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Aus der Tastatur gefallen

Publiziert am 12. Oktober 2018 von Matthias Zehnder

Nein, das ist keine Biografie, sondern eine bunte Sammlung von Texten, die in ihrer Summe aber ein ebenso präzises, wie unterhaltsames Lebensbild eines höchst erfolgreichen Autors abgeben. Allen, die Terry Pratchett nicht kennen, könnte man ihn vielleicht als nach Joanne K. Rowling erfolgreichsten Autor Grossbritanniens vorstellen. Sie würden sich dann aber wohl ein falsches Bild von ihm machen. Denn Terry Pratchett war kein Grossautor, sondern ein Meister der britischen Ironie, ein kenntnisreicher Fabulierer, dessen Genre nur unzureichend mit «Fantasy» apostrophiert wird.

Weltweit bekannt wurde Prachett vor allem mit seinen Scheibenwelt-Romanen. Es sind Geschichten, die auf einer Welt spielen, die flach ist wie eine Scheibe und von vier Elefanten getragen wird. Die Elefanten wiederum stehen auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte. Fantasy schreibt sich bei Pratchett oft mit «ph»… Der vorliegende Band bringt uns den Autor mit einer bunten Mischung von Texten, Betrachtungen, Tagebuchnotizen und Essays näher. Die Texte decken Pratchetts gesamtes schriftstellerisches Leben ab, vom Schuljungen bis zum Professor am Trinity College. Trotzdem tragen sie unverkennbar alle dieselbe, leichte, selbstironische Handschrift.

Zornig wird Pratchett nur, wenn er über die Benachteiligung von anderen schreibt, zum Beispiel über seine geliebten Orang Utans. Sich selbst scheint er nie so ernst genommen zu haben, dass es sich gelohnt hätte, über die Welt wütend zu werden. Besonders spannend sind die Texte, in denen Pratchett vom Schreiben schreibt. Dabei geht es nicht um irgendwelche wolkigen, kreativen Prozesse, sondern um so Handfestes wie den Arbeitsspeicher seines Olivetti Quaderno, die miese Tastatur der frühen Sinclair-Rechner oder die Tücken der Spracherkennung, auf die er im Alter angewiesen war, weil ihm das Tippen immer schwerer fiel. Es funktioniert nicht perfekt, merkt er lakonisch an, denn Pratchetts Erstes Gesetz der digitalen Systeme besagt, dass sie, kaum haben sie eine gewisse Komplexität erreicht, sofort anfangen, sich wie analoge Systeme zu verhalten und eigene Gedanken zu entwickeln.

Terry Pratchett selbst sah sich übrigens nicht als Fantasy-Autor. Er schreibt, als Autor werde er immer in die Fantasy-Schublade gesteckt, da kann ich noch so oft protestieren. Ich selbst sehe mich als einen populären Romanschriftsteller, der das schreibt, was die Leute lesen wollen. Sein Rat an angehende Fantasy-Autoren: Immer schön realistisch bleiben! Der vorliegende Textband ist keine Biografie, gibt aber ein gutes Bild ab von Terry Pratchett und er ist so unterhaltsam geschrieben, dass sich das Buch nicht nur für Scheibenwelt-Fans eignet.

Terry Pratchett: Aus der Tastatur gefallen. Gedanken über das Leben, den Tod und schwarze Hüte. Goldmann, 400 Seiten, 21.50 Franken; ISBN 978-3-442-48729-5

Erhältlich ist das Buch hier: https://www.biderundtanner.ch/detail/ISBN-9783442487295

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Buchtipp zum Wochenkommentar vom 12. Oktober 2018: Fünf Lebensbilder an Stelle eines Wochenkommentars

Eine Übersicht über sämtliche Buchtipps samt Link auf den zugehörigen Wochenkommentar finden Sie hier:

https://www.matthiaszehnder.ch/category/buchtipp/