Replik auf Eric Gujers Kommentar in der NZZ: «Die Schweiz braucht keine Staatsmedien»

Publiziert am 16. Dezember 2017 von Matthias Zehnder

NZZ-Chefredaktor Eric Gujer greift in der NZZ zum verbalen Zweihänder und drischt polemisch auf die SRG ein. Ich habe seinen Kommentar in zehn Vorwürfe zerlegt, die ich im Folgenden beantworte. Die Vorwürfe sind verkürzte, wörtliche Zitate aus seinem Kommentar, der Wortlaut findet sich hier: https://www.nzz.ch/meinung/die-schweiz-braucht-keine-staatsmedien-ld.1339261

Ich habe versucht, mich nüchtern auf die Sache zu konzentrieren, auf reine Polemiken gehe ich nicht ein. Dazu gehört die Mär von der SRG als Staatsmedium. Eric Gujer weiss genau, dass die SRG ein privatrechtlicher Verein ist, der zwar gesetzlich festgelegte Gebühren kassiert, aber vom Staat nicht abhängig ist. Die SRG ist so wenig Staatsmedium wie eine Strassenbaufirma, die im Auftrag des Staates eine Strasse baut, eine Staatsabteilung ist. Deshalb: Zu den Argumenten.

Vorwurf 1: Es gibt keine Massenmedien mehr

Gujer schreibt: Die SRG ist ein Kind der 30er Jahre. Aber heute gibt es keine Massenmedien mehr, jeder sucht das für ihn passende Angebot – und findet es in einem bunten Markt der Möglichkeiten.

Das stimmt nur, wenn man alle Medien in einen Topf wirft und nur vom Konsumenten aus gesehen. Natürlich ist die Medienpallette in der digitalen Welt wesentlich grösser geworden. Es gibt tatsächlich eine bunte Vielfalt an Blogs und digitalen Publikationen. Aber die SRG ist kein Blog, sondern ein audiovisuelles Produktionsunternehmen. Und im AV-Bereich ist Grösse sehr wichtig. Gerade diese Woche hat Disney für $52,4 Mrd. 21st Century Fox übernommen. Dazu kommt: Es mag eine bunte Vielfalt geben im Internet, die wichtigen Player sind Google (Werbevermarktung und YouTube) und Facebook (Werbevermarktung und wichtigstes Onlineangebot). Es ist naiv, zu meinen, als kleiner Fisch im bunten Markt der Möglichkeiten könne ein Schweizer Anbieter diesen Riesen die Stirn bieten. Die SRG hat als audiovisuelle Produktionsfirma und als von amerikanischen Global Playern unabhängiger «lokaler Riese» eine Chance. Vielleicht.

Vorwurf 2: Die SRG ist ein Dinosaurier, der ausgestorben gehört

Gujer schreibt: Fast überall sterben die Dinosaurier aus. Der Trend zur Individualisierung hat nicht nur die Medien erfasst. Nur die SRG verändert sich nicht. Sie will uns einreden, Dinosaurier lebten ewig und kleine, flinke Säugetiere hätten nie eine Chance.

Kleine Korrektur: Die Zeitungs-Dinosaurier sterben aus. Die grossen TV-Netzwerke sind weiterhin gross und sie werden eher noch grösser, weil nur die ganz grossen die finanziellen und technischen Mittel haben, um eine Fussball-Liga, Skirennen oder ein nationales Velorennen zu übertragen. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die SRG-Gegner immer so tun, als wäre die Schweiz medial eine Insel. Das ist komplett falsch. In der Schweiz belegen einheimische Fernsehsender maximal einen Drittel des Marktes. Mindestens zwei Drittel des Marktes belegen ausländische TV-Sender. Die SRG hat in der Deutschschweiz insgesamt einen Marktanteil der Programmnutzung von 31% und in der Romandie von 28%.

Zu meinen, wenn man die SRG zerschlage gehöre der Markt dann kleinen, privaten Schweizer TV-Sendern, ist blauäugig. Erstens werden sich die ausländischen Privat-TV-Sender rasch und gerne in die Schweiz einkaufen, wie das im Radiobereich mit der französischen NRJ-Gruppe bereits geschehen ist und zweitens schauen die Schweizerinnen und Schweizer auch so sehr viel ausländisches Fernsehen. Und TV-Sender von ARD bis ZDF und von RTL bis ProSiebenSat.1 sind keine Zwerge, sondern ziemlich fitte Riesen. Die Schweiz kann nur mit vereinten Kräften, also mit einer gesamtschweizerischen SRG gegen den Druck der Riesen aus dem Ausland halten.

Vorwurf 3: Die behäbige SRG kann mit flinken Diensten wie Netflix nicht mithalten

Gujer schreibt: Es gibt längst spezialisierte Angebote für Sport, Unterhaltung und Information. Streaming-Dienste wie Netflix produzieren hochwertige Inhalte, bei denen ein behäbiger Staatssender nicht mithalten kann.

Das, mit Verlaub, ist Chabis. Erstens beweist SRF gerade mit Serien wie «Wilder» oder mit «Der Bestatter», dass auch die SRG hochwertige Inhalte produzieren kann und zweitens ist es illusorisch, dass die hochgelobten, globalen Streamingdienste Inhalte für die italienische oder die französische Schweiz produzieren würden. Diese Märkte sind ohne die Stützung durch die Deutschschweiz dafür zu klein. Klar: Deutschschweizer Gujer kann das egal sein. Aber die Schweiz sollte deswegen nicht kollektiv die Schultern zucken. Ach ja, noch ein Wort zum behäbigen Staatssender. Das ist eine der Gujerschen Polemiken, mit denen er die SRG abwatscht. Man kann mit Fug und Recht das Gegenteil behaupten: Die SRG ist ein privatrechtlicher Verein, der höchst moderne, föderale Strukturen aufweist und deshalb über seine Gremien die Schweiz flink erfasst und abbildet.

Vorwurf 4: Das elektronische Lagerfeuer ist erloschen

Gujer schreibt: Die Nation versammelt sich nicht mehr um das «Lagerfeuer» Fernsehen, die Ära der Strassenfeger ist vorbei. Die Behauptung, nur ein öffentlich-rechtlicher Sender könne die sozialen Schichten, Regionen und Sprachen verbinden, ist so vermessen wie totalitär.

Dass es keine Strassenfeger mehr gibt, ist ein oft kolportiertes Märchen. Beispiel Ski-WM 2017 in St. Moritz: Im Schnitt 1‘076‘000 Zuschauende verfolgten das Rennen mit der Goldmedaille von Beat Feuz. Über alle Wettkämpfe hinweg lag der Marktanteil der Liveübertragungen aus St. Moritz bei 69,1 Prozent. Und es muss auch nicht immer ein Live-Event sein: «Der Bestatter» erreichte 2017 im Schnitt einen Marktanteil von 39,9%. Aber das ist meines Erachtens nicht der wichtigste Punkt. Zentral ist die Funktion der SRG für einen nationalen Fernsehfinanzausgleich. Schon die Deutschschweiz ist ein Miniaturmarkt von der Grösse einer halben Stadt London. Die Romandie und das Tessin sind viel zu klein, als dass in diesen Märkten ein vernünftiges Fernsehangebot entstehen könnte (immer auch vor dem Hintergrund, dass Italien und Frankreich mit grossen Sendeangeboten in die Schweiz einstrahlen). Die Tatsache, dass nur ein öffentlich-rechtlicher Sender die Sprachregionen der Schweiz im Sinne eines Finanzausgleichs verbinden kann, ist nicht totalitär, sondern gelebte, eidgenössische Solidarität. Alles andere ist Selbstaufgabe vor einem totalitären Markt.

Vorwurf 5: Die SRG scheffelt, Verlage darben

Gujer schreibt: Die Gebühreneinnahmen der SRG sind seit der Jahrtausendwende um mehr als ein Fünftel auf 1,2 Milliarden Franken gestiegen. Die Erlöse der Verlage aus der Printwerbung sinken hingegen von Jahr zu Jahr im zweistelligen Bereich.

Das ist wohl des Pudels Kern: Die Verlage sehen ihre Felle davonschwimmen und argumentieren, wenn wir darben, muss die SRG auch. Erstens sinken nur die Erlöse jener Verleger, die nicht rechtzeitig gemerkt haben, dass es ein Internet gibt (Tamedia zum Beispiel ist im Internet sehr erfolgreich mit Angeboten wie Homegate) und zweitens spricht doch gerade die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, Medienangebote über Werbung zu finanzieren, für ein Gebührenmodell.

Vorwurf 6: Doris Leuthard will die privaten Medien kontrollieren

Gujer schreibt: Überdies streben die Linke und Medienministerin Doris Leuthard endlich Kontrolle über die privaten Medien an. Es droht daher eine Staatsmedienlandschaft mit einer übermächtigen SRG und privaten Trabanten.

Das ist rechtsliberale Propaganda und schlicht Humbug. Zudem widerspricht sich Gujer selbst: Wenn er (siehe Vorwurf 1) schreibt, jeder suche das für ihn passende Angebot – und finde es in einem bunten Markt der Möglichkeiten, dann sieht das für mich nicht nach staatlich kontrollierten Medien aus.

Vorwurf 7: Die Gebühren sind zu hoch

Gujer schreibt: Leuthard senkt die RTV-Gebühr von bisher 451 auf 365 Franken. Das ist deutlich mehr Geld, als die Schweizer laut einer Studie des Beratungsunternehmens EY sonst für journalistische Leistungen jährlich ausgeben.

Das ist ja das Problem: Die Menschen haben verlernt, für journalistische Leistungen Geld zu zahlen, unter anderem deshalb, weil die Schweizer Zeitungsverleger sie mit einer ganzen Reihe von Gratiszeitungen dazu erzogen haben. Die Schweizer geben gefühlt viel Geld für Fernsehen und Internet aus – allerdings landet dieses Geld in den Taschen von Swisscom, Cablecom und Co., also bei den Carriern. Im Durchschnitt geben Schweizer Haushalte pro Monat (!) 224.80 Franken für Dienstleistungen im Bereich Information und Kommunikation (IKT) aus. Die RTV-Gebühr macht davon 15% aus. Insgesamt 83% des Geldes geht für Connectivity drauf, also für Telefonie, Mobiltelefonie, Kabelfernsehen und Internet. Im Jahr sind das 2293 Franken, die an die Drähtefirmen gehen. Vielleicht wäre es an der Zeit, hier anzusetzen und die Carrier zu verpflichten, eine Inhaltsgebühr zu bezahlen? Ohne Inhalte ist das Internet- und das Fernsehabo nämlich nicht viel wert…

Vorwurf 8: Die SRG ist Zwangsinformation

Gujer schreibt: In der Demokratie gehört es dazu, dass der Einzelne darüber entscheiden kann, wo er sich informiert und wie viel er dafür berappen will. Es braucht keinen Staatsfunk, um in jedem Haushalt die «richtige» Nachrichtenquelle sicherzustellen.

In der Demokratie ist es aber auch selbstverständlich, dass der Staatsbürger solidarisch auch für jene Leistungen bezahlt, die er selbst nicht konsumiert. Nicht jeder Bürger braucht Kindergärten und Schulhäuser, trotzdem bezahlt er dafür. Nicht jeder Bürger ist der Meinung, der Staat müsse neue Kampfflugzeuge kaufen, trotzdem hat er dafür zu bezahlen, weil es eine politische Mehrheit so beschlossen hat. Nicht jeder Bürger besucht das Kunstmuseum oder das Theater, trotzdem bezahlt er mit seinen Steuern dafür, weil die Politik der Meinung ist, dass es sinnvoll ist, sich ein Theater oder ein Kunstmuseum zu leisten. Genauso ist (bzw. war bisher) die Politik der Meinung, dass es sinnvoll ist, dass die kleine, mehrsprachige Schweiz sich eine SRG leistet, an die alle bezahlen, auch wenn sie selbst nichts oder wenig konsumieren.

Vorwurf 9: Die SRG soll sich dem Wettbewerb stellen

Gujer schreibt: Das Angebot ist dank vielen neuen, meist digitalen Produkten breiter denn je. Warum sollte nicht auch im audiovisuellen Markt Vielfalt und echter Wettbewerb herrschen? Und warum sollten die Zuschauer nicht freiwillig – wenngleich sicher weniger als bisher – für das SRF-Programm zahlen?

Weil das nicht funktioniert. Niemand bezahlt für Nachrichtensendungen oder für Kulturangebote, auf der ganzen Welt gibt es kein Beispiel dafür. Bezahlfernsehen funktioniert nur für Sportangebote. Und da dürfte es rasch teurer werden als die heutige Konzessionsgebühr. Das Sportpaket «MySports Pro» von UPC Cablecom kostet heute schon 25 Franken pro Monat – das sind 300 Franken im Jahr allein für Sportfernsehen. Erhältlich ist dieses Sportpaket übrigens ausschliesslich als Zusatzoption zu einem Paketangebot, das Telefon, Internet und Fernsehen umfasst und jeden Monat 129 Franken kostet.

Dazu kommt: Wettbewerb zwischen wem? Gujer denkt immer nur an den Wettbewerb zwischen den privaten Verlegern und der SRG in der Schweiz und blendet den Wettbewerb zwischen den grossen, ausländischen Anbietern und der heute schon (im internationalen Vergleich) kleinen SRG aus. Wie gesagt: In der Schweiz haben ausländische Sender einen Marktanteil von etwa Zwei Dritteln. Wird die SRG zerschlagen, steigt dieser Marktanteil garantiert. Ist das im Sinn der Schweiz?

Vorwurf 10: Leuthart und die Linke verweigern die Diskussion

Gujer schreibt: Notwendig ist eine Debatte darüber, was der gesellschaftliche und technologische Wandel für die Medien bedeutet. Doch die zuständige Ministerin Leuthard und ein parlamentarisches Kartell des Status quo betreiben Politikverweigerung. Sie haben bisher jede echte Diskussion über diese Fragen verhindert.

Diese Debatte haben wir in den letzten Jahren mehrfach geführt. Ich erinnere an die Debatte und die Abstimmung über das RTVG. Leuthard und ein parlamentarisches Kartell (mal die Linke, mal ein Kartell, ach Eric Gujer, es sind einfach gewählte Volksvertreter) – das Parlament also hat den Status Quo intensiv diskutiert, rund um das RTVG und rund um die NoBillag-Initiative. Nur, weil es anders herausgekommen ist, als Eric Gujer es sich wünscht, ist das noch keine Diskussionsverweigerung.

Bonusvorwurf: Die Bürger haben keine Wahl

Gujer schreibt: Warum man den Bürgern die Kompetenz an der Urne, nicht aber bei der Wahl der Medien zutraut, bleibt das Geheimnis der SRG-Lobby.

Die Bürger haben freie Wahl, welche Medien sie konsumieren wollen. Aus staatspolitischen Überlegungen (innerschweizerische Solidarität, übermächtige, ausländische Konkurrenz) und zur Förderung einheimischer Kultur (Film, Musik) gibt es das System der Radio- und Fernsehgebühren. Da hat der Bürger, wie bei den Steuern, keine Wahl.

Schlussbemerkung

Heisst das, die SRG bleibt, wie und was sie ist? Nein, Gujer selbst droht ja schon die nächste Initiative an: Die Bürgerlichen wollten die Gebühren halbieren. Die SRG muss sich insgesamt erneuern und wohl auch verschlanken. Aber man kann einen Baum nicht schneiden, wenn man ihn vorher gefällt hat. Das geht also nur, wenn die NoBillag-Initiative abgelehnt wird.

Ich verstehe übrigens nicht ganz, warum Gujer nur auf den Gebühren herumreitet. Denkbar wären auch andere Modelle. Etwa eine Werbeeinschränkung für die SRG, die indirekt dafür sorgt, dass vielleicht mehr Werbegelder zu den privaten Sendern fliessen. Ich persönlich glaube, dass sich Fernsehwerbung in den nächsten Jahren ohnehin totläuft. Zu oft funktioniert Fernsehwerbung nach dem Zwang-System: Damit Du das schauen kannst, was Du willst, musst Du Dir vorher Werbung anschauen. Das lässt sich in der digitalen Welt nicht mehr umsetzen. Werbung als Eintrittshürde funktioniert deshalb immer schlechter (und das so genannte Native Advertising, also Werbung verkleidet als redaktionelle Inhalte, beschädigt die Glaubwürdigkeit des Mediums zu stark). Ich kann mir aber vorstellen, dass es auch da neue Modelle gibt. Eine Möglichkeit wäre, dass sich Fernsehzuschauer einen Teil der Gebühren «abverdienen» können, indem sie Werbung anschauen.

Aber eben: Das SRG-Haus kann man nur renovieren, wenn die Abrissbirne NoBillag abgelehnt wird. Danach freue ich mich auf sachlich fundierte Diskussionen über die SRG (wenn möglich ohne rechtsliberale Polemik).

Basel, 16. Dezember 2017, Matthias Zehnder mz@matthiaszehnder.ch

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24 Kommentare zu "Replik auf Eric Gujers Kommentar in der NZZ: «Die Schweiz braucht keine Staatsmedien»"

  1. Dieser Eric Gujer tanzt bei der NZZ aber gehörig aus der Reihe. Da schrieb er doch im klassischen Hochintelligenzblatt von der Zürcher Falkenstrasse am 13. 10. 2017 frech: „Die Gefahr des Populismus wird überschätzt“. Und jetzt schreibt er, „die SRG brauche es nicht“. Klar gegenteilige Meinungen wie diese von M. Zehnder.
    Ich war für die Halbierung der SRG-Zwangsgebühr. Leider nicht durchgekommen im Parlament. Nach reiflicher Überlegung jetzt „NoBillag yes!“. Gründe: Die SRG-Oberen arbeiteten arrogant keinen Plan B aus. Jede andere Firma hätte dies getan.
    Firmen zwingt man zum Zahlen von sehr viel Billag-Gebüren (anderer Tarif), obwohl die Mitarbeiter gar keine Sendungen während der Arbeit konsumieren können. Diese Mitarbeiter zahlen zuhause nochmals Billag-Gebühren. Und die Chefs zahlen in ihrem Daheim ebenfalls nochmals Billag-Gebühren. So nicht. Zudem wäre es ehrlicher, die neuen, flächendeckenden Zwangsabgaben nicht von einer Firma einkassieren zu lassen, sondern vom Steueramt. Dort gehört dies hin, denn es sind nicht anderes als Steuern, welche man zahlen muss, ob man will oder nicht, ob man konsumiert oder nicht.
    Weiter: Die sehr stark verwöhnten SRG-Mitarbeiter und die Kluft zum Zuhörer. Nationalrat U. Giezendanner (AG) berichtete im Sonntalk (TeleZüri) letzthin: Durchschnittslohn SRG +10´000 Fr im Monat. Dies gibt es, und da hat er recht, bei keiner anderen Firma. Steuerfreie Spesen ohne Ende, Auswärtsübernachtungen, Reisetätigkeit rund um den Globus noch nicht mit dabei. Nebenjobs bis der Arzt kommt: Von Sandra Schiess (mietbar) bis Sven Epiney (eventmaking…). Zu elefanteus geworden: X-Radiokanäle, TV uferlos und im Internet geht’s ab durch die Decke: Filmchen in der jemand erklärt, wie sie einen Porno (sorry) drehte. Von uns bezahlt. Radio Virus mit fragwürdigen Ton- und Bildexperimenten. (noch anständig ausgedrückt). Von uns bezahlt. Und jede SRF-3-Moderatorin hat noch ein eigenes Satire-Filmchen professionell drehen lassen. Von uns bezahlt. Starkult auch nur bei der Verkehrsinfo-Vorleserin. Wo war sie in den Ferien, wie sah sie als Kind aus, was ist ihre Lieblingsglace? Alles auf offiziellen SRG-Seiten. Von uns bezahlt. Und Facebook, und Instagram, und und und…. Tutti Glanz und Gloria eben, von uns bezahlt. Seien wir ehrlich, die Zeit von Zwang ist rum. Wahlfreiheit beim Telefon, beim Stromanbieter, beim Verkehrsträger, bei der Elektrokontrolle, beim Shopping…. Nur die SRG steht unter ewigem Staats-Schutz. Irgendwann wird auch dies brechen. Abbau bei sinnvollen Staats-Einrichtungen wie der Post. Keine Post mehr in Brislach, in Duggingen, in Röschenz, in Metzerlen…. Keine bedienten SBB-Stationen mehr von der Kleinstadt Murgenthal im Aargau bis zur Grossstadt Münchenstein in BL… Verwahrlost brummt ein Ticketautomat vor sich hin…. Allüberall Öffnungszeiten-Einschränkungen an staatlichen Stellen…. lebensnotwendigen staatlichen Stellen.
    Die SRG hingegen, welche um 0.30 einen alten Streifen mit Burt Reynolds bringt, wird subventioniert. Krass, Reynolds wird mit unseren Steuern bezahlt. Dieses Modell hat ausgedient, wenn nicht „im Heute“, dann spätestens „im Morgen“.
    (…Dies darf auch der neue Mediensprecher der SRG, M. Zehnder einsehen…Spass – ein bisschen Heiterkeit kann trotz der ernsten Materie ja auch sein…)

    1. Thomas Zweidlers Argumentation besteht aus einem verhängnisvollen Mix von nicht belegbaren Vorwürfen, pseudokritische Miniaturen und nach rachedürstenden Ressentiments. Wenn die nicht so tun, wie ich will und meine, dann schiess ich sie tot. Voilà! Wenn diese staatspolitische Attitüde Schjule macht, na dann…

      1. Kurze Ergänzung: Es ist so: Niggi Ullrich; ausgebildeter Regisseur; Seit dem 23. März 2016 (Bestätigung des SRG Regionalrates) gehört er der Führung der SRG Deutschschweiz an. Er ist seit 1997 Präsident der SRG Region Basel. In dieser Funktion steht er einer der sieben Mitgliedgesellschaften der SRG.D vor. In der SRG.D vertritt er seine Gesellschaft im Regionalrat und im Regionalvorstand und last but not least in der SRG SSR gehört er der Delegiertenversammlung an.
        So ist das. Ich denke, das nennt man Befangen.

        1. Und dieser Umstand macht Ihre verquaste Argumentation auch nicht besser. Im übrigen: seit wann dürfen in unserer Demokratie an einer Sache beteiligte Bürger keine Meinung dazu äussern? Autofahrer und Vertreter von Strassenbaufirmen haben zu Autobahnfragen kein Recht auf eine öffentlich geäusserte Meinung? Dann beginnen Sie mal, mit dem Heer von Lobbyisten in Bern aufzuräumen. Ich hab gemeint, das ist das Wesen der Demokratie, dass jeder seine Interessen vertreten kann.
          So ist das. Befangenheit ist ein Kriterium vor Gericht.

    2. Zwar sehr emotional und nicht gerade sachlich, dieser Zweidler-Beitrag und spricht damit Themen an, über die sich nach Klärung der Fakten und Verifizierung der Vorhalte diskutieren lässt.
      Aber wie schon beim RTVG und auch in dieser Runde mehrfach gesagt: Bei No-Billag geht es nicht um die Diskussion über das richtige Ausmass des Service public. Nicht um das Wieviel sondern um Alles oder Nichts. Darum ist die Vorlage klar abzulehnen.
      Und was die Grundsatzdiskussion um die SRG betrifft: Haben wir hier jemals einen konkreten Vorschlag gehört abgesehen von der sinnentleerten Leier „Was die Privaten können, soll der Staat nicht machen“?
      Ich freue mich auf diese Diskussion, nachdem das Schweizer Volk No-Billag an der Urne versenkt hat.

  2. Danke, Matthias. Der Begriff „Staatsmedien“ im Titel von Gujers Kommentar ist das Label für die Schublade, aus welcher er stammt. Den medienökomischen Unsinn darunter hätte ich dem Chefredaktor eine Blattes, das im Abo fast das 3 Fache der SRG-Gebühren kostet, eigentlich nicht zugetraut. Und da er nicht dumm ist, müssen sich all seine sachkundigen Leser dafür verkauft vorkommen.

  3. Im nächsten Leben möchte ich als Tiefbauunternehmer in der Schweiz auf die Welt kommen. Selbstverständlich sind das auch keine Staatsunternehmen. Deswegen Unabhängigkeit anzunehmen ist reichlich blauäuigig. Dito SRG. Die Frage ist doch schlicht und einfach, wer Macht auf die Inhalte der SRG ausübt. Der „no Billag“ Vorstoss wird sie aus Sicht der Rechten vielleicht eine gewisse Zeit vorsichtiger agieren lassen. Ansonsten lieben die guten Journalisten dieser Welt halt einfach das linke Spektrum. Aus intellektueller Sicht verständlich, aus bäuerlich konservativer Sicht ärgerlich. Richtig ruhig, schon beinahe stumm sind in der Schweiz im Vergleich zum Ausland die grossen Konzerne. Vielleicht weil deren Verwaltungsräte in der Mehrheit Ausländer sind? Who knows…

  4. Nina Scheu (syndicom) prägte im MAR17 in ihrem Artikel „Die «vierte Gewalt» schwächelt“ eine Vorstellung zum grossen Unterschied zwischen ‚unabhängigen Medien‘ + von privater (und oft politischer) Seite ‚finanzierten Interessenspublikationen und Blogs‘ wie folgt: Zitat

    Während jene veröffentlichen, was ihnen die Geldgeber im Hintergrund diktieren, wird ein nach journalistischen Regeln verfasster Text nicht nur gründlich recherchiert, sondern auch durch die ‚Zwei-Quellen-Regel‘ (eine Behauptung wird von mindestens zwei voneinander unabhängigen Quellen bestätigt) abge­sichert, er wird möglichst neutral verfasst und bei Anschuldigungen erst veröffentlicht, nachdem der kritisierten Person oder Institution die Möglichkeit gegeben wurde, Stellung zu beziehen. So steht es unter anderem in der ‚Erklärung der Pflichten und Rechte‘, die alle Journalisten unterschreiben müssen, wenn sie ins Berufsregister eingetragen werden wollen.

    Diese Vorstellung besagt (in vornehm zurückhaltender Form) etwas Elementares: Eine echte Demokratie lebt von der journalistischen Kontrolle der politischen Meinungsäusserungen.
    – Fehlt sie, fällt der Anspruch einer Gesellschaft in sich zusammen, echte Demokratie zu leben. Dann lässt sie sich von bezahltem Interessen-Journalismus Objektivität vorgaukeln + zugunsten der politischen Meinung der Auftraggeber verführen.
    – Die Gretchen-Frage an eine echte Demokratie ist also, ob sie sich jene politisch unabhängigen Medien wirklich leistet, welche es zur freien Meinungsbildung braucht.

  5. Die Mörgeli-Methode der Volkshetze + Unsere Antwort als Demokrat*Innen
    Teil 4: Medien sind ‚die 4. Gewalt im Staat‘. Sind sie es?
    —————————————————————————
    Bekanntlich gehören zu einer echten Demokratie 4 Gewalten.
    – Exekutive
    – Legislative
    – Judikative
    – Medien

    Gehört die Schweiz zu den echten Demokratien? So gesehen war das vielleicht einmal so. Aber es sieht nicht mehr danach aus.
    – Die Medien verfügen zwar über keine eigene Gewalt zur Änderung der Politik oder zur Ahndung von Machtmissbrauch. Aber über ihre Berichterstattung + die öffentliche Diskussion können sie das politische Geschehen massgeblich beeinflussen, ich meine in einer echten Demokratie … Nur:
    — Im Google-Zeitalter fehlt unseren Medien das Geld für diese Rolle. Sie kämpfen nur noch ums Überleben und stürzen sich dazu auf die Schein-Themen, welche die Blocher-Bewegung vorgaukeln: Schein-Themen zu politischen Schein-Problemen + Schein-Lösungen. Alles nur ‚Schein‘.
    — Im Blocher-Zeitalter (Stichworte ‚NoBillag‘ + Blocher-Medien) entsteht daraus der Einheitsbrei privat finanzierter Medien mit ihrer Interessen-gebundenen Beeinflussung der öffentlichen Meinung.
    – Diese Fehlentwicklung riskiert in der (relativen) Machtübernahme der Blocher-Bewegung per manipulierte Medien bei den Wahlen 2019 zu enden, und das reel, nicht zum Schein …

    Für eine echte Demokratie in der Schweiz brauchen wir die Medien als 4. Gewalt. Unbedingt … (Franziska Schutzbach + Philipp Sarasin (‚Geschichte der Gegenwart‘))

    https://de.wikipedia.org/wiki/Vierte_Gewalt

    1. Klar brauchen wir die Medien als 4. Gewalt. Und einverstanden: Die Medien erfüllen diese Aufgabe nicht immer perfekt. Aber mit Verallgemeinerungen dieser Art habe ich grundsätzlich Mühe. Für mich gibt es nur eine gültige Verallgemeinerung: „Jede Verallgemeinerung ist falsch“. Als Journalist ist mir vor allem die Differenzierung wichtig.

      1. Ueli Custer: Ich brauche nicht künstlich zu verallgemeinern. Es genügt, das Verhalten der sog. unabhängigen Medien zu beobachten. Dann erkennen wir, dass sie den Anspruch an ‚die 4. Gewalt im Staat‘ seit mehreren Jahren definitiv nur noch punktuell erfüllen.
        – Soll ich die immer längere Liste politischer Schein-Probleme + Schein-Lösungen der Blocher-Bewegung aufzählen, auf welche die grossen Tageszeitungen ¦ Wochenzeitungen (und leider zunehmend auch die SRG) gratis + willfährig eintreten?
        – Wie sagt ‚Geschichte der Gegenwart‘ so schön, wie wir darauf am besten reagieren (Sinn-gemäss formuliert): „In den Senkel stellen + dann totschweigen“, also eben gerade nicht, was Sie empfehlen …

        1. Und Sie verallgemeinern halt schon wieder. Sie nehmen einige Beiträge in Medien, die Ihnen nicht passen und erklären sie zu Schein-Problemen. Das ist Ihre ganz persönliche Ansicht! Und nicht eine von allen akzeptierte Sichtweise.

          1. Was verstehen Sie unter „Mitdenken im Sinne des Schreibenden“? Dass die Beiträge in TV- und Radiosendungen auf unterschiedliche Resonanz stossen ist ja klar. Das, was Sie für nicht akzeptabel halten, ist für viele andere Leute genauso akzeptabel oder sogar wichtig und sinnvoll wie das was ich für unakzeptabel halte (auch das gibt es!). Aber beides ist für mich kein Grund das Kind mit dem Bad auszuschütten und den einheimischen TV- und Radiosendern gleich den Stecker zu ziehen.

          2. Sie mögen es, in fremde Zeilen Dinge hinein zu interpretieren, welche nicht dort stehen.

            Ich versuchte, Sie zu politischem Denken zu motivieren. Dafür scheinen Sie nicht empfänglich. Also lassen wir es … Konkret: Ich werde nicht mehr auf Ihre Zeilen reagieren. Danke.

  6. Danke für die Replik. Gujer schrieb ja tatsächlich auch noch, Hitler habe das Radio zu Propagandazwecken missbraucht, und deshalb solle es auch in der Schweiz kein staatlich unterstütztes Radio / Fernsehen mehr geben – 75 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs, notabene. Dass wir Schweizer das nicht schon vorher gemerkt haben, schon schlimm!!
    Also zB auch Wahlen abschaffen, weil die auch in Diktaturen nur Scheinwahlen sind?
    Es ist kaum zu glauben, dass ein – offenbar ehemaliges – Intelligenzblatt solches auf der Frontseite – nicht unter Vermischtes veröffentlicht!

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