Vater-Sohn-Gespräch über die Durchsetzungsinitiative

Publiziert am 29. Januar 2016 von Matthias Zehnder

Papa, was will die Durchsetzungsinitiative durchsetzen?

Den Volkswillen. Das gibt sie zumindest vor.

Warum sagst Du, dass sie das nur vorgibt?

Weil ich nicht weiss, was ein Volkswille sein soll. Das Volk, von dem da die Rede ist…

Jetzt kommst Du wieder mit dem Volk.

Ja, ich glaube, die Durchsetzungsinitiative will eigentlich einen neuen Volksbegriff durchsetzen. Aber noch einmal zur Abstimmung: Das Volk, um dessen Willen es geht, meint die rund 1,4 Millionen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die am 15. Februar 2008 Ja gesagt haben zur Ausschaffungsinitiative der SVP. 2010 betrug die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz rund 7,8 Millionen Menschen, dieses Volk, dessen Wille da umgesetzt wird, macht also knapp 18 Prozent der Wohnbevölkerung der Schweiz aus.

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Ja, schon. Das ist doch immer so bei Abstimmungen. Aber warum muss der Wille der Stimmbürger durchgesetzt werden? Wehrt sich denn jemand dagegen?

Die SVP sagt, dass sich das Parlament nicht an den Volkswillen halte. Aber das ist zum einen falsch und zum anderen nicht die Aufgabe des Parlaments.

Warum?

Warum es falsch ist? Wenn eine Initiative vom Volk angenommen worden ist, dann muss die Initiative meistens durch ein neues Gesetz umgesetzt werden. Der Bundesrat erarbeitet einen Gesetzesvorschlag und das Parlament berät den Vorschlag. Etwa fünf bis sechs Jahre nach Annahme einer Initiative liegt das Gesetz vor. Die SVP hat aber mit dem Sammeln von Unterschriften für die Durchsetzungsinitiative begonnen, bevor überhaupt ein Vorschlag auf dem Tisch lag. Die SVP hat versucht, mit der zweiten Initiative den Beratungsprozess der Gesetze für die erste Initiative zu beeinflussen.

Aber wenn es der Volkswille ist…

Es ist nicht Aufgabe des Parlaments, dem Volk blind zu gehorchen. Parlamentarier sind nicht die Untergebenen des Volkes, sondern seine Vertreter. Dazu kommt noch etwas: Das Parlament darf nicht nur, es muss angenommene Initiativen überdenken. Es gibt nämlich fast keine Regeln, die Volksinitiativen in der Schweiz einhalten müssen. Jede Initiative will ja die Verfassung verändern. Es wird aber nie geprüft, ob der neue Verfassungsartikel überhaupt in die Verfassung passt. Die Schweiz hat eben kein Verfassungsgericht. Dafür hat sie ein Parlament, das bei der Umsetzung einer Initiative für die Einpassung in die Realität sorgt. Wenn das Parlament keinen Spielraum mehr hat bei der Umsetzung von Initiativen, dann müsste eine andere Instanz die Initiativen vorher auf Vereinbarkeit mit der existierenden Verfassung prüfen.

Der SVP geht es eben um mehr Sicherheit. Das ist doch wichtig.

Dann hätte sie ihre Initiative aber zurückziehen müssen. Das Parlament hat nämlich die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative Ende 2015 fertig beraten. Das Gesetz wäre seit Anfang Jahr in Kraft, wenn die SVP ihre Durchsetzungsinitiative nicht unbedingt noch zur Abstimmung bringen wollte. Ich glaube, der SVP geht es nicht um eine Lösung, sondern um das Bewirtschaften eines Problems.

Vielleicht genügt der SVP das Gesetz nicht, weil es den Volkswillen nicht erfüllt?

Sind wir wieder beim Volkswillen. Nehmen wir einmal an, es gäbe ein Volk und es hätte einen Willen. Was wäre das Anliegen?

Dass schwer kriminelle Ausländer ausgeschafft werden.

Die SVP stellt es ja auch so dar auf ihren Plakaten: Die weissen Schafe kicken die schwarzen Schafe raus. Aber genau das sieht ja die Gesetzgebung zur Ausschaffungsinitiative vor. In einigen Punkten ist das Gesetz sogar schärfer. Die SVP hat in ihrer Initiative zum Beispiel Steuerbetrüger nicht erfasst. Im Gesetz sind sie erwähnt. Dafür wird laut SVP Initiative ein Ausländer bereits nach Bagatelldelikten wie dem Einbruch in ein Gartenhäuschen ausgeschafft. Wenn jemand das gewerbsmässig macht, ist das natürlich schlimm. Wenn jemand in jugendlichem Übermut ins Gartenhäuschen eingebrochen ist, sollte der Richter Augenmass walten lassen können. Und genau das will die SVP nicht.

Was will sie denn?

Der wichtigste Unterschied zwischen der Gesetzgebung und der Durchsetzungsinitiative ist die Einführung eines Automatismus: Die SVP will eigentlich die Richter abschaffen und eine Art Gerichtscomputer installieren, der mit einem SVP-Programm arbeitet. Du hast doch in der Schule schon Informatik gehabt. Kennst Du die If-Anweisung?

Ja, klar: If etwas zutrifft, then mach das und das…

Die Durchsetzungsinitiative ist so ein If-Then-Programm: Bei einer ganzen Reihe von Verbrechen werden die Ausländer sofort ausgeschafft, bei einer weiteren Reihe von Verbrechen werden sie ausgeschafft, wenn sie vorher schon einmal etwas angestellt haben. Die Umstände, die zur Tat geführt haben, die Lebensumstände der Täter, die Umstände der Tat, das alles spielt keine Rolle. Der Richter wird durch ein Programm ersetzt. Und das verletzt die Verfassung, die übrigens auch das Volk angenommen hat. In unserer Verfassung steht, dass staatliches Handeln verhältnismässig sein muss und niemand wegen seiner Herkunft diskriminiert werden darf. Ein Ausschaffungsautomatismus würde diese beiden Bedingungen verletzen.

Das Volk will eben strengere Richter.

Wieder das Volk. Wenn es so wäre, dann könnte es strengere Richter wählen oder durch seine Vertreter in den Parlamenten strengere Gesetze ausarbeiten lassen. Das Volk darf aber nicht den Richtern befehlen, wie sie ihre Arbeit zu machen haben.

Aber steht das Volk in einer Demokratie nicht über allem? Demokratie heisst doch…

…Herrschaft des Volkes, ja. Aber nicht Diktatur des Volkes. Dass das Volk wählen oder abstimmen kann, ist ein wesentlicher Aspekt der Demokratie, aber nicht der einzige. Ebenso wichtig ist die Gewaltentrennung, die strikte Trennung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative, zwischen gesetzgebender, ausführender und richtender Gewalt. Das Volk steht nicht einfach darüber, es wählt seine Vertreter in die drei Mächte.

Aber das Volk steht doch sicher über der Verfassung, sonst könnte es die Verfassung ja nicht ändern.

Und wer gibt der Stimmbevölkerung in der Schweiz die Macht, die Verfassung zu ändern? Die Verfassung! In der Präambel der Bundesverfassung steht: Das Schweizervolk und die Kantone … geben sich folgende Verfassung. Das Volk unterwirft sich also der Verfassung, indem es sich die darin aufgeschriebenen Regeln auferlegt. Zum Beispiel Artikel 5: Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht. Und: Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.

Immer dieses Völkerrecht. Wozu braucht es das?

Sobald ein Geschäft oder sonst eine Handlung über Landesgrenzen hinweg geht, braucht es übergeordnete Regeln. Zum Beispiel Abkommen oder Verträge. Die Basis dafür ist das Völkerrecht. Jetzt kannst Du sagen: Die Schweiz ist ja gar nicht frei. Nein, ist sie nicht. Wenn sich die Schweiz zum Beispiel entscheidet, mit China ein Freihandelsabkommen abzuschliessen, dann muss sie sich nachher an das Abkommen halten. Ihre Freiheit hat sie wahrgenommen, als sie sich für das Abkommen entschieden hat.

Die SVP sagt, dass die Schweiz sicherer würde, wenn die Durchsetzungsinitiative angenommen wird.

Warum soll die Schweiz sicherer werden? Wer ein schweres Verbrechen begeht, wird heute schon schwer bestraft und abgeschoben. Warum soll das nachher anders sein?

Vielleicht, weil mehr Menschen ausgeschafft werden. Die sind ja dann nicht mehr in der Schweiz.

Das ist alles andere als sicher. Damit ein Verbrecher in sein Heimatland ausgeschafft werden kann, muss man sein Heimatland kennen, das Heimatland muss ihn als Bürger anerkennen und bereit sein, ihn zurückzunehmen. Das ist nicht so einfach: Das braucht Verhandlungen mit dem Herkunftsstaat für jeden einzelnen Menschen. Und es gibt Staaten, mit denen die Schweiz keine Rückübernahmeabkommen hat. Marokko ist so ein Staat. Die Schweiz kann deshalb Marokkaner nicht ausschaffen.

Dann soll der Bundesrat halt seine Arbeit machen und ein solches Abkommen abschliessen.

Und was meinst Du, was die Bundesverwaltung so macht? Aber für ein Abkommen braucht es zwei. Die Schweiz ist nicht das einzige Land, das da aufläuft. In Deutschland leben derzeit laut der ZEIT etwa 8000 ausreisepflichtige Nordafrikaner, darunter etwa 2300 Marokkaner und 1250 Tunesier. Marokko nimmt sie nicht zurück. Der Schweiz geht es nicht anders, mit oder ohne Durchsetzungsinitiative. Übrigens: Die Rückübernahme eigener Staatsangehöriger ist Teil der völkerrechtlichen Vertragspraxis. Das ist jener Teil des Völkerrechts, das die SVP dem Landesrecht unterstellen will.

Trotzdem: Wer sich nicht an die Regeln des Gastlandes hält, soll nach Hause müssen.

Das klingt richtig. Bloss: 23 Prozent der Ausländer sind in der Schweiz geboren und kennen ihr Heimatland oft nur vom Hörensagen. 40 Prozent der Ausländer leben schon mehr als zehn Jahre in der Schweiz. Wo ist zu Hause für die?

Sollen sie sich halt einbürgern, wenn sie in der Schweiz leben wollen.

Das sagt die SVP auch – und sorgt gleichzeitig dafür, dass es immer schwieriger wird, den Schweizerpass zu erhalten. Fakt ist: Die Durchsetzungsinitiative schafft den Zweiklassenstaat. Für Schweizer und Ausländer gilt nicht mehr dasselbe Recht. Das finde ich unerträglich – zumal Schweizer ein ganz schwieriger Begriff ist. Aber das können wir ein anderes Mal besprechen.

Papa, warum legst Du Dich gegen diese Initiative so ins Zeug?

Erinnerst Du Dich an Das fliegende Klassenzimmer von Erich Kästner? Da sagt Professor Kreuzkamm, nachdem Uli im Papierkorb an die Decke des Klassenzimmers gezogen worden ist: An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern. Das bedeutet: Wer schweigt, schliesst sich der Mehrheit an. Das möchte ich nicht. Das Wesen der Demokratie besteht in der Ausgewogenheit der Macht. Auf englisch heisst das Checks and Balances. Dieses Austarieren der verschiedenen Anliegen, das Einbinden von Minderheiten, ist in der Schweiz besonders wichtig. Mit ihrer Politik wirft die SVP dieses urschweizerische Prinzip über Bord. Das macht mit Angst und widert mich an. So. Genug gelabert. Was kochen wir?

Pizza!

Die kommt übrigens auch aus dem Ausland. So, wie die Kartoffeln, der Mais…

…Papa!

15 Kommentare zu "Vater-Sohn-Gespräch über die Durchsetzungsinitiative"

  1. Wenn ich das Vater-Sohn-Gespräch lese wird mir angst und bang. Der Hintergrund der Iniative ist so glasklar. Ihr Artikel sollte in der breiten Oeffentlichkeit stehen und die Massen mobilisieren. Warum sind wir so hilf- und machtlos ?

    1. Hallo Pia,
      sind wir wirklich so hilf-und machtlos? Nein, das sind wir nicht. schliesslich haben alle Stimmbürger das Recht ihr Votum an der Urne abzugeben. Nur sollten sie das auch tun und nicht immer mit der leidigen Ausrede kommen , „sie machen doch was sie wollen“. Das stimmt so einfach nicht. Darum ist es wichtig sich eine Meinung zu bilden und diese auch zu äussern, so wie es Mtthias Zehnder macht. Niemand ist gezwungen ihm zu folgen, auch das steht allen frei, aber man sollte sich Gedanken machen und seine Entscheidung treffen und danach handeln. Das ist die Macht die wir haben.

  2. Matthias Zehnder sei Dank für seine Kommentare; vom Feinsten, Besten, Treffendsten und Nötigsten. Stephan Mumenthaler, Pia und Ernst Feurer kann ich nur zustimmen. Dieses „Volk“ macht angst. Blocher und seine Handlanger wollen Herrscher und Untertanen und das Richtung Fürstentum Blocher. Ein Schloss besitzt er ja schon. Diese Aussage meine ich nicht nur als bösen Witz. Schon vergessen, dass Blocher vor etlichen Jahren ein aktiver Unterstützer der Apartheid in Südafrika war. Die SVP gibt sich zunehmend als Sekte mit dem „Führer“ Blocher, die absolut keinen Widerspruch duldet. Und das müsste das Volk endlich erkennen. Denn mit dem Wohlergehen des Volkes hat er nun wirklich nichts am Hut, er will Steuern senken (für die Reichen), Bildung abbauen, Renten kürzen u.v.a. Bisher konnte man mit dem gesunden Menschenverstand der Schweizer rechnen; da bin ich mir leider nicht mehr so sicher.

  3. Die Schweizerische Sennenhund- und Volkstanz-Partei (SVP) hat nichts anderes drauf, als auf Abschottung, Angst und Dummheit zu setzen. Für die Herausforderungen, wie sie sich weltweit beispielsweise mit den Flüchtlingsströmen, den Klimaveränderungen und den Wirtschaftskrisen stellen – und für die insbesondere auch Schweizerische Landesgrenzen eine kartographische Makulatur bedeuten – hat die SVP keine einzige wirklich zukunftstaugliche Lösung. Emotional aufgemotzte Scheinlösungen wie beispielsweise die sogenannte Durchsetzungsinitative sind total kontraproduktiv. Bitte Aufruf unterzeichnen: http://www.dringender-aufruf.ch.

  4. Danke Matthias Zehnder für dieses Vater-Sohn-Gespräch. Wenn ich mir die politische Landschaft und die von der SVP praktizierte Vereinnahmung des „Volkes“ anschaue, dann kommt es mir vor, als ob diese beiden das Trotzalter nie verlassen hätten oder gar nicht erwachsen werden wollen. Und auch hier gilt: Auch ungemein intelligente oder begabte Pubertierende lassen sich nur ungern vom lebenserfahreneren Vater was sagen, und wenn der Vater „Classe Politique“ heisst, noch viel weniger. Wollen wir wirklich uns von Pubertierenden sagen lassen, wie die Schweiz zu „managen“ ist – oder bleiben wir Eltern, die auch in der Trotzphase ihre „Kinder“ lieben und respektieren, aber nicht alles mitmachen?
    Und noch etwas: Dank den Wochenkommentaren von Matthias Zehnder haben wir vielleicht eine Möglichkeit (mehr), aus dem (geschützten) „Elternrat“ auszubrechen, und das Gespräch auch mit anderen an der Zukunft der Schweiz und der Gesellschaft im allgemeinen zu suchen und zu führen – danke Matthias!

  5. Wir haben heute noch die Chance die «Durchsetzungsinitiative» zu bodigen.
    Es gibt noch eine Möglichkeit, sich an einer Unterschriftensammlung gegen diese Initiative zu beteiligen:

    Bei der Verbreitung dieses Aufrufs sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Bitte teilen Sie http://www.dringender-aufruf.ch über die Kanäle Facebook, Twitter, E-Mail, … . Vielen Dank!
    Komitee gegen die unmenschliche SVP-Initiative
    http://www.dringender-aufruf.ch
    info@dringender-aufruf.ch
    PC-Konto: 61-573317-2
    IBAN: CH80 0900 0000 6157 3317 2

  6. Danke Matthias Zehnder für diesen hoffentlich erweckenden Beitrag zur rechten Zeit!

    Nur nebenbei:
    Matthias Zehnder erwähnt im ummantelnden Newsletter den ehemaligen Finanzminister Griechenlands, Yanis Varoufakis, welcher ihn mit seinem Buch „Time for Change. Wie ich meiner Tochter die Wirtschaft erkläre“ zur dialogischen Form inspiriert habe.
    Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen, verweise aber inbrünstig auf folgendes brilliante Gespräch von Dirk Pohl mit Yanis Varoufakis vom Oktober 2015:
    Missing Link to Yanis Varoufakis – KenFM-Interview von Dirk Pohlmann

  7. Liebe Blogleser, lieber Herr Zehnder
    Es liegt in der Natur der Sache, das z.B. Ihr Blog mehrheitlich von Anhängern ihrer Kommentare gelesen werden, mehrheitlich von Liehabern ihres Schreibstils und mehrheitlich von eher gleichgesinnter weltanschaulicher Ausrichtung. Dies war schon in der BZ so, und kristallisiert sich nun im Blog (da mit ein wenig mehr Aufwand verbunden als mit blossem Zeitungsblättern) noch mehr heraus, wie man den wohlwollenden Kommentaren entnehmen kann. Dem ist auch nichts einzuwenden, so ist der (moderne) Mensch (mit dem vielfältigen Medienangebot) nun mal.
    Hatte doch früher Radio Beromünster alle Musikgeschmäcker zu berücksichtigen, sind heute Spartenprogramme trumpf. Die Pop- und Rocker auf SRF 3, die gemässigten auf SRF 1, die Freunde der Klassischen Musik auf SRF 2.
    War früher auf Beromünster nach einem flotten Ländler die Beatles, Queen oder AC/DC gekommen, nach einem Mozart ein Heino, wäre dies heut undenkbar. Diese alte Beromünster-Manier hatte nebst vielen Musikrichtungs-Aufregern aber auch sein Gutes. Der Alp-Aetti bekam einmal ein Ohr voll Beatles vorgesetzt. Der Queen-Liebhaber horchte auch mal in ein Blasmusikstück herein. Und der Klassiker bekam kurz mal einen Einblick in die Oberkrainer-Musik. So erweiterten alle (gezwungenermassen) ihren Horizont. Und manch ein Junger fand vielleicht an der anderen Sparte sogar gefallen und trat in einen Männerchor ein.
    Heute darf im Tagesprogramm von SRF 1 keine Volksmusik mehr gespielt werden, Hörerwünsche in diese Richtung wurden nicht erfüllt und im jetzigen Tages-Programm sogar ganz gestrichen. Begründung: Passt nicht in die Linie.
    Die Männerchöre, Jodelvereine und Stadtmusiken haben Nachwuchsprobleme.
    Schwenken wir nun wieder zu diesem Blog. Auch hier klare Ausrichtung und Anhängerschaft. Nichts dagegen. Doch auch da würde – keine Musikausrichtungs-Erweiterung – sondern eine Meinungsausrichtungserweiterung gut tun. Einfach mal die Argumente, welche pro Durchsetzungsinitative deuten, sich selbst zulassen, gelesen werden zu dürfen. Mehr nicht. Ich hoffe, es geht hier im liberalen Basel nicht so wie im SRF 1 Tagesprogramm – dass sie ganz gestrichen werden. Mit der Begrünung: Passt nicht in die Linie. Wohl eher passt nicht in die Stromline. Daher ein paar Sätze, welche zum Denken über die Durchsetzungsinitative anregen – mehr nicht. Auseinadersetzen heisst Pro und Contra, heisst Diskussion, zu der es Anzuregen gilt. Sei´s am Familientisch, im Lesezirkel, beim Fährimaa oder eben in Foren wie diesem Blog. Denn stromlinenförmig wollen wir doch alle nicht sein. Ich verfolgte mit Interesse Ihr Kommentar, mit dem ich mich auseinandersetze. Darf ich Sie und ihre Leser einladen, sich mit den eher gegenseitigen Argumenten auseinanderzusetzen, die es eben auch gibt und mit Ihren Argumenten und Anregungen unser Land eben zu dem machen, auf das wir stolz sein können, nämlich auf eine Demokratie mit gepflegter Auseinandersetzungskultur.

    Die Durchsetzungsintiative zu mehr Sicherheit durch weniger Ausländerkriminalität?
    Wer sich nicht an unsere Regeln hält, muss die Schweiz verlassen. Eine konsequente
    Ausschaffungspraxis wirkt präventiv und sorgt dafür, dass die Ausländerkriminalität
    sinken wird; dies führt zu mehr Sicherheit für alle in der Schweiz.
    Die Durchsetzungsinitative zur Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative gemäss Volkswillen?
    Nur die Durchsetzungs-Initiative führt zu einer konsequenten Umsetzung der Ausschaffungs-
    Initiative, welche am 28. November 2010 von Volk und Ständen angenommen
    wurde. Die Bevölkerung sowie sämtliche Kantone haben am gleichen Tag
    NEIN gesagt zum Gegenentwurf, der den Richtern bei Ausweisungen einen grossen
    Ermessensspielraum geben wollte.
    Die Durchsetzungsinitative zu einer sicheren Schweiz für alle?
    Die Durchsetzungs-Initiative schafft Rechtssicherheit. Sie führt in der Praxis zu einer
    konsequenten und zwingenden Ausschaffung krimineller Ausländer. Die Gewährleistung
    der öffentlichen Sicherheit ist zentral für die Attraktivität des Standorts Schweiz.
    Nur eine sichere Schweiz ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort und kann Zentrum für
    viele internationale Organisationen sein.
    Die Durchsetzungsinitiative zur Verhinderung von Wiederholungstaten?
    Heute werden pro Jahr ca. 500 Personen ausgeschafft. Mit der Durchsetzungs-
    Initiative wären es gemäss Schätzungen des Bundesamtes für Statistik im Jahr 2014
    ca. 10‘000 Ausschaffungen. Ausgeschaffte ausländische Straftäter erhalten eine Einreisesperre
    und können damit in der Schweiz nicht mehr straffällig werden. Dies führt
    dazu, dass die Zahl der Wiederholungstäter deutlich sinken wird.
    Die Durchsetzungsintitative zur Sicherung unserer Sozialwerke durch Senkung des Sozialmissbrauchs?
    Während die Zuwanderung früher vor allem in den Arbeitsmarkt stattgefunden hat,
    haben wir es heute immer mehr mit einer Zuwanderung ins Sozialsystem zu tun. Dies
    führt auch zu Missbrauchsfällen. Diese müssen bekämpft und sanktioniert werden.
    Die Drohung einer Ausschaffung wirkt abschreckend. So kann der Sozialmissbrauch
    durch Ausländer wirkungsvoll bekämpft werden.
    Die Durchsetzungsintitative zum Schutz integrierter Ausländer?
    Anständige und integrationswillige Ausländer sind von der Initiative nicht betroffen; im
    Gegenteil: Sie würden nicht mehr länger durch kriminelle Landsleute in Verruf gebracht
    und profitieren ebenfalls von mehr Sicherheit.
    Die Durchsetzungsintitative zur korrekten Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative?
    Nach langwierigen Debatten haben sich National- und Ständerat geweigert, die Ausschaffungs-
    Initiative konsequent umzusetzen. Die vom Parlament beschlossene Umsetzungsgesetzgebung
    beinhaltet eine unbrauchbare Härtefallklausel. Das heisst: Eine
    Ausschaffung muss nicht zwingend vorgenommen werden. Mit dieser Härtefallklausel
    haben die Richter die Möglichkeit, von einer Ausschaffung abzusehen: Man
    kann immer einen Grund finden, weshalb der verurteilte Straftäter die Schweiz nicht
    verlassen muss.
    Die Durchsetzungsintitative zur Möglichkeit der kantonalen Migrationsbehörden Straftätern die Verlängerung
    der Aufenthaltsbewilligung zu verweigern bzw. die Niederlassungsbewilligung
    zu entziehen?
    Die untaugliche Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative führt dazu, dass die Migrationsämter
    an die Urteile der Strafbehörden gebunden sind. Dies hat zur Folge, dass
    die Migrationsämter die Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung nur noch dann
    nicht verlängern bzw. entziehen können, wenn weitere Straftaten hinzukommen. Wie
    gravierend diese neuen Straftaten sein müssen, bzw. inwiefern früher begangene Delikte
    berücksichtigt werden können, ist bei der parlamentarischen Umsetzungsgesetzgebung
    nicht geregelt. Dies wird in der Praxis zu grossen Rechtsunsicherheiten,
    langwierigen Prozessen und hohen Kosten für die Allgemeinheit führen.
    Mehr Sicherheit für alle – kriminelle Ausländer endlich ausschaffen
    Viele Schweizerinnen und Schweizer fühlen sich nicht mehr sicher im eigenen Land. 7
    von 10 Kriminellen in den Schweizer Gefängnissen sind Ausländer. Diese Situation ist
    eine Konsequenz der unkontrollierten Masseneinwanderung und der milden Strafen in
    der Schweiz. Schwer kriminelle Ausländer und Wiederholungstäter haben ihr Gastrecht
    verwirkt und sind auszuschaffen. Alle anderen Ausländer, die sich an unsere Regeln
    und Gesetze halten, profitieren damit von grösserer Akzeptanz und mehr Sicherheit.
    Vor über fünf Jahren hat eine deutliche Mehrheit der Stimmberechtigten der Ausschaffung
    krimineller Ausländer an der Urne zugestimmt. Bundesrat und Parlament haben nun eine
    Härtefallklausel ins Umsetzungsgesetz geschrieben, mit der faktisch jede Ausschaffung verhindert
    werden kann. So finden die Richter weiterhin immer eine Begründung, weshalb der
    Straftäter nicht gehen muss: Drogendealer X habe ein Kind in der Schweiz, auch wenn er
    sich noch nie um dieses gekümmert hat. Serien-Einbrecher Y sei schon mehrere Jahre in Schweiz und habe im Gefängnis Fortschritte in der deutschen Sprache gemacht usw.
    Volkswillen durchsetzen
    Die Durchsetzungs-Initiative gibt die Möglichkeit, den Volkswillen endlich umzusetzen und für
    mehr Sicherheit in der Schweiz zu sorgen. Denn sie ist nach ihrer Annahme sofort und direkt
    anwendbar und ist damit eine konsequente Lösung mit Augenmass:
    1. Eine Ausschaffung der Täter ist bei schweren Delikten (wie z.B. Mord, Raub, Vergewaltigung
    usw.) zu vollziehen, unabhängig davon, ob ein Täter vorbestraft war oder
    nicht.
    2. Eine Ausschaffung ist zudem vorgesehen bei Wiederholungstätern in Bezug auf Delikte,
    welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit in besonderem Masse beeinträchtigen
    (z.B. einfache Körperverletzung, Bedrohung von Behörden, usw.)
    Die herbeigeredete Abschiebung beim klauen eines Apfels findet nicht statt. Auch stehlen in einem Laden (z.B. Elektronikmarkt, Autohaus usw) führt nicht zur Abschiebung. Diese „Bagatellfälle“, wie sie von den Gegner der Initative genannt werden, bleiben geschont. Erst bei Einbruchsdiebstahl greift die Initiative langsam. Also wer in ein Einfamilienhaus einbricht und dort mit Gewalt stiehlt oder in eine Firma. Die Gegner nennen solche Taten zwar immer noch harmlos „Bagatellfälle“, der einfache Bürger aber sagt zu solche Leuten: Räuber oder Gangster.
    Und gerade heute liest man in der Zeitung „Sonntags-Blick“ folgenden Text, der traurig aber auch wütend macht. Wieso sind wir schon soweit? Was soll das? Fragen, die sie sich nach folgendem Text auch stellen werden oder vielleicht auch nicht? Dies ist Lebensansichtsache? Was fühlt wohl die Mehrheit – unsere Bevölkerung? Ich glaube, mein Bauch und Menschenverstandsgefühl linkt mich nicht. Ich weiss, was ich im Februar in die Urne lege. Sie auch?
    Auszug aus Frontseite Sonntags-Blick vom 31. Januar 2016
    So redet sich der Chef-Statistiker raus
    Das Bundesamt für Statistik unterschlägt laut «SonntagsBlick» im Vorfeld der Abstimmung zur Durchsetzungsinitiative brisante Fakten. Das Amt behalte die Statistik aller verurteilten Ausländer unter Verschluss. Nun spricht erstmals Amtschef Georges-Simon Ulrich.
    Weiterzulesen im Sonntags-Blick vom 31. Januar 2016.

    1. Herr Zweidler, bei einem sehr wichtigen Thema halten sie sich sehr sehr still, sie haben scheinbar auch kein Rezept: Was machen wir mit jenen Ausländern, deren Länder sich weigern, diese wieder „zurück zu nehmen“? Kriminelle Ausländer raus brüllen ist das eine, Durchführen das andere. Und das zu verschweigen ist Desinformation. Und sind sie tatsächlich der Meinung, mit einer Ausschaffung sei das Problem gelöst? Sie wissen ganz genau, dass einige wieder bei nächster Gelegenheit bei uns auf der Matte stehen! Und noch eine Antwort würde mich interessieren: Warum steht im diesem SVP-Initiativtext kein Wort einer Ausschaffung von kriminellen ausländischen Kapitalbetrügern? Beispiele gäbe es genug. Ist mir schon klar, solche Typen haben halt viel Geld auf den Schweizer Banken. Und die stehen ja unter Denkmalschutz.

      1. Danke für diesen Satz:
        „Warum steht im diesem SVP-Initiativtext kein Wort einer Ausschaffung von kriminellen ausländischen Kapitalbetrügern? Beispiele gäbe es genug.“

        Hab mich beim Lesen des Kommentars nur gehofft, dass der Herr Zweidler dies noch anspricht… Vorallem als die Kosten, welche durch durch „langwierige Prozesse“ verursacht werden, angesprochen wurden.
        Unglaublich das Kapitalbetrüger im gesamten Wahlkampf praktisch unsichtbar bleibt.

  8. Was für ein Glück, dass die Kommentare von Matthias Zehnder weiterhin zu lesen sind, wenn auch zu meinem grössten Bedauern nicht mehr in der bz. Natürlich ist es schon so, dass diese Kommentare mehrheitlich Gleichgesinnte erreichen; ich kann mir aber vorstellen, dass es genau hier auch auch differenziert denkende Gegner gibt, die sich dank solcher Kommentare vielleicht, hoffentlich doch noch zu einem „nein“ entschliessen können. Vielen Dank, Herr Zehnder!
    Susanne Fankhauser

  9. Ich kann diejenigen verstehen, die sagen, dass diese Initiative zuweit geht. Wenn wir aber zulassen, dass Volkabstimmungen zu reinen Meinungsumfragen degradiert werden, kreieren wir ein wesentlich ernsteres Problem als diese Initiative. Das Parlament ist beauftragt und verpflichtet, das Resultat einer Abstimmung so um zusetzen, wie es aus dem Initiativtext hervorgeht; es besteht keine Erlaubnis zu Rosinenpickerei.

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