Buchtipp
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Die Kunst, sich nicht ablenken zu lassen
Nir Eyal ist Experte für Behavioral engineering. Er ist also darauf spezialisiert, durch das Design von Produkten und Programmen das Verhalten von Benutzern zu beeinflussen. Er hat sogar einen Bestseller darüber geschrieben, wie man ein Programm oder eine App so gestaltet, dass die Benutzer süchtig danach werden. «Hooked» heisst das Buch und es soll im Regal aller wichtigen CEOs im Silicon Valley stehen. Mit diesem Buch ist Nir Eyal vom Saulus zum Paulus geworden: Er hat an sich selber gemerkt, wie abgelenkt er durch Handy und Computer ist und hat einen Weg gesucht, sich besser zu konzentrieren. Dieses Wissen teilt er: Das Buch handelt davon, was er dabei gelernt hat, als er die seiner Meinung nach «wichtigste Fähigkeit für das 21. Jahrhundert» entwickelte – wie man «unablenkbar» wird.
Interessanterweise gibt Nir Eyal nicht einfach dem Handy und dem Computer die Schuld. Er sagt, die Ursache der Ablenkung liege in uns drin. Handy und Computer seien nur die einfachsten Fluchtmittel vor Unannehmlichkeiten. Sie seien in der Lage, rasch ein Unbehagen oder Langeweile zu beseitigen – und deshalb potenziell suchterregend. Wer diese im wörtlichen Sinn inneren Zusammenhänge erkennt, ist bereits besser in der Lage, sich gegen die ständige Versuchung durch Handy und Computer zu wehren. Konzentration auf das Eigentliche lässt sich nicht mit ein paar Tricks herstellen. Eyal zeigt, wie man seine Zeit mit Bedacht plant und auch dann bei den selbst gestellten Aufgaben bleibt, wenn man sich lieber zerstreuen würde. Er erläutert dabei interne und externe Trigger. Er zeigt, wie Apps und Smartphones uns im Griff haben und mit welchen Massnahmen wir dagegen ankämpfen können. Obwohl er immer wieder Studien zitiert, ist das Buch keine theoretische Abhandlung, sondern voller konkreter Tipps und Hinweise. Das geht so weit, dass Eyal Tipps dafür gibt, wie man einen Arbeitsplatz oder das Kinderzimmer so gestaltet, dass man weniger abgelenkt wird.
Nir Eyal zeigt auf eindrückliche Art und Weise, wie wir aus den Augen verlieren, was wir wirklich wollen, wenn wir ständig unseren unmittelbaren Impulsen folgen. Er sagt, Unablenkbarkeit bedeute, «dass Sie das anstreben sollten, was Sie sich vorgenommen haben.» Er sagt «anstreben», nicht «erreichen». Das bedeutet, dass auch mal etwas nicht so perfekt läuft: «Wie jeder andere habe auch ich manchmal meine Probleme mit Ablenkungen. Wenn ich besonders gestresst bin oder sich mein Zeitplan plötzlich ändert, werde auch ich rückfällig.» Die Recherche und das Schreiben dieses Buchs habe ihn aber gelehrt, wie man Ablenkungen besiegen kann: «Es wird sie immer geben, aber jetzt weiss ich, wie ich besser darauf reagieren kann.» Mit anderen Worten: Er habe die Kontrolle über sein Leben zurückerobert. Das Buch ist zweifellos nützlich, vor allem für Wissensarbeiter. Es gibt aber auch zu denken, wie grosse Anstrengungen in der digitalen Welt nötig sind, um bei der Sache zu bleiben.
Nir Eyal: Die Kunst, sich nicht ablenken zu lassen. Redline Verlag, 240 Seiten, 29.90 Franken; ISBN 978-3-86881-754-6
Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783868817546
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Buchtipp zum Wochenkommentar vom 6. Dezember 2019: Plädoyer fürs Bücherlesen
Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps samt Link auf den zugehörigen Wochenkommentar finden Sie hier: