Mein neues Buch: «Die digitale Kränkung»

«Am 11. Mai 1997, nachmittags um 16 Uhr, sass Schachweltmeister Garry Kasparow im 35. Stockwerk eines Hochhauses in Manhattan regungslos vor einem Schachbrett, den Kopf in beide Hände gestützt. Dann schüttelte er den Kopf, stand auf, gestikulierte wild und verliess den Raum. Das bis dahin Unvorstellbare war geschehen: Ein Computer namens Deep Blue hatte den amtierenden Schachweltmeister in einem regulären Match geschlagen. Kasparow war 1997 der beste Schachspieler der Welt und überzeugt, dass eine Maschine ihn nie würde schlagen können. Umso wütender war er nach dem verlorenen Match.»

So beginnt mein neues Buch «Die digitale Kränkung». Ich beschäftige mich darin mit der Frage, was es mit dem Menschen macht, wenn er vom Computer überflügelt wird. Denn in immer mehr Bereichen geht es uns, wie es Gary Kasparov 1997 ergangen ist: Wir müssen uns vom Computer geschlagen geben.

Als Kasparow 1997 gegen Deep Blue verlor, war er 34 Jahre alt und immer noch Schachweltmeister. Zuvor hatte er erklärt, dass eine Maschine es nie schaffen würde, den Menschen im Schach zu besiegen. Als er das Schach-Match verloren hatte, tobte Kasparov. Er beschuldigte IBM, geschummelt zu haben. Der Computer habe gespielt, wie das nur ein Mensch könne. Die Programmierer hätten den Computer unzulässig unterstützt. Auf der Pressekonferenz erklärte Kasparow deshalb, die Partie erinnere ihn an die «Hand Gottes», mit deren Hilfe der argentinische Stürmer Diego Maradona gegen England im Viertelfinalspiel der Fussballweltmeisterschaft 1986 das entscheidende Tor erzielt hatte. Kasparow warf den Programmierern vor, die «Hand Gottes» zur Hilfe genommen und sich unzulässig manuell ins Spiel des Rechners eingemischt zu haben.

Es war nicht einfach die Wut eines besiegten Mannes. Es war die Wut des von der Maschine bezwungenen Menschen an sich, es war eine Kränkung. Kasparows Niederlage am 11. Mai 1997 steht für mich deshalb sinnbildlich für die digitale Kränkung der Menschheit, eine Kränkung, die sich seither hundertfach, tausendfach, millionenfach wiederholt hat.

Dieser digitalen Kränkung ist mein neues Buch gewidmet. Dass Kasparow das Schach-Match 1997 verlor, beleidigte nicht einfach ein grosses Ego (das sicher auch), es war stellvertretend eine Kränkung der ganzen Menschheit, weil der Computer den Menschen in jenem Punkt übertroffen hatte, von dem der Mensch bis dahin davon ausgegangen war, dass er ihn ausmacht. Der Computer hatte den Verstand, den Geist eines Menschen besiegt.

Das bedeutet nichts weniger, als dass sich der Mensch nicht mehr auf den Verstand berufen kann, wenn es darum geht, was den Menschen ausmacht. Insofern neigt sich das Zeitalter der Aufklärung dem Ende zu und wir brauchen ein neues Menschenbild. Ein Menschenbild, das sich nicht mehr auf den Verstand als jene Instanz beruft, die den Menschen ausmacht.

Damit beschäftige ich mich in meinem neuen Buch. Dabei stehen folgende Fragen im Zentrum:

  • Was bedeutet es genau, dass die Menschheit gekränkt wurde? Was ist eine Kränkung und was löst diese Kränkung aus?
  • Wenn der Computer den Menschen besiegt und ihn damit kränkt, was bedeutet das für die künftige Entwicklung? Wo stehen wir in der Entwicklung von Computern oder genereller: von Maschinen und in welche Richtung werden sie sich weiterentwickeln?
  • Wenn der Computer den Menschen generell «besiegt», ihn also überflügelt – ersetzt er ihn dann künftig in Arbeitsprozessen? Werden wir alle arbeitslos? Und sehen die Menschen dieser Ersetzung durch den Computer einfach zu?
  • Und schliesslich: Was bedeutet das für unser Menschenbild, wenn uns Computer und Roboter überflügeln und ersetzen? Was macht künftig den Menschen noch aus, wenn der Computer ausgerechnet das dem Menschen abnimmt, worüber er sich in den letzten 250 Jahren definiert hat?

War der Sieg von Deep Blue über Garry Kasparow also wirklich ein Wendepunkt in der Geschichte oder ist es nur eine spannende Episode?

Lesen Sie dazu mein neues Buch Die digitale Kränkung. Über die Ersetzbarkeit des Menschen. NZZ Libro: Basel 2019

Wer das Buch liest, versteht,

  • warum Computer und Roboter die Menschen nicht einfach ersetzen, sondern künftig aus ganzen Arbeitsprozessen ausschliessen werden.
  • warum die grösste Schwachstelle bei der Beurteilung der Frage, ob ein Computer oder Roboter intelligent sei, der beurteilende Mensch ist.
  • welche Chancen die Menschen in einer von Computern und Robotern dominierten Welt haben werden.

 

Das Buch können Sie hier bestellen.

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