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Essenzen – Im Gespräch mit Paul Watzlawick

Publiziert am 21. Oktober 2021 von Matthias Zehnder

Paul Watzlawick, 1921 in Österreich geboren und 2007 in Kalifornien gestorben, war Philosoph, Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler. Er ist uns ein Begriff wegen Sätzen wie «Man kann nicht nicht kommunizieren!» oder: «Der Glaube, es gebe nur eine Wirklichkeit, ist die gefährlichste Selbsttäuschung.» Zum 100-jährigen Geburtstag des Psychoanalytikers, Kommunikationswissenschaftlers und Philosophen bietet Hogrefe jetzt eine Art Best-of-Zusammenfassung seiner Theorien, originell und leicht zugänglich serviert als fiktives Geburtstagsgespräch. Watzlawick «antwortet» dabei mit Originalzitaten aus seinen Werken auf die Fragen der Herausgeberinnen. Seine Axiome und Theorien zum Konstruktivismus und seiner Kommunikationstheorie, aber auch seine psychologischen und psychoanalytischen Ansätze werden auf diese Weise gut verständlich zusammengefasst und das Buch macht Appetit auf mehr Original-Watzlawick. Eine kurze, biografische Einführung und ein erklärendes Schlusswort runden das Geburtstags-Best-of ab – ein Leckerbissen.

Paul Watzlawick ist vor allem für seine populärwissenschaftlichen Bücher wie «Die erfundene Wirklichkeit» oder «Anleitung zum Unglücklichsein». Sein Feld waren Kommunikationstheorie, Wahrnehmungspsychologie und in der Philosophie der radikale Konstruktivismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Watzlawick an der Ca Foscari in Venedig. Sein Analytiker-Diplom absolvierte er am Jung-Institut in Zürich. Parallel dazu arbeitete er bei den Vereinten Nationen als Dolmetscher. In Kalifornien wendet er sich später unter dem Einfluss des Anthropologen Gregory Bateson und jenem des Psychotherapeuten Don D. Jackson von der Jung-Psychologie ab: weg von der intrapersonalen (vergangenheitsorientierten) Analyse-Einsicht mit Begriffen wie Verdrängung, Projektion, Rationalisierung, Verschiebung und Introjektion hin zum interpersonalen (gegenwartsorientierten)  systemischen Ansatz mit paradoxen Interventionen oder zirkulären Fragen.

Die Gruppe in Kalifornien entwickelt einen neuen Ansatz zur Behandlung von krankhaften Verhaltensweisen. Sie sieht in den Symptomen von schizophrenen Patienten nicht mehrunangemessenes Verhalten, das sich aus der Vergangenheit erklären lässt. Die Wissenschaftler deuten das krankhafte Verhalten als angemessene Reaktion auf schwierige Situationen und Beziehungen. Sie folgern daraus: Der Schlüssel liegt nicht in einer verdrängten Vergangenheit, sondern in der Veränderung der sozialen Situation. Später wird daraus der «systemischer Ansatz».

Paul Watzlawick konzentriert seine Arbeit auf die Erforschung der Kommunikation. Daraus entsteht 1967 sein erstes Buch: «Menschliche Kommunikation», das zu einem Klassiker der Kommunikationswissenschaften avanciert. In diesem Buch stellt Watzlawick fünf Kommunikations-Axiome auf. Das bekannteste lautet: «Man kann nicht nicht kommunizieren». 1974 und 1976 erscheinen zwei weitere wichtige Bücher: «Lösungen» über die systemische Familientherapie und «Wie wirklich ist die Wirklichkeit?» über die Philosophie des Konstruktivismus. Kernthese: Die Wirklichkeit ist das Ergebnis von Kommunikation, und nicht die Kommunikation das Ergebnis der Wirklichkeit. 

Paul Watzlawick pendelt weiterhin zwischen Europa und den USA, also der alten und der neuen Welt, und zwischen Psychotherapie, Kommunikationswissenschaft und Philosophie. Seine Gastprofessuren führen ihn auch in die Schweiz: 1987 unterrichtet er «Menschliche Kommunikation im Betrieb» im Institut für Betriebswissenschaft an der Hochschule in St. Gallen. 1991 bis 1993 hält er eine Gastprofessur im Centro Ticinese in Lugano. Dieses Buch erschliesst die Welten von Paul Watzlawick auf ebenso vergnügliche wie leicht zugängliche Art und Weise. Die Autorinnen haben sich Tischgespräche ausgedacht, die sie mit Watzlawick führen. Die Fragen stellen Susanne Lauri, Programmleiterin für den Buchbereich Psychologie des Hogrefe Verlags, Jessica Röhner, Habilitandin an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, und Astrid Schütz, Professorin für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik an derselben Universität. Die drei Frauen stellen Fragen rund um Kommunikation, Philosophie und Psychotherapie und lassen Paul Watzlawick in Ausschnitten aus seinen Texten antworten. Das Buch ist gut zugänglich, die Watzlawick-Zitate lösen aber vor allem eins aus: Appetit auf mehr Original-Watzlawick.

Jessica Röhner, Astrid Schütz (Hrsg.): Essenzen – Im Gespräch mit Paul Watzlawick. Hogrefe, 168 Seiten, 63.90 Franken; ISBN 978-3-456-86118-0

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783456861180

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