Todos im digitalen Leben
Letzte Woche habe ich gefragt, ob Sie an Gedanken und Nützlichkeit rund um das digitale Leben in einer neuen Rubrik «Leben digital» interessiert wären. Das Echo war überwältigend: Ich habe Dutzende von zustimmenden Mails erhalten mit interessanten Fragen und Hinweisen. Einige der Fragen werde ich in den kommenden Wochen aufgreifen und einigen Hinweisen nachgehen. Mein Ansatz wird die Grundfrage sein: Wie können wir besser digital leben? Es geht also darum, wie wir einerseits mit den Herausforderungen eines digitalen Lebens und Arbeitens besser fertig werden und andererseits die Herausforderungen des Lebens mit digitalen Tricks besser meistern. Dabei meine ich mit «besser» nicht einfach stur schneller und produktiver, ich meine damit, dass wir mehr Zeit und Energie für jene Dinge (und Menschen) aufwenden können, die uns lieb und wichtig sind.
Ich habe mir lange überlegt, mit welchem Thema ich einsteige. Soll es eine besonders grosse Frage sein rund um künstliche Intelligenz? Eine besonders heikle rund um Datenschutz? Eine besonders wichtige rund um Cybersicherheit? Ich habe mich für ein viel simpleres Thema entschieden, ein Thema, das genau das leistet, was ich bieten will: es zeigt die Stärken der Digitalisierung, ohne uns damit zu knechten. Es drängt sich nicht in den Vordergrund, sondern ermöglicht es, dass wir uns jenen Dingen widmen, die uns lieb und wichtig sind. Das Thema: Die digitale Todo-Liste.
Ich gebe gerne zu: Ich bin vergesslich (bis verdrängerisch), wenn es um Aufgaben geht, auch wenn es sich um so simple Dinge wie eine Kaffeebestellung handelt. Wenn ich mich in meinem Büro an meinen Computer setze und zu schreiben beginne, versinkt die Welt um mich herum und ich stelle am Abend immer wieder erstaunt fest, was ich alles zu erledigen vergessen habe. Als Selbstständiger überlebt man so nicht lange. Ich habe deshalb früh damit begonnen, mir Todo-Listen zu schreiben. Es begann mit der kleinen Liste auf Notizpapier (die ich aber problemlos ein paar Tage mit mir herumtragen konnte, ohne sie je zur Hand zu nehmen). Oder ich vergass die Liste zu Hause und versuchte mich dann im Büro daran zu erinnern, was ich mir aufgeschrieben hatte.
Etwas besser sind deshalb digitale Lösungen auf dem Handy. Zum Beispiel die Notizen-App auf dem iPhone. Die kleine App mit dem gelben Rahmen kann mittlerweile mehr als nur Texte erfassen. So lassen sich kleine Listen bauen, die zu Beginn jeder Zeile einen Knopf aufweisen. Tippt man den Knopf an, wird er ausgefüllt – so kann man eine Liste abarbeiten. Der Vorteil dabei: Das Programm gibt es nicht nur auf dem iPhone, sondern auch auf dem Mac. Jede Änderung in einer Datei synchronisiert der Mac automatisch über iCloud. Der Nachteil: Die Listen sind wirklich simpel. Ich nutze sie heute vor allem zum Einkaufen. Sie eignen sich nicht dazu, Aufgaben mit Terminen zu versehen. Dafür gibt es aber spezialisierte Todo-Apps.
Ich habe verschiedene solcher Apps ausprobiert. Die bekannteste ist wohl Todoist, eine ausgeklügelte App, die es ermöglicht, alle möglichen Aufgaben zu verwalten. Man kann Aufgaben terminieren und priorisieren, man kann sie mit verschiedenen Farben ordnen und zu Projekten zusammenfassen. Wie bei der Notizen-App lassen sich die Informationen auf dem Handy, auf dem Computer und über den Browser bearbeiten. Mein Problem war: ich vergass im Büro schlicht, die App anzusehen. Todoist mag eine gute App sein, ich schaffte es nicht, sie auf vernünftige Art und Weise in meinen Arbeitsablauf einzupassen. Was ich brauchte, war ein Trick, ein Weg, mich selbst immer wieder mit meinen Aufgaben zu konfrontieren.
Deshalb nutze ich heute Google Tasks. Der Hauptvorteil (für mich) ist dabei, dass sich die Aufgabenliste auf Google Mail in einer Spalte neben den eingegangenen Mails einblenden lässt. Und auf die Mails schaue ich ständig. Dazu lassen sich Aufgaben erstellen, indem man eine Mail packt und mit der Maus auf den Task-Teil zieht. Google baut daraus automatisch eine Aufgabe, man muss nur noch einen Termin setzen. Auf diese Weise sorge ich dafür, dass ich kompliziertere Mails im Laufe des Tages beantworte, auch wenn sie längst ausser Sicht geraten sind. Wie für Todoist gibt es für Google Tasks eine App für das iPhone (und natürlich für Android-Geräte). Ich habe mir angewöhnt, mir jede Aufgabe und jede Idee mit der App sofort aufzuschreiben. Ich weiss, dass ich sonst ewig vergessen würde, Kaffee zu bestellen oder meine Treuhänderin anzurufen.
Für mich ist dabei wichtig, dass mir die App und die Einbettung der Aufgaben im Mail-Bildschirm von Google den Kopf befreit. Ich muss nicht mehr daran denken, was ich alles noch tun muss und kann mich ganz auf meine Arbeit konzentrieren. Darüber hinaus ist es unglaublich befriedigend, immer wieder kleine Aufgaben abhaken zu können. Und für alle, die in Arbeitsplanung bewandert sind: Die App arbeitet auch mit Google Calendar, also mit der elektronischen Agenda zusammen. So lassen sich Aufgaben auch als Termine eintragen. Für die Kaffeebestellung ist das nicht nötig, die ist mit ein paar Handgriffen erledigt. Aber der nächste Text schreibt sich nicht von selbst. Gute Arbeitsplanung umfasst deshalb nicht nur eine Todo-Liste, sondern auch das Einplanen der für die Erledigung der Aufgabe nötigen Arbeitszeit. Nein, ich mache das nicht immer und nicht so konsequent, wie ich sollte. Manchmal habe ich einfach gerne eine leere Agenda und Zeit zum Denken. Ich würde meinen Alltag aber nicht beherrschen, wenn ich meine Aufgaben nicht sinnvoll und digital verwalten könnte. Google Tasks mag nicht die beste Aufgabenverwaltung sein, aber das Programm hilft mir, mich auf das zu konzertieren, was für mich wesentlich ist, weil es sich nahtlos in meinen Arbeitsalltag einbindet.
Google Tasks gehört zur Google App-Gruppe und ist, im Rahmen der Google-Nutzung, kostenlos. Für komplexere Listen eignet sich das Google Tasks Board. Für alle, die kein Google-Konto haben, empfehle ich für einfachere Zwecke die Notizen-App auf dem iPhone und für «richtige» Aufgabenverwaltung Todoist.
- Google Tasks: Teil der Google App Suite
- Google Tasks Board: https://tasksboard.com/app
- Notizen: Teil von iOS
- Todoist: https://todoist.com/de/
Basel, 8. Oktober 2021, mz@matthiaszehnder.ch
Matthias Zehnders «Leben digital» hilft Powerusern, Selbstständigen und KMUs, mit konkreten Tipps und Tricks das digitale Leben besser zu bewältigen, damit sie mehr Zeit und Energie für jene Dinge (und Menschen) aufwenden können, die ihnen lieb und wichtig sind. Ihre Fragen zum digitalen Leben erreichen mich jederzeit über diesen Link hier oder direkt unten in der Kommentarspalte.
Bild: © olly – stock.adobe.com
Ein Kommentar zu "Todos im digitalen Leben"
Dieser Artikel scheint mir ein bisschen wie Werbung für Apple und Google. Trotzt der Verdienste dieser und ähnlicher Firmen empfinde ich sie heute eher als Bedrohung, und sie befinden sich auch dauernd irgendwo unter Anklage und etliche müssen von Zeit zu Zeit Millionenbussen zahlen. Ein zeitgemässes digitales Leben besteht für mich deshalb darin, Alternativen zu solcher Hard- und Software zu finden. Während dies bei Software noch einigermassen geht, z.B. mit linuxoiden Betriebssystemen und Freien Open Source Anwendungen, ist es bei Hardware noch kaum der Fall, und auch bei Firmware, so dass z.B. die eigentlich freie Swiss Covid App nur mit Segen von Apple oder Google benutzbar ist, wegen Teilen der Bluetooth Schnittstelle. So kontrollieren solche Techfirmen immer mehr unser Leben und Politik und Medien schlafen nicht nur, sondern agieren sogar als Steigbügelhalter der Konzerne.