Uns fehlt das Böse

Publiziert am 9. April 2021 von Matthias Zehnder

Wir schreiben Woche 57 der Coronakrise in der Schweiz. Langsam aber sicher zeigen wir alle Abnützungserscheinungen. Zwar winkt (und wirkt) die Impfung, doch die nächste Welle rollt schon an. In St. Gallen randalieren Jugendliche. Medienschaffende, Wissenschaftler und Politiker werden immer häufiger angegriffen. Immer mehr Menschen lassen sich von Verschwörungstheorien verführen. Was ist nur in die sonst so vernünftigen Schweizer:innen gefahren? Ich glaube, die Antwort ist einfach: Uns fehlt das Böse. Ein Feind, eine Schuldige, ein Angreifer – eben: das Böse.

Am 28. Februar 2020 hat der Bundesrat in der Schweiz die besondere Lage nach Epidemiengesetz ausgerufen – damit haben wir, wenn ich richtig gezählt habe, schon seit 57 Wochen in der Schweiz Coronakrise. Zum Vergleich: Der Erste Weltkrieg dauerte 224 Wochen, der Zweite Weltkrieg gar 297 Wochen – die Coronakrise dauert noch nicht einmal einen Fünftel davon und trotzdem sind wir alle müde und ausgelaugt. In St. Gallen haben Jugendliche zwei Nächte lang randaliert – für heute rufen Jugendliche wieder zu illegalen Partys in verschiedenen Schweizer Städten auf. Das Ziel: Feiern bis die Polizei kommt – und zwar nicht der freundliche Quartierpolizist, sondern die Männer mit Helm und Schild und Gummischrot. «Die Polizei wurde an der illegalen Party als Sündenbock auserkoren», sagt ein Jugendarbeiter gegenüber den Tamedia-Zeitungen.[1]

2020 kam es in Deutschland zu über 250 Angriffen auf Medienschaffende – das sind mehr als doppelt so viele wie in den Jahren zuvor.[2] Diese Zahlen hat die Deutsche Bundesregierung veröffentlicht. Gemeint sind damit Straftaten, die sich gegen Medienschaffende richteten – darunter 22 Körperverletzungen und 33 Sachbeschädigungen. Es sind also jene Fälle, die zur Anzeige gebracht wurden. Bagatellangriffe zählen nicht dazu. Auch sie haben zugenommen – und nicht nur in Deutschland. SRF-Mitarbeiter:innen erzählen mir im Gespräch, dass sie in den letzten Monaten auf der Strasse immer häufiger angepöbelt oder gar beschimpft werden. Manchmal, weil sie sichtbar ein SRF-Mikrofon tragen, manchmal aber auch nur, weil sie erkannt werden. Der Vorwurf lautet in Deutschland und in der Schweiz gleich: Lügenpresse! Ähnliches gilt für andere Berufsgruppen, die sich mit dem Virus beschäftigen. Gesundheitspolitiker:innen brauchen Personenschutz. Virologen müssen abtauchen. Auch in der Schweiz. Was ist da nur los?

Und fehlt das Böse

Ich glaube, uns fehlt ein Feindbild in der Krise. Ein Schuldiger, ein Gegner – mit anderen Worten: Uns fehlt das Böse! So sucht sich jeder selbst einen Feind, dem er die Schuld an der Krise in die Schuhe schieben kann. Donald Trump hat deshalb konsequent vom «China-Virus» gesprochen und China die Schuld an der Pandemie gegeben. Die Logik dahinter: Das Virus ist in China entdeckt worden und wohl auch da entstanden – und vermutlich haben die chinesischen Behörden es zu Beginn vertuscht. Vor allem aber passte Donald Trump das Feindbild China in den politischen Kram. So richtig schuld am Virus ist aber wohl niemand – vermutlich handelt es sich bei SARS-CoV-2 um eine Zoonose, also um ein Virus, das von Tieren auf den Menschen übergesprungen ist. Neu ist das nicht, von Tollwut über Gelbfieber bis Ebola gibt es eine ganze Reihe von Krankheiten, die diesen Weg gegangen ist.

Die Entstehung des SARS-CoV-2-Virus ist also eigentlich unspektakulär – ein Vorgang der Natur, Zufall vielleicht. Und damit für Menschen schwer zu verstehen. Entsprechend schiessen seit einem Jahr wilde Theorien über die Entstehung der Krankheit ins Kraut. Die harmloseren haben mit chinesischen Essgewohnheiten zu tun. Da gibt es zum Beispiel die Fledermaussuppen-These. Und dann gibt es wilde Verschwörungstheorien: Bill Gates habe das Virus kreiert, um die Menschheit zu kontrollieren, es handle sich um eine biologische Waffe aus einem Labor in China, es sei eine Folge von 5G-Strahlung und der Klassiker: «die Juden» hätten die Pandemie erzeugt, um andere Länder unter Kontrolle zu bringen oder mit einem Impfstoff weltweit Geld zu verdienen.

Juden als Feindbild

Ein Klassiker ist die These der jüdischen Schuld deshalb, weil seit dem Mittelalter die Juden immer wieder zu Sündenböcken gemacht wurden, um zu erklären, was man nicht erklären konnte. Zum Beispiel die Pestepidemie, die zwischen 1347 und 1353 etwa ein Drittel der Menschen in Europa tötete. Eine verbreitete These: Die Juden haben die Brunnen vergiftet. Die Menschen konnten nicht damit leben, dass eine Krankheit, ein Schicksalsschlag, ein Unglück, keine erkennbare Ursache hatte. Die Menschen brauchten Sündenböcke – und fanden sie in Juden, Hexen, Freimaurern, Wiedertäufern und Illuminaten. Am meisten Durchschlagskraft hatten diese Theorien, wenn Sündenbockgruppen sich verschwörerisch verbanden, zum Beispiel Juden und Freimaurer. Genau davon handeln die berüchtigten «Protokolle der Weisen von Zion»: Der Text gibt vor, das Protokoll eines Treffens der Führer des Weltjudentums zu sein.[3] Er tauchte zum ersten Mal 1903 auf und diente als Beweisdokument für das vermeintliche Streben der Juden nach der Weltherrschaft. Schon 1921 wurde der Text eindeutig als Fälschung entlarvt. Trotzdem setzte sich die Wahnvorstellung einer jüdischen Weltverschwörung in vielen Köpfen fest. Denn mit Juden als Feindbild liess sich trefflich Politik machen. 1933 erhob Adolf Hitler die antisemitische Verschwörungstheorie zur offiziellen Staatsideologie – mit, wie wir wissen, verheerenden Folgen. Seither dienen Juden immer wieder als Lückenbüsser und Feindbilder. Vor allem dann, wenn sich eine Katastrophe nicht erklären lässt. Zum Beispiel jetzt.

Halt, sagen Sie jetzt vielleicht, das kann ja nicht sein, dass im Jahr 2021 die Pandemie den Juden in die Schuhe geschoben wird! Aber genau das passiert. Das hat diese Woche der Antisemitismus-Report für 2020 belegt.[4] Die Studie des Kantor Center for the Study of Contemporary European Jewry belegt, dass 2020 (wohl als Folge der vielen Lockdowns) zwar die Zahl der physischen antisemitischen Angriffe zurückgegangen ist, die Zahl antisemitischer Vorfälle in den Medien und im Internet hat aber stark zugenommen. Wie einst im Mittelalter bei der Pest wird den Juden die Schuld an der Entwicklung und Verbreitung des Virus gegeben. Vom «Judenvirus» ist die Rede. Mittlerweile hat sich der Antisemitismus auf das Impfen ausgedehnt. Der Bericht zeigt Juden-Karikaturen mit der Spritze in der Hand – der böse Jude will die Welt impfen. Weil Israel mit seiner Impfkampagne besonders weit ist und das Land langsam zur Normalität zurückkehren kann, kommt in den letzten Wochen noch der Impfneid dazu. In immer neuen Varianten der jüdischen Weltverschwörung werden Bill Gates, jüdische Wissenschaftler und Manager bei Pfizer und Moderna und israelische Politiker in einen Topf geworfen und zu einem jüdischen Impfzwang stilisiert – wirklich reines Mittelalter.

Jeder Dritte glaubt Verschwörungstheorien

Ganz offensichtlich können viele Menschen nicht damit umgehen, dass eine Pandemie keine offensichtliche Ursache, eben: keinen Bösewicht hat, dass bloss Zufall und Natur dahinterstehen. Eine Studie der Universität Basel bestätigt diese Diagnose: Ein Forschungsteam der Universität Basel hat in der deutschsprachigen Schweiz und in Deutschland untersucht, wie viele Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 an Verschwörungstheorien glauben.[5] Das Resultat: Im Durchschnitt stimmten knapp 10 Prozent aller Befragten einer Verschwörungsaussage stark zu, weitere 20 Prozent schenken Verschwörungstheorien ein wenig oder mässig Glauben. Dabei gibt es Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland: So war die Aussage «Big Pharma schuf das Coronavirus, um von den Impfstoffen zu profitieren» in der Schweiz stärker akzeptiert als in Deutschland. Das Misstrauen gegenüber der Pharmaindustrie und entsprechende Verschwörungstheorien in der Schweiz könnten ein Grund dafür sein, warum die Impfakzeptanz in der Schweiz geringer ist als in anderen westeuropäischen Ländern.

Bisher ging man davon aus, dass es einen starken Zusammenhang zwischen sogenannten Denkverzerrungen und Verschwörungstheorien gibt. Von einer Denkverzerrung sprechen Fachleute, wenn Schlussfolgerungen vorschnell und auch unter grösserer Unsicherheit gezogen werden und Informationen, welche die eigene Meinung widerlegen, weniger beachtet werden. Die Studie fand nun aber heraus, dass es in der Gruppe der Teilnehmenden, die Verschwörungstheorien stark befürworteten, einige Personen gab, die sogar weniger Denkverzerrungen aufwiesen als jene, die Verschwörungstheorien eher abgeneigt waren. «Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass nicht jede Person, die einer Verschwörungstheorie zustimmt, automatisch auf ungünstige Art und Weise Informationen verarbeitet und dementsprechend entscheidet», sagt Erstautorin Sarah Kuhn.[6] Mit anderen Worten: Auch Menschen mit gut ausgeprägtem analytischem Denkvermögen neigen dazu, auf Verschwörungstheorien hereinzufallen. Warum? Meine Antwort: Weil ihnen das Böse fehlt.

Der Name der Rose

Letzte Woche habe ich mal wieder «Der Name der Rose» gesehen, die Verfilmung des Romans von Umberto Eco durch Jean-Jacques Annaud mit dem unvergleichlichen Sean Connery als William von Baskerville und danach mit grossem Vergnügen im Buch geblättert. Sie erinnern sich an die Geschichte? Eine Serie von Morden erschüttert die Mönche einer Benediktinerabtei im Apennin. Der Franziskaner William von Baskerville reist mit seinem Novizen für einen Disput in die Abtei und klärt die Morde auf: Die Mönche sind gestorben, weil sie ein verbotenes Buch gelesen haben. Eine Ecke des Buchs war vergiftet, weil die Mönche sich zum Blättern den Zeigefinger mit der Zunge angefeuchtet haben, sind sie gestorben. Eindrücklich inszeniert von Jean-Jacques Annaud ist der Clash der Zeiten: Hier die im mittelalterlichen Glauben verwurzelten Mönche, die sich die Welt durch die Präsenz von Gott und Engeln, von Dämonen und dem Teufel erklären, da der rationale Franziskaner William von Baskerville, der in Kausalketten denkt, hinter jeder Erscheinung eine natürliche Ursache sucht – und sich zum Lesen eine Brille aufsetzt.

Ich dachte bisher immer, der Weg vom Mittelalter zur Moderne sei eine Einbahnstrasse, eine Art geistige Evolution, die man nicht zurückdrehen kann. Der Anblick der mittelalterlichen Mönche auf der Leinwand vor dem Hintergrund der Verschwörungstheorien rund um Corona hat mich eines Besseren belehrt: Wir mögen zum Mond fliegen und zum Mars, Fleisch im Labor züchten und Salat auf dem Dach – das Mittelalter steckt weiterhin in uns allen. Wir haben zwar heute andere Erklärungen für Krankheiten und den Tod – aber wehe, wenn die nicht gerade greifen. Dann sind sofort die mittelalterlichen Bilder wieder da, von Teufelsfratzen und Dämonen, von Hexen, von bösen Zauberern – und von Juden.

500 Jahre alter Denkanstoss

Noch etwas zeichnet den mittelalterlichen Menschen aus: Er sieht sich selbst (das heisst: die Erde) im Zentrum des Universums. So, wie die Sonne um die Erde kreist, dreht sich alles Geschehen auf der Welt um den Menschen. Man könnte, modern gesagt, von einem narzisstischen Weltbild reden: Der Mensch bezieht alles, was geschieht, auf sich selbst. Gesunde Kinder sind eine Belohnung für ein moralisches Leben, Blitz und Donner sind eine Bestrafung. Nicolaus Copernicus und Galileo Galilei brachten mit ihren Forschungen die Wende: Sie verbannten die Erde aus dem Zentrum und setzten sie auf eine Umlaufbahn um die Sonne. Wie alle anderen Planeten zieht die Erde ihre Bahn. Damit verbannten sie auch den Menschen aus dem Zentrum des Universums: Der Mensch wird zum Teil der Natur, die nicht mehr von Engeln und Dämonen regiert wird, sondern von den Gesetzen der Physik und Chemie. Sigmund Freud nannte diese Vertreibung aus dem Zentrum des Universums die erste Kränkung der Menschheit.[7]

Mir scheint, viele Menschen neigen zu einem vorkopernikanischen Weltbild: Sie sehen die Menschen im Zentrum und beziehen alles Geschehen auf sich selbst. Sie können mit den Gesetzen der Physik und der Chemie nicht leben und suchen einen Grund für das, was auf der Welt geschieht. Sie brauchen das Böse. Ihnen sollten wir Rudolf Agricola (1443–1483) ans Herz legen. Der Philosoph forderte in seiner Schrift «Über die dialektische Denkmethode» schon 1515, dass Argumente nicht nur wahr, sondern auch vernünftig nachvollziehbar sein müssten. Er setzte sich deshalb leidenschaftlich für eine umfassende Bildung ein. Seine Überlegungen sind über 500 Jahre alt – und wieder aktuell. Weil uns das Böse fehlt.

Basel, 9. April 2021, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

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Quellen

Bild: ©paule_pictures – stock.adobe.com

[1] «Basler Zeitung», 9. April 2021: «Rekonstruktion der Krawalle:

Die Jungen liessen sich von einem Hollywood-Film inspirieren»; https://www.bazonline.ch/die-jungen-liessen-sich-von-einem-hollywood-film-inspirieren-397764702512

[2] Vgl. «Süddeutsche Zeitung», 20. Januar 2021: «Pressefreiheit in Deutschland: Mehr als doppelt so viele Angriffe auf Journalisten»; https://www.sueddeutsche.de/medien/pressefreiheit-deutschland-angriffe-demonstrationen-1.5180187

[3] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung: «Die Protokolle der Weisen von Zion»; https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/210333/die-protokolle-der-weisen-von-zion

[4] «Antisemitism Worldwide 2020»:

https://en-humanities.tau.ac.il/sites/humanities_en.tau.ac.il/files/media_server/Extract%20of%20the%20Annual%20Worldwide%20Report%20for%202020.pdf Eine Zusammenfassung auf Deutsch gibt es hier: «Audiatur online», 8. April 2021: «Judenvirus, Zoom-Bombing und Darknet-Extremismus: Israelische Antisemitismus-Studie zeigt düsteres Bild von 2020»; https://www.audiatur-online.ch/2021/04/08/judenvirus-zoom-bombing-und-darknet-extremismus-israelische-antisemitismus-studie-zeigt-duesteres-bild-von-2020/

[5] Sarah Anne Kezia Kuhn et al: «Coronavirus conspiracy beliefs in the German-speaking general population: endorsement rates and links to reasoning biases and paranoia». Cambridge University Press: 16. März 2021; https://www.cambridge.org/core/journals/psychological-medicine/article/coronavirus-conspiracy-beliefs-in-the-germanspeaking-general-population-endorsement-rates-and-links-to-reasoning-biases-and-paranoia/1FD2558B531B95140C671DC0C05D5AD0

[6] Universität Basel, Aktuell, 7. April 2021: «Verschwörungstheorien und Denkverzerrungen in der Covid-19-Pandemie»; https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Verschwoerungstheorien-und-Denkverzerrungen-in-der-Covid-19-Pandemie.html

[7] Vgl. dazu mein Buch: «Die digitale Kränkung», NZZ Libro, 2019.

2 Kommentare zu "Uns fehlt das Böse"

  1. Beim Lesen dieses Wochenkommentars, welcher aus Basel stammt, könnte man meinen, die Region Basel und die Stadt Basel seien eine Insel der Wonne, des Glücks, des Friedens. Sonnenschein, Blumen, Eigenheim. Glückliche Kinder mit glücklichen Kindern (bestenfalls mit noch glücklicheren Hühnern). Die Politik Friede, das Wasser quellklar, die Menschen liebevoll und unermesslich grosszügig. Kultur und Kunst vom Feinsten, Bio aus allen Poren und über allem die grenzenlose Verbundenheit zu den Brüdern und Schwestern des Dreilandes in Einigkeit, Einstimmigkeit und barmherzigen Einklang lebend.
    NATRÜLICH IST DER GANZE WOCHENKOMMENTAR SCHÖNGEISTIG AUSGELEGT.
    Einverstanden.
    DAS WEISS ICH.
    Doch das Böse fehlt wahrlich nicht.
    Doch nach so viel Belletristischem darfs vielleicht doch noch etwas Konkretes sein:
    Wenn man durch Basel geht, erlebt man Böses, Hässliches, Wüstes allüberall. Die meist vandalisieteste Stadt Europas grüsst. Ich verzichte hier bewusst auf Bilder, aber Basel ist überall versprayt. (z.Z. 10% mehr pro Woche).
    Da wir Lesenden wohl alle noch geistig beieinander sind wissen wir um den Unterschied von „Graffitis“ und wild hingesprayten Schriftzeichen (auch „Tags“) genannt.
    Ganze Strassenzüge werden einfach so versprayt, z.B. in der Hochstrasse 15 neue Tags auf Alles und überall (Firmentore, Backsteinfassaden, gemalte Fassaden, AdamTouring-Schaufenster…usw).
    An der Voltastrasse ältere, renovierte Häuserzeile – auf jedes Haus, zack,zack,zack – immer über Fundament (aus Naturstein), Fassade (gemalt) und Rolladen. Einfach so.
    Es hat jetzt keinen Wert, anekdotisch einzelne Stassen aufzuzählen, es betrifft längst nicht nur das St. Johann, auch das Iselin, das Wettstein, das Klybeck und Matthäus eh, aber auch das Neubad sowie das Gundeli. Kurz – überall wo Basler WOHNEN nimmt die Verslumung und die Verwahlosigkeit des Stassenbildes, des Häuserbildes, kurz Basels stark zu. Wobei – dies ist amtlich und logisch: Je dichter ein Stadtteil bewohnt ist, desto stärker sind die Sprayereien.
    Also – es betrifft die Quartiere, die bewohnten Quartiere, die Heimat der Basler. Welche immer wie mehr verslumt aussehen und in denen sich dadurch Unsicherheit breitmacht. Auch scheint es mancherorts an rechtsfreie Räume zu erinnern.
    Basel geht da mit der Abteilung Spray-Out so vor sich: Der Innerstadtperimeter wird innert 48 Std. ungefragt gereinigt. Ob an staatlichen Liegenschaften oder an Privaten. Auch wird wöchentlich das Rheinbord gereinigt, der Sockel des Basilisken an der Wettsteinbrücke, das Geländer der Wettsteinbrücke mit dem dicken Abschlussrohr, die Kandelaber, die Rheingeländer an den Rheinwegen, die Mittlere Brücke, die Glas-Entsorgungsstellen (sonst wüsste man schon lange nicht mehr, wo Weissglas, wo Grünglas usw. reinkommt) usw. usw…., sonst sähe die Innerstadt aus wie „Sau“…..
    Das Team von dominik.egli@bs.ch macht seine Sache eigentlich da gut. Doch sie kommen doch Nirgens hin. Die Betonbänkli auf der Dreirosenbrücke werden 1x im Monat gestrichen, sonst würde man diese schon lange nicht mehr als Bänkli erkennen.
    In den Aussenquartieren kann der Hausbesitzer die Fassade malen lassen und muss 20% selbst bezahlen. Der Rest übernimmt die Abteilung Spray-Out von D. Egli. Nun – viele Hausbesitzer oder auch Verwaltungen aus Zürich, Oerlikon oder Olten bemerken erst gar nicht die Sprayereien, und wenn, ist man müde, zu renovieren. Denn Schwupps, 2 Wochen später sieht es wieder gleich aus (z.B. Hebelstrasse/Schanzenstrasse). Deshalb wird oft alles so belassen und es gesellen sich immer wie mehr Tags dazu. Zudem: Es wird eben auch vermehrt über Fenster, Lamellenstoren, gar alte Holzeingangstüren gesprayt. Da kommt schnell mal für ein einfaches Tag 10‘000 Fr. an Kosten zusammen. Von dem 20%, und das im 2 Wochen Takt, macht eben auch viel aus. Oder das Hochhaus im Lehenmatt an der Autobahn, an dem sich Sprayer abseilten und riesengross „FTP“ draufsprayten, ein Wahnsinn – so was gibt’s nicht mal in Amsterdam oder Beirut. Die Entfernung dessen hat mit Gerüst stellen und allem rund 70’000 Fr. gekostet – gelohnt hat es sich natürlich trotzdem. Es sah einfach widerlich aus.
    Es ist einfach böse, mies, eklig, überall Tags (jetzt vermehrt auch an 1. Stock-Fassade, wg. höhere Sichtbarkeit und weil unten schon alles voll ist – mit Fassadenkletterei) Filzstiftgetriefe – ob auf Bänkli, Billettautomaten, ob auf der Plexiglasscheibe der Weihnachtskrippe im St. Johanns-Park, ob auf Cigarettenautomaten, ob an Briefkastenanlagen oder am (teuer aufgestellten) Hafenkran, welcher seiner Symbolik entraubt wurde und – wie alles – nur noch als Leinwand dient. Alles dient nur noch als Leinwand, sei es die hist. Mauer des Wirtshauses St. Jakob, das Siechenhausensemble dort, die Kapelle, sei es der hässliche Hintergrund des hist. Brunnes Ende Spalentorweg (in Sichtweite des Touri-Hotspots Spalentor), sei es der Hintergrund des schönen Brunnens MittlereStr./Ecke St. Johanns-Ring, sei es der aus Jurasandstein eingelassene Fassadenbrunnen des Kantons-Labors am Burgfelderplatz, sei es des Sockel der Basilisken-Brunnen in den Aussenquartieren (Innenstadtperimeter wie besagt ausgenommen), sei es der Menukasten des Rest. Da Gianni…
    Ekelterror, widerlich, pervers, primitiv, „anmassend übergriffige Vulgärkunst“ – wie es schon in einem Internet-Touristen-Führer über Basel heisst….
    An der ehm. Beiz Hopfenkranz, dann geht man weiter das Tramwartehaus am Tramdepot, inkl. Bänkli – wenn wir schon bei den Tramwartehäuschen sind – dies am Schützenhaus auch total (ausg. die teuer vermieteten Schaukästen, die hat Frau Trachtner von Möbel Trachtner selbst gereinigt), das Tramwartehaus St. Johanns-Platz, dort inkl. triefender Glasscheiben, sowie die Tramwartehäuser Neubad und Kleinhüningen (ehem. Endstation Wiese). Bei den zwei Letzteren sowie natürlich an vielen Fassaden kommt die zweite Komponente dazu: Die Politischen Schmierereien.
    Da liest man: RJB Antifa, überall „Hammer und Sichel“ (Stücki, Neubad), für feministischen Antifaschismus, oder: Hafenbecken 3 macht aus Natur Brei, oder: No Deportation, oder: Free Corona (Freiheit für Corona) oder: Die Welt brennt, wann brennen die Banken, Bässlergut burn, Kill the Cops (Rheinländerstrasse), Kein Staat, keine Kirche, keine Nationen, keine Grenzen UND im St. Johann gesehen = an jedem neu und liebevoll renovierten Haus (z.B. St. Johanns-Ring altes Haus mit Türmli) steht: ABWERTEN. Dies ist politisch. Die Gruppierungen um ANTIFA (Riesig an der Voltahalle und deren Dachgiebel) wollen alles Neue und Schöne ABWERTEN. Leider treffen sie auch die Falschen: Am relativ neuen Lothringerplatz erbaute eine Stiftung soziale Wohnungen, im Neubau ist auch die Interkulturelle Jugendbibliothek (Jukibu) der GGG. Und was steht auf dem sozialsten alles sozialen NEU-bauten: ABWERTEN.
    Nun – beides ist für die Hausbesitzer, für die verslumung der Quartiere, aber auch für die Bewohner und deren Gäste einfach nur Hässlich. Sei es jetzt das Politische Sprayen oder das Jugendliche Sprayen, den Hunden gleich, welche Haus um Haus um Haus um Haus – siehe Hardstr. oder Totentanz markieren, über Steinwerk, Fassade, Rolladen – teilweise auch hist. Holztüren, über Briefkastenanlagen, über Sonnerien (=Glockenschilder-Tabelau) usw….
    Natrülich, die Stadt-Jugend weiss jetzt im Lockdown nicht wohin (auf dem Land ist das Problem irrelevant), aber das darf doch keine Entschuldigung sein.
    Denn – und dies habe ich unterlassen – wenn man die Bilder der Objekte, egal was, sieht – packt einem doch als „Basel-Liebender“ Mensch die Wut über dieses Böse. Es ist ein Stick ins Herz, wenn man schön renovierte Ensembles seht, welche mit Wellensprayereien oder einfach aggressiven Tags verunstaltet sind. Es zerreisst einem schier das Herz.
    Ich hätte Bilder von der Hebelstr, von der Mittleren Str. von der Mülhauserstr, von der Elsässerstr, vom St. Johanns Ring, von der Realpstr im Neubad, von der Allschwilerstr, von der Hardstrasse, von der St. Jakobs-Strasse, vom Gundeli, von der Breite, laufen sie mal am Dalbedyych nach – überall, sogar am Boden Tags und hässliche Fratzen, angsteinflössend für Ältere und Kinder, eklig.
    Einfach eklig. Gemein. Böse.
    Ich komme ja nicht gerne mit Züri, aber war kürzlich dort. In normalen Arbeiterquartieren. Auffallend: Alles sauber. Kein Elektroverteilkasten besprayt, kein Kandelaber, keine Ampel – nix. Keine Stützmauer, keine Betonunterführung. Da können wir nicht mehr hin zurück in Basel. Das ist zu spät. Und wir reden in Züri nicht vom Innenstadtperimeter, sondern von Altstätten, von dem Rosenbergquartier, von Wipkingen und Höngg – also Büezerquartieren. Weshalb das so ist dort: Überall übermalspuren. Innert 48 Std. Wieso das das so sein kann: Züri hat auch eine Abteilung Schönes Züri (nicht zu verwechseln mit ‚Sauberes Züri‘ – der Strassenreinigung). Das Schöne Züri beschäftigt viele sozial Schwache und putzt alles weg. Es macht einfach einen sauberen, appetitlichen Eindruck. Das heisst nicht, das Züri spiessig ist. Überall spriessen neue Cafes, Clubs, Blumengeschäfte usw aus dem Boden. Es ist einfach sauber, liebens- und lebenswert, man kann eine Schiefertafel mit Kreide beschriften und anderntags ist sie nicht versprayt. Man kann eine Laterne vor dem Laden stehen lassen, und anderntags leuchtet sich nicht plötzlich schwarz…..
    WAS kann man tun gegen soviel Böses?
    Energie holen und durch die Strassenschluchten in den Wohnquartieren schlendern. Und bewusst schauen. Bewusst Beobachter sein. Und traurig sein. Vom Respekt, der fehlt, von ungefragt fremden Eigentum beschädigen, oder fragte da je mal wer? Und die Trauer in TATEN umwandeln.
    Ich plädiere ein Systemwechsel. Weg vom 20% zahlen (zumal die Sprayer jetzt ÜBER die Hausfassadengrenzen sprayen, im Wissen – dann bleibt es ewigs stehen – z.B. Wiesenstrasse, Riehenring, Wettsteinstr – hin zur Strassenzügereinigung ungefragt und überall. = Weniger Bürokratie, effizienter und gesamtheitlicheres Erscheinungsbild einer Strasse. Wird im ganzen Kanton Aargau angewandt und auch auf Gemeindeebene sowieso.
    Innerstadtperimeter so belassen – täglich dranngehen seis an der Kohlenbergmauer, auf der Pfalz, im St. Alban-Tal (gehört auch noch dazu), an den Brückenbäuchen der Mittleren- und Wettsteinbrücke.
    Daneben gilt es: Anregen, bei der neuen Regierung. Aber noch wichtiger ist, es zum THEMA zu MACHEN. Z.Z. wird überall die Faust im Sack gemacht, aber niemand sagt etwas – weil man dann als zu Bünzlig gilt? Das wäre grottenfalsch.
    Das Böse zum Thema machen – in Zeitung und TV. Rückt die Sprayereien – die Schmierereien (ich rede nicht von Graffiti) ins schlechte Licht. Es ist einfach gruusig, in der Schütze auf besudelte Bänkli zu sitzen, in die geschändeten Schulhäuser zu gehen, die Eisentore der Sandgrube-Schlösslis verschmiert zu sehen, den Hafenkran nur noch, wie alles, als Leinwand zu betrachten müssen, alles wird zur Leinwand, alles wird dem eigenen Charakter beraubt.
    Ein Buch herausgeben – Böses konkret zeigen Aufrütteln: „Hässliches Basel“???? Liebevoll die Stassennamen erklärend darin, z.B. Helbelstrasse – dass der gute J.P. Hebel die härzigen Gedichtli usw….. gebrünzelt hat, und dann das ensprechende Strassenfoto dazu: „Fickt euch alle“ (sorry, nicht mein Ausdruck, steht nur gross an der „Helbelstr“), Penis, Graus, Gesocks, Hass – alles an den Häusern unserer Quartiere gefunden….. Mies, ganz mies, dieses Basel im Heute.
    Ich wünsche mir das Beste, für Basel und das Stadtbild, auch für die Nachwelt, für unsere Gäste. Für die Quartiere, die Bewohner (auch die Migranten schämen sich schon sehr, wenn der Serbe an der Mörsbergerstrasse seine Familie zu Besuch holt),
    Wider die Verslumung, die Verwahrlosung, den allgemeinen Angstzustand, den Rechtsfreien Raum.
    Noch ist nicht ganz Schluss: Kommt mir gerade in den Sinn – begrünte Fassaden, eigentlich was sehr Gutes – geht auch nicht in BS.
    In der Elsässerstrasse wurden Efeuranken einer begrünten Fassade runtergerissen um Platz für Sprayereien zu schaffen
    An der St. Jakobs-Str wurde eine (lebendige, gürne) Buchs-Hecke besprayt. Sie glänzte anderntags in Silber. Fragen Sie mal bei der Bank Baumann und Cie. nach – der Abwart kann ihnen was erzählen, die Buchshecke ging ein – Ersatzpflanzung musste her.
    Und in der Lehenmattstrasse stellte ein rühriger Hausbesitzer einen Erd-Trog vor seine besprayte Fassade und zog an Stecken Grünzeug hoch.
    Eines Morgens dies: Grünzeug geknickt, versprayte Fassade mit Dispersion weiss gestrichen und neues grosses „Tag“ drüber. Der Rest der übrigen Dispersionsfarbe in den Erd-Trog geschüttet.
    (Logisch – trägt niemand mehr angebrochenen Kessel Weisse Farbe nach Hause). Erde vergiftet, Grünzeug geknickt und vertrampelt und Fassade wieder verschmiert.
    Ich nenne das ganz klar Vandalismus. Die kennen nix. Die Sprayer versprayten auch die Solar-Panels auf der Autobahn bei Schweizerhalle am Rand der Strasse. Die Solar-Panels lieferten keinen Strom mehr, bis sie vom ASTRA (Autobahn-Unterhalt) gereinigt wurden.
    NB: Die Sprayer sind grosse Umweltsünder – gerade in Basel wäre das ein grosser Grund dagegen:
    Die neuen Trams wurden per LKW nach Basel geliefert. Weshalb nicht mit der Bahn? Weil sie, wenn der Zug stehen würde, auf der Fahrt versprayt würden. Deshalb LKW. Toll nicht.
    Auch die AMAG (VW-Importeur) muss alle Autos auf den Autozügen in Plastikfolie einschweissen, weil sie sonst verprayt würden. Deshalb viel Kunststoff-Abfall. Toll nicht.
    Und die Spray-Farben enthalten immer noch mehr Lösungsmittel als normale Farben.
    Und beim Wegputzen mit dem Hochdruckreiger von Fassaden, Steinzeug usw. gelangen die Farb-Partikel mit dem Wasser in die Umwelt/Kanalisation
    Und und und….
    Böses – allüberall. Nicht schöngeistig – nein: Konkret! Vielleicht bewirkt dieser Kommentar was. Ich weiss – Politiker (Beatrice Isler usw….) lesen hier mit.
    Denn Gutes kann es nie zuviel geben!
    Und als sehr wacher Zeitgenosse bemerkt man im Umkehrschluss schnell: AN BÖSEM MAGELT ES NICHT…..
    Link:
    Aus der Feder von -minu: «Von der versauten Stadt und Schmierereien». Lesenswert!
    https://www.minubasel.ch/node/14211

  2. Das Böse braucht es, damit es das Gute geben kann. Nach dem Mittelalter kommt die Aufklärung. Immer und immer wieder. Die Aristokratie: das sind diesmal gross Mächtige und schwer Reiche, die – verantwortungslos und wertefrei organisiert sowie kollektiv toleriert – die Welt beherrschen. Beispielsweise mit einem Finanzmanagement, das sogar auch Nationalbanken zu ihrem Spielball werden lässt. Anstatt Religionen gibt es Wissenschaften. So lassen sich beispielsweise Pandemie-Gläubige weltweit digitalisiert mit Testo- und Impfokratie bewirtschaften. Wer nicht mitmacht, wird – oft auch noch als links- oder rechtsextrem marginalisiert – der Verleugnung oder einer Verschwörungstheorie bezichtigt. Und als Sündenbock geopfert. Die Schwachstelle dieser globalisierten Aristokratie (bzw. Autokratie oder Plutokratie) ist ihre Gemeinschaftsunfähigkeit. Und eine fehlende Verbundenheit mit der Natur.

    Es braucht einen sowohl gezielten und qualifizierten, als auch konkret und möglichst gemeinsam geleisteten Widerstand: fried- und liebevoll, und aus ganzem Herzen. Es wird damit nicht einfach. Denn über viele Generationen haben wir in der sogenannten westlichen Welt sozusagen von der Wiege bis zur Bahre gelernt, auf Konkurrenz und – bis zum Krieg – auf Wettbewerb zu setzen. Viele können oder wollen nicht sehen, dass damit Verluste, und damit vor allem – auch dann, wenn sie selber es nicht direkt sind – Verliererinnen und Verlierer generiert werden. Notwendig ist eine Aufklärung, wo alle ihre Bedürfnisse, ihre Ideen und ihr Know-how handlungsorientiert und naturverbunden auf einen bestmöglich gemeinsamen Nenner bringen. Damit für alle und für alles ein gutes Leben möglich wird und bleibt.

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