Micha Zbinden: «Ich lebe in der Gegenwart»

Publiziert am 12. Februar 2020 von Matthias Zehnder

«Nau.ch»-Chefredaktor Micha Zbinden hofft, dass es gedruckte Tageszeitungen noch lange gebe. Aber: «Es sieht nicht gut aus». Im Fragebogeninterview gibt er Auskunft über seinen persönlichen Mediengebrauch, seinen Umgang mit sozialen und anderen Medien sowie Zustand und Zukunft des Journalismus in der Schweiz. Er sagt, dass ihn der Internetjournalismus schon immer fasziniert habe. «Die Anforderungen heute sind grösser, Entscheidungen müssen rasch und mutig gefällt werden. Das gefällt mir.»

Welches Medium darf bei Dir zum Frühstück nie fehlen?

Nau.ch und der «Blick»-Sport.

Wie hältst Du es mit Facebook, Twitter und Instagram?

Ein Muss. Da bin ich seit Jahren dabei. Wenn Roger Federer wieder einmal Vater von Zwillingen wird, erfahre ich es dort zuerst. Übrigens: Bei Nau sind alle JournalistInnen auf diesen drei Social-Channels.

Es passiert etwas ganz Schlimmes wie 9/11. Wie informierst Du Dich?

Via Social Media und den Online-Newsseiten. Und ich schaue SRF.

Wenn Du an die Medien in der Schweiz denkst – war früher alles besser oder schlechter?

Ich lebe in der Gegenwart. Mich hat der Internetjournalismus schon immer fasziniert. Die Anforderungen heute sind grösser, Entscheidungen müssen rasch und mutig gefällt werden. Das gefällt mir.

Haben geschriebene Worte noch Zukunft?

Ja, klar. Sagt jemand das Gegenteil?

Was muss man unbedingt gelesen haben?

Im Sommer 2020 das neue YB-Meisterbuch.

Kannst Du schlechte Bücher weglegen oder musst Du Bücher zu Ende lesen?

Weglegen. Und zwar ohne schlechtes Gewissen.

Wo erfährst Du Dinge, von denen Du nicht gewusst hast, dass sie Dich interessieren?

In Gesprächen und Begegnungen. Ich habe zuletzt in einer Berghütte einen netten Jäger und eine Naturheilerin kennengelernt. Das war spannend.

Wie lange gibt es noch gedruckte Tageszeitungen?

Hoffentlich noch lange. Aber es sieht nicht gut aus.

Kann ein Onlinemedium die Stellung einnehmen, die früher die Tageszeitung hatte?

Ja klar. Aber nur, wenn das Onlinemedium auf dem Handy gut funktioniert.

Sind Fake News eine Gefahr – oder eine Chance für die Medien?

Fake News sind sogar eine riesige Gefahr.

Wie hältst Du es mit linearem (live) Radio und Fernsehen?

Ich habe mir noch nie ein Fussballspiel verspätet angesehen. Ausser mit 300 Fans im Berner Kino ABC den YB-Cupsieg 1987, weil es so schön war. Bei den vier Toren wurde ausgiebig gejubelt. Das war einmalig.

Hörst Du Podcasts? Hast Du einen Lieblingspodcast?

Nein. Ich schaue mir lieber SRF-Sendungen an.

Was bedeutet es für die Medien (und die Gesellschaft), dass laut fög 56 % der 16-bis 29-Jährigen zu den News-Deprivierten gehört?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Klimastreik diese Statistik verändert hat. Mein 11-Jähriger Sohn liest Nau.ch nur wegen den Greta-Artikeln. Und er fordert die tägliche Greta. Wir erfüllen ihm diesen Wunsch 😊

Tamedia-VR-Präsident Pietro Supino geht davon aus, dass in zehn Jahren zwischen einem Viertel und einem Drittel der Artikel im «Tages-Anzeiger» von Robotern geschrieben werden. Lässt sich Journalismus automatisieren?

In gewissen Bereichen sicher, beispielsweise beim Live-Tickern von Sportevents. Gute Geschichten kommen aber nicht von Robotern. Auch in Zukunft nicht.

Siehst Du für professionellen Journalismus noch eine Zukunft?

Logisch. Aber es verändert sich halt alles laufend.

Schreibst Du manchmal noch von Hand?

Ja, ich mache mir Notizen, die ich dann kaum mehr selbst lesen kann.

Ist Donald Trump gut oder schlecht für die Medien?

Seriösen Medien Fake News vorzuwerfen, ist gefährlich. Er selbst sorgt für unglaublichen Traffic.

Wem glaubst Du?

Dem Jäger und der Naturheilerin aus der Berghütte.

Dein letztes Wort?

Muss ich jetzt schon den Bettel abgeben? Ich will doch nochmals Meister werden. Also: HoppYB!


Micha Zbinden

Micha Zbinden (42) arbeitet als Chefredaktor beim neuen Newsportal Nau.ch. Zbinden war während zehn Jahren bei Ringier, unter anderem. als stellvertretender Chefredaktor Sport. Zuvor arbeitete er beim SRF Sport und bei der «Berner Zeitung». Er lebt in seinen Lieblingsstädten Bern und Zürich, hat einen Sohn (11).
https://www.nau.ch/


Basel, 12. Februar 2020, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

PS: Nicht vergessen – Wochenkommentar abonnieren. Kostet nichts, bringt jede Woche ein Mail mit dem Hinweis auf den neuen Kommentar und einen Buchtipp. Einfach hier klicken.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.