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Drei fast geniale Freunde auf dem Weg zum Ende der Welt

Publiziert am 15. Dezember 2022 von Matthias Zehnder

Es gibt Wohlfühl-Filme, es gibt Wohlfühl-Musik und es gibt Wohlfühl-Bücher wie den neuen Roman von Jonas Jonasson – genau: Das ist der Autor von «Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand». In seinem neusten Roman erzählt er die absurde Geschichte von drei Freunden, die noch schnell ein paar Dinge richtig stellen wollen, bevor die Welt untergeht. Dafür bleiben ihnen nur noch wenige Tage. Ist zumindest Petra überzeugt: Sie hat ausgerechnet, dass demnächst die Atmosphäre kollabiert. Das schöne an einem bevorstehenden Weltuntergang: Es befreit ungemein. In meinem 134. Buchtipp sage ich Ihnen diese Woche, warum dieses Buch in einer Zeit, in der die Welt gefühlt alle vierzehn Tage unterzugehen droht, genau die richtige Lektüre ist.

 

Am 7. September 2011 um exakt 21.20 Uhr wird die Welt untergehen. Davon ist Petra überzeugt. Die Physik-Lehrerin und Hobby-Astropohysikerin hat es mehrmals durchgerechnet, das Ergebnis ist immer dasselbe: Die Athmosphäre der Erde wird kollabieren. Aus, Ende, Schluss. Noch bleiben ihr vierzehn Tage. Aber ihr Leben ist so trist, dass sie nicht so lange warten will. Sie beschliesst, sich in ihrem Wohnwagen aufzuhängen.

Doch dann kommt etwas dazwischen. Oder besser: jemand. Er heisst Johan und steuert sein Wohnmobil auf dem ansonsten leeren Parkplatz ausserhalb von Stockholm präzise und ausgerechnet in den Wohnwagen von Petra. Obwohl er über 200 Fahrstunden absolviert hat, kann Johan Gas- und Bremspedal noch immer nicht auseinanderhalten. Sein Wohnmobil kracht also in Petras Wohnwagen. Zum Trost bekocht Johan seine neue Bekanntschaft. Und das kann er: Johan wurde jahrelang von seinem Bruder unterdrückt und als Butler missbraucht. Dabei hat er keinerlei Selbstvertrauen entwickelt, aber hervorragend zu kochen gelernt.

Diese Kochkünste kontrastieren seltsam mit seinem sonstigen Wesen: Johan ist naiv, sein Bruder hat ihn wie einen Idioten behandelt und ihn so zu einem Idioten gemacht. Ein bisschen Aufmerksamkeit von Petra genügt allerdings und aus Johan dem verschupften Entlein wird auf magische Weise fast schon ein Starkoch. Wie auch immer: Die beiden ungleichen Freunde wollen die Zeit bis zum Weltuntergang noch nutzen.

Zuallererst soll Petra einem Schulschatz von einst die Meinung geigen. Das erweist sich als ein so befriedigendes Erlebnis, dass die beiden weitermachen wollen. Ihr Versuch, dem Hofmarschall des Königs eins auf die Nase zu geben, endet aber in der Scheune von Agnes. Die ist zwar schon über 70, aber alles andere als auf den Kopf gefallen. Sie hat mit einer fiktiven (um nicht zu sagen: gefakten) Figur auf Instagram ein Vermögen gemacht. Jetzt brennt sie darauf, einmal aus Schweden rauszukommen und jene Orte in real zu besuchen, von denen sie in den letzten Jahren auf Instagram berichtet hat. Also begleitet sie die beiden auf ihrer Reise mit dem Wohnmobil ans Ende der Welt.

Wer schon einmal ein Buch von Jonas Jonasson gelesen hat, dem kommt das alles etwas bekannt vor – inklusive Begegnungen mit Barack Obama und

Ban Ki-moon. So oder so ist es ein schräger Feelgood-Roman, dessen Ausgangspunkt im Kopf hängen bleibt wie Tomatensauce auf dem Jackett beim Bolognese-Essen: Was würde es ändern, wenn wir wüssten, dass in zehn Tagen die Welt untergeht? Und warum leben wir nicht immer so? Denn mindestens meine kleine Welt (oder Ihre oder seine) könnte jederzeit untergehen. Und es wäre doch schade, wenn wir die Zeit bis dahin unnütz verplempern würden. Oder, wie Johan es sagen würde: Es ist erst recht Zeit gut zu essen. Nun denn.

Jonas Jonasson: Drei fast geniale Freunde auf dem Weg zum Ende der Welt. Aus dem Schwedischen von Astrid Arz. C. Bertelsmann, 448 Seiten, 33.90 Franken; ISBN 978-3-570-10486-6

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783570104866

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Basel, 15. Dezember 2022, Matthias Zehnder

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