Es ist offiziell: «es ist offiziell» ist die dümmste Floskel. Ever.
Sie kennen die Einleitung sicher: «Jetzt ist es offiziell», melden Zeitungen gerne, um der folgenden Nachricht mehr Gewicht (und mehr Glaubwürdigkeit) zu verleihen. Jetzt ist es offiziell: Ab Mitte April buhlen 22 Männer um die Basler Bachelorette Adela Smajic meldet zum Beispiel die bzBasel. Die Aargauer Zeitung schreibt: Jetzt offiziell: Nancy Holten ist Schweizerin Das deutsche Nachrichtenmagazin Focus freut sich: Jetzt ist es offiziell: „Ghost“ wird das neue Musical in Hamburg und Nau.ch meldet erleichtert: Jetzt ists offiziell: Bachelor Joel und Ludmilla sind kein Paar Ich meine, es ist offiziell: «Es ist offiziell» ist die dümmste Floskel, die ein Medium verwenden kann und ich sage Ihnen auch, warum das so ist.
Besonders häufig findet sich die Wendung in Meldungen zu Wechseln im Fussball. Spiegel online meldet: Jetzt ist es offiziell: Jupp Heynckes ist wieder Trainer des FC Bayern Die Aargauer Zeitung seufzt auf: Jetzt ist es offiziell: Éder Balanta wird der neue Walter Samuel und der Text beginnt so: Endlich. Endlich ist es fix: Éder Balanta wechselt von River Plate zum FCB. Das muss ja eine Leidensgeschichte gewesen sein. Auch die «Tageswoche» pflegt den Offizialstil im Zusammenhang mit den FCB: Jetzt ist es offiziell: Yoichiro Kakitani, 24-jähriger Offensivspieler aus Japan, wechselt zum FCB und unterschreibt einen Vierjahresvertrag.
Die Einleitung suggeriert, dass das gemeldete offiziell ist, also amtlich, von einer Behörde, einer Dienststelle bestätigt und daher glaubwürdig. Siehe hier: https://www.duden.de/rechtschreibung/offiziell
Korrekt verwendet die Limmattaler Zeitung die Redewendung hier: Jetzt ist es offiziell: Die Zürcher Regierung erklärt Fabian Molina zum Nationalrat. Der Zürcher Regierungsrat hat nämlich kraft seines Amtes Kantonsrat Fabian Molina (SP) als Nationalrat für gewählt erklärt –Molina ist danach offiziell Nationalrat und tritt die Nachfolge von Tim Guldimann an.
Doch solche Beispiele sind rar. Der Normalfall sind Meldungen wie die hier: Jetzt ist es offiziell. Seit Monatsbeginn ist Christian Löer neuer Marketing Direktor bei Jaguar Land Rover Deutschland. Wahnsinn. Da bleibt die Kinnlade unten. Oder hier: Jetzt ist es offiziell: Der derzeitige Chef der Wirbelsäulen-Chirurgie wird ärztlicher Direktor der Uniklinik Balgrist. Wow. Ganz zu schweigen von: Es ist offiziell: Rihanna bringt ihre eigene Dessous-Kollektion auf den Markt. Endlich. Was sind wir erleichtert.
Was sollen diese «offiziell»-Wendungen? Sonst machen die Medien doch gerne einen grossen Bogen um Offizielles. Wenn die «Hessenschau» schreibt: Es ist offiziell: Niko Kovac verlässt Eintracht Frankfurt zum Saisonende und wird Cheftrainer beim FC Bayern, dann suggeriert sie: Wir haben es natürlich schon lange gewusst. Aber jetzt ist es verbrieft. Wobei: Nicht einmal Kovac wusste lange vorher, dass er Bayern-Trainer werden soll.
Die «offiziell»-Wendungen sollen einer Meldung also besonderes Gewicht und Glaubwürdigkeit verleihen. Der Effekt ist aber kontraproduktiv: Wenn eine Zeitung anschreiben muss, dass eine Meldung «offiziell», also besonders glaubwürdig, weil bestätigt ist, dann ist der Normalfall das Gegenteil: unglaubwürdige Mutmassungen und Gerede. «es ist offiziell» ist damit ein Merkmal für einen emotionalen Aufregungsjournalismus, der gehetzt jedes Gerücht meldet und die Aufregung, wenn das Ereignis (endlich, endlich!) eintritt, ungefiltert mit seinen Leserinnen und Lesern teilt. Kurz: «es ist offiziell» entlarvt eine Zeitung als «Bravo» für Erwachsene.
Basel, 25. April 2018, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
PS: Nicht vergessen – Wochenkommentar abonnieren. Kostet nichts, bringt jede Woche ein Mail mit dem Hinweis auf den neuen Kommentar und einen Buchtipp. Einfach hier klicken.
Ein Kommentar zu "Es ist offiziell: «es ist offiziell» ist die dümmste Floskel. Ever."
Es hiess auch: Jetzt ist es offiziell, Tamedia übernimmt die BaZ. Offiziell ist das aber erst, wenn die WeKo nichts dagegen hat. Das wird in der Berichterstattung geflissentlich übersehen. Immerhin erzielen 20 Minuten und die BaZ im Wirtschaftsgebiet Basel zusammen fast 250’000 Kontakte, die Nordwestschweiz dagegen nur 77’000. Die beiden Tamedia-Tageszeitungen erzielen im Tagespressemarkt also rund 76% aller Kontakte. Das ist eine Grössenordnung wie sie die Tamedia heute schon in der Romandie erzielt. Für mich ist der Deal noch nicht in trockenen Tüchern – auch wenn er als „offiziell“ bezeichnet wird.