Buchtipp

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Der Tod der Wahrheit

Publiziert am 15. Mai 2019 von Matthias Zehnder

Michiko Kakutani war mehr als drei Jahrzehnte lang Literaturkritikerin der New York Times. Sie war gefürchtet: Ihr Name wurde sogar in ein Verb verwandelt. Autoren fürchteten jahrelang, «kakutanisiert» zu werden. Kakutani war eine weibliche Reich-Ranicki der USA. Vor zwei Jahren hat sich Kakutani aus dem Literaturbetrieb zurückgezogen – und hat ein Buch über die Lügen von Donald Trump geschrieben. Trump lügt beharrlich und täglich, laut einer Berechnung der Washington Post hat er bereits 10’000 mal gelogen im Amt. Er greift regelmässig die Presse, die Justiz, die Geheimdienste, das Wahlsystem und die Beamten an, durch die der Staat funktioniert. Doch der Angriff auf die Wahrheit beschränkt sich keineswegs auf die Vereinigten Staaten. Rund um die Welt appellieren Populismus und Fundamentalismus immer stärker an Furcht und Wut als Ersatz für vernünftige Diskussionen, untergraben demokratische Institutionen und ersetzen Fachkenntnisse durch die so genannte Weisheit der Masse. Kontinuierlich verliert die Objektivität an Gewicht – oder auch nur die Idee, dass Menschen nach der bestmöglichen Wahrheit streben können. Doch ohne Wahrheit, ohne Fakten kann es keine Demokratie geben.

Trump ist der Ausgangspunkt von Kakutanis Buch über den Tod der Wahrheit und auf Trump kommt sie immer wieder zu sprechen, es bleibt aber (zum Glück) nicht dabei. Sie zeigt anhand von vielen Beispielen, wie die Sprache von der Propaganda eingenommen wird, welche Folgen das Versacken in den Sozialen Medien hat und was die schöne, neue Medienwelt in Wahrheit bedeutet. Das Buch ist dabei gespickt mit Zitaten aus Literatur und Politik und schon deshalb ein wahrer Steinbruch an Weisheit über die Bedeutung der Wahrheit. Das Buch ist eine wunderbar geschriebene Diagnose der Zeit, eine Analyse der verlogenen Welt von Politik und Medien. Das einzige, was Kakutani nicht anbietet, ist eine Lösung.

Michiko Kakutani: Der Tod der Wahrheit. Gedanken zur Kultur der Lüge. Klett-Cotta, 197 Seiten, 29.90 Franken; ISBN 978-3-608-96403-5

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783608964035

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Buchtipp zum Wochenkommentar vom 10. Mai 2019: Helden ohne Waffen

Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps samt Link auf den zugehörigen Wochenkommentar finden Sie hier:

https://www.matthiaszehnder.ch/category/buchtipp/