Buchtipp

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Klare, lichte Zukunft

Publiziert am 8. Juli 2019 von Matthias Zehnder

Die Menschheit sieht sich heute mit einem ganz neuen Problem konfrontiert: Die rasante Entwicklung der Informationstechnologie hat dazu geführt, dass das Wissen (und damit die Macht) sehr asymmetrisch verteilt ist. Intelligente, rasend schnelle Computer sind uns in Sachen Wissen lächerlich weit überlegen. Sowohl grosse Firmen als auch einzelne Staaten haben rasch gelernt, wie sie uns Menschen mit Hilfe der Computer überwachen, ja sogar steuern können: Sie wissen, was wir tun und denken, und können unsere nächsten Schritte vorhersehen und unser Verhalten beeinflussen. Die Menschen sind nur noch Opfer, sie haben nicht einmal das Recht, zu erfahren, welche Daten über sie gespeichert sind und was die Computer mit den Daten anstellen. Paul Mason sagt: Es besteht die Gefahr, dass die Computermaschinen bald nicht mehr nur Programme ausführen, die Menschen für sie geschrieben haben, sondern auch Programme, die sie sich selbst schreiben. Dann übernehmen die Computer die Macht auf der Welt. Wer jetzt davon ausgeht, dass die Menschen sich dann schon dagegen wehren werden, übersieht die Gutgläubigkeit der Menschen. Mason schreibt: Nehmen wir an, dass es eine Maschine gibt, welche die Geschicke eines Landes besser lenken kann als die Regierung. Nehmen wir zudem an, dass Sie sich der Maschine ganz unterwerfen in der Hoffnung, glücklicher zu werden. Würden Sie eine solche Vorstellung akzeptieren? Wohl kaum. Dann macht Mason einen Kunstgriff. Er schreibt: «Versuchen Sie jetzt, die Maschine durch ‹den Markt› zu ersetzen. Seit dreissig Jahren erlauben Millionen Menschen den Marktkräften, ihr Leben zu lenken, ihr Verhalten zu prägen und ihre demokratischen Rechte ausser Kraft zu setzen.» Mason sagt: Indem wir den Markt zum Weltgeist erhoben haben, haben wir uns eigentlich schon einem Algorithmus unterworfen. Wir haben damit den Boden dafür bereitet, dass die Maschinen die Welt übernehmen.

Dagegen hat Paul Mason sein Buch geschrieben. Er sagt: «Wenn wir die neue Technologie der intelligenten Maschinen nicht der menschlichen Kontrolle unterwerfen und diese Maschinen mit menschlichen Werten programmieren, werden die Werte Wladimir Putins, Donald Trumps und Xi Jinpings die Grundlage für ihre Funktionsweise sein.» Sein Buch ist ein Akt des Widerstands. Masons Hoffnung ist, dass die Leserinnen und Leser sich auflehnen werden, wenn Sie es gelesen haben. Dass sie sich auflehnen gegen die Maschinenlogik im Alltagsleben. Damit sich die Menschen auflehnen können, brauchen sie eine Theorie der menschlichen Natur, die sich im Kampf mit der freien Marktwirtschaft, der Anbetung der Maschinen und dem Antihumanismus der akademischen Linken behaupten kann. Es braucht eine radikale Verteidigung des menschlichen Wesens. Genau das liefert Paul Mason in seinem Buch. Atemberaubend, erschreckend – und Hoffnung schaffend.

Paul Mason: Klare, lichte Zukunft. Eine radikale Verteidigung des Humanismus. Suhrkamp, 500 Seiten, 40.90 Franken; ISBN 978-3-518-42860-3

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783518428603

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Buchtipp zum Wochenkommentar vom 5. Juli 2019: Es ist die Öffentlichkeit, stupid!

Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps samt Link auf den zugehörigen Wochenkommentar finden Sie hier:

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