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Die Rettung der Arbeit

Publiziert am 26. Juli 2019 von Matthias Zehnder

Dass die Digitalisierung die Welt der Arbeit verändern, ja umpflügen wird, dürfte heute jedem klar sein. Die Frage ist: Wer gehört dabei zu den Gewinnern, wer zu den Verlierern? Die einen verdienen besser, weil ihr Können gefragt ist, und sie haben mehr Freizeit. Die anderen sind arbeitslos, weil ihre Arbeit von Maschinen erledigt wird. Die einen verdienen in der globalisierten Digitalwelt Unsummen – die anderen halten sich mit Kurzzeitjobs mehr schlecht als recht über Wasser. Bildung, eine gute Ausbildung und Erfahrung sind keine Garantie mehr für Arbeit, Lohn und Brot. Kein Wunder treibt derzeit die Angst vor der Zukunft der Arbeitswelt viele Menschen um. Es ist die Angst davor, bald nur noch Anhängsel eines Computers oder Sklave einer App zu sein oder gar komplett aussortiert zu werden. Allerdings kreist diese Debatte oft nur um Zahlen, um Studien, Geld und um die Wirtschaft. «Was fehlt, ist eine Einigung auf grundlegende Werte und die Entwicklung einer Vorstellung davon, wohin es im Interesse des Gemeinwohls mit der digitalen Transformation der Arbeitswelt gehen könnte», schreibt Lisa Herzog. In ihrem Buch spricht sie die zentralen Fragen an und versucht, sie aus philosophischer Sicht zu beantworten. Denn bei den anstehenden Veränderungen in der Arbeitswelt geht es um grundlegende Mechanismen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und in der Folge auch um die Verteilung von Einkommen, Ansehen – und Macht.

Bei den Veränderungen der Arbeitswelt geht es um nicht weniger als um die Grundfragen der politischen Philosophie: Wie wird menschliches Zusammenleben organisiert? Was macht eine gute und gerechte Gesellschaft aus? Wie können wir unsere Institutionen und sozialen Praktiken entsprechend gestalten? Weil diese Fragen rund um die Zukunft der Arbeit so zentral sind, plädiert Lisa Herzog plädiert dafür, dass wir sie einfach ihrem Schicksal oder dem ungesteuerten Wirken des freien Markts überlassen. Sie schreibt: «Arbeit ist mehr als ein lästiges Übel, und sie ist mehr als ein Mittel zum Geldverdienen. Arbeit ist eine zutiefst menschliche Angelegenheit: etwas, das so sehr zu unserem Wesen gehört, dass es sie wahrscheinlich auch dann noch gäbe, wenn die sozialen Verhältnisse komplett anders organisiert wären und Maschinen uns noch mehr Aufgaben abnehmen würden.» Denn Menschen wollen etwas schaffen und die Welt gestalten. Sie plädiert deshalb dafür, die Arbeitswelt und die rechtlichen und sozialen Spielregeln, nach denen sie funktioniert, so zu gestalten, dass sie unseren Vorstellungen von der Würde und den Rechten der Einzelnen und vom Wohl der Gesellschaft als ganzer entspricht, «anstatt hinzunehmen, dass sie von den Kräften, die derzeit die digitale Transformation vorantreiben, auf eine Art und Weise geformt wird, die unseren Vorstellungen von Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie zuwiderläuft.» Sie fordert deshalb eine demokratische Kontrolle der Wirtschafts- und Arbeitswelt. Das bedeutet auch: Zentrale Fragen unserer Zukunft werden sich am Verhältnis zwischen Wirtschaft und Politik entscheiden. Das Buch bietet deshalb nicht nur Einsichten in die Arbeitswelt der Zukunft, sondern birgt auch politisch Zündstoff.

Lisa Herzog: Die Rettung der Arbeit. Ein politischer Aufruf. Hanser Berlin, 224 Seiten, 31.90 Franken; ISBN 978-3-446-26206-5

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783446262065

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