Tamedia übernimmt die BaZ. Was das für Basel bedeutet

Publiziert am 18. April 2018 von Matthias Zehnder

Alt-SVP-Bundesrat Christoph Blocher beendet sein Basel-Abenteuer und verkauft die «Basler Zeitung» an Tamedia. Im Gegenzug übernimmt Blocher von Tamedia deren Beteiligung am «Tagblatt der Stadt Zürich», sowie die Gratiszeitungen «Furttaler» und «Rümlanger»und in der Romandie die Beteiligungen an «GHI» und «Lausanne Cités». Markus Somm wird die «BaZ» nach der Übernahme noch sechs Monate als Chefredaktor führen und dann nach einem Sabbatical als Autor für Tamedia schreiben. Siehe hier.

Für Basel ist das eine gute Nachricht.

Die «BaZ» wird sich von einem politischen Projekt wieder in ein kommerzielles Projekt verwandeln. Das heisst: Die «BaZ» muss in Basel wieder bei möglichst vielen Leserinnen und Lesern gut ankommen – und das geht bekanntlich nicht, indem die Zeitung diese Leser regelmässig vor den Kopf stösst.

Basel wird weiterhin zwei Tageszeitungen haben. Wie in Zürich treffen in Basel mit der «bzBasel» und der «BaZ» die beiden grossen Zeitungsgruppen der Deutschschweiz aufeinander: Die AZ/NZZ-Gruppe und die Tamedia. Für beide ist Basel kommerziell ein wichtiges Terrain, weil die Region Basel ein starker Wirtschaftsraum ist. Zwei Zeitungen, die sich inhaltlich konkurrenzieren – das ist für die Stadt und Region Basel gut.

Hat die «BaZ» nun rentiert oder nicht?

BaZ-Verwaltungsratspräsident Rolf Bollmann hat letzte Woche in einem ausführlichen Wutartikel unter dem Titel «Es kann nicht sein, was nicht sein darf» in der eigenen Zeitung alle beschimpft, die seiner Zeitung Misserfolg unterstellen und mit Zahlen zu belegen versucht, dass die «BaZ» lange nicht so schlecht sei, wie sie geschrieben werde. (Ich habe das hier schon kommentiert.) Rückblickend ist dieser Wutartikel doppelt seltsam. Wollte Bollmann damit den Preis nach oben treiben? Wollte er die kühlen Rechner von Tamedia beeindrucken? Oder handelt es sich um den verzweifelten Versuch der quasi-posthumen Gesichtswahrung?

Wenn dies das Ziel war, dann ist es gründlich misslungen. Markus Knöpfli hat Bollmann in einem ausführlichen Artikel auf Horizont.net («Gut gebrüllt, Bollmann» genüsslich alle Fehler, Falschrechnungen und unzulässigen Vergleiche vorgerechnet. Er kommt in seiner Analyse zum Schluss, dass die «BaZ» in acht Jahren unter Blocher/Somm deutlich mehr Leserinnen und Leser verloren hat als vorher in elf Jahren unter Hagemann. Sicher ist: Die «BaZ» weist heute im Print weniger als 100’000 Leserinnen und Leser aus und ist damit deutlich zu klein, als dass sie sich rentabel betreiben liesse, ohne in ein Mantelkonstrukt eingebunden zu sein. Die Versuche von Blocher, etwa mit der bündner Somedia und ihrer «Südostschweiz» einen eigenen Mantel zu kreieren, sind gescheitert, also blieb Blocher nur der Verkauf an eine Zeitungsgruppe.

Für viele Mitarbeiter ist es eine schlechte Nachricht.

Unter Tamedia wird die «BaZ» den so genannten Mantel aus Zürich beziehen. Das ist im Wesentlichen der erste Bund der Zeitung, also Ausland, Inland, Sachthemen sowie die überregionalen Inhalte aus den Bereichen Wirtschaft, Sport und Kultur. Das bedeutet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für diese überregionalen Seiten bei der «BaZ» arbeiten, wohl einen neuen Job suchen müssen. Darüber hinaus dürfte sich der eine oder andere «BaZ»-Mitarbeiter aus den lokalen Ressorts ebenfalls eine neue Stelle suchen müssen, weil Tamedia die «Basler Zeitung» umpositionieren muss. Das geht glaubwürdig nicht mit Journalisten, die in den letzten Jahren den konfrontativen Rechtskurs von Blocher verkörpert haben.

Und was bedeutet es für die «bzBasel» und die «Tageswoche»?

Die beiden lokalen Konkurrenten, die «bzBasel» und die «Tageswoche», haben zwar geradezu krampfhaft versucht, sich nicht als Anti-BaZ-Zeitungen zu positionieren, sie waren aber beide zumindest die «Guten» neben der «bösen «BaZ»». Wenn es Tamedia schafft, die «BaZ» rasch umzupositionieren, wird dieser Bonus für beide wegfallen. Gefährlich ist das vor allem für die «bzBasel». Sie wird ihr Profil neben einer eingemitteten und seriösen «Tagi-BaZ» schärfen müssen.

Gut möglich, dass sich die Verteilung im politischen Spektrum dann umkehrt, dass also die «bzBasel» dann bürgerlicher positioniert sein wird als die «BaZ». Zum einen hat die «Nordwestschweiz», wie der Mantel der bz aus Aarau heisst, mit Patrick Müller einen sehr bürgerlichen Chefredaktor, zum anderen ist die bz immer noch recht stark im Kanton Basel-Landschaft verwurzelt und der tickt politisch genuin rechtsbürgerlicher als der Stadtkanton.

Hätte Peter Wanner und seine AZ-Medien die «BaZ» übernommen, wäre es in Basel wieder zu einer Monopolsituation gekommen (wobei sich dann die interessante Frage gestellt hätte, unter welche Marke Wanner die fusionierte «BaZ»-bz gestellt hätte). In diesem Szenario hätte die «Tageswoche» als einzige Alternative sicher an Gewicht gewonnen. Nach der Übernahme der «BaZ» durch Tamedia darf das Gegenteil erwartet werden: Die «Tageswoche» wird weiterhin eine Fangemeinde haben, sie ist als «Erlöserprojekt» aber für Basel nicht mehr nötig. Wenn die «Tageswoche» ihr Profil schärfen will, dann wäre das sicher links – einen ersten Schritt hat sie kürzlich bereits gemacht, indem sie aktiv das Referendum gegen die Überwachung von Versicherten unterstützt.

Die «BaZ» umzupositionieren wird keine einfache Aufgabe sein.

Markus Somm hat in letzten sieben Jahren die «Basler Zeitung» zu einer «rechtsbürgerlichen Zeitung umpositioniert» (nicht meine Worte, so schrieb es «BaZ»-Verwaltungsratspräsident Rolf Bollmann letzte Woche in seinem Wutartikel). Wenn Tamedia mit der «BaZ» kommerziell Erfolg haben will, muss sie die «BaZ» wieder in die Mitte positionieren. Das Marktpotenzial für Regionalzeitung, die sich rechtsbürgerlich positioniert, ist schlicht zu klein. Die «BaZ» muss also wieder in die Mitte und das glaubwürdig.

Das Problem bei eines Umpositionierung ist, dass sie bei bestehenden Lesern schneller wirkt als bei potenziellen Lesern. Es besteht also die Gefahr, dass bestehende Leser, die mit dem politischen Kurs der «BaZ» einverstanden sind, schneller abspringen, als dass potenzielle Leser zusteigen. Die Umpositionierung muss deshalb rasch und glaubwürdig erfolgen. Dazu kommt, dass der neue Verleger Zürcher ist und deshalb in Basel erst mal auf Misstrauen stösst. Tamedia muss mit der neuen «BaZ» also einerseits zeigen, dass sie sich vom rechtsbürgerlichen Konfrontationskurs verabschiedet und andererseits unter Beweis stellen, dass sie weiterhin eine Basler Zeitung ist. Das könnte als Slogan etwa heissen: anständig, aber eigenständig.

Basel, 18. April 2018, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch
(aktualisierte Fassung)

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