen rund um eine geschlechtergerechte Sprache beschäftigt hat.[1] Wir jungen Männer haben uns damals, ehrlich gesagt, vor allem geärgert über die Feministinnen in den Seminaren, deren Beharrlichkeit und Aufsässigkeit oft grösser war als die intellektuelle Qualität ihrer Argumentation. Befanden wir zumindest damals und kehrten schulterzuckend zu Kaffee und Backgammon in den Lichthof zurück.

Das Anliegen war vor 30 Jahren in etwa dasselbe wie heute: Die deutsche Sprache kennt keine neutralen Pluralformen. Ist also in der Mehrzahl von Ärztinnen und Ärzten die Rede, heisst der Plural auf Deutsch immer «die Ärzte». Die weibliche Pluralform «Ärztinnen» meint eine Gruppe von Frauen. Stösst zu diesen Frauen, und seien es Hunderte, ein einziger Mann, lautet der grammatikalisch korrekte Plural «Ärzte». Die traditionalistische Argumentation lautet: So ist das halt in der Sprache. «Ärzte» kann durchaus Frauen beinhalten. Oder, wie es zu Beginn vieler Texte in einer Fussnote steht: Frauen sind mitgemeint. Doch das genügte den Frauen schon in den Achtzigerjahren nicht mehr.

Die Zufälligkeit des sprachlichen Zeichens

Jahrelang haben sich (vor allem männliche) Linguisten auf den Standpunkt gestellt, dass das sprachliche Zeichen arbiträr ist: Es ist zufällig. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Baum in der Realität und dem Wort, das aus den vier Buchstaben B – A – U – M besteht. In der Linguistik ist deshalb von den zwei Ebenen des sprachlichen Zeichens die Rede: Es gibt die Ebene der Bedeutung, da spazieren die realen Ärztinnen unter realen Bäumen herum, und es gibt die Ebene des sprachlichen Zeichens, das sind die Buchstaben, die Wörter und Sätze bilden. Damit wir uns mit diesen Zeichen verständigen können, gibt es Regeln für diese Ebene. Das ist die Grammatik. Ob wir zum Beispiel «Baum» mit einem oder zwei «M» schreiben, ist dem realen Baum völlig egal, weil es eben keinen Zusammenhang zwischen dem Zeichen und seiner Bedeutung gibt. Das gilt nicht nur für die Buchstaben, sondern auch für das Geschlecht der Wörter, also das Genus: Es hat grundsätzlich nichts mit dem natürlichen Geschlecht, dem Sexus zu tun, – sonst wäre es nicht möglich, dass «der Tisch» auf Deutsch männlich ist und «la table» auf Französisch weiblich. Deshalb, so argumentieren die Traditionalisten, spielt es keine Rolle, ob Frauen mitgenannt oder nur mitgemeint sind. Hauptsache, auf der Zeichenebene werden die Regeln eingehalten (und die sehen nun mal weder Binnengrossschriebung noch Gendersternchen vor).

Doch das ist nicht alles. Sprache hat noch eine andere Ebene. Peter Bichsel hat diese Ebene in seiner wunderbaren Geschichte «Ein Tisch ist ein Tisch»[2] schön auf den Punkt gebracht. Ein alter Mann hat genug von seinem einförmigen Leben und beginnt damit, die Gegenstände in seinem Zimmer anders zu benennen.

«Warum heisst das Bett nicht Bild», dachte der Mann und lächelte, dann lachte er, lachte, bis die Nachbarn an die Wand klopften und «Ruhe» riefen. «Jetzt ändert es sich», rief er, und er sagte von nun an zu dem Bett «Bild». «Ich bin müde, ich will ins Bild», sagte er, und morgens blieb er oft lange im Bild liegen und überlegte, wie er nun zu dem Stuhl sagen wolle, und er nannte den Stuhl «Wecker».

Das Wortspiel bereitet dem alten Mann grosses Vergnügen, – bis er feststellt, dass ihn die anderen Menschen nicht mehr verstehen. Denn das ist die Dimension von Sprache, die ausblendet, wer sie lediglich als zufälliges Zeichen versteht: Sprache hat eine soziale Dimension. Sprache ist Kommunikation. Deshalb kommt es nicht nur auf die Zeichenebene der Sprache an, sondern auch auf die Verwendung dieser sprachlichen Zeichen in der Gesellschaft und was sie dabei bewirken.

Von Ärzten und Bier

Nehmen wir folgende kleine Geschichte: Drei Ärzte betreten eine Bar. «Wie immer für alle ein Bier?» fragt der Barkeeper und beginnt schon damit, ein Helles zu zapfen. Doch da kommt Einspruch: «Für mich nicht, ich bin schwanger.» Wenn Sie jetzt stutzen, dann haben Sie sich dabei ertappt, dass Sie sich unter «drei Ärzte» drei Männer vorstellen. Das ist kein Problem des sprachlichen Zeichens, sondern ein Problem der Vorstellung, das dieses Zeichen auslöst. Der Grund dafür ist, dass die männliche Pluralform und die neutrale Pluralform identisch sind. Schauen wir uns das in einem Schema an

Sie sehen das Wort «Arzt» jeweils neutral und geschlechtsspezifisch. In der Mitte sehen wir die beiden geschlechtsspezifischen Formen, Singular und Plural, also «die Ärztin» und «der Arzt» sowie «die Ärztinnen» und «die Ärzte». Darüber und darunter sind die neutralen Formen abgebildet. Dabei beziehen sich spezifisch und neutral auf das Geschlecht der Bedeutung dieser Worte (also auf den Sexus), der Genus eines Wortes ist immer bestimmt. Das Problem ist nun, dass die sexus-neutrale Form des Wortes «Arzt» das Genus maskulin hat. Oder um beide Ebenen wieder mutwillig zusammenzuwerfen: Wer neutral von Ärzten redet, macht das im Deutschen mit der männlichen Form. In den meisten Fällen stellen wir uns unter «Arzt» oder «Ärzte» deshalb einen Mann oder mehrere Männer vor, auch wenn es sprachlich neutral gemeint ist.

Machen wir ein weiteres kleines Gedankenexperiment. Unter einem Baum schlafen drei Katzen. Sehen Sie das Bild vor sich? Diese drei Katzen werden von einem Kater geweckt. Sehen Sie das vor ihrem geistigen Auge? Jetzt kommt die Frage: Welches (natürliche) Geschlecht haben die drei Katzen? Vermutlich haben Sie sich weibliche Katzen vorgestellt. Denn beim Wort «Katze» ist die sexus-neutrale Form des Wortes Genus feminin. Schauen wir uns das noch einmal in unserem Schema an:

«Katze» ist eine Ausnahme, in den allermeisten Fällen sind die neutralen Wörter maskulin. Das Problem ist nicht die Sprache und wie sie funktioniert, das Problem sind die Vorstellungen, die Wörter auslösen. Unschuldige Wörter, die zufällig die maskuline Form tragen, erzeugen in unseren Köpfen nun mal Vorstellungen von männlichen Personen. Wenn von Ärzten, Ingenieuren und Professoren die Rede ist, sehen wir meistens Männer vor uns, auch wenn diese Pluralformen neutral gemeint sind. Die Geschlechtergerechtigkeit ist so gesehen nicht ein Problem der Sprache, sondern ein Problem in unseren Köpfen. Das aber wiegt umso schwerer, als Frauen in der Welt der Ärzte, der Ingenieure und Professoren es ohnehin schwerer haben als Männer, weil diese Welten bis heute eher männlich dominiert sind. Umso wichtiger wäre es also, hier für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen und Frauen nicht nur mitzumeinen, sondern aktiv für zu sorgen, dass unsere Köpfe auch von Ingenieurinnen und Professorinnen bevölkert werden.

Es gibt Schreibende, die sagen: Es ist ein Problem in Ihrem Kopf, das geht mich nichts an. Ich kümmere mich um meine Sprache und schreibe so, wie die deutsche Sprache schön und korrekt ist und Sie kümmern sich um die Probleme in Ihrem Kopf. Ich glaube, wer so argumentiert, macht es sich zu einfach. Denn Sprache ist ein Kommunikationsinstrument – und wir wissen alle, dass es bei Kommunikation nicht darauf ankommt, was ich sende, sondern darauf, was bei der Empfängerin oder dem Empfänger ankommt. Ich kann den Plural «die Ärzte» noch so lange neutral meinen – wenn es als «die männlichen Ärzte» ankommt, habe ich ein Kommunikationsproblem, das ich lösen muss. Ich bin also (schon länger) zum Schluss gekommen, dass ich, wenn ich schreibe, Deutsch nicht, wie Luise F. Pusch schreibt, nur als Männerssprache verwenden will. Die Frage ist nur: Wie kann ich das umsetzten?

Die Holzblasinstrumentenmacherin und das Professor

Die einfachste Art und Weise ist es, nur die geschlechterspezifischen Formen aus unserem Schema zu verwenden und immer von «Ärztinnen und Ärzten» zu schreiben, wenn ich mich an meine «Leserinnen und Leser» wende. Das geht, es ist aber umständlich und bei längeren Bezeichnungen braucht es viel Platz. Die Holzblasinstrumentenmacherin und der Holzblasinstrumentenmacher zum Beispiel sind doch recht anspruchsvoll, was den Platzbedarf angeht. Noch grösser wird das Problem, wenn Adjektive ins Spiel kommen, etwa bei «Medizinisch-technische Assistentin» und «Medizinisch-technischer Assistent». Schreibende haben deshalb ein Bedürfnis nach Formen, die in sich geschlechtsneutral sind. Aber wie lässt sich das bewerkstelligen?

Luise F. Pusch hat in den 90er Jahren einen radikalen Vorschlag gemacht und als neutrale Bezeichnung die sächliche Form vorgeschlagen. Bei ihr unterrichtet «das Professor» an der Universität «das Student» und im Spital ist es egal, welches Geschlecht «das Arzt» hat. Der Vorschlag ist grammatikalisch elegant und wurde auch da und dort aufgegriffen, er konnte sich aber nicht durchsetzen, weil er unserem Sprachgefühl nicht entspricht. Deshalb kamen andere Lösungen ins Spiel, die aus der maskulinen Pluralform eine generische machen sollten. Zunächst war das der Schrägstrich: «Professor/in» und «Student/in». Damit waren nun aber die feministischen Linguist/innen nicht zufrieden. Der Schrägstrich trenne das Weibliche ab und führe zu einer grafischen Diskriminierung. Deshalb kam es zur Binnengrossschreibung: «ProfessorIn» und «StudentIn».

Unterstrich und Gendersternchen

Die Binnengrossschreibung hat zwei Probleme. Das eine: Sie geht in der Wahrnehmung oft unter. Das zweite: Studien haben gezeigt, dass bei der raschen Lektüre «LehrerInnen» gern als «Lehrerinnen» gelesen wurden – die Geschlechterungerechtigkeit würde damit also einfach umgedreht. Dazu kommt dann noch die Frage, wie man die Geschlechter bezeichnet, wenn das Wort versal geschrieben ist, also in Grossbuchstaben: «LEHRERINNEN». Schwerwiegender im Gender-Diskurs waren aber zwei andere Aspekte. Zum einen blieb das Problem bei den Adjektiven: «AssistentIn» lässt sich so schreiben, – aber was ist mit dem Adjektiv dazu? Wie schreiben wir also «Medizinisch-technische/r AssistentIn»? Zum anderen fühlte sich die LGBTQ-Community ausgegrenzt, also alle, die keine heterosexuelle Frau und kein heterosexueller Mann waren.

Um die Bezeichnung der Geschlechter offener zu halten, kam es zum «Gender Gap» in Form eines Unterstrichs. Jetzt war also die Rede von den «Schüler_innen», wobei der Unterstrich das Feld zwischen den männlichen Schülern und den weiblichen Schülerinnen öffnen sollte. Eine ähnliche Funktion hat das Gendersternchen, das sich in den letzten Jahren immer grösserer Beliebtheit erfreut hat. «Schüler*innen» soll zeigen, dass alle angesprochen sind, Schülerinnen, Schüler und alle nonbinären Menschen, die zur Schule gehen.

Weil auch der Stern nicht nur beliebt ist, weichen viele Schreibende aus und schreiben zum Beispiel von «Studierenden». Das funktioniert immer dann, wenn eine Bezeichnung von einem Verb abgeleitet ist wie eben «studieren», «unterrichten» oder «pflegen». Allerdings ist es sprachlich nicht immer korrekt, denn die «Studierenden» werden so als studierend bezeichnet, auch wenn sie nicht studieren. Wer etwa von «Unterrichtende im Sabbatical» redet, widerspricht sich selbst. Dazu kommt, dass es keine Lösung ist für Wörter, die keine Tätigkeit sind, also etwa «Arzt», «Landwirt» oder «Ingenieur». Bleibt also doch nur Unterstrich oder Genderstern?

Ich verwende den Gender-Doppelpunkt

So verständlich das Anliegen ist, – ich habe mit dem Unterstrich und dem Gendersternchen typografisch Mühe, weil sie aus der Schriftlinie tanzen. Beim Stern stolpere ich zudem immer, wenn ich ihn schreiben soll: Den kriege ich blind auf meiner Tastatur einfach nicht hin. Gender-Aktivist*en sagen vielleicht: Gut so, das erinnert dich immer daran, dass es nicht nur Männer auf der Welt gibt. Vielleicht. Mich bringt es beim Schreiben aber dermassen aus dem Takt, dass ich dem Stern möglichst aus dem Weg gehe und das ist dann auch nicht Sinn der Sache.

Ich habe mich deshalb für eine andere Lösung entschieden: für den Gender-Doppelpunkt. Seit ein paar Monaten verwende ich den Doppelpunkt recht konsequent, vielleicht haben Sie das schon gemerkt. Ich schreibe deshalb künftig für «Leser:innen». Auch der Doppelpunkt schafft das Problem nicht aus der Welt, wenn die weibliche Form mit Umlaut gebildet wird wie bei «Ärztin» oder «Bäuerin». Da bleibt nur der Ausweg über eine Doppelnennung. In allen anderen Fällen, wo sich der Plural nur durch eine angehängte Silbe unterscheidet, verwende ich künftig den Gender-Doppelpunkt. Anders als der Schrägstrich meint der Doppelpunkt nicht nur entweder männlich oder weiblich, er steckt einen Bereich ab: von männlich bis weiblich. Zudem können Screenreader, also Programme, die den Bildschirmtext für Sehbehinderte vorlesen, mit dem Doppelpunkt im Wort gut umgehen.

Der Gender-Doppelpunkt ist eine persönliche Entscheidung, die ich für mich gefällt habe, weil ich auch meine Leserinnen erreichen will. Es ist keine Regel, ich gebe damit keine Empfehlung ab, ich begründe nur meine Entscheidung. Grundsätzlich dürfen Sie und ich schreiben, wie wir wollen: Rechtschreibung ist für Privatpersonen eine unverbindliche Konvention. Allerdings eine, die es in sich hat. So neigen die meisten Menschen dazu, die Qualität eines Textes anhand seiner Form zu beurteilen. Zudem muss die Form so ausgestaltet sein, dass sie zur Verständigung beiträgt. Wenn sich jeder seine eigene Sprache erfindet, wie das der alte Mann von Peter Bichsel gemacht hat, ist keine Verständigung mehr möglich. Und das wäre fatal. Der Doppelpunkt ist für mich im Moment ein vernünftiger Kompromiss zwischen einem ausschliessenden Deutsch als Männersprache und einer aktivistisch-geschlechtergerechten Sprache. Letztlich ist es nicht an mir, zu entscheiden, wie diese Formen aussehen sollen, weil ich als alter, weisser Mann davon kaum betroffen bin. Es ist an Ihnen, lieber Leser und vor allem liebe Leserin, zu entscheiden, welche Sprache Sie haben wollen. Bei aller Diskussion um die Form kommt es mir letztlich auf den Inhalt an.

Basel, 21. Mai 2021, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

PS: Nicht vergessen – Wochenkommentar abonnieren. Kostet nichts, bringt jede Woche ein Mail mit dem Hinweis auf den neuen Kommentar und einen Buchtipp. Einfach hier klicken. Und wenn Sie den Wochenkommentar unterstützen möchten, finden Sie hier ein Formular, über das Sie spenden können.

PPS: Interessiert an einer reinen Audio-Version? Hier gibts den Wochenkommentar zu hören:


Quellen

Bild: ©itakdalee – stock.adobe.com

[1] Vgl. Luise F. Pusch: «Das Deutsche als Männersprache». Frankfurt am Main: Suhrkamp 1984.

[2] Peter Bichsel: «Ein Tisch ist ein Tisch». Vgl. https://www.mittelschulvorbereitung.ch/contentLD/DE/T67cTischistTisch.pdf

13 Kommentare zu "Was ich als Mann zu einer geschlechtergerechten Sprache zu sagen habe"

  1. Ob Stern*innen oder Doppelpunkt:innen….
    Es stört beim Vortrage und es stört den Lesefluss.
    Wem es zu aufwändig ist eine Doppelnennung zu schreiben, wem Weiblein und Männlein keine eigenen Doppelnennungen wert sind, der soll es doch bleiben lassen und z.B. schöne Bilder malen oder zu singen beginnen…..
    Dazu noch dies: Die Universität von Kalifornien hat die Einführung von sechs Geschlechtern beschlossen. Bisher konnten Studenten bei der Immatrikulation nur zwischen „männlich“ und „weiblich“ wählen. Neu hinzugekommen sind nun „trans male“, „trans female“, „genderqueer / gender nonconforming“ und „different identity“…..
    Dann wird es aber richtig kompliziert bei den Schreibweisen. Aber ach ja, es gibt ja neben * und : auch noch die §, &, %, +, # und $ Zeichen…..
    Viel Spass beim Lernen….
    Westliche Dekadenz, übertriebener geht es nicht mehr. Wie wenn die Welt keine anderen Probleme hätte….

  2. Danke für die gute Übersicht zu diesem Thema.

    Grundsätzlich schließe ich mich René Kontic und Thomas Zweidler an. Nicht zuletzt, weil es der großen Masse an Genderinnen um etwas Anderes geht; es geht ihnen um die Zerstörung unserer Kultur – und da ist Matthias Zehnder mit „alt und weiß“ den Damen auf den Leim gekrochen. Wer Kultur zerstören will, muß bei der Sprache beginnen. Wir werden zurzeit Zeuge eines solchen Versuchs. Zum Glück betont MZ mehrmals, Sprache sei vor allem zur Kommunikation da. Gerade deshalb muß man die „Verstehbarkeit“ ganz hoch gewichten. Übelste Verstöße gegen dieses Prinzip kann man derzeit in den deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehkanälen erleben: diese hühnerhofartige Knacklautsprecherei (= Genderpausen), die immer mehr aufgeführt wird, dient der Kommunikation wirklich nicht.

    Eines hat MZ ausgelassen. Sprache dient nicht nur der Kommunikation, sie ist auch eine der Grundlagen für das Denken. Wie das mit diesen Gender-Zeichen, -Regeln und -Anforderungen noch klar möglich sein soll, ist mir ein Rätsel. Daß Leute, die sonst immer von „Inklusion“ reden und schreiben, nicht merken, welche Hindernisse fürs Verstehen und fürs Verständigen damit aufgebaut werden, erschließt sich mir nicht. Oder ist das eventuell gewollt und ebenfalls dem Versuch der
    Kulturzerstörung zuzurechnen?

    Für mich gehört auch das dauernde Gerede mit den Termini „-gerecht“ und „-gerechtigkeit“ zu diesem großangelegten Versuch der Kulturzerstörung. Diese Begriffe werden nicht in einer Rechtsdimension verwendet, sie werden vielmehr in einer quasi religiösen Dimension angewendet. Wohl, um an eine theologische Rechtfertigung heranzurücken, um sich damit eine „höhere“ Legitimation zu verleihen.

    Im Alltag und in verschiedenen Zusammenhängen ist es jedoch richtig und nötig, daß man explizit Männer und Frauen anspricht, geschrieben oder gesprochen. Dafür habe ich wohl schon Ende der 1980er-Jahre begonnen, die männliche und die weibliche Form (z.B. «liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger») anzuwenden. Das erlaubt auch die Umlaut- und die Adjektivwechsel richtig zu behandeln. MZ stimme ich auch zu, wenn er in der Schreibweise mit dem / ein abtrennendes Moment wahrnimmt. Im Textfluß ist für mich ein / fast gleich störend wie ein Binnen-I und erst recht wie ein Gender-*. Vom Unterstrich_ gar nicht zu reden. Den schätze ich als technisches Zeichen sehr, z.B. wenn man in der Informatik aus zwei getrennten Wörtern einen für die Maschine untrennbaren Datennamen bilden will.

    Aus all diesen Überlegungen habe ich bereits vor einigen Monaten begonnen, bei Bedarf den Doppelpunkt zu verwenden, wie es auch MZ anregt.

  3. Danke für die gute Übersicht. Ich fühle mich als Frau einfach viel wohler, wenn AUCH weibliche Formen genannt werden/vorkommen. Egal in welcher Form! Es muss, gerade in der gesprochenen Sprache, auch nicht dauernd sein, die Lösung von Radis SRF finde ich sehr elegant, z.B. „Juristinnen und Richter“ oder umgekehrt „Juristen und Richterinnen“, wenn Personengruppen genannt werden. Aber die rein männlichen, sogenannt neutralen Formen, kommen bei mir definitiv nicht neutral an, sondern schliessen aus. Und das habe ich satt. Dass auch heute noch viele junge Frauen Coiffeuse und Kleinkindererzieherin werden wollen, hängt nicht zuallerletzt mit Folgendem zusammen: es ist immer noch zu wenig in den Gehirnen angekommen ist, dass es durchaus auch Ingenieurinnen, Mathematikerinnen, Mechanikerinnen (…) gibt.
    Übrigens noch etwas zu genus: die alte Lateinerin sagt: genus (generis) ist im Lateinischen ein NEUTRUM :))

    1. Antwort:
      ….. Antwort:
      Nichts gegen Coiffeusen und Kleinkindererzieherinnen….
      Als im Lockdown die Coiffeursalons geschlossen waren, ging ein Raunen durch die Menge.
      Und bei verordneten 100% Gratis-CH-Kitaabdeckung ab 3 Lebensmonat (in Staatserziehungs-Manier) brauchts Kleinkindererzieherinnen ohne Ende…..

  4. Nachfrage an Matthias Zehnder: Wie halten Sie es mit zusammengesetzten Wörtern wie Fussgängerstreifen, Bürgergemeinde, Gaststube, Ingenieurschule, Lotsenpflicht, Arbeitnehmerrechte, Verbrecherjagd, Pilotengewerkschaft, Arztpraxis oder eben Coiffeursalon? Für mich sind das die grössten Dilemmata.

  5. Komplizierte Sache…. Nämlich: V.a. bei den schriftsprachverliebten Welschen hat Sprache auch einen “inneren Selbstwert an sich“, dh. ungeachtet des Inhalts, zwecks Beübung der komplizierten Verbkonjugationen und hochge-stochenen Wortschatzes, derweil Sprache bei den mutterschrift-sprach-ver-be-hinderten DCHern nur der Verständigung dient. Kaum einer weiss, auch weil es seit ja schamhaft tabuisiert / aus-geblendet wird, dass die DCHer absichtlich mit 140 Jahren Verzögerung erst ab anfang 19. Jhdt (BS: 1838; ZG; 1849) pflichteingeschult wur-den, so, dass sie kein Sprachgefühl für Hochdeu-tsch entwickelt konnten; wer könnte es ihnen deshalb verargen? Der auch Sprachreformator Luther liess doch die DCH ab 1522-34 links liegen, was den hiesigen weltlichen, geistlichen wie sip-pischen Exzellenzen noch so recht war im Bestre-ben der Dummhaltung des (all-) gemeinen Volkes so lange wie möglich auch bzgl. des Nichtlesen-könnens des widersprüchlichen Evangeliums // Kleine Wörterkunde: “Inklusion“ = Einschluss / “Gender“ = Gattung // Wir laufen in West-Nord-europa, was anscheinend niemand zu merken, noch weniger zu stören scheint, zivilisatorisch voll dem Feminismus >=> Matriarchat entgegen (mehr Maturandinnen) , sonst gäbe es diese unnötige Gattungs-Polemik doch nicht. Gattung “Mann“ also als Auslaufmodell…. auch in der Sprache?! Ja, so beginnts ! Unmerklich. “Mann“ kann nicht allein sein > ihm fehlt die Mutterersatz-nachfolge > die Frau, während umgekehrt keiner Jung-Frau ein Ersatzvater fehlt; sie genügt sich selbst oder mit ihresgleichen. Die Sprachgat-tungstungsproblematik hat also immer auch eine sexuelle Komponente! > Die negativen Bedeu-tungen wie “Täterin, Mörderin, Diebin, Vergewal-tigerin, Unterschlagerin“ usw. überlässt man gerne in der männlichen Form, denn “Frau“ ist ja das moralisch bessere, leider ach so unterdrüc-kte Geschlecht…., statt dass man die Funktion hervorhebt: d e r Mündel, Vormund, Gemeind-erat, Landammann. Gerade bei letzterer Bezeich-nung hat man in der Inner-schweiz löblicher-weise ein Einsehen gehabt und ausschliesslich die männliche = sächlich neutrale, funktionelle Formulierung belassen! Auch ist eine Bundes-rätin XY als Frau angesprochen “Frau Bundesrat“ und nicht: “Frau Bundesrätin“. Weder gibt es einen Hebammerich noch im Restaurant eine Frau Oberin. So eine höchstens in einem Kloster, dort aber keinen “Bruder Ober“. Wie sagt doch so schön das Sprichtwort: “Nur die Lächerlich-keit tötet“. Wie wahr! Fazit: Je mehr “vera“kade-misierte “Frau“ in Männerdomäne eindringt, desto unattraktiver wird sie , bleibt sie ledig, sucht “Mann“ pflegeleichtere Muse im fernen Ausland, bezw. geht er während der Ehe fremd > Skandale vieler Spitzenpolitiker in USA, F, D ! Wieso wohl? Sind welche in D bis 5 mal geschieden. Merke: Ein Arzt ist > kann kein Ende abzu-sehen ….oder wird auch da ‚Mann‘ das Feld räu-men mit allen leidigen Folgen in den geschlechts-verpolten Landesparlamenten ?, siehe männer-abträgliche Ehescheidungsgesetzgebung 2000 ff. // Ich, jedenfalls werde weder Gattungsspra-che noch unnötige, vernebelnde Fremdwörter verwenden: Eine H… ist eine Nutte und keine Prostituierte, sowenig wie es sprachlich einen Nutterich oder Hebammerich gibt.

  6. Nachtrag: Ab 5. letzter Zeile ist mein Text ver-stümmelt widergegeben: Man lese wie folgt:
    “Ein Arzt ist > kann < immer auch eine Frau sein, aber, nie ist eine Aerztin ein Mann. Es ist halt leider schon so: Die beiden Bruder-Welt-kriege des 20. Jhdt. haben die Sache der Femanzipation schon un-gebührlich befördert: kein Ende abzusehen….''

  7. Dieser Vorschlag eine Bekannten löst nicht alle Probleme, hat aber was: wenn möglich einfach die weibliche Form für die neutrale nehmen. Manchmal geht das ganz gut. Da es „die Firma“ heisst, hat man (frau? 😉 ) z.B. bei „Klägerin“ oft das korrekte Bild einer juristischen Person im Kopf.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.