Medientipp

NDR – Die Korrespondenten

Publiziert am 2. April 2019 von Matthias Zehnder

Journalisten, die in diesen Tagen aus London oder aus Washington berichten müssen, haben es nicht ganz einfach: Sie sehen sich gefangen in einer Endlosschleife von Brexit-Diskussionen respektive Trump-Tweets und müssen versuchen, aus den ewiggleichen Schlagzeilen immer wieder neue Berichte zu machen. Wie sich das anfühlt, welche Probleme sich dabei stellen und was deutsche Korrespondenten dabei erleben, das ist das Thema der NDR-Podcast-Serie «Die Korrespondenten». Darin berichten NDR-Journalisten aus London, Washington, Neu Delhi und Singapur über ihren Arbeitsalltag.

Besonders interessant sind dieser Tage die Podcasts aus London und Washington. Die Gespräche sind eine spannende Mischung aus Hintergrundgespräch über die politische Situation in England respektive den USA und Werkstatteinblick: Wie spricht man als Korrespondentin mit den Angehörigen von Opfern eines Massakers? Eine heikle Aufgabe, auch wenn der Amoklauf von Columbine bereits 20 Jahre her ist, berichtet Martina Buttler aus Washington. Präsident Trump will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko. Aber was sagen die Menschen da? Torsten Teichmann hat sich umgehört. In den Radiosendungen von NDR berichten die Journalisten in Reportagen über ihre Reisen. Im Korrespondenten-Podcast reflektieren sie darüber. Wie kann man sich ein objektives Bild der Lage verschaffen? Was sagen die Amerikaner zum Thema? Wie reagieren Europäer darauf? Was heisst das für einen Korrespondenten? Es sind diese Reflexionen, die den Podcast so interessant machen.

Aus London erreichen die Podcast-Hörerinnen und -Hörer indes immer verzweifeltere Töne: Wie kann man noch über diesen Brexit berichten? Anne Demmer, Jens-Peter Marquardt und Thomas Spickhofen fühlen sich immer mehr an den Film Groundhog Day (Und ewig grüsst das Murmeltier) erinnert: Die Handlung in Whitehall scheint festzustecken. Premierministerin Theresa May wiederholt wie ein Mantra ihren fatalen Satz Brexit means Brexit. Die Grossbritannien-Korrespondenten des NDR versuchen trotzdem immer wieder, dem Ernst der Lage, den verschiedenen Lagern in Grossbritannien und der Gefühlslage zu Hause gerecht zu werden. Sie schildern im Podcast kurze Nächte und lange Arbeitstage, wie sie von der Redaktion am Sonntag morgens um vier aus dem Bett geklingelt werden, weil sich das Gerücht verbreitet hat, Theresa May trete zurück. Sie erzählen von der Not des Korrespondenten, nach stunden-, ja tagelanger Debatte im Unterhaus schon wieder eine Brexit-Geschichte zu machen.

Die Podcasts geben spannende Einblicke ins Korrespondentenleben und hinter die Kulissen des Rundfunks. Sie zeigen, wieviel ernsthaftes Bemühen hinter den Berichten der Korrespondenten stecken – und sind damit auch ein Statement für ernsthaften Journalismus und das öffentlich-rechtliche Radio. Als Schweizer staunt man zuweilen über den Aufwand, den die deutschen Korrespondenten betreiben können. So oder so: Auf jeden Fall hörenswert.

Die Korrespondenten in London finden sich hier auf der NDR-Website, die Korrespondenten in Washington finden sich hier. Oder in jedem guten Podcatcher.

Basel, 2. April 2019, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

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