Wie der Nationalrat Schweizermacher spielt

Publiziert am 16. September 2016 von Matthias Zehnder

Diese Woche hat der Nationalrat das revidierte Ausländergesetz beschlossen und eine Verpflichtung zur Integration ins Gesetz geschrieben. In der Debatte wurde deutlich: Vor allem der SVP geht es nicht um Integration, also um das Eingliedern, sondern um Assimilation, also um das Angleichen, das Anpassen an das Hiesige, Schweizerische. Was immer das sei. Das geht aus einer Analyse von Schlüsselsätzen in den Voten hervor. Aber lesen Sie selbst.

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Der Nationalrat hat sich am Mittwoch für eine Verschärfung des Ausländergesetzes ausgesprochen. Den C-Ausweis soll künftig nur noch erhalten, wer nachweislich gut in die Schweizer Gesellschaft integriert ist. Konkret: Die Person muss eine Landessprache beherrschen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung achten und am Wirtschaftsleben oder am Bildungswesen partizipieren. Vor allem SVP-Parlamentarier machten in der Debatte klar, was für sie Integration heisst: Es geht ihnen nicht um das Sicheinfügen in eine Gesellschaft, sondern um das Sichassimilieren an eine Art eingebildeten, helvetischen Standard. Sie glauben mir nicht?

Lesen wir mal im Wortprotokoll des Amtlichen Bulletins nach, was die Herren Volksvertreter unter Integration verstehen und legen wir für einmal ihre Worte auf die Goldwaage. Thomas Burgherr (SVP, AG) wärmte die Ausschaffungsinitiative wieder auf: Personen, die sich bewusst nicht an die Schweizer Regeln anpassen möchten, haben in der Schweiz nichts zu suchen. Interessant an diesem Satz ist, dass Burgherr nicht von Gesetzen spricht, sondern von Regeln. Das ist nicht dasselbe. Gesetze erlässt der Staat – Regeln die Gesellschaft. Was Schweizer Regeln sind, spezifiziert er nicht.

Andreas Glarner (SVP, AG) erklärte: Integration ist eine Frage der Menge. Sie haben die Menge weiss Gott ausgedehnt, sodass eben die Integration schon fast nicht mehr möglich ist. Interessant an diesem Satz sind gleich vier Dinge. Glarner redet erstens von einer Menge. Schlagen Sie im Duden das Wort mal nach. Da steht: grosse Zahl von dicht beieinander befindlichen Menschen; Menschenmenge. Glarner lässt also das Bild eines Getümmels, einer Menschenansammlung (Duden) entstehen. Das ist Stimmungsmache à la Masseneinwanderung: Die Ausländer wandern nicht in Kolonnen, Scharen oder Kohorten ein, sondern einzeln – und meistens, weil sie in der Schweiz Arbeit haben.

Dann wirft Glarner zweitens seinen Ratskollegen vor, Sie hätten die Menge ausgedehnt. Wie wenn der Nationalrat selbst die Tore geöffnet und Ausländer in die Schweiz gerufen hätte. Glarner versieht diese Anklage seiner Ratskollegen drittens mit einem weiss Gott – er beruft sich dabei also auf die höchste Macht, die alles weiss, also auch die angebliche Schuld des Nationalrats kennt. Und nun kommen wir viertens und zu guter Letzt zum eigentlichen Sinn des Satzes: Laut Glarner ist der Zug für Integration schon abgefahren, weil es zu viele Ausländer in der Schweiz gibt.

Für Glarner besteht die Gesellschaft offensichtlich aus Schweizern und aus Ausländern und wenn es zu viele Ausländer hat, dann kann man keine neuen Ausländer mehr in die Schweizer integrieren, weil es zu wenig Schweizer hat. Das, mit Verlaub, ist xenophober Blödsinn. Die Schweizer sind keine homogene Gruppe (sie sprechen ja bekanntlich auch vier unterschiedliche Sprachen). Integration meint das sich Einfügen in eine Gesellschaft – und das ist nicht abhängig von Zahlen, sondern vom Willen und zwar auf beiden Seiten. Es ist, sagen wir, wie wenn Kinder beim Spielen einen Neuankömmling in ihr Spiel integrieren. Der Neue muss die Spielregeln kennen und die, die bereits spielen, müssen ihn akzeptieren und ihm auch mal den Ball zuspielen. Ob der Neue der Einzige ist, der dazu stösst, oder ob drei Viertel dazu gestossen sind, spielt keine Rolle – wesentlich ist, dass es zu einem gemeinsamen Spiel kommt.

Schlecht integrierte Schweizer

Glarner machte im Nationalrat deutlich, was er unter Integration versteht: Was will nun die SVP? Wir fordern zum Beispiel, und das ist wahre Integration, dass man die Amtssprache seines Wohn- und Lebensortes beherrscht. Das, Herr Glarner, würde eine ganze Menge Schweizer (darunter nicht wenige Politiker) disqualifizieren. Die Amtssprache in der Deutschschweiz ist Hochdeutsch – und das beherrschen viele Schweizerinnen und Schweizer ganz und gar nicht. Der Satz ist beispielhaft dafür, dass es der SVP im Allgemeinen und Herrn Glarner im Besonderen nicht um Integration geht, sondern um Assimilation. Es geht ihm also nicht darum, dass sich Ausländer in der Gesellschaft einfügen, das würde nämlich lediglich voraussetzen, dass sie sich verständigen können. Es geht ihm um das Angleichen an den jeweiligen Standard im Land.

Das Argument Amtssprache würde übrigens bedeuten, dass Deutsche in der Deutschschweiz, Franzosen in der Romandie und Italiener im Tessin kein Integrationsproblem hätten. Was nicht stimmt (und was wieder an beiden Seiten liegen kann). Es kommt nämlich nicht darauf an, ob ein Ausländer die Amtssprache spricht, sondern ob er mit seiner Umgebung kommuniziert. Das kann auch mal ein Lächeln sein oder ein freundliches Wort auf Portugiesisch, Kroatisch oder Mazedonisch.

Gregor Rutz (SVP, ZH) forderte denn auch mehr als nur Sprache: Ein weiterer Schritt der Integration ist dann, dass man sich mit der hiesigen Kultur, mit den hiesigen Gebräuchen identifiziert. Das erinnert mich an das gut situierte, ausländische Paar im Film Die Schweizermacher, das perfekt ein Schweizer Paar imitierte. Wozu, bitte, soll sich ein indischer Programmierer, ein japanischer Forscher bei der Novartis oder ein englischer Banker mit den hiesigen Gebräuchen identifizieren? Das machen ja nicht einmal die Schweizer. Und was bitte ist hiesige Kultur?

Nun darf man von einer SVP kaum andere Voten erwarten. Erschreckend ist, dass die Medien und zum Teil auch die anderen Parlamentarier auf diesen Diskurs einsteigen und nicht merken, in was für einen Sumpf von Schweizheit die SVP sie lockt. Letztlich will die Partei die Schweiz rein halten. Bei Lichte besehen sind Forderungen nach hiesiger Kultur und hiesigen Gebräuchen reines Stammtischgeschwätz. Motto: Faust auf den Tisch, wir wollen so bleiben, wie wir schon immer waren und diese Fremden sollen abhauen.

Wie Schweizerisch ist die Rösti?

Bloss: Wie waren wir denn schon immer? Und was ist diese Schweizer Kultur? Gehören Burger King und Mac Donalds dazu? Was ist mit Pizza und Pasta, mit Sushi und Muffins? Die Kartoffel kam erst im 18. Jahrhundert aus Südamerika in die Schweiz – gehört die Kartoffel, gehören Rösti und Kartoffelstock zur Schweizer Kultur oder nicht? Wenn sie dazugehören, heisst das nichts anderes, als dass sich auch die Schweizer Kultur verändert, dass das, was die SVP zur Schweizer Kultur zählt, nichts mit dem Ursprung, sondern bloss mit Gewöhnung zu tun hat – und ergo die Ablehnung von Unschweizerischem nichts anderes als ein xenophober Reflex ist. Als James Schwarzenbach seine Überfremdungsinitiative lancierte, wetterten die Fremdenfeinde über Pizza und Spaghetti – heute wettern sie über Döner und Kebab. Zerrissene Jeans und Tanktops aus den USA sind irgendwie ok, ein eleganter Hijab oder eine farbige Schaila offenbar nicht.

Was auch auffällt: Im Normalfall überlässt die SVP (ausser bei der Landwirtschaft natürlich) alles gern dem Markt. Nicht so bei den Ausländern: Da muss der Staat offenbar Standards vorschreiben. Assimilations-Standards. Seltsam. Warum, Ihr Herren von der SVP, richtet das denn der Markt nicht? Ist es vielleicht in der Realität gar nicht so schlimm? Ist es vielleicht sogar eine Bereicherung, wenn Menschen aus dem Ausland neue Gerichte, andere Kleider und neue Ideen einbringen? Übrigens: Dass die Politiker dabei nur die Ausländer in die Pflicht nehmen, ist ein weiterer Beleg dafür, dass es um Angleichung und nicht um Eingliederung geht. Wenn ich mit den Expats und Ausländern spreche, die ich kenne, sagen alle: Wir hätten gerne mehr Kontakt mit Schweizern, aber ihr seid so verschlossen. Es dauert Monate, bis man einmal von einem Schweizer zu sich nach Hause eingeladen wird. In Amerika zum Beispiel besucht man sich, um sich kennenzulernen. In der Schweiz muss man sich zuerst besser kennenlernen, dass man sich besuchen kann. Auch im Kleinen sind die Schweizer offensichtlich kleine Trutzburgen.

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Integration kann aber nur gelingen, wenn beide Seiten aufeinander zugehen. Freiwillig aufeinander zugehen. Befehlen kann man allenfalls Assimilation. Integration ist ein gegenseitiger Prozess. Ja, das wird die Schweiz verändern. Hoffentlich. Vielleicht werden künftig «Fremde» auch in der Schweiz etwas schneller eingeladen. Es darf ja auch zum Fondue sein.

Potz Heimatland

6 Kommentare zu "Wie der Nationalrat Schweizermacher spielt"

  1. Die Tendenz dieses Blogs zeigt sich diese Woche wieder einmal klar: Es wird scharf das Vorgehen der SVP-Vertreter und Vertreterinnen, was immer diese auch tun, beäugt. Und tendenziell negativ beschrieben. Kann man deshalb diesen Blog getrost als Tendenziös bezeichnen? Ja, durchaus – und das ist auch legitim, voll ok in einer Demokratie.
    Es wird ausgeteilt, am Lack gekratzt, oftmals einseitig dargestellt und unterstellt. Populisten sind es, welche eine eher rechtbürgerliche Meinung haben, Populisten, welche das Volk, dass selbstverständlich nicht so gescheit ist wie die Lesenden dieses Blogs, ködern wollen….
    Rechte Populisten. Punktum.
    Doch gibt es eigentlich auch sowas wie linke Populisten, welche das Stimmvolk ködern wollen? Ich glaube ja, und da diese in den Media unerwähnt bleiben, darf man ihnen hier getrost ein- bis zwei Zeilen widmen. Nehmen wir Alexander Tschäppät, den SP-Bärenwärter der Stadt Bern. Er verspricht seiner jüngeren SP-Wählerschaft immer wieder im Zusammenhang mit dem linksautonomen Jugendzentrum Reitschule entweder Geld, rechtsfreien Raum und noch mehr Goodies…. Tschäppät war dort stets gerngesehener Gast, welcher dort mit dem süssen Nektar der Huldigung gestärkt und bekräftigt wurde. Wenn Saubannerzüge in der „Rity“ organisiert wurden und von dort starteten, welche die ganze Stadt zerbersten liessen, zog er sich, im übertragenden Sinne, ganz tief die Bärenwärtermütze ins Gesicht, so dass man das (mit-)angerichtete nicht sah….
    Oder Populist Cederic Wermuth. Der SP-Nationalrat wollte einen konkursen privaten Jugendsender namens „Joiz“ retten. Mit Steuergeldern. Er verlangte medienwirksam in einer Anfrage, ob der Bund dem Sender nicht aufrecht erhalten könnte. Oder verstaatlichen könne. Oder in die SRG integrieren. Drei Fliegen mit einer Klappe: Der SVP-Kritische Jugendsender (stets wenn ich schaute, kam entweder Musik oder SVP-Bashing übelster Sorte) passt in seine politische Parteilinie. Dazu: Die gefühlten 300 Mitarbeiter singen jetzt noch (trotz Schliessung) jeden Abend eine Ode an ihren „Möchtegernretter“. Dazu weiter noch: Die Zuschauer, welche den Sender liebten, wählen – sofern sie können – sicherlich bei den nächsten Wahlen den „Joiz-Starkmacher“. Populistisches Wahltaktvorgehen nach einfachem, leicht durschaubaren Strickmuster gibt’s also rechts SOWIE links!
    Das dieser Blog künftig etwas ausgewogener daherkommt, daran glaube ich wöchentlich von neuem . Mit solch tendenziösen, „auf-einem-Auge-blind-Berichten“ werden meine Hoffnungen jedoch wöchentlich zunichte gemacht.
    Doch kommen wir noch zur Einbürgerungspraxis:
    In der Schweiz werden heute über 40’000 Menschen pro Jahr eingebürgert (1991 waren es nicht einmal 6’000). Seit dem Wegfall der so genannten Einkaufssummen steigt die Zahl der Einbürgerungsgesuche in vielen Kantonen sprunghaft an. Mehr Einbürgerungsgesuche heisst automatisch auch mehr Fehlentscheide. In letzter Zeit haben sich die Fälle gehäuft , in denen eben erst zu Schweizer Bürgern gemachte Ausländer wegen Verbrechen, Missachtung hiesiger Sitten und Gebräuche oder sogar wegen Hetze gegen die Grundprinzipien unseres Staates in die Schlagzeilen geraten sind. Die SVP will Einbürgerungswillige in die Pflicht nehmen, bevor diese den Schweizer Pass erhalten.
    Es heisst, der hohe Ausländeranteil in der Schweiz sei darauf zurückzuführen, dass eine restriktive Einbürgerungspraxis angewendet werde. Diese Behauptung lässt sich leicht widerlegen, mit einem Blick auf die Einbürgerungsquoten gemessen an der Gesamtbevölkerung. Die Schweiz steht hier nämlich an der SPITZE DER EINBÜRGERUNGEN mit 0,5%, während das Niveau in Deutschland bei 0,2% liegt und der europäische Durchschnitt gar bei 0,16%! Will man noch mehr – will man die ganze Welt zu Schweizern machen? (Das wäre dann aber weltweit gesehen auch wieder etwas eintönig, nicht wahr?) Fact ist: Es gab und gibt also eine VERVIELFACHUNG DER EINBÜRGERUNGEN. Denn in den letzten 12 Jahren wurden insgesamt über 250’000 Ausländer eingebürgert. Diese Zahl entspricht den Einwohnern der beiden Städte BERN und LAUSANNE (!) zusammen. Dabei hat sich die Zahl der ordentlichen Einbürgerungen verDREIfacht. Dies ist nicht zuletzt ein Resultat der Versuche vieler Kantons- und Gemeinderegierungen, die Einbürgerungen nicht mehr vom Volk (!), sondern von Kommissionen (!) und der Exekutive selbst vornehmen zu lassen, um für sie unangenehme und langwierige Diskussionen (!!) zu vermeiden.
    Diese klaren Sachverhalte sprechen auch eine klare Sprache. Nix mit scharfer Einbürgerungspraxis. Nix mit zu wenig Einbürgerungen. Viel Einbürgerungen! Das es nicht noch mehr und zu viele werden (Masshalten ist auch hier ein guter gutgemeinter Rat für das Land und für die darin lebenden Menschen a l l e r Couleur, wie die Erfahrung weltweit zeigt), dafür gibt’s die Demokratie. Und Parteien wie die SVP, die die Scheunentore manchmal etwas mehr zuziehen, während die andern sie wieder etwas mehr aufreissen. Ein immerwährender (demokratischer) Prozess, der gut so ist.
    Anstatt das Unbehagen der Bevölkerung gerade im Thema Einbürgerung einfach „wegschreiben“ und „vermatthiaszehnderisieren“, (was ebenso falsch ist wie „schüren“), sondern die Themen sachlich und von allen Seiten beleuchten, hilft – wenn auch wie hier im kleinen – die mentale Erstarrung vieler zu lösen und die Welt wieder analytisch, mit unverminderter intellektueller Schärfe und mit substantiellem Gehalt anzuschauen. Es lohnt!

  2. Lieber Thomas Zweifler
    Ich kann Ihrer Argumentation nicht folgen, Das mag an meinem weit über dem AHV-fälligen Alter liegen, oder an der Tatsache, dass ich vor über 50 Jahren selber eingebürgert wurde! Na und, wo liegt das Problem der Einbürgerungen? Diese sog. Fremden haben in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten der Schweiz viel gebracht, z. B. Nestlé, Ciba, Geigy (heute Novartis) etc. etc. Es liessen sich auch viele Notabilis inkl. Nobelpreisträger aufzählen.
    Es ist genau diese Erbsenzählerei die die Diskussion über das Fremde so abstrus macht.
    Es darf doch „neutral“ festgehalten werden, dass die „Freudendiskussion“auch in unserem Land immer, und wiederholt zum Thema gemacht wird, und das eben mit Vorliebe von Vertretern der SVP. Sie macht damit Politik, sie will gar kein Problem lösen, sie will einfach im Gespräch bleiben. Aber sorry, hier handelt es sich um Individuen, um Menschen mit einer Vergangenheit und einer eigenen Identität. Diese Menschen sind weder besser noch schlechter als der Durchschnittsschweizer. Wieviel Ausländer in der Schweiz sinnvoll oder möglich sind ist eine Diskussion wert. Aber dann eben sachlich bitte (Die CH-Geschichte des 2. Weltkrieges – das Boot ist voll, lässt grüssen.
    Dass es auch links oder mitte-links Abstruse Aussagen und Vorschläge gibt ist unbestritten. Aber das eine rechtfertigt das andere nicht.
    Wichtig für die Schweiz ist, dass der Schweizer seine Identität nicht aufgibt (was immer das ist) aber ebenso wichtig wäre, gegenüber dem Fremden offen zu sein. Dass wir von unseren Einwanderern verlangen, dass sie eine Landessprache können müssen ist mehr als vertretbar.
    Übrigens, ich durfte vor kurzem einen welschen Patrioten auf ein offizielles Amt begleiten, weil der Beamte leider kein Französisch versteht. Wohlgemerkt, es handelte sich jeweils um Schweizer. Ehrlich, ich habe dabei an die immer wiederkehrenden Diskussionen um das Fremde gedacht und innerlich etwas geschmunzelt.
    Bleiben wir doch ein jeder was wir sind – aber hören wir endlich auf, alles Fremde zu verteufeln resp. als politische Profilierungsbühne auszunutzen. Mit Fremdenhass lässt sich eben sehr leicht populistische Politik machen.
    Anderseits gehen wir doch regelmässig ins Ausland in die Ferien, in immer fernere Gefilde!
    Jeder von uns ist gefragt, im Kleinen etwas für die Integration aktiv zu tun, und etwas offenherziger zu werden. Ganz gleich b links oder rechts.

  3. Ich kann verstehen, dass sich breite Kreise mit zunehmend schneller ablaufenden gesellschaftlichen Veränderungen schwer tun und sich ob eines Verlustes von „Heimat“ ängstigen. Die Ferien in Antalia oder auf den Malediven sind für viele Schweizer eine Auszeit um nach der Rückkehr die Bestätigung zu erhalten, wie viel besser bei uns doch alles funktioniert, wie grün die Wiesen sich präsentieren und wie akurat die Gartenzäune das Eigene vom Nachbarn trennen. Wir wissen auch, dass es der SVP gelingt, diese offenbar weit verbreitete kleinbürgeliche Mentalität anzusprechen und auf diesem sauber mit Stacheldraht eingezäunten Acker zu ernten. Derzeit gelingt es, in Fragen um die AHV, die Jugend gegen das Alter auszuspielen, es gelingt, die Niederlassungsbewilligung C an Sprachkompetenzen und Arbeitsverträge zu binden, es sei denn, der Mann sei reich oder die Frau spreche von Haus aus englisch. Es gelingt in diesem sparwütigen Land den Sparern ihren Zins vorzuenthalten, auf dass es den wenigen Exporteuren gut gehe und es gelingt, die Solidarität im Steuersystem als böswillige Umverteilung zu brandmarken. Weshalb eigentlich gelingt es der Linken mit wenigen Ausnahmen nicht, dies alles und viel mehr klar und verständlich darzustellen, klare Ziele zu definieren und dafür zu kämpfen. Als alter 68er habe ich doch erlebt, dass Änderungen von unten her möglich sind. Wir haben Kaiseraugst verhindert und hatten trotzdem Strom, wir haben die Schulklassen von 34 auf 25 Schüler reduziert, in einzelnen Kantonsparlamenten Amtszeitbeschränkungen eingeführt und die Pensionskassen zur Weitergabe der Arbeitnehmerbeiträge gezwungen. Ja, wir waren Ideologen, wir haben übermütig von Gerechtigkeit geträumt, nächtelang mit Worten um die Wahrheit gekämpft und dabei gelernt am Schluss Kompromisse einzugehen. Heutiger linker Politik fordere ich keinen Übermut ab, aber Mut wäre gut.

  4. Folgendes Zitat wird Voltaire zugeschrieben.
    „Je ne suis pas d’accord avec ce que vous dites, mais je me battrai jusqu’au bout pour que vous puissiez le dire.“
    Ich zwinge mich immer wieder, an diese Worte zu denken, wenn ich jeweils ihre Replik auf die meiner Meinung nach hervoragenden Kommentare Mattias Zehnders lese. Ich hätte nur eine kleine Bitte an sie: Könnten sie sich um Himmels Willen etwas kürzer fassen? Die Qualität eines Beitrags misst sich nicht an dessen Länge.

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