KI-Denkfehler #7: Viele Führungskräfte glauben, KI sei klug.

Publiziert am 19. August 2025 von Matthias Zehnder

Verständlich – aber falsch. KI ist im Gegenteil naiv: Sie kann die Welt nur wörtlich nehmen und versteht nichts hinter den Worten. Die Leistung der Künstlichen Intelligenz beeindruckt: Sie generiert verblüffende Bilder, produziert Texte auf Knopfdruck und liefert zu fast jeder Frage eine wohlklingende Antwort. Dabei geht vergessen, dass die Maschine keine Ahnung hat, was sie da sagt oder zeichnet. Sie hat sich nicht die Welt angeeignet, sondern nur die Sprache – und zwar lediglich die Zeichenebene der Sprache: Wörter und Satzzeichen, Grammatik und vor allem Sprachstatistik. Die KI beherrscht die Oberfläche der Sprache. Mehr nicht. Das heisst: sie kann nicht anders, als die Sprache wörtlich zu nehmen. Ich sage deshalb: Die KI ist naiv. Sie ist naiv, weil sie nichts anderes kennt als Oberfläche.

Drei Denkfehler, die ich oft beobachte:

«KI weiss alles.»

Nur weil die KI auf jede Frage eine Antwort hat, heisst das nicht, dass sie etwas weiss. KI verknüpft Wahrscheinlichkeiten – mehr nicht. In der Praxis fällt dieser Unterschied manchmal kaum auf, doch er ist entscheidend.

Denn Wissen gibt es in vielen Formen: Es gibt sprachliches Wissen, wie in einem Lexikon. Es gibt aber auch praktisches Wissen, etwa das Wissen, wie man Fahrrad fährt oder Geige spielt. Es gibt phänomenales Wissen, also das Wissen, wie es sich anfühlt, verliebt zu sein oder Zahnschmerzen zu haben. Und es gibt körperliches Wissen, das ist unsere unmittelbare Wahrnehmung der Welt. Von all dem hat KI keine Ahnung.

Deshalb darf man KI-Antworten nie isoliert nehmen. Sie brauchen eine Herleitung, eine Quelle, einen Beleg. Genau da versagt KI verblüffend oft – und entlarvt ihre Antworten als Ratespiel, basierend auf Statistik. Entscheidend ist also nicht die Antwort selbst, sondern die Begründung.

«KI versteht alles.»

KI nimmt Sprache wörtlich – und genau das ist naiv. Wörter sind Zeichen, die auf etwas ausserhalb der Sprache verweisen. Sinn und Bedeutung entstehen erst beim Menschen, der sie liest. Für uns ist Verstehen die Rekonstruktion von Sinn. Das ist der KI nicht möglich, weil sie nur auf der Zeichenebene operiert. In diesem Sinne ist die KI also naiv.

Wir Menschen können nur eine Sprache, die wir nicht beherrschen, nur auf der Zeichenebene wahrnehmen. Wer keine Ahnung von Persisch hat, kann ein persisches Schriftzeichen schön finden, ohne dass ihm die Bedeutung in die Quere kommt. Bei Sprachen, die wir verstehen, wechseln wir sofort auf die Bedeutungsebene. Darum übersehen wir in unseren eigenen Texten oft Rechtschreibfehler: Wir lesen nicht die Buchstaben, sondern den Sinn.

Genau deshalb schreiben wir der KI so leicht Bedeutung zu. Doch diese Interpretation stammt nicht von ihr – sondern von uns.

«KI liefert Antworten.»

Natürlich liefert KI Antworten – und zwar zu fast allem. Deshalb ist nicht die Antwort entscheidend, sondern die Frage. Denn KI kann nicht unterscheiden zwischen einer klugen und einer dummen Frage. Sie produziert Output, egal was man eingibt.

Hier lauert das vielleicht grösste Missverständnis im Umgang mit der KI: Viele Führungskräfte glauben, je klüger die KI sei, desto entspannter sei der Umgang mit ihr. Das Gegenteil ist wahr: Je mehr die KI kann, desto anspruchsvoller wird es, sie richtig zu bedienen.

Wer der KI die falsche Frage stellt, bekommt auch von der besten Maschine nur Unsinn zurück – glänzend formuliert, aber ohne Wert. Deshalb entscheidet im Umgang mit KI weniger die Technik als die Qualität der Fragen.

KI ist kein kluger Partner, sondern ein naiver Spiegel. Sie weiss nicht alles, sie versteht nichts hinter den Worten, und sie liefert Antworten ohne Verantwortung. Gerade weil sie so souverän wirkt, ist die Gefahr gross, sie zu überschätzen.

Das bedeutet für Führungskräfte: Die wahre Herausforderung liegt nicht in der Technik, sondern in der Haltung. Es braucht kritische Distanz und die Fähigkeit, Antworten einzuordnen. Und vor allem die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen. Nur so wird aus einem naiven Werkzeug ein nützlicher Begleiter.

Basel, 19.08.2025, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch


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