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Maghreb, Migration und Mittelmeer

Publiziert am 18. November 2019 von Matthias Zehnder

Beat Stauffer ist ein profunder Kenner der Maghreb-Länder. Seit über 20 Jahren berichtet er über das islamische Nordafrika. Er kennt nicht nur die politischen Verhältnisse, sondern auch die Gesellschaftsordnungen und hat den rasanten Wandel der letzten Jahre mitverfolgt. Es sagt, die Mehrheit der Auswanderer aus den Maghreb-Staaten seien «weder Kriegsflüchtlinge noch politisch Verfolgte sind. Sie sind nicht an Leib und Leben bedroht, sondern Armutsflüchtlinge, die meist mit Wissen und geplanter Unterstützung ihrer Familie den Weg aus der Perspektivlosigkeit suchen.» Die Mehrheit der jungen Männer werde zu Asylsuchenden, die im Arbeitsmarkt der Schweiz nicht Fuss zu fassen vermögen. Dies nicht nur wegen Sprachdefiziten und interkulturellen Problemen, sondern weil sie zuvor noch nie in festen Anstellungen und Leistungsstrukturen gearbeitet haben.

Resultat: fünf respektive sieben Jahre nach der Ankunft in der Schweiz oder in Deutschland sind über 80 Prozent von der Sozialhilfe abhängig. Stauffer sagt deshalb: «Irreguläre Migration muss gesteuert oder gar verhindert werden.» Millionen von Afrikanern hätten quasi ihre Koffer für die Auswanderung schon gepackt. «Die Hälfte der Bevölkerung in den Maghreb-Staaten ist unter 25 Jahre alt. Damit wird die demographische Entwicklung in Afrika zu einer sozialen Zeitbombe auch für den europäischen Kontinent.» Doch Europa verfüge weder über den politischen oder gesellschaftlichen Willen, noch über die Kapazität im Arbeitsmarkt, um für eine dauerhafte Eingliederung einer so grossen Zahl von Armutsflüchtlingen zu sorgen. Dazu kommt: Auch für Nordafrika sind die Migrationsströme schädlich, weil die Flüchtenden in den meisten Fällen aktive und initiative junge Menschen sind, die anschliessend in ihrem Land fehlen.

Stauffer diskutiert in seinem Buch deshalb Strategien, die einerseits der Bewältigung der zu erwartenden grossen Migrations- und Flüchtlingsströme dienen und andererseits die Maghreb-Staaten dabei unterstützen, die aktiven, jungen Menschen im Land zu behalten. Dabei bringt er auch die Forderung zur Errichtung von humanitären Korridoren ins Spiel, über die wirklich verletzliche Menschen aufgenommen werden können. Im Vorwort schreibt Rudolf Strahm: «Der Leserschaft dieses Buchs kann ich garantieren, dass die Lektüre für beide Meinungslager – für die Migrationsskeptiker wie auch für Leser mit Willkommensneigung – äusserst erkenntnisreich und gewinnbringend ist.» Dem kann man sich nur anschliessen. Wer allerdings Instant-Lösungen erwartet, der sei gewarnt. Stauffer schreibt: «Kurzfristig lässt sich die irreguläre Migration nur schwer steuern. Auch mittelfristig gibt es, etwas zugespitzt formuliert, nur schlechte und weniger schlechte Lösungen.»

Beat Stauffer: Maghreb, Migration und Mittelmeer. Die Flüchtlingsbewegung als Schicksalsfrage für Europa und Nordafrika. NZZ Libro, 320 Seiten, 38 Franken; ISBN 978-3-03810-363-9

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783038103639

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Buchtipp zum Wochenkommentar vom 8. November 2918: Das Problem Geschichtsvergessenheit

Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps samt Link auf den zugehörigen Wochenkommentar finden Sie hier:

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