Kein Grabjubel für die BaZ: Eine Replik zu Roland Stark
Jeweils am Donnerstag wetzt Alt-SP-Grossrat Roland Stark in der BaZ seinen Griffel und kolumniert über alles und jeden. Manchmal lustig, manchmal daneben und manchmal, wie heute, völlig daneben. Heute mokiert sich Stark über ein Medienfest, das die Organisation Rettet Basel morgen Freitag auf dem Dreispitz aus Freude darüber ausrichtet, dass Christoph Blocher sich medial aus Basel zurückzieht. Stark schreibt zwar, er habe ein gewisses Verständnis für die harten Vorwürfe an die Adresse der BaZ. Aber: Die Jubelarien und zynischen Sprüche über deren Verschwinden zeugen von medienpolitischer Verantwortungslosigkeit und Unreife.
Das ist gleich dreimal falsch.
Erstens jubelt niemand über das Verschwinden der BaZ, der Jubel bezieht sich einzig auf das Verschwinden von Christoph Blocher und Markus Somm. Freude herrscht darüber, weil sich beide nie wirklich für Basel interessiert haben, sondern Basel und die «Basler Zeitung» lediglich als Plattform für ihre politischen Anliegen genutzt haben.
Zweitens verschwindet die BaZ nicht, sie wurde von Tamedia gekauft (wenn es die Weko denn bewilligt). Stark schreibt, es sei eine Feier zum Untergang der eigenständigen Basler Zeitung. Er kriecht damit der Propaganda von Christoph Blocher auf den Leim. Denn ihre Eigenständigkeit hat die BaZ nicht erst durch den Verkauf an Tamedia verloren, sondern bereits durch den Verkauf an Tettamanti/Blocher. Seither war die BaZ kein publizistisches Projekt mehr, sondern ein politisches. Seither bestimmt nicht ein Verleger in Basel darüber, was gut ist für die Zeitung der Basler, sondern ein Verleger und ein Chefredaktor vom Zürichsee.
Drittens greift Stark mit dem Vorwurf der medienpolitischen Verantwortungslosigkeit völlig daneben. Mit Medienpolitik haben die Vorgänge nämlich wenig zu tun. Blocher hat, nach Jahren der politischen Bewirtschaftung der BaZ, nämlich einen ökonomischen Entscheid gefällt: Eine Zeitung, die (mittlerweile) so klein ist wie die BaZ, kann schlicht nicht mehr alleine überleben. Das hat mit der Kostenstruktur einer Zeitung zu tun: Anders als bei der Pizzaproduktion kostet es nämlich praktisch gleich viel, ob man eine Tageszeitung für 10’000 oder für 100’000 zahlende Kunden produziert.
Nein, das ist eben gerade nicht eine politische Betrachtung, sondern die medienökonomische Realität und die hat relativ einfache, ökonomische Ursachen. Eine davon: Das Internet hat das Geschäftsmodell der klassischen Zeitung zerstört. Ein Beispiel: Lokale Werbung und lokale Inhalte lassen sich heute völlig entkoppeln. Entscheidend ist die Aufmerksamkeit. Wenn ein Geschäft im Gundeli früher Werbung machen wollte, musste es seine Anzeige in der «Gundeldinger Zeitung» oder in der BaZ schalten. Heute kann das Geschäft die Zeitung elektronisch so in, sagen wir, der «New York Times» schalten, dass nur Leser der NYT die Werbung sehen, die im Gundeli wohnen. Diese Entkoppelung von Lesermarkt und Werbemarkt zerstört letztlich die kleinteilige Presselandschaft in der Schweiz. Das ist ein medienökonomisches Problem, das mittlerweile so gross ist, dass es möglicherweise eine medienpolitische Lösung braucht.
Nein, ich sehe keine Jubelchöre an der Grabgrube, wie die Kolumne von Roland Stark überschrieben ist. Da ist weder Jubel, noch Grab, da ist bloss ökonomisch erzwungene Veränderung. Aber vielleicht fürchtet sich Herr Stark ja einfach davor, nach Jahren im Beifahrersitz von Christoph Blocher bald den Platz in der Zeitung für seine Kolumne zu verlieren.
Basel, 28. Juni 2018, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
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3 Kommentare zu "Kein Grabjubel für die BaZ: Eine Replik zu Roland Stark"
Gerne schreibt „man“ zu lange Kommentare. Dies will ich nicht tun.
Sorry, auch wenn ich mich wiederhole. Aber die Auffassung, die Ansicht, was für eine Aufgabe die BaZ hat (hatte), wie der offene, legendäre Chefredaktor Markus Somm es sieht (sah), kommt (kam) in diesem, seinen Artikel, welcher jeder einmal in seinem Leben gelesen haben sollte, am besten zum Ausdruck – deshalb (…the last time…)
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https://bazonline.ch/kultur/diverses/unser-lieber-staatsfeind/story/19907341
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Für mich: Genial, fantastisch – und sicherlich kein Grund zur Schadenfreude, zum Zynismus oder zu Hochmut. Danke BaZ für die 8 spannenden, gehaltvollen, geistreichen und aufdeckenden Jahre. Und: Kurz und knapp = Der wahren, Basler Boy-Group vom Aeschenplatz 7 alles Gute!
Der aufgebrachte Verfasser der Replik braucht sich um meine Zukunft als Kolumnist keine Sorgen zu machen.
Ich habe schon einmal einen Rausschmiss „überlebt“, als der damalige bz-Chefredaktor Zehnder meine Kolumne Knall auf Fall und ohne substanzielle Begründung aus dem Blatt kippte und durch pflegeleichtere Kost ersetzte.
Ach, Roland Stark, wie seltsam, dass ich das ganz anders in Erinnerung habe. Aber selbst wenn es so gewesen wäre: Wäre es wirklich ein Grund, für Blocher zu arbeiten?