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Die Wahrheit schafft sich ab. Wie Fake News Politik machen

Publiziert am 29. März 2019 von Matthias Zehnder

Kaum ein Begriff hat in den letzten zwei, drei Jahren einen so fulminanten Aufschwung genommen wie «Fake News» – und kaum ein Begriff hat sich selber dabei so sehr diskreditiert. Denn «Fake News» wird längst nicht mehr nur beschreibend verwendet. Donald Trump (und mit ihm viele Gleichgesinnte) diskreditieren damit missliebige Berichterstattung und diffamieren damit nicht mehr nur einzelne Inhalte, sondern ganze Medien. Da kommt das Buch von Romy Jaster und David Lanius wie gerufen: Jaster, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Theoretische Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin, und Lanius, wissenschaftlicher Mitarbeiter am DebateLab des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), diskutieren das Phänomen «Fake News» nüchtern und fundiert.

Nüchternheit tut gerade bei diesem Thema Not. Die Verunsicherung, die Fake News auslösen, ist gross. Weltweit glaubt laut Jaster und Lanius über die Hälfte der Menschen, von der Politik in die Irre geführt zu werden. In den USA sind immer mehr Menschen davon überzeugt, dass die grossen Zeitungen und Fernsehsender aus politischen Gründen Falschmeldungen verbreiten. Auch hierzulande ist fast jeder Dritte überzeugt, häufig oder regelmässig Opfer bewusster Falschmeldungen zu sein. Das Problem dabei: Die meisten Menschen haben keine Ahnung, wie sie Fake News von richtigen Nachrichten unterscheiden können.

Was sind denn nun Fake News? Das ist gar nicht so einfach zu definieren. Es gibt Fake News, die nicht komplett falsch sind. Jaster und Lanius schreiben deshalb: «Nicht dass sie falsch sind, verbindet alle Fälle von Fake News, sondern dass sie ein unwahres Bild der Wirklichkeit zeichnen.» Für Jaster und Lanius gibt es deshalb zwei Erkennungszeichen für Fake News: Erstens zeichnet die Meldung ein unwahres Bild der Wirklichkeit, weil die Meldung falsch oder irreführend ist. Zweitens nehmen es die Verbreiter mit der Wahrheit nicht so genau, weil sie täuschen wollen oder weil ihnen die Wahrheit gleichgültig ist. Fake News liegen also dann vor, wenn ein Mangel an Wahrheit und ein Mangel an Wahrhaftigkeit vorliegt.

Nachdem Jaster und Lanius auch anhand von vielen Beispielen geklärt haben, was Fake News sind, erklären sie profund, warum Fake News heute ein so leichtes Spiel haben (es ist die Kombination aus Digitalisierung, sozialen Medien und Aufmerksamkeitsökonomie), wie Fake News Politik mit Propagandaeffekten und strategischer Desinformation Politik machen und schliesslich was wir gegen Fake News tun können. Dabei stellt sich auch die Frage, ob «Fake News» die richtige Bezeichnung ist für die manipulativen, gefälschten Nachrichten. Das Oxford Internet Institute empfiehlt, lieber von «Junk News» zu sprechen. Das Unterhaus des britischen Parlaments empfiehlt sogar, überhaupt nicht mehr von «Fake News» zu reden. Besser wäre es, ganz allgemein von «Desinformation». Wie auch immer wir das Phänomen benennen – dieses Buch hilft ganz wesentlich dabei, den Überblick zu bewahren.

Romy Jaster, David Lanius: Die Wahrheit schafft sich ab. Wie Fake News Politik machen. Reclam Verlag, 127 Seiten, 8.90 Franken; ISBN 978-3-15-019608-3

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783150196083

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Buchtipp zum Wochenkommentar vom 29. März 2019: Sind die Medien schuld?

Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps samt Link auf den zugehörigen Wochenkommentar finden Sie hier:

https://www.matthiaszehnder.ch/buchtipp/