Die Weko macht der «BaZ» Probleme

Publiziert am 7. August 2018 von Matthias Zehnder

Indem die Weko es besonders richtig machen will, macht sie es besonders falsch: Die Weko prüft die Übernahme der «BaZ» durch Tamedia vertieft. Meine kleine Analyse.

Die Wettbewerbskommission wird die geplante Übernahme der «BaZ» durch Tamedia vertieft überprüfen. Die Weko schreibt in Ihrer Mitteilung, es bestünden «Anhaltspunkte, dass der Zusammenschluss in den Märkten für Inserenten von (Print-/Online-) Stellen-Rubrikanzeigen in der Deutschschweiz und im Raum Basel (WG 31) eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken könnte.» Weiter schreibt die Weko, es bestünden «Anhaltspunkte für die Begründung oder Verstärkung einer kollektiven Marktbeherrschung im Lesermarkt für Tageszeitungen im WG 31, im Markt für die Bereitstellung von nationaler Print-Firmenwerbung (Tages-, Sonntags-, Wochen- und Pendlerzeitungen) in der Deutschschweiz und in den Märkten für Inserenten in (Print-/Online-) Immobilien-Rubrikanzeigen in der Deutschschweiz und im WG 31.» Daher werde die Weko die geplante Übernahme vertieft prüfen und schreibt, die Prüfung werde «innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Monaten zu erfolgen.» Will heissen: Es geht erst im Dezember weiter.

Das ist ja recht, wenn die Wettbewerbshüter den Wettbewerb hüten. Allerdings ist gerade die Übernahme der «BaZ» durch Tamedia aus drei Gründen meines Erachtens nicht problematisch:

1. Konkurrenzsituation in Basel

Basel ist neben Zürich wohl die einzige Schweizer Stadt, in der es unter Tageszeitungen auch nach der Übernahme noch Konkurrenz gibt. Nach einer Übernahme der «BaZ» durch Tamedia und dem Zusammenschluss von AZ/NZZ (den die Weko ebenfalls vertieft prüft) stünden sich in Basel sogar die zwei grossen Zeitungsgruppen der Deutschschweiz gegenüber. Mehr Wettbewerb geht in der Deutschschweiz nicht. So gesehen wäre es umgekehrt fatal, wenn die Weko die Übernahme nicht genehmigen würde.

2. Konkurrenzsituation in der Deutschschweiz

Die Konkurrenzsituation in der Deutschschweiz ändert sich meines Erachtens weder im Lesermarkt, noch im Inserentenmarkt. Die «BaZ» hat ausserhalb von Basel nie eine Rolle gespielt, auch wenn Markus Somm ankündigte, er wolle eine Zeitung machen, deretwegen den Leuten in Bern und St. Gallen die Ohren wackeln. Ich vermute, der Misserfolg der «BaZ» in der übrigen Schweiz ist er eigentliche Grund, warum Christoph Blocher sich von seiner Zeitung trennt. Im Lesermarkt also spielt die «BaZ» in der Deutschschweiz keine Rolle. Im Inserentenmarkt arbeiten «BaZ» und Tagi aber seit Jahren über den Metropool zusammen und positionieren sich damit zum Beispiel gegen die AZ-Gruppe. Auch da ändert sich deshalb kaum etwas.

3. Eine Frage der Marktdefinition

Selbst wenn die Übernahme der Papier-«BaZ» problematisch wäre, könnte die Übernahme problemlos sein. Denn den Zeitungsmarkt auf den Markt für Papierzeitungen zu reduzieren, das wäre heute schon fahrlässig, respektive: das macht allenfalls aus der Absenderlogik heraus Sinn. Aus Empfängersicht sind gedruckte Zeitungen heute nur noch ein kleiner Baustein im Medienmenü. Medienkonsumenten informieren sich heute multi-medial (und in den einzelnen Medien oft multimedial), Zeitung, Radio, Fernsehen Internet bilden ein vielseitiges Informationsmenü. Das Problem für die Schweizer Anbieter ist, dass auch die grossen Player im Internet sehr kleine Nummern sind. Dass der Tagi die «BaZ» übernimmt ist Google und Facebook so was von egal. Man könnte die Argumentation durchaus umdrehen: Nur durch einen Zusammenschluss zu grösseren Einheiten haben die Schweizer Zeitungen im Lesermarkt eine Chance gegen die grossen Internetplayer.

Wenn richtig genau falsch ist

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Weko die Übernahme der «BaZ» nicht bewilligt. Das wäre schlecht für Basel, weil die «BaZ» alleine nicht überlebensfähig ist und die Alternative, eine Übernahme durch die AZ, noch viel weniger Wettbewerb bedeuten würde. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Weko es besonders richtig machen will und den Deal deshalb besonders genau anschaut. Und es genau deshalb besonders falsch macht: Denn bis die Übernahme bewilligt ist, steht bei der «BaZ» alles still. Es gibt keine Produktentwicklung, keine strategischen Projekte, das Personal schwebt im Ungewissen, keiner weiss, wie es weitergeht. Wer kann, verlässt (wie etwa der stellvertretende Chefredaktor David Thommen) das Schiff, von dem man noch nicht weiss, ob es sinkt, in einen sicheren Hafen gelenkt oder geentert wird.

Dieser Schwebezustand ist tödlich für ein Medium. Im Internet, sagt man, dauert ein Jahr nur drei Monate. Der Medienmarkt entwickelt sich rasch, wer sich nicht mitentwickeln kann, geht unter. Indem die Weko mehr Zeit für die Prüfung der Übernahme beansprucht, nimmt sie der «BaZ» das, was sie am dringendsten braucht: die Möglichkeit, sich zu Entwickeln.

Basel, 7. August 2018, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

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2 Kommentare zu "Die Weko macht der «BaZ» Probleme"

  1. Ich gehe noch weiter: Es spielt im Prinzip für den Lesermarkt überhaupt keine Rolle, ob die Übernahme bewilligt wird oder nicht. Denn gegen ein Mantelkonzept, so wie es bereits mit den andern Tamedia-Blättern funktioniert, hat die WeKo keine Handhabe. So wurde zum Beispiel die Fusion der NZZ-Regionalzeitungen mit der AZ redaktionell schon längst mindestens teilweise vollzogen. Als Heimweh-St.Galler lese ich in dem seit einiger Zeit jeweils erst mit einem Tag Verspätung eintreffenden St. Galler Tagblatt praktisch täglich Artikel, die ich am Vortag schon in der Solothurner Zeitung gesehen habe. Diese vertiefte Prüfung ist einzig eine Show für die Galerie und macht im schlimmsten Fall die geplante Kooperation schwieriger.

  2. Manchmal gibt es Übernahmen, die im Schnellzugstempo über die Bühne gehen und bei denen man als Außenstehender schon unter dem Eindruck steht, Wettbewerbs- und Marktbeherrschungsaspekte seien gar nicht angeschaut worden.

    Und dann gibt es Vorgänge wie den BaZ-Verkauf an die Tamedia, wo es auf der Hand liegt, daß genau nach Matthias Zehnder das „besonders richtig machen“ das Gegenteil bewirken wird.

    Ich sehe es wie Ueli Custer, die vertiefte Prüfung ist „für die Galerie“, was man ja besonders gerne macht, wenn man eh keine Verantwortung für das Ergebnis trägt.

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