Der Redomat für Erst-Augustreden: So geht eine Bundesfeier-Ansprache 

Publiziert am 29. Juli 2022 von Matthias Zehnder

Mit Feuerwerk und Höhenfeuern wird es in diesem Jahr an vielen Bundesfeiern schwierig: Der Boden ist viel zu trocken, in den meisten Teilen der Schweiz herrscht deshalb grosse Waldbrandgefahr. Kein Zweifel: Heuer müssen Worte für das Erst-August-Feuer sorgen. Doch mir scheint, dass die Kunst der Rede vergessen worden ist. Immer mehr Menschen schiessen mit Bullet-Points um sich, statt mit treffenden Worten. Für den Fall, dass Sie noch an einer Erst-August-Rede arbeiten, habe ich Ihnen einen «Redomat» für Bundesfeierreden zusammengestellt: Ich zeige Ihnen, wie Sie im Handumdrehen zu einer vaterländischen Rede kommen. Und weil dieser Text im Internet publiziert wird, gleich auch der Disclaimer dazu: Die Sache ist nicht ganz ernst gemeint. 

Rhetorik heisst die Kunst der guten Rede. In einer Zeit, in der die Aufmerksamkeitsspanne vieler Menschen kaum mehr für ein TikTok-Video ausreicht und sich immer mehr Leute benehmen wie hyperaktive Kinder, die ihr Ritalin nicht erhalten haben, scheint Rhetorik etwas aus der Zeit gefallen. Statt geistreiche Worte und kluge Gedanken zu äussern, bewerfen viele Redner ihr Publikum einfach ein paar Minuten lang mit verbalen Gummibärchen und gut ists. Ist es natürlich nicht. Ich meine, auch in der Zeit von VideoReels und Pennälerhumor auf allen Kanälen kann eine gute Rede begeistern. Sie müssen bloss wissen, wie das geht. 

Eine gute Rede besteht aus drei Teilen:

  • der Exposition, also der Einleitung, in der Sie sagen, warum Sie reden, und vielleicht auch, warum Sie reden.
  • der Argumentation, dem Hauptteil, in dem Sie, basierend auf der Einleitung, Ihre Gedanken ins Publikum streuen wie der Bauer Körner für die Hühner.
  • und der Appellation, dem Schlussteil, in dem Sie zu einem grossen Aufruf, der zentralen Folgerung oder auch der zentralen Forderung ausholen und damit Ihre Rede abschliessen.

Die Exposition

Das schöne am ersten August ist, dass es ihn nicht gibt und Sie deshalb fast beliebig in der Mythenmottenkiste wühlen können. Das Datum gibt es natürlich schon, aber dass die Schweiz am ersten August gegründet worden sei, das ist ein Märchen. Weil es dabei um Politik geht, wird das Märchen aber nicht so genannt, sondern als Mythos bezeichnet. Das meint fast dasselbe, aber es klingt ernsthafter. Wenn Sie jetzt mit empörter Stimme auf den Bundesbrief verweisen wollen: Selbst wenn wir den Bundesbrief von 1291 als Gründungsurkunde ernst nehmen würden, wäre es nicht die Gründung der Schweiz, sondern einer Eidgenossenschaft. Mit unbestimmtem Artikel deshalb, weil solche Genossenschaften damals gang und gäbe waren. 

Am Bundesfeiertag können Sie nun aber nicht anders, als in der Einleitung auf die Gründung des Landes zu reden zu kommen. Ich persönlich beziehe mich am liebsten auf den 12. September 1848: An diesem Tag trat die Bundesverfassung in Kraft. Anstelle des bisherigen Staatenbundes, in dem die Kantone auch noch ständig Krach miteinander hatten oder sogar Krieg gegeneinander führten, konstituierte sich die Schweiz als moderner, parlamentarischer Bundesstaat. Das allermeiste, auf das die Schweiz politisch heute stolz ist, stammt aus dieser Zeit. 

Wenn Sie so richtig konservativ sind, beziehen Sie sich auf den 8. November 1307 als Gründungsdatum des Landes. Dieses Datum hat eine wesentlich längere Tradition als der 1. August. Aegidius Tschudi (1505–1572) nennt in seiner Chronik den «Mittwoch vor Martini 1307» (also den 8. November 1307) als Datum des Rütlischwurs und siedelt das Ganze im Kanton Uri an. Erst Ende des 19. Jahrhunderts rückt der 1. August 1291 in den Vordergrund. Dieses Datum verweist auf den Bundesbrief, der auf «Anfang August 1291» datiert ist. Weil der Bundesbrief aber im Kanton Schwyz geschlossen wurde, bestanden die Urner noch jahrelang auf dem 8. November 1307 und meisselten diese Jahreszahl auch in den Sockel des Telldenkmals in Altdorf.

Sie sehen: Die Mythenklamotten sind zwar schon reichlich abgetragen, aber wenn Sie etwas wühlen in der Mythenkiste, finden Sie auch für Ihre Rede einen passenden Fetzen. Und wenn Sie mehr auf Wohlklang als auf Geschichte stehen, greifen Sie zum «Wilhelm Tell» von Friedrich Schiller und lassen sich von einem seiner geflügelten Worte durch die Exposition tragen. Passend zu den Zeitläuften wäre etwa: «Der Starke ist am mächtigsten allein.» Das sagt nicht etwa der böse Gessler, sondern unser guter Tell. Oder, ebenfalls aus seinem Mund: «Wer gar zuviel bedenkt, wird wenig leisten.» Das passt als Pausenkommentar zu jedem Spiel der Schweizer Fussballnationalmannschaft, aber auch als Zwischenruf in einer Parlamentsdebatte. Oder, wenn Sie den Zeitbezug lieber nachdenklich haben wollen: «Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.» 

Die Argumentation

Im Hauptteil der Rede beziehen Sie den in der Exposition erweckten Mythos auf die Gegenwart. Weil Sie sich in der Mythenmottenkiste der Eidgenossenschaft bedienen können wie in der Ramschecke auf dem Flohmarkt der Steinerschule, können Sie Zusammenhänge fast beliebig herstellen. Besonders beliebt bei konservativen Politiker:innen ist die Umdeutung der Schweizer Identität in Richtung Unabhängigkeit. Souveränität heisst das heute. Die Eidgenossenschaft war immer aufs Engste vernetzt mit ihrem Umland, ja mit Europa. Schliesslich haben die jungen Männer, die in der Erbfolge keine Berücksichtigung fanden, in allen europäischen Kriegen zur Zufriedenheit der Fürsten und Könige gekämpft – gefährlich wurde es dabei vor allem dann, wenn sie sich gegenseitig abschlachten mussten. Obwohl die alten Eidgenossen auch und gerade in ihren Bundesbriefen dem deutschen Kaiser ewige Treue schworen, lesen Konservative die Zusammenschlüsse heute als Abkehr von Europa. Umgekehrt verklären Linke die Bauern, die angeblich gegen die habsburgischen Herzöge ins Feld zogen, zu frühen Klassenkämpfern und verkennen, dass die Eidgenossenschaft mindestens bis 1848 eine Feudalgesellschaft war. Eine Patriarchale noch dazu.

Weil die Lehrpläne moderner Schulen die Schweizergeschichte auf eine Tonbildschau in der vierten Klasse eingedampft haben, können Sie in einer Rede am 1. August heute aber ziemlich alles behaupten und jeden Bezug zu aktuellen Problemen herstellen. Besonders beliebt dürfte die Trias der Konservativen sein: Die erwähnte Souveränität, die Freiheit und die Demokratie. Alle sind sie bedroht. Natürlich. Doch der erste August ist für die drei grossen Werte, was Weihnachten für die Heiligen Drei Könige ist: der Tag des grossen Auftritts. Wie weiland Baron Münchhausen, der sich am eigenen Kragen aus dem Schlamm zog, sind die drei grossen Werte in der Lage, sich am ersten August selbst zu retten. Die Freiheit rettet die Demokratie und umgekehrt und beide zusammen die Souveränität.

Ab dem zweiten August, dieses Jahr also ab Dienstag, sieht die Welt dann wieder anders aus. Zum Beispiel ist in der Gaskrise wenig von Souveränität die Rede. Die Schweiz hat bekanntlich ausser Salz keine eigenen Rohstoffe und ist deshalb auf Handel mit anderen Staaten angewiesen. Weil sogar die Gasspeicher der Schweiz im Ausland stehen, können Herr und Frau Schweizer nur auf die Fairness der Franzosen hoffen. Sonst müssen sie eventuell lernen, dass Freiheit auch heissen kann, in Freiheit zu frieren. 

In China und Russland haben die Bürger die Freiheit eingetauscht gegen den ökonomischen Aufstieg. Doch mit dem Aufstieg hat es in den letzten Jahren gehapert. Russland ist deshalb in den Krieg gezogen und China in die Isolation. Bei uns ist es umgekehrt: Unsere Bürger haben den ökonomischen Aufstieg gegen die Freiheit eingetauscht. Jetzt müssen sie feststellen, dass es mit der Freiheit in Zeiten von Corona, Klimawandel und Energiekrise auch nicht mehr ganz so viel her ist. Ganz zu schweigen von der Demokratie, die zwischen den Einschaltquoten der «Arena», Twitter-Trollen und Corona-Skeptikern eingeklemmt ist wie das Blatt einer seltenen Pflanze in einem Herbarium. 

Wo waren wir? Ach ja: Im Hauptteil unserer Rede, wo es am ersten August natürlich um Freiheit, Demokratie und Souveränität geht. Verknüpfen Sie damit einfach ihr eigentliches Anliegen, und alle werden am Schluss applaudieren, ganz egal, ob es um bessere Löhne für das Pflegepersonal, mehr Subventionen für die Bauern, Kampfflugzeuge für die Schweizer Armee oder um Lohnschutz für Schweizer Angestellte geht. Es gibt nur ein Thema, das Sie meiden Müssen: Medien und Medienförderung. Da reagiert der durchschnittliche Schweizer drauf wie ein Allergiker auf Wespen.

Die Appellation

Kommen wir zum Schluss Ihrer Rede, der Appellation. Das ist der emotionale Schlussteil der Rede, in dem Sie die Zuhörer:innen aufrufen, etwas zu tun – oder mindestens zu glauben. Etwa: «Lassen Sie uns der Neutralität Sorge tragen, die unser Land so lange geschützt hat.» Oder: «Setzen wir uns alle gemeinsam ein für eine souveräne Schweiz.» Oder: «Kämpfen wir für die Demokratie und Volksrechte, damit auch weiterhin die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort haben in der Schweiz.» Nüchtern betrachtet, sind die Sätze ziemlich sinnlos. Die Neutralität ist der Schweiz vom Wiener Kongress aufgezwungen worden. Während der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert blieb der Schweiz nichts anderes übrig, als still zu halten und heimlich mit dem gerade Stärkeren zu kooperieren. Die Souveränität des Landes ändert nichts an seiner Abhängigkeit von Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Arbeitskräften aus dem Ausland. Aber egal: Die Appellation am Ende einer Rede muss nicht den Verstand erreichen, sondern das Gefühl. Es muss den Zuhörerinnen warm werden ums Herz, damit sie nicht nur aus Erleichterung darüber, dass Ihre Rede zu Ende ist, in Applaus ausbrechen. Die Appellation ist also für Ihre Rede, was der finale Kuss für einen Film oder das Tor in der Nachspielzeit für einen Fussballmatch. 

Und dann? Dann wischt der Applaus die Wörter weg wie die Flut eine Sandburg am Strand und alle wenden sich beglückt dem Wurststand zu.

Basel, 29. Juli 2022, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

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Quellen

Bild: © KEYSTONE/Marcel Bieri

Alle Quellen zu diesem Text finden Sie ausnahmsweise hier: Die besten Quellen zur Bundesfeier

4 Kommentare zu "Der Redomat für Erst-Augustreden: So geht eine Bundesfeier-Ansprache "

  1. Welch eine Rhetorik: Bullet-Points, Redomat, Disclaimer, Tiktok, VideoReels, Ritalin dank Hyperaktivtät, Exposition, Argumentation, Appellation … und schlicht und einfach „Wurst gut: alles gut!“ – Dem gegenüber hat mir heute Pirmin Meier, ein Freund und Historiker, mitgeteilt, dass er dieses Jahr die 1. August-Rede in Gallenkirch auf dem Aargauischen Bözberg halten wird, und dazu gemeint: „Für mich ist die Rede gelungen, wenn sie bei der Hörerschaft ein Aha-Erlebnis über die Heimat auslöst. Wenn nicht nur Phrasen verbreitet werden, sondern wenn das Publikum Authentisches über seine Wurzeln erfährt, wenn möglich verbindend.“

  2. Man könnte meinen, man sei hier alles von Superpatrioten, welche nur den 1. August, das Nationale, der Nationalfeiertag, die Fahnen, Lampions, die Traditionen hochleben lassen wollen im Sinn haben.
    (und unter dem Jahr die Schweiz regelmässig heruntermachen und stets nach dem nobeln, glänzenden, lockenden Brüsseler EU-Parkett schielen um dort die grossen „Internationalen“ ¬+ „Weltmännischen“ zu geben….)
    Nein, es geht Ihnen ums „REDEN“. Ums Biegen einer Rede, ums „Drechseln“, ums „komponieren“ von Worte, welche sich bekanntlich so schnell wieder in Luft auflösen wie sie gesprochen wurden.
    Im Wortschwall der (schnell) zu Schall (und Rauch) wird, will man eine Botschaft hineinweben, gar eine Ideologie, eine Erziehung der Bürger, volkstümlich getarnt mit einfachen Worten, so dass die Festenden (oft schon mehr als angeheitert) gar nicht merken, wie sie seidenweich, für den gewöhnlichen IQ kaum spürbar eine Sichtweise-Fussrefelxzonenmassage mit Worten verabreicht bekommen, einbalsamiert werden von gewieften Berufsredner – die Show gekonnt noch als Gipfel vorgetragen im Sennenblusli und mit Alphornklängen verziert….
    «Parole, Parole, Parole» – schon «Mina» merkte in ihrem legendären Song, dass Alberto Lupo sie mit Worten für sein Fremdgehen einlullen will, doch sie glaubte es nicht, konnte sein Gesang noch so geschliffen und glockenklar daherkommen.
    Wer so viel redet (Reden schwingt) dem glaubt man nicht, auch wenn er mal die Wahrheit spricht.
    NEIN – es geht nicht um die Schweizer Nationalfeiertagsreden – es geht um die Schweiz, welche am verludern ist. Die Schweiz ist nicht mehr die Schweiz durch die massive Einwanderung, welche ein Selbstläufer ist. Die vielen neuen Einwanderer brauchen wiederum neue Informatiker, Krankenhausangestellte, Lehrerinnen und Immobilienverwalter (die Bessergestellten eher Immobilienmakler….)
    Um 250’000 Personen wächst die Schweiz in diesem Jahr. Um eine Viertelmillion Einwohner. Die Schweiz platzt aus allen Nähten. Und die Politik schaut zu. Oder schwingt Ballenberg-1. August Reden, auf die ich unter diesen Umständen allesamt verzichten kann.
    Bildlich: 250’000 Menschen mehr in der Schweiz ist eine Stadt Genf und eine Stadt Thun obendrauf.
    Darüber wird nicht gesprochen. Und den Medien ist es höchstens eine Randnotiz wert. Im Willkommensland Deutschland geht gleichzeitig alles seinen geregelten Gang: Die Bevölkerung der stärksten Volkswirtschaft Europas stieg im vergangenen Jahr um 0,1 Prozent oder 82’000 Personen. Der Ausländeranteil erhöhte sich dort von 12,7 auf 13,1 Prozent.
    Was für ein Kontrast in der Schweiz! Obwohl im Corona-Jahr 2021 (wo die ganze Schweiz auf Kurzarbeit war) der Zustrom für hiesige Verhältnisse bescheiden war, wuchs die Bevölkerung um 0,8 Prozent, achtmal stärker als in Deutschland. Auch der Ausländeranteil ist mit 25,7 Prozent ungleich höher. Per Ende März 2022 lebten 8753933 Menschen auf dem 41285 Quadratkilometer kleinen Staatsgebiet der Schweiz, wobei nur drei Viertel davon als produktive Fläche gelten. Der Rest entfällt auf Gewässer, Fels oder Gletscher.
    Würde nicht im Akkord eingebürgert, wären wir locker bei einem Ausländeranteil von über der Hälfte. In 7 Jahren schätzen die Prognostiker vom Bundesamt für Statistik, dass es erstmal eine Million Schulkinder in der Schweiz geben wird. Es braucht Unmengen an neuen Schulhäusern, Turnhallen, alle wollen Schwimmhallen – und natürlich Betreuung. Liebevolle! Doch die ist bei solchen Massen nicht mehr gegeben! Die Kinder werden zu Nummern. Wie die Hennen im Massenstall. Vom Ausland wird man Unmengen neue Lehrpersonen einfliegen lassen, kaum mit den hiesigen Verhältnissen bekannt, welche wiederum ihre Kinder mitbringen. Die Zuwanderung, die angeblich dem Fachkräftemangel abhelfen soll, ist in Wahrheit dessen Treiber.
    Auch die Umweltpolitik steht bei solchen Zahlen auf verlorenem Posten. All die Zuwanderer brauchen auf unserem Mini-Boden ein Dach über dem Kopf, dabei ist das Mittelland schon heute die dichtest besiedeltste Region Europas. Der schmale Streifen zwischen Jurabogen und Alpen wird zusehends zu einem Los Angeles mit Seen, einem einzigen Siedlungsbei mit Stauzeit, welche sich im 21. Jahrhundert verfünfachte, mit übervollen Zügen, kaum mehr Erholungsgebieten, Luft, Licht und Raum. Neben Wohnungen brauchen die vielen neuen Mitbewohnern aus Nah und (vor allem) Fern auch Wasser, Strom und Nahrung.
    Das macht die Schweiz noch abhängiger von Lebensmittelimporten, zugleich wird die Landwirtschaftsfläche der produzierenden Bauern ob des vielen Betons immer weniger. Die Stromversorgung ist jetzt schon gefährdet. Verkehrsmittel überlastet, Schulen und Spitäler laufen am Anschlag. Und nächstes Jahr wird wohl wieder eine Stadt Genf hinzukommen. Und übernächstes Jahr wieder. Denn niemand packt diesen Wahnsinn an.
    1. August-Reden? Lieber über Cervelas, lustige Vergangenheit oder die Marotten und Eigenheiten des «tumben Schweizers» (den es im übrigen eh bald nicht mehr gibt) rumreiten. Spassen. Lachen. Ablenken. Nebenschauplätze beackern. Im Seichten kann man nicht untergehen.
    Doch auf die Dauer kann das nicht gutgehen. Es ist auch nicht normal. Abgesehen von Luxemburg, dem kleinen Stadtstaat (in dem die Einheimischen schon längst ins Frankreich zum Wohnen abgedrängt werden) hat kein europäisches Land ein vergleichbares Bevölkerungswachstum. Die Schweiz wird zum Sonderfall, ausgerechnet wegen jener Parteien und Kräfte, die die kalkülsten, rhetorischsten Reden schwingen können und die aus ihr ein Land wie jedes andere machen wollen.
    Solange bei uns solche Notfallprobleme nicht gelöst werden – pfeiffe ich (aber ganz feste) auf jeden „Redomat/in“, auf jedes salbungsvolle Wort am 1. August-Feste, egal wie gut es auch vorgetragen sei…..
    NB: Wer aber wirklich ohne 1.-August-Rede nicht weiterexistieren kann oder Sinnkrisen erlebt, dem sei am 1. August 2022 eine Reise ins schöne Fricktal empfohlen. Dieser Aargauer Landstrich ist immer ein Ausflug wert, heuer lohnt sich aber der Gang nach Gipf-Oberfrick ganz besonders….
    Denn an diesem Nationalfeiertags-Ort wird wohl keine warme Luft produziert, sondern werden wahre Worte gesprochen, auch wenn sie gar nicht so gottesdienstlich-festlich klingen werden, sind sie sicherlich Ihr Ohr wert….
    https://www.gipf-oberfrick.ch/anlaesseaktuelles/5150582

    1. … stelle einen 10O% gemeinsamen Nenner fest: immer noch mehr geht nicht mehr! 75 Jahre Wachstumswahnsinn, den die Mehrheit der Bevölkerung und die von ihr gewählten Politiker*innen nicht stoppen können oder wollen. Alles laufen lassen wie es kommen will: bis zum finalen Geht-nicht-mehr. – In der 200’000jährigen Geschichte der Menschheit scheint es immer wieder Um- und Zusammenbrüche gegeben zu haben. Zu allen Zeiten und sozusagen überall auf der Welt wurde von Menschen immer wieder etwas aufgebaut, das dann fahrlässig oder mutwillig zerstört worden ist. In der Geschichte der Menschheit gab es immer wieder katastrophale Kollapse: so gigantisch wahnsinnig und global umfassend angelegt wie heute waren sie wahrscheinlich aber noch nie! – So nötig und wichtig ich einen Wandel finde, so gross sind meine Bedenken, was er für die Menschheit bedeuten wird: Was wird beispielsweise sein mit den vielen Wohlstandsverwahrlosten, die in Schlaraffenländern wie der Schweiz in den letzten 50 Jahren gelernt haben, dass es immer alles und noch viel mehr gibt? Und wie wird es den Milliarden von Menschen auf der Erde gehen, denen es schon jetzt existenziell an allen Ecken und Enden fehlt, wenn es für sie noch enger wird? Die Situation, wie sie im Kleinen in der Schweiz und im Grossen in der Welt besteht, erlebe ich als schwierig. Dies zum einen an sich. Und zum andern vor allem auch deshalb, weil viele Menschen inklusive Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft angstvoll und instinktiv so weiter fahren wollen wie bisher. Sie können und/oder wollen sich nichts anderes vorstellen, geschweige denn es gar tun.

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