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Die Geschichte der Kunst

Publiziert am 9. November 2023 von Matthias Zehnder

Der C.H. Beck-Verlag legt mit diesem Buch eine neu erzählte, umfassende Geschichte der Kunst vor. Wichtig ist dabei: Es ist eine erzählte Geschichte: Die britische Kunstkritikerin Charlotte Mullins erzählt, wie sich die Kunst entwickelt hat. Sie nimmt die Leserin, den Leser an der Hand und nimmt ihn mit in die vorzeitlichen Höhlen, auf die mexikanischen Hochebenen, in die Werkstätten der griechischen und römischen Bildhauer und natürlich in die Ateliers der Zeichner und Maler in Europa. Aber eben nicht nur: Mullins weitet den Blick aus über Europa hinaus auf den amerikanischen Kontinent, nach Afrika und Asien. Sie beginnt jedes Kapitel mit Jahreszahl und Ort und einer kleinen Reportage aus einem Atelier oder einer Werkstatt. Sie erzählt, wie die Künstler gearbeitet haben, was sie bewegt hat, wie sie gelebt haben. Diese Entstehungsgeschichte eines Bildes oder einer Skulptur verknüpft sie mit der Zeitgeschichte. Sie erklärt auf diese Weise spannend und gut nachvollziehbar, warum die Künstlerinnen und Künstler ihre Kunstwerke so geschaffen haben und welche Wirkung sie damit erzielt haben.

Womit soll eine Geschichte der Kunst beginnen? Bereits bevor der Homo sapiens vor rund 60’000 Jahren damit begann, sich nach Europa und Asien auszubreiten, hatte er dekorative Spuren auf Gegenständen und Wänden hinterlassen. «Verzierungen können Oberflächen ansprechender wirken lassen, aber sie enthalten keine tiefere Botschaft», schreibt Charlotte Mullins. «Punkte und Kreuze auf einem Tongefäss wollen uns nichts darüber erzählen, was es bedeutet, ein Leben als Mensch zu führen. Das kann nur die Kunst.» Genau dem geht sie in ihrem gut verständlich geschriebenen Buch nach: Was die Menschen mit ihrer Kunst darüber erzählt haben, was es bedeutet, ein Leben als Mensch zu führen. Sie beginnt mit den ersten Abbildungen von Tieren, die frühe Bewohner von Sulawesi vor mindestens 35’700 Jahre schwungvoll an die Wand einer Höhle gemalt haben. Tief in der Höhle Leang Tedongnge fand man die Zeichnungen dreier Wildschweine, die vor unglaublichen 45.500 Jahren entstanden.

Die Stationen ihrer Kunstgeschichte führen uns weiter ins Jahr 3300 v. Chr. in einen der Göttin Inanna geweihten Tempel im mesopotamischen Uruk, zur Kultur der Olmeken 1800 v. Chr. im heutigen Mexiko, zu den Skulpturen 1300 v. Chr. in Ägypten und im Nordosten Chinas zur Shang-Dynastie. Die Beispiele zeigen: Es ist nicht der übliche eurozentristische Blick auf die Kunst, den Mullins uns vermittelt. Sie bezieht auch andere Teile der Welt mit ein. Das macht sie aber ohne erhobenen Zeigefinger und immer ganz bezogen auf die Kunst und die Menschen, die sie erschaffen haben.

Trotzdem erhalten natürlich Griechenland und Rom und später Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland viel Platz in der Kunstgeschichte. Faszinierend ist dabei, wie sie die Grundbegriffe der Kunst, also die Bezeichnungen, die Stilrichtungen und die Epochen, nicht vorangestellt, sondern aus der Geschichte entwickelt. Ganz beiläufig erfahren die Leserinnen und Leser, was Barock oder Naturalismus sind, immer anhand von Beispielen und immer aus dem Leben der Künstler gegriffen. Die Kunstgeschichte ist mit vielen Zeichnungen illustriert und bietet viele Abbildungen von Gemälden und Skulpturen. Der eigentliche Wert liegt aber in der spannenden Erzählung der Kunstgeschichte. Man kann sie tatsächlich fast wie einen Roman lesen.

Charlotte Mullins: Die Geschichte der Kunst. C.H. Beck Verlag, 464 Seiten, 51.50 Franken; ISBN 978-3-406-80622-3

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783406806223

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