Barbara Achermann: «Wir müssen unseren Job mit mehr Herz machen»

Publiziert am 12. April 2023 von Matthias Zehnder

Das 224. Fragebogeninterview über Mediennutzung – heute mit Barbara Achermann, stellvertretende Chefredaktorin von «Das Magazin». Sie sagt, Facebook, Twitter und Instagram seien «wie die Besuche bei Verwandten als Kind: Eigentlich keine Lust drauf, aber wenn man da ist, ist es manchmal unerwartet lustig.» Sie geht davon aus, dass sich Tageszeitungen wohl bald in den digitalen Raum verabschieden werden: «Tagespresse lese ich auch gern online oder als E-Paper», sagt sie, aber «Magazine lieber im Print». Dass junge Menschen immer weniger professionell produzierte Nachrichten und Medien konsumieren, bedeutet für Barbara Achermann, «dass wir unseren Job besser machen müssen, kreativer, mit mehr Herz.»

Welches Medium darf bei Dir zum Frühstück nie fehlen?

Ich frühstücke nur am Wochenende, dann esse und lese ich richtig ausgiebig: «Das Magazin», «Die Zeit», «BaZ», «NZZ», «NZZ am Sonntag».

Wie hältst Du es mit Facebook, Twitter und Instagram?

Wie die Besuche bei Verwandten als Kind: Eigentlich keine Lust drauf, aber wenn man da ist, ist es manchmal unerwartet lustig.

Wie hat das Corona-Virus Deinen medialen Alltag verändert?

Seither begleitet mich der grossartige Song «Calm Down» von Rema.

Wenn Du an die Medien in der Schweiz denkst – war früher alles besser oder schlechter?

Für Frauen wars viel schlechter.

Haben geschriebene Worte noch Zukunft?

Logo!

Was soll man heute unbedingt lesen?

«Afrotopia» von Felwine Sarr hat mir persönlich die Augen geöffnet.

Kannst Du schlechte Bücher weglegen oder musst Du Bücher zu Ende lesen?

Ich beisse mich ab und zu durch eins durch, das ich am Ende dann doch gut finde.

Wo erfährst Du Dinge, von denen Du nicht gewusst hast, dass sie Dich interessieren?

In «The Continent», das ist eine afrikanische Zeitung, die man per WhatsApp zugeschickt kriegt. Sehr zu empfehlen. Das Abo ist gratis.

Wie lange gibt es noch gedruckte Tageszeitungen?

Fünf Jahre? Tagespresse lese ich auch gern online oder als E-Paper, Magazine lieber im Print.

Sind Fake News eine Gefahr – oder eine Chance für die Medien?

Schwierig zu sagen. Tatsache ist: Faktencheck ist enorm wichtig, beim «Magazin» haben wir dafür zwei grossartige Mitarbeitende: Severin Bruttin und Julia Hofstetter.

Wie hältst Du es mit linearem (live) Radio und Fernsehen?

Ich mag die SRF-Play-App aber live höre und schaue ich schon ewig lange nichts mehr.

Hörst Du Podcasts? Hast Du einen Lieblingspodcast?

Ich liebe Podcasts. «Das Politikteil», «Apropos», «Fresh Air», in den Ferien «Alles gesagt» und viele andere.

Was bedeutet es für die Medien (und die Gesellschaft), dass laut fög 55 % der 16- bis 29-Jährigen zu den News-Deprivierten gehört?

Dass wir unseren Job besser machen müssen, kreativer, mit mehr Herz.

Tamedia-VR-Präsident Pietro Supino geht davon aus, dass in zehn Jahren zwischen einem Viertel und einem Drittel der Artikel im «Tages-Anzeiger» von Robotern geschrieben werden. Lässt sich Journalismus automatisieren?

Manches schon. Was wir beim «Magazin» machen, aber nicht.

Führt die Digitalisierung zum Tod der Medien oder im Gegenteil zur Befreiung des Journalismus?

Weder noch.

Brauchen wir in der Schweiz eine Medienförderung?

Ich würde es lieber ohne machen, aber vermutlich geht das irgendwann nicht mehr.

Schreibst Du manchmal noch von Hand?

Ja, Dramaturgie-Skizzen für längere Texte. Briefe an meinen Mann.

Ist (oder war) Donald Trump gut oder schlecht für die Medien?

Schlecht.

Wem glaubst Du?

Familie, Freunde.

Dein letztes Wort?

Es sind Geschichten, nicht Jahre, die zählen.


Barbara Achermann
Barbara Achermann ist stellvertretende Chefredaktorin von «Das Magazin» und Autorin von «Frauenwunderland – Die Erfolgsgeschichte von Ruanda». Zuvor war sie Redaktorin im Schweiz-Büro der «Zeit», bei der Zeitschrift «Annabelle» und der «Basler Zeitung». Ihre Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem deutschen Reporterpreis. Sie hat Germanistik studiert und lebt mit ihrer Familie in Basel.
https://www.tagesanzeiger.ch/das-magazin


Basel, 12. April 2023, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

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2 Kommentare zu "Barbara Achermann: «Wir müssen unseren Job mit mehr Herz machen»"

  1. Alle diese von Frau Achermann erwähnten und mir bekannten Medien haben (insbesondere mein Herz) nicht (mehr) angesprochen. Es sind ganz und gar andere, für die und mit denen ich kreativ mit Herz, Kopf, Hand und Fuss unterwegs bin: so beispielsweise wöchentlich und neuerdings mit MANOVA (ehemals RUBIKON): https://www.manova.news/, oder alltäglich und inzwischen bereits langjährig und sozusagen alterdings mit TRANSITION NEWS: https://transition-news.org/. Und wie wäre es einmal monatlich mit DAS BLATT: https://round-about-peace.com/das-blatt? Ob diese Medien wohl nicht nur Alte wie mich, sondern auch hippe und hoppe Junge anzusprechen vermögen? Es würde mich sehr überraschen!

    1. Antwort:
      Ganz bestimmt – Ueli Keller setzt mit diesen Titeln auf den richtigen Osterhasen!
      Und der ist (wie ich) ja auch hipp und hopp(el….)
      Der Output der „etablierten“ Titel spricht auch mich immer wie weniger an, Pflichtlektüre bei der ich manchmal denke, wie diese sich auf Nebenschauplätzen verirren und das Wahre in ihren Grossraum-Wusel-Redaktion-„Halls“ und „Centers“ und „Rooms“ nicht mehr erkennen können. Technik und Intrigen, Anbiedern und Rausekeln sind dort an der Tagesordnung. Kein fruchtbares Klima mehr für tiefe Gedanken…. Gerade beim „Magazin“ und dessen Chefredaktor, welcher den Hut nehmen musste
      Mehr hier:
      https://2021.radio1.ch/assets/podcasts/doppelpunkt/radio1-doppelpunkt-20230305-1102.mp3
      Damit ist er im Medien-Ego-Zirkus (ja, man kann es bald nicht mehr anders nennen) nicht alleine: Auch Christian Dorer, welchen die CEO’s in Zwangsurlaub schickten, wie Werner de Schepper oder Marc Walder welcher durch die Berset-Affäre zurückgestuft wurde gehört zu dieser Mainstream-Chefredaktoren-Gilde….
      Fazit: „In der dunkelsten Kneipe ist es 1000 x besser wie am hellsten (Medien-) Arbeitsplatz….“ (aus Goethe oder so…)

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