Philipp Löpfe: «Früher war alles besser»

Publiziert am 24. März 2021 von Matthias Zehnder

Das Fragebogeninterview über Mediennutzung – heute mit Wirtschaftsjournalist und Autor Philipp Löpfe. Er sagt: «Ich gehöre sicher zur Generation der privilegierten Journalisten.» Früher sei auf den Redaktionen «alles besser» gewesen: «Die Redaktionen hatten Geld für Auslandreisen, Interviews, etc. Die Journalisten wurden anständig bezahlt. Beides ist heute fraglich.» Er ist sich deshalb sicher: «Bücher und Magazine werden bleiben. Tageszeitungen eher nicht.»

Welches Medium darf bei Dir zum Frühstück nie fehlen?

Immer noch der «Tagi» (seufz).

Wie hältst Du es mit Facebook, Twitter und Instagram?

Twitter als News-Beschaffer halte ich für sinnvoll. Facebook, wenn ich wieder mal «Tom&Jerry» sehen will. Für Instagram bin ich zu alt.

Wie hat das Corona-Virus Deinen medialen Alltag verändert?

Kaum, da ich keine Kinder im Schulalter und keine Eltern im Altersheim habe. Mit dem Homeoffice konnte ich bisher gut leben.

Wenn Du an die Medien in der Schweiz denkst – war früher alles besser oder schlechter?

Alles besser. Die Redaktionen hatten Geld für Auslandreisen, Interviews, etc. Die Journalisten wurden anständig bezahlt. Beides ist heute fraglich.

Haben geschriebene Worte noch Zukunft?

Bücher und Magazine werden bleiben. Tageszeitungen eher nicht.

Was soll man heute unbedingt lesen?

Bücher. Ich lese aktuell Daniel Yergin «The New Map». Kann ich nur empfehlen.

Kannst Du schlechte Bücher weglegen oder musst Du Bücher zu Ende lesen?

Inzwischen kann ich sie weglegen.

Wo erfährst Du Dinge, von denen Du nicht gewusst hast, dass sie Dich interessieren?

Immer wieder in guten Zeitungen wie der «Financial Times» und Magazinen wie dem «Economist».

Wie lange gibt es noch gedruckte Tageszeitungen?

Nicht mehr allzulange.

Sind Fake News eine Gefahr – oder eine Chance für die Medien?

Eher eine Gefahr.

Wie hältst Du es mit linearem (live) Radio und Fernsehen?

Ich bin ein schlechter Radiohörer. Am TV verfolge ich primär die Spiele des FCZ.

Hörst Du Podcasts? Hast Du einen Lieblingspodcast?

Selten. Manchmal Ezra Klein von der «New York Times».

Was bedeutet es für die Medien (und die Gesellschaft), dass laut fög 55 % der 16- bis 29-Jährigen zu den News-Deprivierten gehört?

Ich finde es bitter.

Tamedia-VR-Präsident Pietro Supino geht davon aus, dass in zehn Jahren zwischen einem Viertel und einem Drittel der Artikel im «Tages-Anzeiger» von Robotern geschrieben werden. Lässt sich Journalismus automatisieren?

Nein.

Führt die Digitalisierung zum Tod der Medien oder im Gegenteil zur Befreiung des Journalismus?

Ich wüsste nicht, was befreiend sein sollte. Aber der Tod ist auch nicht zwingend.

Siehst Du für professionellen Journalismus noch eine Zukunft?

Ja.

Schreibst Du manchmal noch von Hand?

Ja, ich mache für meine Artikel stets eine Auslegeordnung von Hand, die nur ich lesen kann – oder manchmal auch nicht.

Ist (oder war) Donald Trump gut oder schlecht für die Medien?

Gut für die Medien, schlecht für die Menschheit.

Wem glaubst Du?

Ich habe nach wie vor Vertrauen in den Journalismus der klassischen Medien.

Dein letztes Wort?

Ich gehöre sicher zur Generation der privilegierten Journalisten. Junge Journis haben es deutlich schwieriger. Aber es lohnt sich immer noch, bei der Stange, resp. dem Journalismus zu bleiben.


Philipp Löpfe
Philipp Löpfe ist 1953 geboren und hat in Sargans die Matur gemacht, dann an der Uni Zürich Anglistik und Ethnologie studiert und schliesslich an der Uni St. Gallen ein MBA erworben. Seine Karriere als Journalist begann nach Absolvieren der Ringier-Journalistenschule beim «Sonntagsblick» und führte ihn über «Cash» zum «Tages-Anzeiger». Von 1988 bis 1990 leitete er den «SoBli» als Chefredaktor, von 1999 bis 2002 ebenfalls als Chefredaktor den «Tages-Anzeiger». Danach schrieb er als freier Autor. Heute arbeitet er als Redaktor bei «watson».
https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_L%C3%B6pfe


Basel, 24. März 2021, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

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Ein Kommentar zu "Philipp Löpfe: «Früher war alles besser»"

  1. Trockene und treffende und Antworten. Aber angesichts der Krisen, in denen unsere Welt steckt, betreffen sie höchstens Kinkerlitzchen. Allüberall drohen Kollapse. Das macht Angst und weckt Verzweiflung. Und bei vielen viel Wut. Insbesondere wenn Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft davon nichts wissen wollen. Traurig aber wahr: So lassen sich die grossen Herausforderungen nicht meistern, die mit den Krisen bestehen. Um die Chancen nutzen zu können, die der Wandel bietet, braucht es Vertrauen: in mich, in dich und in ein «Wir». Damit alle bestmöglich heil aus diesen Krisen kommen können, braucht es eine 100-Prozent-Gemeinschaft. Davon scheint unsere Gesellschaft inklusive Medien weit, weit, weit entfernt.

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