Zum Wahlerfolg der LDP: Basler wählen Baslerisch

Publiziert am 24. Oktober 2016 von Matthias Zehnder

Bis vor kurzem gingen Beobachter davon aus, dass es für die Basler LDP ein Handicap sei, nicht über eine nationale Partei zu verfügen. Die Wahlen am Wochenende haben das Gegenteil bewiesen: Es ist ein Vorteil.

Als Handicap haben sich dagegen nationale Parteifunktionäre wie Gerhard Pfister, Albert Rösti und Petra Gössi erwiesen, die allesamt in Basel auftauchten und meinten, die Basler belehren zu müssen. Vor allem Pfister, der seine CVP stark nach rechts zu positionieren versucht und das unscharfe «C» in seiner Partei offenbar durch eine simple Anti-Islam-Position ersetzen will, hat seiner Basler Partei geschadet. Aber auch Rösti eilte an die Seite seiner Basler SVP-Soldaten und versuchte, den Wahlkampf am Rheinknie zu verschärfen. Den Basler Ablegern von FDP, CVP und SVP war es nicht mehr möglich, sich eigenständig zu positionieren.

Warum greift der Effekt bei SP und Grünen nicht? Weil deren Präsidenten weniger magistral durchgreifen und die Basler nicht belehren wollen. SP und Grüne werden deshalb stärker als lokale Parteien wahrgenommen als zum Beispiel eine SVP, die stark von nationalen Themen dominiert ist. Dies, und weil die bürgerlichen Parteien um den Machtwechsel herbeizuargumentieren Basel ständig schlecht redeten. Und das kommt in Basel schlecht an – unter anderem deshalb, weil jedermann sieht, dass es Basel so schlecht nicht geht.

Ganz besonders schlecht kommt es in Basel an, wenn rechtsfreisinnige Zürcher Basel in die Pfanne hauen, wie das Markus Somm regelmässig macht. Ohne sich gestern die Mühe gemacht zu haben, sich einmal im Wahlzentrum blicken zu lassen, hat Somm heute im Zürcher «Tages-Anzeiger» den Baslern die Leviten gelesen. Es gibt kaum einen effizienteren Weg, sich in Basel unbeliebt zu machen.

Der grosse Erfolg der LDP ist deshalb als Zeichen der Baslerinnen und Basler an die «Innerschweizer» zu lesen, Basel gefälligst den Baslern zu überlassen.

4 Kommentare zu "Zum Wahlerfolg der LDP: Basler wählen Baslerisch"

    1. Nit ganz rächt, Herr Zehnder. Ich empfinde Ihre Äusserung zu Markus Somm und Ihren Link zu seinem Statement im „Tagesanzeiger“ als ein wenig voreingenommen: Das Interview im „Tagi“ – es zeigt doch nur, wie grundehrlich Dr. Somm seine Journalistentätigkeit ernst nimmt: Er nennt die Dinge beim Namen: >>Basel hat viele Rentner, hat viele Sozialhilfebezüger, hat viele Staatsbedienstete (im %-Vergleich mit anderen Kantonen). Natürlich wählen die vermehrt linke Parteien, welche ihre Anliegen eher vertreten.<< Diese Aussage Somm stimmt. Ist doch jedem verständlich. Ob dies jetzt gut oder schlecht ist, kann jeder selbst beurteilen. Aber sie stimmt. Das ist doch Journalismus, Aussagen, Recherchieren, Aufdecken. Einfach Real ohne Prösterchen, Hallöchen, Schalmeiensingen gegenüber Macht, Wähler oder Kunden. So ist er halt, denn Markus Somm nimmt seine Journalisten-Berufung ernst: Selbst als eingeschriebenes FDP-Mitglied deckt er (oder die BaslerZeitung, deren Chefredaktor er ist) Ungereimtheiten im Polizeidepartement von FDP-Baschi Dürr auf. Und das kurz vor den Wahlen. (Bei anderen Blättern kaum vorstellbar.) Seinen wachen Geist für Fehler bei Regierenden ist fulminant. Eine Zeitung, die unsaubere Machenschaften bei den Linken UND auch bei den Bürgerlichen aufdeckt, ist grossartig; eine Stadt, welch eine solche Zeitung beheimatet, gemacht von Journalisten, die nicht der Elite nachwinseln, ist supherb! Braucht Mut! Denn, seien wir ehrlich (liebe Journalist/innen): Es ist doch viel einfacher, einen Putin oder einen Erdogan zu kritisieren, wie Mut im Inland- und sogar im Regionaljouralismus zu beweisen. Einen France-Präsident Hollande mit Schmäh zu besudeln braucht nicht viel. Er ist weit weg, es hat keine Auswirkung auf die Leserzahl und man läuft ihm kaum je einmal persönlich über den Weg. In der eigenen Stadt Missstände aufzuzeigen, Dinge und Verantwortliche beim Namen zu nennen, ist das wahre Können. Es gibt stets Entzürnte. Truble. Es hat Einfluss, ob man im Cafe vom Wirt noch weiter abonniert wird. Ob behördliche Sanktionen als Revanche zu erwarten sind…. Dass trozt dies allem die Courage beim "Ausnahmedruckerzeugnis im Positiven – genannt BaZ" vorhanden ist, ist mehr als löblich. Überhaupt sollten wir uns als kleinere Stadt nicht stets in BaZ- und Somm-Bashing üben. Dass eine Stadt der grösse Basels 3 Zeitungen beheimatet, darauf dürfen wir stolz sein. (Karlsruhe, mit seinem Umland in etwa mit Basel zu vergleichen, hat gerade mal noch ein Zeitungsblättchen.) Wir in Basel haben die Wahl zwischen der vielfältigen BaZ, der mittig-linken BZ sowie der linksschlagseitigen Tageswoche. Jede hat seine Berechtigung. Jede sollte gelesen werden. Denn nur so kann sich der wache Bürger seine wahre Meinung bilden, seine Meinung über Dinge, die er somit nicht nur einseitig, sondern dreiseitig berichterstattet erhält.
      Hoffentlich hält in Basel die Zeit dieser Triologie der Ansichten, dieses Triptychon der Betrachtung, dieser Strauss der Meinungen, dieses mediale Feuerwerk und dieses Abbild echter Demokratie noch lange an. Es wäre um jedes Medium, das verschwindet, schade drum.

  1. Der Kommentar von Matthias Zehnder gefällt mir sehr gut. Aber in zwei Punkten trifft er es für mich nicht ganz:

    • Die Empfehlung an schweizerische Parteipräsidenten, sich in Basel nicht in Wahlkämpfe einzumischen, schmeckt extrem nach „Basel tickt anders“. Das wirkt für mich überheblich. Zehnder sieht den wesentlichen Punkt nicht. Das ist keine Frage von Basel-Stadt, das muß für alle Kantone gelten. Wir müssen uns dagegen wehren, daß die schweizerischen Parteipräsidenten aus kantonalen Wahlen eine „Zusatz-Arena“ machen wollen. Kantone haben ihre eigenen Aufgaben zu lösen, sie haben ihre eigene politische Landschaft, und die Wahlen müssen unbedingt sich darauf ausrichten, damit das richtige Personaltableau und die richtige politische Kräfteverteilung zustande kommt.

    • Der Erfolg der Liberalen, den ich ihnen gönne und zu dem ich herzlich gratuliere, hat natürlich nicht nur mit der rein kantonalen Ausrichtung dieser Partei zu tun. In diesem Erfolg steckt mit Sicherheit auch ein gutes Stück bürgerlicher Verzweiflung. Wer in Basel-Stadt bis anhin FDP oder CVP gewählt hatte, stand diesmal vor einem wirklichen Problem. Und für diese Wähler lag die LDP geradezu auf dem Silbertablett: Weder grün-liberal noch national-konservativ, doch eindeutig bürgerlich; und mit einem Wahlzettel der LDP konnte man ohne Stimmenverschwendung doch noch an den Wahlen teilnehmen.

    1. Wie hier der Erfolg der Basler LDP begründet ist, scheint mir voll ins Schwarze zu treffen. – Eine Frage die mich darüber hinaus beschäftigt: Inwiefern ist es der Stadt Basel gelungen, die Schweiz aus dem Gefängnis der Sennenhund- und Volkstanz-Partei zu befreien?

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