Wie Sie Fake News auf die Spur kommen

Publiziert am 28. Oktober 2021 von Matthias Zehnder

Desinformation, Falschinformation und Fake News begegnen uns im Internet, vor allem in den Sozialen Medien, auf Schritt und Tritt. Das wissen wir alle. Es gibt offensichtliche Fälle von Fake News. Etwa: Dass Hillary Clinton im Keller einer Pizzeria einen Kinderporno-Ring betreibe. Das ist einfach zu unwahrscheinlich. Es gibt aber auch Nachrichten, die zum Zweifeln, ja: zum Verzweifeln bringen. Wie lässt sich herausfinden, ob eine Nachricht wahr oder falsch ist? Tipps und Tricks zum Erkennen von Desinformation und Fake News.

Dieser Tage bin ich auf eine Meldung des Vereins Bürger für Bürger gestossen, die behauptet, das weltweite Impfprogramm sei von China initiiert worden und diene vor allem dem Ziel, das US-Militär zu liquidieren. Das ist ähnlich unwahrscheinlich wie die Meldung von Hillary Clinton und dem Kinderpornoring, eine Meldung, die im Wahlkampf zwischen Clinton und Donald Trump hohe Wellen geschlagen hat und mittlerweile als Pizzagate bekannt ist. (Dass viele Amerikaner der Meldung glauben geschenkt hatten, erlaubt weniger Rückschlüsse über die Glaubwürdigkeit der Meldung als über Bildungsstand und Verführbarkeit der Amerikaner.) Trotzdem versuchen wir herauszufinden, ob an der Meldung über die Chinesen, die mit einer Impfung das amerikanische Militär liquidieren wollen, etwas dran sein könnte – wir suchen also nach der Meldung. Die Suche mit Google und mit Microsofts Suchmaschine Bing führt jedoch zu keinerlei Resultat. Es finden sich nur Meldungen darüber, dass die amerikanische Armee aus Sicherheitsgründen die Impfung für ihre Angehörigen zur Pflicht gemacht hat. Sie können auch DuckDuckGo verwendenden, wenn Sie sich um Ihre Privatsphäre Sorgen machen, die Resultate unterscheiden sich aber nicht.

Es ist dies das erste und schwierigste Problem, auf das rasch stösst, wer sich mit Fake News beschäftigt: Es ist das Problem der negativen Evidenz. Es ist nicht möglich, etwas zu finden, was es nicht gibt. Wenn die Meldung falsch und frei erfunden ist, dann findet man sie nicht im Internet. Nun könnte man sagen: Dass man nichts findet, ist der Beweis dafür, wie ernst die Lage ist, die Geheimdienste haben bereits die Spuren verwischt, die USA unterdrücken die Informationen. Wer sich ein kleines bisschen mit dem Zweiparteiensystem der USA auskennt und weiss, wie unerbittlich sich die politischen Gegner bekämpfen, begreift schnell, wie unwahrscheinlich es ist, dass Demokraten und Republikaner sich darauf einigen, über etwas zu Schweigen. Aber nehmen wir an: Wir wissen nichts über die USA und wir finden nichts über die Meldung im Internet.

Das ist ein deutliches Zeichen für Desinformation: Es ist äusserst unrealistisch, dass eine wichtige Nachricht geheim bleibt und nur unter «Eingeweihten» kursiert. Wenn Sie sich nicht damit abfinden möchten, dass Sie mit den herkömmlichen Suchmaschinen nichts finden, können Sie die Suche auf Englisch ausweiten. Wenn Sie nicht in der Lage sind, die Nachricht auf Englisch zu übersetzen, hilft DeepL dabei: Im Linken Fenster Nachricht eingeben, rechts die englische Übersetzung kopieren und in ein Google- oder Bing-Suchfeld eingeben. In unserem Fall Lautet die Nachricht: «China will mit Impfungen US-Armee eliminieren» – die Übersetzung durch DeepL lautet: «china wants to eliminate us army with vaccinations». Eine Suche danach führt aber zu nichts.

Nun sucht eine Suchmaschine im Normalfall das Internet, also stehende Websites ab. Google und Bing sind aber auch in der Lage, Nachrichtenangebote abzusuchen. Dafür geben Sie den Suchauftrag ins Suchfeld ein, klicken aber auf den Reiter «News». Auch die Suche nach Nachrichten führt in unserem Fall zu keinen Ergebnissen. Je nach Nachricht ist auch ein Bild verfügbar. Wenn Sie das Bild auf Ihre Festplatte speichern, können Sie auch danach suchen – das führt manchmal zu überraschenden Ergebnissen. Rufen Sie dazu die Google-Bildersuche auf (Google aufrufen und den Reiter «Bilder» anklicken) und ziehen Sie das Bild von der Festplatte mit der Maus auf das Suchfeld. Google sucht jetzt nach ähnlichen Bildern. Uf diese Weise findet man zum Beispiel heraus, dass manche Bilder etwa von Demonstrationen oder kriegerischen Auseinandersetzungen in einem völlig anderen Zusammenhang entstanden sind – oder der vermeintlich ehrliche Arzt oder die sensationell genesene Patientin in Wirklichkeit ein Bild einer Bildagentur ist und auf anderen Internetseiten für Zahnpastawerbung verwendet werden. 

Es stellt sich deshalb irgendwann die Frage: Wie glaubwürdig ist eigentlich unsere Quelle? Um herauszufinden, wie seriös eine Meldung ist, müssen wir sie uns genauer anschauen. Dazu können wir verschiedene Aspekte überprüfen. 

 

An der Meldung selbst:

  • Hat die Meldung ein Veröffentlichungsdatum?
  • Ist ein Autor oder mindestens eine Nachrichtenagentur genannt?
  • Ist die Sprache der Meldung neutral oder ist sie wertend, emotionalisierend, sensationalisierend?

 

Gibt die Meldung Quellen an?

  • Beruft sich die Nachricht auf öffentlich zugängliche Quellen?
  • Gibt es Bilder, Videos oder andere Dokumente, die als Beweis hinterlegt sind?

 

Schliesslich das Medium, das die Meldung veröffentlicht hat:

  • Hat das Medium ein Impressum? Wer ist darin als Herausgeber genannt? 
  • Welche Informationen finden sich über Google und auf Wikipedia über das Medium?

 

Viele Falschnachrichten kursieren oft über längere Zeit in unterschiedlichen Formulierungen. Manche werden zu richtigen Nachrichten-Legenden. Es kann deshalb sein, dass sich auf Plattformen für Faktencheck Angaben dazu finden. Die drei wichtigsten Plattformen dafür sind: 

 

Im englischen Sprachraum gibt es den «duck test», also den Ententest: Wenn etwas aussieht wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich eine Ente. Ich rede natürlich nicht vom Federvieh, sondern von der Zeitungsente: Wenn es aussieht wie eine Falschnachricht, so unwahrscheinlich ist wie eine Falschnachricht und so sensationell tönt wie eine Falschnachricht, dann ist es in aller Regel auch eine Falschnachricht. Vor allem dann, wenn kaum jemand davon weiss. Es ist nicht anzunehmen, dass Sie in einer Mediengesellschaft voller grosser Nachrichtenorganisationen vor diesen Organisationen über eine wichtige Entwicklung informiert werden. Deshalb: Bleiben Sie skeptisch – und verbreiten Sie keine Falschnachrichten.

Basel, 28. Oktober 2021, mz@matthiaszehnder.ch

Matthias Zehnders «Leben digital» hilft Powerusern, Selbstständigen und KMUs, mit konkreten Tipps und Tricks das digitale Leben besser zu bewältigen, damit sie mehr Zeit und Energie für jene Dinge (und Menschen) aufwenden können, die ihnen lieb und wichtig sind.

Bild: © sata – stock.adobe.com

Ein Kommentar zu "Wie Sie Fake News auf die Spur kommen"

  1. Zum Umgang mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Tatsachen erlebe ich bei andern und bei mir sowie bei Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft folgende Gegebenheiten und Verhaltensweisen: Tatsachen nicht kennen (können), Tatsachen nicht wissen wollen, Tatsachen kennen und nicht entsprechend handeln, sein Tun an Tatsachen ausrichten, Tatsachen verschleiern oder vertuschen, Tatsachen verheimlichen, sie – bewusst oder unbewusst – verdreht oder verzerrt wahrnehmen oder weitergeben, aktiv lügen. Ist das Handeln entsprechend Tatsachen die Ausnahme, ist eine Gesellschaft wahrnehmungsgestört und verwahrlost.

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