Ein Besuch in Chaplin’s World

Publiziert am 5. August 2016 von Matthias Zehnder

Der Besuch des Chaplin-Museums in seiner Villa Manoir de Ban in Corsier-sur-Vevey ist zu empfehlen. Ein Augenschein und einige praktische Hinweise dazu.

1952 reiste Charlie Chaplin für die Weltpremiere von Limelight (Rampenlicht) nach England. Geplant war nur ein Kurzbesuch. Noch während der Überfahrt erreichte ihn aber die Nachricht, dass ihm sein Re-Entry Permit, die Wiedereinreiseerlaubnis für die USA, entzogen worden war. Das FBI und die Kommission des berüchtigten Senators Joseph McCarthy ermittelten wegen «unamerikanischer Umtriebe» gegen Chaplin. So blieb er zunächst in England und übersiedelte dann in die Schweiz. Hier lebte er zunächst im Hotel Bau Rivage in Lausanne. 1953 kaufte er die Villa Manoir de Ban in Corsier-sur-Vevey. Hier lebte er bis zu seinem Tod 1977 mit seiner Frau Oona, seinen acht Kindern, bis zu zwölf Angestellten und einer wechselnden Entourage.

Nach Charlies Tod lebte Oona Chaplin bis zu ihrem eigenen Tod 1991 in der Villa, danach die beiden Söhne Michael und Eugene mit ihren Kindern. In den letzten Jahren wurde die Villa zum Museum umgebaut. Seit April 2016 ist das Museum offen.

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Die Villa Manoir de Ban überhalb Vevey: Hier hat Chaplin die letzten 24 Jahre seines Lebens gelebt.

Zugänglich sind Parterre und erster Stock der Villa, der prächtige Park und ein neues Nebengebäude, das Studio.

Die Villa ist dem Leben von Charlie Chaplin gewidmet. Jeder Raum hat ein Thema, dazu sind Bilder zu sehen, Fotos von Chaplin, seinen Besuchern und natürlich Videos aus seinen Filmen. In den meisten Räumen steht zudem eine Wachsfigur. Mal ist es Chaplin als Privatmann, mal als Filmfigur, mal ist es einer seiner berühmten Besucher wie etwa Albert Einstein oder Winston Churchill, mal sind es Filmpartner wie Sophia Loren, mal sind es Familienmitglieder wie seine Frau Oona. Die Wachsfiguren verleihen den Räumen eine gewisse Authentizität – und sie bieten den Besuchern viele Möglichkeiten für Selfies.

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Charlie mit der Badewanne aus Ein König in New York. Auf dem Bildschirm läuft der entsprechende Filmausschnitt.

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Charlie und Oona schauen sich im ersten Stock der Villa zusammen einen Film an.

Am schönsten ist das Haus da, wo es am wenigsten inszeniert ist. Das Wohnzimmer und das Esszimmer zum Beispiel vermitteln einen schönen und ungekünstelten Eindruck davon, wie Chaplin gelebt hat. Hier hat man wirklich den Eindruck, im Privathaus von Chaplin zu sein und ihm über die Schultern sehen zu können. Vor allem im ersten Stock sind die Zimmer stärker inszeniert. Das ist in der Sache durchaus interessant, man kommt dem Menschen Chaplin dabei aber nicht näher.

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Charlies Wohnzimmer mit seinen Sesseln vor dem Kamin: In diesem Zimmer hat er Gäste empfangen. hier kommt einem Charlie als Mensch näher.

Nach dem Besuch der Villa empfiehlt sich ein Bummel durch den Park. Infotafeln mit Bildern informieren über Erlebnisse von Chaplin und seiner Kinder im Park. Der Ausblick ist wunderbar, der Garten imposant. Besonders schön ist, dass man auch die Veranda der Villa besuchen kann. Hier sind die Szenen für die Rahmenhandlung des Chaplin-Films von Richard Attenborough mit Robert Downey Jr. als Charles Chaplin entstanden, als Chaplin mit dem Herausgeber seiner Memoiren über sein Leben diskutiert.

Wer sich für die Filme interessiert, kommt im Studio auf seine Kosten. Das ist ein Neubau neben der Villa. Zuerst gibt es einen kurzen Film über das Leben von Chaplin zu sehen. Das letzte Bild zeigt eine typische Strassenszene. Die Leinwand geht hoch und hinter der Leinwand steht die Kulisse genau dieser Strassenszene. Man kann also quasi durch die Leinwand hindurch in die Kulissen von Chaplins Filme treten. Zu besichtigen gibt es Kulissen seiner berühmtesten Filme. Aus Modern Times etwa die Zahnräder, aber auch die Szene im Büro des Gefängnisdirektors, wo Charlie auf seine Entlassung wartet und mit der Frau des Pastors eine Tasse Tee trinkt. Die berühmte Hütte aus Goldrausch ist zu sehen (und sie schwankt tatsächlich), eine Strassenecke aus The Kid, das Blumenmädchen aus Lichter der Grossstadt. Überhaupt sind die Kulissen von vielen Wachsfiguren bevölkert und so eingerichtet, dass man jede Menge Selfies schiessen kann. Unter den Figuren befinden sich auch berühmte Kollegen von Chaplin wie Buster Keaton oder Laurel und Hardy, aber auch Künstler, die von Chaplin beeinflusst wurden, darunter Michael Jackson (des Moonwalks wegen) und Woody Allen.

Wer hätte nicht gerne ein Selfie mit Woody Allen…

Wer hätte nicht gerne ein Selfie mit Woody Allen…

Insgesamt lohnt sich ein Besuch von Chaplin’s World. Kinder und Jugendliche können anhand der vielen Filmausschnitte, die auf Bildschirmen im Haus und in den Kulissen laufen, Chaplin neu entdecken. Wer ihn schon kennt und vor allem seine Autobiografie gelesen hat, stösst auf viele bekannte Gesichter und wird die authentischen Räume geniessen.

 

Praktische Informationen

Anreise

Grundsätzlich mit PW und ÖV gut erreichbar. Von Basel aus hat man mit dem Auto etwa zwei Stunden, mit Zug und Bus muss man über drei Stunden für einen Weg rechnen. Die entsprechenden Beschreibungen gibt es hier:

http://www.chaplinsworld.com/de/chaplin-museum-besuch/anfahrt

Tickets:

Vor der Kasse bilden sich gerne sehr lange Schlangen. Tipp: Billet vorher online kaufen. Das ausgedruckte Billet ist bis Ende Jahr gültig. Mit dem Ticket kann man die Schlange rechts liegen lassen und direkt ins Museum. Ein Erwachsener (ab 16 Jahren) kostet 23 Franken, ein Kind 17 Franken. Onlinetickets gibt es hier:

http://tickets.chaplinsworld.com

Besuchszeit:

Apropos Schlangen: Ich habe das Museum an einem späten Sonntagvormittag besucht und gerade noch einen Parkplatz ergattert. Als ich das Museum drei Stunden später wieder verliess, warteten sicher zwei Dutzend Autos vor dem vollen Parkplatz darauf, dass jemand ausfährt. Also: Vormittags besuchen!

Besuchsdauer:

Zwei bis drei Stunden. Zuerst die Villa besichtigen, danach das Studio. Da gibt es einen kurzen, einführenden Film zu sehen, dann kann man sich in den Kulissen der Filme tummeln und Selfies mit vielen verschiedenen Filmfiguren schiessen.

Audioguide:

Zum Museum gibt es eine App mit einem Audioguide. Es empfiehlt sich, die App vorher herunterzuladen und zu installieren. Im Museum kann man die Texte in den einzelnen Zimmern hören oder auch auf dem Handy-Display lesen.

http://www.chaplinsworld.com/de/neuigkeiten-museum/smartphone-app-von-chaplins-world

Hotel in der Nähe

Wer den Besuch im Chaplin-Museum mit einem Wochenende in der Region verbinden möchte, dem sei das Hotel Moderntimes empfohlen. Das neu erbaute Hotel bietet geräumige, helle Zimmer mit Holzböden, Vitra-Möbeln und Bockspringbetten. Wenn Sie im Hotel übernachten, erhalten Sie eine Gästekarte, mit der Sie bei vielen Museen bis zu 50% Rabatt erhalten – auch bei Chaplin’s World. In diesem Fall sollten Sie die Tickets für das Chaplin-Museum nicht vorher online kaufen, sondern am Morgen gleich auf die Eröffnung hin direkt im Museum kaufen.

http://www.moderntimeshotel.ch/de

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