Ist der Journalismus in der Schweiz am Ende?
Exodus beim Schweizer Radio und Fernsehen: In den letzten Monaten haben eine ganze Reihe bekannter und beliebter Moderator:innen gekündigt und das Haus verlassen. Auch vielen Verlagshäusern kehren Journalistinnen und Journalisten den Rücken. Und zwar immer mehr endgültig: Viele wechseln in die Kommunikationsabteilung von Firmen oder zu Institutionen und in die Verwaltung. Der einstige Traumberuf ist offenbar für viele zum Alptraum geworden. Was ist da los? In meinem Wochenkommentar sage ich Ihnen diese Woche, was dahinter steckt, warum das gar nicht so schlimm ist und die Wechsel eigentlich eine gute Nachricht sind. Trotzdem verliert die Medienbranche auf diese Weise viel Erfahrung. Das ist schade, weil die Probleme der Branche in der Schweiz deshalb noch grösser werden. Dabei wäre es gar nicht so schwierig, etwas dagegen zu tun. Für die Medienhäuser nicht – und auch für Sie nicht, liebe Leserin, lieber Leser.
Wenn die Schweizer Medien über Schweizer Medien berichten, klingt das oft bedrohlich. Ganz besonders, wenn es dabei ums Schweizer Radio und Fernsehen geht. «Exodus beim SRF: Wieder geht ein Aushängeschild», titelten etwa die Zeitungen von Grossverlag CH Media Ende April. «Nach vielen anderen bekannten Gesichtern» verlasse nun auch der beliebte «Tagesschau»-Moderator Franz Fischlin das Schweizer Fernsehen. Der Mann wird Hausmann – da muss er ja wirklich verzweifelt sein. Der Artikel fragt deshalb: «Was steckt hinter den zahlreichen Abgängen?» Dieselben Zeitungen wussten schon im März darauf die Antwort, als sie einen anderen Abgang vermeldeten, diesmal die Kündigung von Medienchef Stefan Wyss: Die Stimmung im Medienhaus sei «inzwischen komplett am Boden». Es gelinge den Vorgesetzten nicht, den Angestellten zu vermitteln, wo das Unternehmen publizistisch und organisatorisch hinwolle.
Auch der «Blick» meldet Abgänge beim Schweizer Fernsehen gerne mit dramatischen Worten. «Schon wieder geht ein Charakterkopf» kommentiert die Zeitung etwa den Abgang von Tennis-Fachmann Stefan Bürer. Geschrieben hatte den Kommentar Steffi Buchli, selbst jahrelang Moderatorin bei SRF. Buchli hatte SRF 2017 verlassen und war Programmchefin und Moderatorin beim Schweizer Sportsender MySports von UPC Schweiz geworden. Mittlerweile ist Buchli Sportchefin beim «Blick». Wie sie haben in letzter Zeit viele Sportgrössen SRF den Rücken gekehrt. Darunter Jan Billeter oder Matthias Hüppi. Aber auch Politjournalisten verlassen SRF, etwa Barbara Peter und Marc Lehmann, die Gastgeber des «Tagesgesprächs» beim Schweizer Radio. Helen Hürlimann, Leiterin von SRF 4 News, lässt sich frühzeitig pensionieren. Inlandredaktor Daniel Foppa wechselt zur «NZZ am Sonntag». Nicoletta Cimmino, Moderatorin von «Echo der Zeit», hat sich selbstständig gemacht. Thomas Häusler, Leiter der Wissenschaftsredaktion von Radio SRF, wechselt zum WWF. Da wird er auf eine Fernsehkollegin stossen: Nach elf Jahren bei SRF, zuletzt bei der «Rundschau», hat Samira Zingaro zur Schweizer Umweltorganisation gewechselt. Tatsächlich: ein Exodus. Was ist los im Hause SRF?
Exodus im Journalismus
Doch das ist die falsche Frage. Viel eher müsste man fragen: Was ist los in der Medienbranche? Denn auch in anderen Medienhäusern reichen Journalistinnen und Journalisten ihre Kündigung ein – bloss wird darüber weniger berichtet, weil die nicht so prominent sind wie die SRF-Leute. Besonders zu denken gibt in der Branche, dass viele Journalisten nicht in ein anderes Verlagshaus wechseln, sondern dem Journalismus gleich ganz den Rücken kehren. Das Onlinemagazin «Republik» hat die Abgänge diese Woche gezählt. 93 Aussteiger:innen aus dem Journalismus zählte das Magazin 2021 – heuer waren es bisher bereits 24 Berufsaussteiger:innen. Das Fazit der «Republik»: «Alle 5 bis 6 Tage kommt der Schweiz also eine Journalistin abhanden.» 2021 war zudem jeder vierte Aussteiger beim SRF angestellt. «Moderatorinnen, Wissenschaftsjournalisten, Sportredaktorinnen verlassen frustriert den Sender», schreibt die «Republik». Doch das gilt nicht nur für SRF. «Enttäuschte Berufskollegen sehen wir auch bei CH Media und der TX Group», schreibt die «Republik». Ist der Journalismus in der Schweiz am Ende?
Man könnte es meinen. Aber ist die Situation wirklich so dramatisch, wie sie die Journalist:innen selbst schildern? Versuchen wir mal, eine andere Perspektive einzunehmen. Erfahrene Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz haben keine Probleme, auch ausserhalb ihrer Branche gute Stellen zu finden. Sie sind das, was man gemeinhin «arbeitsmarktfähig» nennt: Sie sind gut ausgebildet, verfügen über Sachwissen in einem Spezialgebiet und digitale Fertigkeiten. Entsprechend finden sie Stellen in den Kommunikationsabteilungen von Firmen und Institutionen. Wo ist das Problem? Das ist doch schön für Frauen und Männer Mitte Vierzig bis Mitte Fünfzig, wenn sie auf diese Weise der eigenen Karriere neuen Schwung verleihen können?
Wenig Entwicklungsmöglichkeiten
Ja, sagen Sie jetzt vielleicht, aber warum steigen sie aus dem Journalismus aus? Da stimmt doch etwas nicht! Das ist jedenfalls die Geschichte die Journalisten selber gerne erzählen, wenn sie über Abgänge von Kolleginnen und Kollegen berichten. Ein Journalist, der die Seite wechselt, ist ein Verräter an seiner Zunft, da muss doch etwas faul sein. Die Wahrheit ist wohl simpler: Medienunternehmen sind flach organisiert und können erfahrenen Journalistinnen und Journalisten kaum Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Die Medienkonzentration hat das Problem noch verschärft: Es gibt nicht mehr viele echte Chef-Stellen bei Schweizer Medien. Dazu kommt, dass es für Journalisten kaum möglich ist, sich inhaltlich weiterzuentwickeln. Egal, wieviel sie von der Klimakrise, dem Coronavirus, der Digitalisierung oder der Politik im Bundeshaus verstehen – sie müssen es immer so einfach erzählen, dass Herr und Frau Normalverbraucherin es verstehen. Fachspezialisten können sich also kaum weiterentwickeln: Sie sind dazu verdammt, ihr Thema immer auf dem Einsteigerniveau abzuhandeln. Die inhaltlichen Anforderungen in der Kommunikationsabteilung eines Unternehmens oder einer Institution sind oft grösser und deshalb auch interessanter.
Ja, sagen Sie jetzt vielleicht, aber warum verlassen so viele Mitarbeiter SRF? Die «Republik» nennt als Grund dafür das Umbauprojekt «SRF 2024». Das ist ein Transformationsprojekt, mit dem SRF auf den technologischen Wandel durch die Digitalisierung, das veränderte Nutzungsverhalten vor allem der jüngeren Menschen und den globalisierten Medienmarkt reagieren will. Das Projekt führt zu einem Umbau des Konzerns – und solche Umbauten und Neuorganisationen kosten immer viel Kraft und führen auch zu Unsicherheit und Frustration bei den Mitarbeitenden. Vermutlich läuft dabei auch nicht alles rund, SRF ist ein grosses Haus und neigt wohl auch zu Umständlichkeit und Bürokratie. Das ändert aber nichts daran, dass SRF sich verändern muss. Die Zukunft ist nun einmal digital – nur mit Radio und Fernsehen erreicht das Schweizer Radio und Fernsehen nicht mehr die ganze Schweiz.
Viele neue Alternativen
Man muss dabei aber auch sehen, dass für Fernsehmoderatoren früher SRF die Endstation ihrer Karriere war: Es gab gar keine anderen Möglichkeiten, national Fernsehen zu machen, als das Schweizer Fernsehen. Das hat sich drastisch geändert. Mit MySports von UPC und Blue Sport von Swisscom hat SRF im Sportbereich seit einiger Zeit Konkurrenz auf Augenhöhe. Die Pay-TV-Sender stecken massiv Geld in Übertragungsrechte – SRF hat in den letzten Jahren deshalb viele Sportrechte verloren. Darunter die meisten Rechte an Fussball und Eishockey, die wichtigsten Sportrechte in der Schweiz. Nicht nur die Zuschauer wechseln den Sender, wenn sie Eishockey sehen möchten, sondern auch die Moderatoren. So hat Jan Billeter zu MySports gewechselt, weil MySports die Eishockey-Rechte gekauft hat und Billeter Eishockey-Spezialist ist.
Konkurrenz hat SRF nicht nur im Sportbereich: Mit «BlickTV» und den Fernseh-Angeboten von CH Media hat SRF heute auch ausserhalb des Sports so viel Konkurrenz wie nie. Auch wenn die Mitbewerber SRF (noch) nicht viele Zuschauer abgenommen haben – auf dem Arbeitsmarkt sind sie eine Konkurrenz für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bekanntestes Beispiel für einen solchen Wechsel ist Jonas Projer: Der ehemalige «Arena»-Moderator hat 2019 zur Blick-Gruppe gewechselt, um das Projekt «BlickTV» zu leiten. Solche Möglichkeiten konnte SRF Projer nicht bieten. Im September 2021 wechselte Projer weiter zur «NZZ»: Seither ist er Chefredaktor der «NZZ am Sonntag». Dieser Wechsel hat nicht mehr so stark bewegt. Seit die Privatindustrie Podcasts als Medium entdeckt hat, haben auch Radioleute neue Möglichkeiten, ausserhalb von SRF qualitativ hochstehende Audioprojekte zu realisieren. Eine ganze Reihe von SRF-Mitarbeitern hat in private Podcast-Startups gewechselt. Die Wechsel zeugen also von einer funktionierenden Konkurrenz im Arbeitsmarkt. Und Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, auch wenn es um Mitarbeitende geht.
Was bei der Berichterstattung über SRF auffällt: Besonders gerne berichtet die «Aargauer Zeitung» mit ihren Schwesterblättern, also etwa der «bzBasel», dem «St. Galler Tagblatt» oder der «Luzerner Zeitung», über Abgänge bei SRF und das «schlechte Klima» im Haus. Was vielen Leserinnen und Lesern nicht bewusst sein dürfte: Die Herausgeberin dieser Zeitungen, das Verlagshaus CH Media, ist die wichtigste Konkurrentin von SRF in der Schweiz. CH Media betreibt die Fernsehsender 3+, 4+, 5+, 6+ und 7+ sowie die überwiegende Mehrzahl der deutschschweizer Regionalfernsehsender, darunter «TeleZüri», «TeleBärn», das Aargauer «TeleM1», das Zentralschweizer «Tele1» und das Ostschweizer «TVO». Wenn CH Media-Zeitungen über SRF schreiben, schreiben sie also über die direkte Konkurrenz in einem hart umkämpften Markt.
Die wirklichen Probleme der Branche
Ich glaube, die Abgänge, insbesondere die Abgänge bei SRF, sind gar nicht so schlimm. Meistens geht es um eine persönliche Entwicklung, die innerhalb eines Medienhauses nicht möglich ist. Dass es für Zeitungen eine so gute Geschichte ist, wenn prominente Fernsehgesichter das Haus SRF verlassen, zeigt eher, wie wichtig SRF auch heute noch ist. Wenn wir uns auf die Abgänge konzentrieren, schauen wir ans falsche Ende. Viel dramatischer als die Abgänge beurteile ich, dass Journalismus kein Traumberuf mehr ist, dass die Zahl der jungen Menschen, die sich zum Journalisten ausbilden lassen wollen, zurückgegangen ist. Auch diese Zahlen hat die «Republik» zusammengetragen und die Tendenz ist eindeutig: Am Medienausbildungszentrum MAZ in Luzern werden weniger Journalistinnen ausgebildet und auch die einzelnen Medienhäuser bilden weniger Leute aus. Die Folge: Es sind kaum mehr Journalist:innen auf dem Markt zu finden. Der Personalmarkt ist ausgetrocknet.
Der Grund dafür sind drei Probleme, die der Journalismus in der Schweiz hat. Und diese drei Probleme sind viel wichtiger als die einzelnen Abgänge:
1) Der Journalismus in der Schweiz hat ein Ertragsproblem.
Das traditionelle Businessmodell der Verlage funktioniert nicht mehr, weil ein Grossteil der Werbung ins Internet abgewandert ist. Die meisten Verlage sind der Werbung nachgehechelt und versuchen, mit reichweitenorientierten Klickmodellen den Umsatz im Netz wieder einzuholen. Das funktioniert aber mehr schlecht als recht. Deshalb müssen die Nutzer vermehrt zur Kasse gebeten werden. Doch der Schweizer Markt ist zu klein, als das zahlende Nutzer:innen alleine die Medienangebote finanzieren könnten. Es braucht neue Ideen, damit die Medien in der Schweiz eine verlässliche Zukunft haben.
2) Der Journalismus in der Schweiz hat ein Imageproblem.
Man könnte sogar sagen: Der Journalismus ist gesellschaftlich abgestürzt. Kaum eine andere Berufsgruppe hat heute eine so schlechte Reputation wie die Journalisten. Daran sind sie weitgehend selbst schuld: Es gibt auch kaum eine andere Berufsgruppe, die sich selbst so regelmässig schlecht macht. Die Lösung wäre einfach: Der Journalismus muss sich, wie einst der Baron von Münchhausen, am eigenen Kragen aus dem Sumpf ziehen und sich selber wieder mehr respektieren.
3) Der Journalismus in der Schweiz hat ein Perspektivenproblem.
Für Menschen, die von einem Thema viel verstehen und in der Lage sind, dieses Thema digital aufzubereiten, gibt es heute schlicht viel spannendere Berufsaussichten als die Knochenjobs ohne Aufstiegsmöglichkeiten, welche Medienhäuser im Angebot haben. Dass das so ist, das ist eine Folge der ersten beiden Probleme, es ist aber auch eine hausgemachte Misere. Schauen wir uns das etwas genauer an.
Medienhäuser waren in der Vergangenheit zweigeteilt in zwei Kulturen: In einen etwas chaotischen, oft spontanen und sehr kreativen Teil mit Journalisten, Grafikern und Fotografen und in einen straff durchorganisierten Teil der industriellen Produktion mit Satz, Druck und Vertrieb. Heute herrscht in den meisten Medienhäusern nur noch eine Kultur: die der industriellen Produktion. In den meisten Häusern haben Manager vom Typ HSG das Sagen. Sie regieren mit Zahlen. Sie zählen Klicks und Verweildauer, Produktivität und Rentabilität. In der digitalen Welt ist das auch möglich. Doch die totale Messbarkeit der digitalen Produkte hat Spontaneität und Kreativität in den Häusern getötet. Aus wunderfitzigen Journalisten sind Kanalmanager geworden. Die Verlage sind keine kreativen Brutstätten neuer Ideen mehr, sie haben sich in seelenlose Klickmaschinen verwandelt.
Der Ausweg? Die Medienhäuser müssen ihren kreativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wieder mehr Freiräume geben. Ideen ausprobieren lassen, statt sie in 27 Sitzungen zu Tode zu diskutieren. Wieder mehr Trial and Error, statt Distributionsanalyse und Publikumsplanung. Inhaltlich können Unternehmen, Institutionen und Verwaltungen heute erfahrenen Journalistinnen und Journalisten mehr bieten als ein Medienhaus. Interessante Inhalte produzieren heute auch WWF und Coop, Banken und Versicherungen und manchmal auch die Bundesverwaltung. Diese grossen Unternehmen und Institutionen sind aber eingebunden in Interessen und Verpflichtungen. Auch da regieren Zahlen und HSG-Manager. Viele Unternehmen können dieses Eingesperrt-sein aber vergolden mit guten Löhnen und Boni. Im Journalismus ist das nicht möglich. Die einzige Chance der Medienhäuser ist es deshalb, wieder mehr Chaos und Kreativität zuzulassen. So dass sich die inhaltlich Mitarbeitenden auch in grossen Unternehmen so frei, aber auch so engagiert fühlen, wie in einem StartUp-Unternehmen. Denn vielen Journalisten sind kreative Möglichkeiten und Freiräume bei der Arbeit mehr wert als die Lohnerhöhung, die sie durch den Jobwechsel erhalten.
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Basel, 13. Mai 2022, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
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Quellen
Bild: © KEYSTONE/Ennio Leanza
Disclaimer: Ich bin Vorstandsmitglied der SRG Region Basel Baselland, also der Trägergesellschaft von SRF, und Präsident des Basler Medienstartups «Bajour». Ich schreibe diesen Kommentar aber, wie immer, als freier Medienwissenschaftler und Publizist.
Albrecht, Philipp und Bühler, Dennis (2022): Vom SRF Zum WWF. In: Republik. [https://www.republik.ch/2022/05/09/update-vom-srf-zum-wwf; 13.5.2022].
Benini, Francesco (2022a): Medienchef Stefan Wyss verlässt SRF. In: Aargauer Zeitung. [https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/exodus-ein-abgang-nach-dem-andern-nun-geht-der-medienchef-des-schweizer-fernsehens-ld.2260608; 13.5.2022].
Benini, Francesco (2022b): Exodus Beim SRF: Moderator Franz Fischlin verlässt SRF. In: Aargauer Zeitung. [https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/exodus-moderator-franz-fischlin-verlaesst-srf-er-ist-einer-von-vielen-was-laeuft-schief-beim-schweizer-fernsehen-ld.2281042?reduced=true; 13.5.2022].
Bernet, Remo und Padrutt, Peter (2022): «Rundschau»-Aus für Dominik Meier. In: Blick. [https://www.blick.ch/people-tv/tv/nach-drei-jahren-wechselt-er-zum-radio-rundschau-aus-fuer-dominik-meier-id17286419.html; 13.5.2022].
Buchli, Steffi (2021): «Schon Wieder Geht Ein Charakterkopf». In: Blick. [https://www.blick.ch/sport/steffi-buchli-ueber-den-srf-buerer-knall-schon-wieder-geht-ein-charakterkopf-id16620920.html; 13.5.2022].
SRF (2021): «SRF 2024» – Aufbruch in die digitale Zukunft. In: Schweizer Radio Und Fernsehen (SRF). [https://www.srf.ch/unternehmen/unternehmen/srf-2024-aufbruch-in-die-digitale-zukunft; 13.5.2022].
12 Kommentare zu "Ist der Journalismus in der Schweiz am Ende?"
«Die Branche» – und ich glaub, auf «MatthiasZehnder» weiss man, von welcher wir reden, gibt es nicht.
Es gibt innerhalb von «der Branche» verschiedene «Kasten».
Zumindest zwei. «Welten» ist da noch untertrieben, „Planeten“ wäre passender, welch eine Differenz:
Da ist «die Welt» der privaten Medienunternehmungen (Kleinbuden, Einzelfirmen, Konzerne wie «TX», «CH-Media», Kodex-«Ringer»)
Und da ist «die Welt» der SRG (=«eingezäunter Himmelskörper» im eigenen Universum schwebend….)
Er ist «DER» Arbeitgeber der Medienzunft, der Hochaltar des Gutgehenlassens – der Säulenheilige des Nachwuchses, das Hotel Dolder in «der Branche» – zu dem es alle dürstet = DIE SRG.
Die «Abgänge» vom zwangsfinanzierten-Gebühren-Koloss «SRG» gründen nicht auf «schlechter Bezahlung», auf «Überarbeitung», auf zu wenig Sozialleistungen, auf keine «Firmenkinderkrippe» und kein «Vegi-Menu» in Studiopanoramarestaurant usw…. sondern entspringen aus Launen wie «Mal etwas anderes sehen», «Vor-Vor-Pensionierungen» (bei diesen Löhnen oftmals kein Problem) oder aus (bei den jüngeren SRF-Gepamperten) purem Übermut. «Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis». Dieses Sprichwort passt zum Silbertablett-SRG-Personal, denn gut geht es der SRG – und wie.
Durch die uferlose Zuwanderung in die Schweiz (wie man lesen konnte, flattern sogar kaum angekommenen Ukraine-Flüchtlinge schon die SERAFE (=Zwangsgebühreneinzugstelle der Schweiz – inkl. Betreibungsstelle bei Nichtbezahlen) ins Haus), durch immer wie mehr Firmen und Haushalte sprudeln die Gebühren wie Lava aus dem Stromboli (und versickern in Boni für die SRG-Führung und Löhne höher als die Bundesräte wieder….)
Aber auch das Personal badet in Champagner und kann sich alles leisten:
Beispiele gefällig? Die Baslerin Catherine Thommen war lange Zeit für «Schweiz aktuell» unterwegs. Die ganze Schweiz bereiste sie, übernachtete in Hotels für ihre Filmli. Spesen ohne Ende – die ganze Arbeit ein Spiel – mit toller Kumpel-Crew.
Doch eines Tages reizte das Ausland. Südamerika war das «ein und alles». Kündigung und weg. Aus Südamerika hörte man sofort von ihr, wie «bünzlig» die Schweiz sei, wie «verknorzt» und wie «easy», «bunt» und «fröhlich» die Welt im Süden doch sei.
Doch mit der «Fröhlichkeit» war es schnell vorbei wenn das Geld langsam endet. Die Rückkehr in die graue, öde und krustige Schweiz stand an. Job, Verlustängste, Jobangst? = Anklopfen beim SRG und Wiedereintritt ohne Probleme. Lohn pünktlich von den Bünzlis, den Vorgestrigen, den Hinterwäldlern via Gebühr – nimmt man immer gerne….
Auch Sonja Hasler (SRF-Arena) wollte raus. Weg vom Studio. Zürich ist zu eng. Zu muffig die Studios. In die Welt mit dem Camper. Immer der Sonne nach. Auf Nimmerwiedersehn. Doch irgendwann wurde wohl der Camper zu muffig, zu eng, die Matratze zu hart und der Luxus zu wenig. Ein Telefon aus Übersee an die SRG genügte, und man wurde ohne zu zaudern wieder zurück in den Schoss des Staatsfernsehens aufgenommen (und ist heute SRF1-Redaktorin und «Persönlich»-Moderatorin.) Probleme im Medienleben? Keine!
Auch Tina Nägeli (SRF3 Moderatorin) ist gegangen. «SRF3 habe ich gesehen» Nun gilt: Freie Projekte, Freies Leben, Freie Welt. Doch hört man munkeln, eine Rückkehr in die trockenen Tücher des Staatsradios sei angedacht….
Auch wird die Arbeitsumgebung bei der SRG dem Personal angepasst im neuen Zwangsgebühren-Campus vom Stararchitekten in Leutschenbach (und nicht wie sonst, das «Personal» den «Arbeiten»).
Marietta Tomaschett war SRF3-„Star“. Der Jugendsender ihre Heimat. Doch älter werden wir alle. So kam Tomaschett ohne Probleme altersgerecht bei „SRF1“ unter und moderiert dort sorgenfrei bis zur Pension weiter. Rauswurf, Umschulung, Herunterstufung wie im freien (Medien-) Markt: Fehlanzeige.
Das gleiche gilt für Monika Schärer (SRG-Film-„Lady“), für Nicole Salathe („Kultur-Dame“). Keine Lust mehr „vor der Kamera“. Kein Problem, im Büro ist ein Plätzchen warm oder sonst wird schnell eine Stellung geschaffen….
Die reale Welt der anderen, der privaten Medienunternehmungen (Kleinbuden, Einzelfirmen, Konzerne wie TX, Wanner, Ringer) sieht dagegen Gegenteilig aus. Gespart wird an allen Ecken und Enden, Stellen gestrichen (schaut mal eine «BaZ»-Redaktion am «Aeschenplatz» an), die Spesen des Personals werden knausrig bis gar nicht ausbezahlt, Überstunden ohne Ende häufen sich und «Hauseigene Personalkantine» mit täglich 7 Menus und «Free choice», Kinderkrippe und «Mitternachts-Shuttel-Bus» sind logischerweise in diesem knallhart-Umfeld Fremdworte.
AUS DIESER MISERE hilft sicher, wenn die Arbeitenden und ihre Arbeit in den marktorientierten Medienunternehmen (also ohne SRG) wieder mehr Wertschätzung erfahren!
= Nicht einfach bei diesen Scheffel-Konzernen….. !!!
Und beim (T)Raumschiff SRG dieses Luxus-Flaneur-Leben eingedämmt wird. Denn der hartverdiente Zwangsgebühren-Franken der Bewohnerschaft der Schweiz muss effizienter eingesetzt werden!
= Einfach umzusetzen, von Ihnen braucht es dafür nur diesen Klick: https://srg-initiative.ch/ !!!
Die Hoffnung auf gleichwertige Behandlung, Wertschätzung und Anerkennung sowie gleichwertigen hohen Journalismus-Standard für die sich Informierenden-Wollen (also uns) stirbt (nicht nur bei mir) zuletzt….
Puah – eine solche Ladung geballter SRG-Hass! . Sie tun mir einfach nur leid.
Das „Keulenwort“ Hass ist schnell zur Stelle….
Ich ersetze es durch „Realität“. Wie ist sonst zu erklären, das SRG-Mitarbeiterin Eva Wannenmacher in der aktuellen „Weltwoche“ auf die Lohnfrage ihres „SRF-Kulturplatz-Jobs“ antwortet: „Der Lohn bietet mir (m)ein komfortables Leben“ (Komfortabel-Synonym: Luxeriös, Reich, Überschwänglich). Und fügt aber sogleich noch dazu: „Und zum Spenden reicht es auch noch“. Man will ja ein SRG-Gutmensch sein.
Nein – Hass sind meine Worte wirklich nicht, sondern Abbild des SRG-Überflusses, der nur auf politischer Ebene eingedämmt werden kann (muss)!
Oder wie Nik Hartmann (ehemaliger SRG-Mitarbeiter und ebenfalls wohl lunar zu CH-Media gewechselt) im Interview sagte: Von meinem neuen Arbeitsplatz (im CH-Media-Gebäude „Leonardo“, welches sich schräg gegenüber der SRG-Fernsehfabrik befindet) sehe ich direkt ans SRF rüber – ja, „meine SRG-Zeit war die beste Zeit meines Lebens“….
Reden so gebeutelte, ausgenützte und schlecht behandelte Journalisten – Herr Custer?
Ich glaube, ihr Killerargument „Hass“ kann hier effektiv durch „Realität“ ersetzt werden.
Ach, Herr Zweidler. Was Sie für Vorstellungen haben. Erstens ist das berufliche Glück nur zu einem (oft kleinen) Teil abhängig von der Höhe des Lohns, es hat, gerade bei Kreativen oft viel mehr mit Möglichkeiten, Freiheiten etc. zu tun. Und zweitens ist es vielmehr umgekehrt: SRF kann als öffentlich-rechtlicher Sender seine Stars eben gerade nicht mit höheren Gehältern bei der Stange halten. Das können nur die privaten Sender. Sie haben da eine sehr seltsame Vorstellung von der SRG – vielleicht sollten Sie mal das MOH in Basel besuchen, eine Führung machen und mit dem einen oder anderen Mitarbeiter reden. Mit der Realität hat das, was Sie schreiben, schlicht nichts zu tun.
Gehen Sie wahrhaftig und wirklich davon aus, dass Karrieredenken und Machtstreben „nur“ in den Bereichen Politik, Wirt- und Wissenschaft viele Menschen korrumpieren?
Wer zwischen den Zeilen lesen kann, spürt den Hass. Aber dafür braucht es halt „Gspüri“. Und der Text strotzt vor Unterstellung und Behauptungen über das Gefühlsleben von (ehemaligen) SRF-Angestellten dass man ihn nur als Rundumschlag bezeichnen kann. Ausserdem: Tina Nägeli moderiert gerade jetzt auf Radio SRF1 – wie schon seit ein paar Wochen.
Ach, Herr Zweidler, wo soll ich beginnen. Das hat mit der Realität so gar nichts zu tun. Sie stellen sich SRF-Mitarbeitende als gemästete Nichtstuer vor und die Privaten als die ehrlich schuftenden, braven Arbeiter. Reden Sie doch einmal mit einem SRF-Mitarbeiter.
Noch ein, zwei sachliche Korrekturen: Wir haben in der Schweiz kein Staatsradio und kein Staatsfernsehen. Das ist billige Propaganda. Die SRG wird über obligatorische Gebühren finanziert, wird aber staatlich nicht kontrolliert oder gesteuert.
Die Boni der SRG-Führung sind auf die strategische Führungsebene beschränkt (und ich finde es falsch, dass sie in Fixlöhne umgewandelt worden sind), alle SRF-Mitarbeitenden sind ganz normale Angestellte, ohne spezielle Vergünstigungen, sie sind übrigens im Vergleich mit den Stars der privaten Konkurrenz auch nicht besonders gut bezahlt. Das Bild, das Sie zeichnen vom gemästeten SRF-Mitarbeiter versus dem armen, hart arbeitenden Privatangestellten, ist bösartig und falsch. Nimmt mich wunder, was Sie da reitet.
Ihre Werbung für die Halbierungsinitiative auf meiner Website ist grenzwertig. Eine Halbierung der Gebühren wäre vernichtend für SRF, RTS und RSI. Wir hätten danach in der Schweiz nicht bessere Medien, wir hätten vor allem sehr viel weniger Medien. Die Privaten könnten davon nämlich nicht profitieren, weil der Werbemarkt in der Schweiz zu wenig hergibt und die Werbung sowieso ins Internet abwandert. Sport gäbe es nur noch im PayTV (das ist dann die wirkliche Cüpli-Klasse) und das würde für alle vor allem viel teurer. Wollen Sie das?
Die Analyse im Bericht zeigt vor allem eine gute Aussensicht. Was fehlt sind die Kriterien der Innensicht für die Befindlichkeiten der Medienleute.
Journalisten verlassen immer mehr Medienhäuser, weil die Doktrin mit den hintergründigen Weltanschauungskontrollen, d.h. den ideologischen Einschränkungen, vielfach einen Selbstbetrug voraussetzen. Dazu kommt ein zunehmender Anpassungsdruck an eine Monokultur, ein aufgesetzter Verhaltenscodex mit dem menschengemachten Moralismus, einseitige Meinungsmonopole mit Tatsachenausblendungen und Halbwahrheiten, Ausgrenzungstendenzen durch Manipulationen und Emotionsbefeuerungen, Meinungsvielfalt statt Faktenwahrheiten und eine mangelnde Objektivität infolge des zunehmenden Einheitsbreis. So ist Qualitätsjournalismus weitgehend ein PR-Bluff, denn es geht immer wieder um Sensationen und Skandale, um die Aufmerksamkeit und das Geschäft zu erhalten.
Danke für diese Analyse. Die Medien sehe ich als einen Teil der Wohlstandsverwahrlosung, in der wir in Schlaraffenländern wie der Schweiz leben. Es gibt von allem viel zuviel … und immer noch mehr. In dieser Zuvielisation wird alles zur Unterhaltung und zum Vergnügen. In diesem Überfluss ist Freiheit nur noch mit einem Nein möglich.
Eine sehr treffende Analyse. Und weil ja Lob gefragt ist: Die Berichterstattung der NZZ zum Überfall von Russland auf die Ukraine gewinnt immer mehr an Format und hat mir schon manche Zusammenhänge aufgezeigt, die ich nicht gesehen hatte.
Aber es gibt auch eine Kehrseite: In ihrer Verzweiflung lassen es die Verlage immer mehr zu, dass sogenannte Publireportagen erscheinen. Diese sind zwar mehr oder weniger klar als bezahlte Inhalte deklariert. Oberflächliche Leserinnen und Leser merken das oft erst während des Lesens und fühlen sich dann zurecht „verar…“. Dass man damit das Vertrauen zerstört, ist ja klar. Die Verlage schaufeln sich mit solchen Beiträgen ihr eigene Grab. Und das beunruhigt mich sehr.
Wie recht Sie haben. Mit Native Ads sägen die Verlage am Ast, auf dem sie sitzen: Der Ast heisst Glaubwürdigkeit. Das ist schlicht dumm.
Ach wie schön, dass ich nicht der einzige bin, der das so sieht.